Selbstorganisation und Streiks für sichere Lehr- und Lernbedingungen!

19.01.2022, Lesezeit 4 Min.
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Lehrer:innen in Frankreich protestieren für sichere Bedingungen an Schulen. Quelle: Revolution Permanente.

Wir müssen anfangen, uns selbst an Unis und Schulen zu organisieren, um der Durchseuchungspolitk der Ampel entgegenzutreten. Für Hygienekomitees und Vollversammlungen an Schulen und Unis und bundesweite Streiks mit Hilfe der Gewerkschaften. 

In Österreich hatte gestern eine Wiener Schüler:inneninitiative unter dem Motto „Wir streiken!“ zu bundesweiten Schulstreiks aufgerufen, nachdem das Bildungsministerium auf einen von ihnen verfassten offenen Brief keine Antwort gegeben hatte. Es waren schließlich Schüler:innen aus mehr als 100 Schulen auf der Straße. Die Schüler:innen fordern bessere Corona-Schutzmaßnahmen an den Schulen, wie Luftreiniger, CO2-Messgeräte und Covid-Aufklärungskampagnen. Sie werden nicht ausreichennd geschützt und haben kein Mitspracherecht über die sichere Öffnung oder Schließung von Schulen. Auch die psychische Belastung durch die Corona-Pandemie empfinden sie als nicht wahrgenommen seitens der österreichischen Regierung und fordern deshalb auch mehr Schulpsycholog:innen an den Schulen. Außerdem fordern sie eine freiwillige mündliche Matura (höchstmöglicher Schulabschluss in Österreich). „Wir Schülerinnen und Schüler sind nicht länger bereit, die verantwortungslose Politik der Bundesregierung mitzutragen“, sagte Mati Randow, Schulsprecher der AHS Rahlgasse in Wien.

Auch in Frankreich will die Regierung, dass die Schulen „um jeden Preis“ offen gehalten werden, während sie die Corona-Schutzmaßnahmen weiter lockert. Dagegen haben letzte Woche Donnerstag unter dem Druck der Arbeiter:innen des Gesundheits- und Bildungssektors in Frankreich die Gewerkschaften zu einem massenhaften Streik gegen die unsichere Schulrückkehr aufgerufen. Es befanden sich 62 Prozent der Lehrer:innen von Sekundarschulen im Streik. Die Hälfte der Grundschulen blieb geschlossen. In Paris fand an rund 200 Schulen kein Unterricht statt. Eine historische Mobilisierung, heißt es von Seiten der Gewerkschaften.

Entgegen der verantwortungslosen Politik der Regierung fordern Lehrer:innen und Eltern von Schüler:innen eine Rückkehr zu den alten Hygieneprotokollen, die die Schließung eines Klassenzimmers vorsahen, wenn bei einem der Schüler eine Infektion festgestellt wurde. Außerdem fordern sie die Einführung systematischer wöchentlicher Präventivtests und die Ausgabe kostenloser chirurgischer und FFP2-Masken für das Personal.

In Deutschland halten Bund und Länder auch weiterhin noch am Kurs der offenen Schulen um jeden Preis fest. Zumindest „solange es irgendwie geht“, wie Bettina Stark-Watzinger (FDP), die neue Ministerin für Bildung und Forschung, sagt. Trotz Sorge seitens der Lehrer:innenverbände und vieler Eltern sieht das neue Infektionsschutzgesetz keine flächendeckenden Schulschließungen mehr vor. Schüler:innen sind besonders stark von der Omikron-Welle betroffen. Schulen werden am Ende wohl trotzdem schließen müssen – aufgrund von Mangel von Personal, weil sich so viele Kinder, Jugendliche und Lehrer:innen infizieren oder in Quarantäne müssen. Da aber trotzdem Schulen um jeden Preis offen bleiben sollen, sollen in mehreren Bundesländern Lehrkräfte mit Kontakt zu Corona-Infizierten weiter arbeiten, solange sie symptomfrei sind. Eine gefährliche Strategie, die Schüler:innen und Lehrer:innen in Gefahr bringt. Stattdessen bräuchte es von Schüler:innen und Lehrer:innen festgesetzte und kontrollierte Hygieneprotokolle, um über sichere Öffnungen und Schließungen zu entscheiden.

Und auch an den Unis gibt es keine vernünftigen Hygienekonzepte für die Präsenzlehre. Studierende werden in vielen Fällen wieder in die Online- oder Hybridlehre ohne vernünftige technische Ausstattung geschickt. Präsenzunterricht findet meist in Seminarräumen ohne Luftfilter statt.

Wir müssen uns ein Beispiel an den Streiks im Ausland nehmen und uns gemeinsam organisieren, um der verantwortungslosen Politik ein Ende zu bereiten. Die Gewerkschaften GEW und ver.di müssen zu Versammlungen aufrufen, um darüber zu diskutieren, wie sichere Bedingungen an Schulen und Unis durchzusetzen sind, und Arbeitskampfmaßnahmen wie in Frankreich organisieren.

An den Unis müssen Vollversammlungen von Studierenden und Beschäftigten einberufen werden, um über sichere Maßnahmen zu entscheiden und eine Studierendenbewegung aufzubauen. Zusammen müssen wir der Durchseuchungspolitik der Ampel entgegentreten und an allen Universitäten und Schulen Luftfilter in allen Räumen, kostenlose PCR- und Schnelltests, kostenlose FFP2-Masken und darüber hinaus die Freigabe aller Impfpatente, eine vernünftige Impfkampagne von Tür zu Tür und die Verstaatlichung aller Testzentren, Labore und Krankenhäuser unter der Kontrolle der Beschäftigten ohne Outsourcing fordern, weil unsere Gesundheit mehr wert ist als kapitalistische Profite.

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