TVöD: Berlin bereit für unbefristete Streiks

07.03.2023, Lesezeit 6 Min.
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Foto: Maxi Schulz

Die Streiks im öffentlichen Dienst in Berlin gehen mit zwei sehr kämpferischen Streiktagen weiter. Forderungen nach einer Ausweitung und Zusammenlegung der Streiks werden laut, auch die Aufrüstung war ein Thema.

Berlin, nach dem miserablen Angebot der Arbeitgeber:innen gingen die Streiks am Montag und Dienstag bei Schnee und Eiseskälte weiter. Die Wut über die gebotene minimale Gehaltserhöhung mit langer Laufzeit ist überall zu spüren. Ob an den Streikposten an den Berliner Krankenhäusern von Vivantes, der Charité und dem Jüdischen Krankenhaus, ob bei der Stadtreinigung, den Wasserbetrieben oder den Beschäftigten des Studierendenwerks. Die Inflation trifft alle, ein voller Ausgleich ist das absolute Minimum!

An beiden frühen Morgenden kamen an allen Krankenhäusern die Beschäftigten zum Streikposten. Auch bei der Berliner Stadtreinigung (BSR) und den Wasserbetrieben gab es Streikposten. Am Montag gab es eine große Streikdemonstration mit etwa 500 Arbeiter:innen der Wasserbetriebe, die zu einer gemeinsamen Kundgebung mit der BSR zog. Dort angekommen, schlossen sie den Tag mit einer gemeinsamen Kundgebung ab. Am Dienstag kamen nach vielen kalten Stunden an den Streikposten die Arbeiter:innen aller Betriebe zu einer gemeinsamen Kundgebung vor die Zentrale der BSR. Mit dabei waren neben den Beschäftigten der Krankenhäuser, der BSR und der Wasserbetriebe noch die Arbeiter:innen der Berliner Bäderbetriebe, der Rosa Luxemburg Stiftung, des Studierendenwerks, der Hochschule für Technik und Wirtschaft, einiger Bundeseinrichtungen und sogar eine Solidaritätsdelegation von Hamburger Stadtreiniger:innen.

Die Stimmung war sehr entschlossen und kämpferisch. Das schlechte Angebot wird als Angriff aufgefasst und bewirkt keine Resignation, sondern Motivation. Auch die anderen Streiks von Post-Beschäftigten und Lehrer:innen – insgesamt die allgemeine Dynamik des Klassenkampfes, die durch den Krieg in der Ukraine bestimmt wird – sorgen dafür, dass noch mehr Kampfbereitschaft entsteht. Ein Indiz dafür: Allein in den letzten zwei Monaten sind 45.000 neue Kolleg:innen in Ver.di eingetreten. Das schlechte Angebot und die mögliche Schlichtung des Arbeitskampfes durch die Regierung zeigen aber, dass es nicht leicht wird. Auf diese harte Auseinandersetzung müssen wir vorbereitet sein! Notwendig wäre eine Zusammenführung aller aktuell stattfindenden und bevorstehenden Streiks – egal welcher Tarifvertrag, egal welche Gewerkschaft. Die Stimmung unter den Arbeiter:innen der verschiedenen Sektoren und Gewerkschaften wirkt gut dafür. Es ist selbst innerhalb des TVöD ein neues Phänomen, dass die Aktionen so oft gemeinsam stattfinden, aber dort dürfen wir nicht stehenbleiben: Die Verbindung sollte auch zu den Lehrer:innen, der Post, der Eisenbahn und weiteren Sektoren gemacht werden!

Sowohl die Delegiertenversammlungen der TVöD-Beschäftigten als auch die Landesbezirksversammlung von ver.di haben sich für eine Zusammenlegung der Streiks ausgesprochen. Für gemeinsame Streiks der TVöD mit der Post, die sich aktuell in einer Urabstimmung für einen unbefristeten Streik befinden, gibt es bereits auch Zusage seitens der Arbeitskampfleitungen. Jedoch scheint die Forderung nach gemeinsamen Streiks von verdi und GEW bisher auf Ablehnung zu stoßen, wegen Streitigkeiten von einzelnen Funktionsträger:innen beider Seiten, während die Streikenden nur zu gewinnen haben, wenn sie zusammen streiken.

Besonders zentral in dem Kampf für die Durchsetzung der Forderungen bei TVöD wird die Möglichkeit eines unbefristeten Erzwingungsstreiks sein. Auch hierfür ist die Dynamik geeignet, wie sich bei den Streiks gezeigt hat. Bei der Kundgebung am Dienstag stimmten die anwesenden Beschäftigten geschlossen dafür, für einen unbefristeten Streik bereit zu sein.

Zu Recht stellten einige Streikende und Redner:innen auch eine Verbindung zwischen der Inflation und dem Krieg, zwischen dem miserablen Angebot und der Aufrüstung der Bundeswehr her. Am Streikposten am Klinikum Neukölln sprach sich Yunus, Azubi der Berliner Krankenhausbewegung, in seiner Rede gegen die Militarisierung aus: „Der Verteidigungsminister Boris Pistorius hat gesagt, unsere Streiks im öffentlichen Dienst gefährden die Aufrüstung der Bundeswehr und ihre Kriege, wir sagen: gut so!“ Auch in anderen Beiträgen wurde die Aufrüstung teilweise thematisiert.

Auf den Streiks wurde auch immer wieder die Verbindung zum 8. März, dem internationalen feministischen Kampftag, aufgemacht. Viele Redner:innen verbanden die Kämpfe der Arbeiter:innen mit feministischen Themen und mobilisierten zur feministischen Demonstration am Mittwoch.

Nächste Woche geht es bereits kämpferisch weiter: In den Berliner Krankenhäusern wird an zwei Tagen am 14. und 15. März gestreikt. Die starke Dynamik, Streikbeteiligung und der Druck aus der Bewegung müssen weiter zunehmen. Es braucht Druck und Signal der Basis auf die Bundestarifkommision (BTK) , damit bei einer möglichen Schlichtung nach der dritten Verhandlungsrunde kein schlechtes Angebot angenommen und stattdessen eine Urabstimmung für einen unbefristeten Streik eingeleitet wird.

Wir laden alle Interessierten dazu ein, sich dem KGK Workers Netzwerk anzuschließen, um in den nächsten Tagen gemeinsam für eine kämpferische und antimilitaristische Linie in den Streiks einzutreten.

Werde aktiv mit KGK Workers!

Wir sind eine branchen- und gewerkschaftsübergreifende Arbeiter:innengruppe um die Zeitung KlasseGegenKlasse. Wir sind in DGB Gewerkschaften und Betriebsgruppen organisiert – gestalten die Streikbewegungen aktiv mit. In der Arbeiter:innenbewegung treten wir für eine klassenkämpferische Perspektive gegen die Sozialpartnerschaft. Wir denken, dass wir als Gewerkschaften nicht nur für mehr Lohn, sondern auch für politische Forderungen an die Regierung mit Aktionen und Streiks kämpfen müssen, um unsere Interessen zu verteidigen. Außerdem bauen wir die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) bundesweit mit auf.

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