Repressionen gegen palästinasolidarische Gruppen in Münster

20.10.2023, Lesezeit 7 Min.
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Foto: KGK

Wie in vielen Städten Deutschlands treffen Repressionen und rassistische Hetze aktuell auch in Münster viele linke, antiimperialistische Gruppen und Vereine. Waffen der Kritik Münster berichtet über die Geschehnisse der letzten Tage und ruft zur Demonstration für ein freies Palästina auf. 

AStA der Uni Münster will kritische Orientierungswoche unterbinden

Der AStA der Universität Münster hat in der vergangenen Woche ein Statement veröffentlicht, in dem die Untersagung einer kritischen Orientierungswoche (KO-Woche) in den Räumen der Universität gefordert wird. Grund dafür ist eine geplante Veranstaltung der Gruppe „Palästina Antikolonial“. Dieser wird die Unterstützung der sogenannten BDS-Kampagne vorgeworfen. BDS bedeutet „Boycott, Divestment and Sanctions”. Die Kampagne spricht sich dafür aus, Israel wegen seiner wiederholten Verletzungen des Völkerrechts mit den drei genannten Methoden unter Druck zu setzen. Die Kampagne fordert ein Ende der Besatzung, Gleichberechtigung palästinensischer Israelis und das völkerrechtlich verbriefte Rückkehrrecht palästinensischer Geflüchteter. Diese Kampagne war in der Vergangenheit häufig Zentrum großangelegter Medienkampagnen, die versuchten neben dem militanten Widerstand gegen Besatzung, Vertreibung und Apartheid nun auch den Widerstand mit friedlichen Mitteln als antisemitisch zu verunglimpfen. Der AStA stützt sich dabei auf eine Resolution aus dem Jahr 2019 mit dem Titel  „Gegen BDS und jeden Antisemitismus“, die seither in den ersten StuPa-Sitzungen nach jeder neuen Wahl erneut beschlossen wird. In dieser Resolution werden alle Unterstützer:innen der BDS-Kampagne und alle, die das Recht darauf verteidigen, Widerstand gegen den unhaltbaren Zustand in Palästina zu leisten, zu Antisemit:innen erklärt. Eingebracht wurde diese Resolution ursprünglich von einer antideutschen Gruppe, jedoch wird sie seither vom AStA bestehend aus CampusGrün und den Jusos in trauter Einigkeit mit dem von rechten Burschenschaften durchsetzten RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten, die Studierendenvereinigung der CDU) und der LHG (Liberale Hochschulgruppe) Jahr für Jahr erneut beschlossen. Damit stellen sich auch diejenigen Ampel-Parteijugenden, die sich gerne als links und progressiv präsentieren, in einer großen Volksfront mit Liberalen und Konservativen hinter die deutsche Staatsräson und den deutschen Imperialismus.

Aber nicht nur im AStA Münster ist eine solch reaktionäre Heuchelei an der Tagesordnung. Sie fügt sich sauber ein, in den allgemeinen Rechtsruck, der seit dem Ausbruch des Ukrainekrieges und der von Kanzler Scholz proklamierten “Zeitenwende” nur an Fahrt aufgenommen hat und der jetzt mit der Repression gegen Palästinasolidarität und der rassistischen Hetze gegen Muslim:innen und Palästinenser:innen seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Ausdruck dieses Rechtsrucks war auch der Versuch durch die Hochschulgruppe RCDS die Zivilklausel der Uni Münster zu kippen.

All diese Kräfte schreiben sich gerade heuchlerisch den Kampf gegen Antisemitismus auf die Fahnen, während die wahren Antisemit:innen in ihren eigenen Parteien sitzen. Man erinnere nur an Thilo Sarrazin, den die SPD jahrelang geduldet hat, oder an Hans-Georg Maaßen, der trotz seiner antisemitischen Äußerungen keinen Ausschluss aus der CDU fürchten muss. Überdies scheint es die Union keinesfalls zu stören, dass man in Bayern weiterhin mit dem rechten Antisemiten Hubert Aiwanger in einer Regierung ist. Im Gegenteil, die CDU ließ seine grotesken Holocaustvergleiche als “Jugendsünden” einfach durchgehen.

Die von allen bürgerlichen Parteien gemeinsam betriebene Hetze gegen Geflüchtete, unter anderem mit dem Mittel des angeblich “eingewanderten Antisemitismus”, trägt ihrerseits dazu bei, rassistische und antisemitische Ressentiments in der Bevölkerung wiederzubeleben und schadet dem gemeinsamen Kampf gegen Unterdrückung. Angesichts der wachsenden Gefahren, denen Palästinenser:innen und Jüd:innen in Deutschland gerade ausgesetzt sind, ist der Angriff auf sozialistische Organisationen aufgrund ihrer Solidarität mit dem palästinensischen Volk eine reine Farce. Wir als Sozialist:innen sind der Meinung, dass antisemitische und rassistische Unterdrückung nur durch den vereinigten Kampf aller Arbeiter:innen, unabhängig von ihrer Herkunft und Religion, überwunden werden kann. Gerade jetzt, wo sich in Gaza ein Genozid anbahnt, ist der gemeinsame Kampf jüdischer und palästinensischer Arbeiter:innen weltweit gegen die Besatzung, gegen die reaktionären arabischen Regime, gegen den Imperialismus und für die Schaffung einer sozialistischen Föderation Nordafrikas und Westasiens in der Jüd:innen und Palästinenser:innen zusammen mit allen Völkern der Region friedlich leben können, von besonderer Bedeutung.

Einen Tag nach der Veröffentlichung des Statements durch den AStA erschien ein Artikel in den Westfälischen Nachrichten (WN), in dem die Unileitung damit zitiert wird, dass die Universität den bereits zugesagten Raum für die Veranstaltung von „Palästina Antikolonial“ nicht bereitstellen werde. Den Organisator:innen der KO-Woche wurde dies erst vier Tage später und damit drei Tage vor der Veranstaltung offiziell mitgeteilt. Das ist ein eindeutiger Versuch seitens der Unileitung, die Veranstaltung zu sabotieren und durch die späte Absage des Raumes platzen zu lassen. Dieser Versuch ist jedoch gescheitert, da die Veranstaltung in einem alternativen Raum stattfinden konnte. Das Interesse war so massiv, dass nicht alle Menschen in dem Raum Platz finden konnten und teilweise Menschen vom Flur aus zugehört haben. Die Veranstaltung war demnach trotz der Repressionen und der Schikane durch die Universität ein beachtlicher Erfolg. Trotzdem kritisieren wir die Universität Münster aufs Schärfste für diesen Versuch, die freie Meinungsäußerung und politische Diskussion zu unterbinden. Universitäten sollten ein Ort für kritische Auseinandersetzungen mit dem Status Quo und für politische Debatten sein. Die Uni Münster hat sich entschieden, eben das zu unterbinden, damit der deutsche Staat und seine vielbeschworene Staatsräson nicht hinterfragt werden.

Stimmungsmache gegen migrantisches Kulturzentrum

Aber nicht nur „Palästina Antikolonial“ ist Opfer öffentlicher Diffamierungen. Das Odak Kulturzentrum e.V., einer der wichtigsten migrantisch organisierten Vereine in Münster, wurde nun in der WN ins Kreuzverhör genommen. Ihnen wird vorgeworfen, sich an der Planung einer Demonstration von Samidoun beteiligt zu haben. Samidoun gehört zu einer der Organisationen, die nun als Reaktion auf die aktuelle Situation in Palästina und Israel in Deutschland verboten werden soll. Ziel des Artikels der WN ist das Infragestellen der Fördergelder, die das Odak bezieht. In lächerlicher Manier werden die Kleinstbeträge, die Odak vom Münsteraner Integrationsrat bezieht, aufgezählt. Ergänzt wird diese Aufzählung durch ein Zitat einer Ratsfrau der CDU, die fordert, die finanzielle Unterstützung einiger Vereine aufgrund der aktuellen Lage noch einmal zu überdenken. Dass es sich hierbei um rassistische Pauschalisierungen handelt, wird dadurch deutlich, dass nicht nur die Finanzierung von Odak, sondern auch anderer migrantischer und muslimischer Gruppen infrage gestellt wird.

Kommt zur Solidaritätsdemo am Samstag

Wir stehen solidarisch an der Seite unserer Genoss:innen von „Palästina Antikolonial“ und dem Odak-Kulturzentrum und fordern ein Ende der rassistischen Gleichsetzungen von migrantischen und palästinasolidarischen Organisationen und Vereinen mit dem Islamismus.

Außerdem stehen wir selbstverständlich solidarisch an der Seite des palästinensischen Volkes und seinem Kampf um Befreiung gegen die Besatzung Israels. Deshalb rufen wir zusammen mit „Palästina Antikolonial“ und anderen linken Gruppen am Samstag, dem 21.10.23, alle solidarischen Menschen auf, sich der Demonstration unter dem Motto “End the siege on Gaza – Freiheit für Palästina” anzuschließen. Die Demonstration beginnt um 13 Uhr am Hauptbahnhof in Münster.

Viva Palästina!

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