Personalrat der FU straft kritischen Gewerkschafter ab

09.06.2017, Lesezeit 3 Min.
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Der Personalrat Dahlem der Freien Universität Berlin wirft den Gewerkschafter Claudius Naumann aus dem Personalratsvorstand, weil er die Anwendung des Tarifvertrages für alle Beschäftigten fordert.

Häufig kämpfen aktive Kolleg*innen im Betrieb dafür, dass Betriebs- und Personalräte als effektive Interessenvertretungen überhaupt fungieren können. Doch manchmal – wenn diese Strukturen sich so sehr an das sozialpartnerschaftliche Co-Management gewöhnt haben – stehen Betriebs- und Personalräte dem effektiven Kampf für die Interessen der Beschäftigten direkt entgegen.

Eine solche Situation ergibt sich gerade an der Freien Universität Berlin. Der Personalrat Dahlem (PRD) hat sich dort vor Kurzem in einer unsäglichen Entscheidung gegen den kämpferischen Gewerkschafter Claudius Naumann gewendet, dessen „Vergehen“ darin bestand, auf einer Personalversammlung die Anwendung des Tarifvertrages der Länder (TV-L) auf eine Beschäftigtengruppe der FU zu fördern. Als Konsequenz schloss er das gewählte Personalratsvorstands-Mitglied aus dem Vorstand aus und entzog ihm seine 50%-Freistellung. Damit behindert der PRD aktiv Gewerkschaftsarbeit.

Der konkrete Fall dreht sich es um die Bezahlung von sogenannten „Interns“ in der Veterinärmedizin, über deren Arbeitsbedingungen wir in der Vergangenheit schon berichtet haben. In einem Statement beschreibt die ver.di-Betriebsgruppe:

Auf der Personalversammlung am 28. Februar 2017 hatte Claudius Naumann die von der Freien Universität Berlin ab dem 1. Dezember 2016 angewandte „Entgeltregelung“ für die sogenannten Interns am Fachbereich Veterinärmedizin vorgestellt: Ein Intern erhält nach der neuen Entgeltregelung monatlich für die ersten sechs Monate 1.950,06 € brutto (das liegt zwischen E2 und E3 TV-L); für die Monate sieben bis zwölf 2.119,63 € brutto (Stundensatz 12,50) und ab dem dreizehnten Monat 2.289,20 € brutto (Stundensatz. 13,50). Allerdings: Nach TV-L sind approbierte Tierärzte mit entsprechenden Tätigkeiten in E14 einzugruppieren. Nach der inhaltlich korrekten Vorstellung der Entgeltregelung, der der PRD mehrheitlich zugestimmt hat, hatte Claudius Naumann eine persönliche Erklärung abgegeben, dass er dieser Regelung nicht zugestimmt habe, dass der TV-L in Anwendung zu bringen sei und dass es sich bei dem vereinbarten Entgelt um eine Form von prekärer Arbeit handele. […]

In den darauffolgenden Personalratssitzungen am 15. März 2017 und erneut am 29. März 2017 wurde beschlossen, unseren Vertrauensmann Claudius Naumann aus dem Vorstand abzuwählen und ihm die 50% Freistellung für die Personalratsarbeit zu entziehen. Die Beschäftigten der FU Berlin haben der ver.di-Liste 400 von 909 Stimmen gegeben; Claudius Naumann stand auf Listenplatz 1 unserer Liste. Wir haben uns im Wahlkampf für konsequente und streitbare Interessensvertretungen für alle Beschäftigten der FU Berlin stark gemacht, die sich in Zusammenarbeit mit und in einer starken Gewerkschaft mit langjähriger Erfahrung für viele Themen, u.a. auch dieBeendigung der prekären Arbeit und Tarifflucht am Fachbereich Veterinärmedizin, einsetzen. Claudius Naumann hat nichts Anderes gemacht, als exakt die Position zu vertreten, für die die ver.di-Liste im Personalratswahlkampf angetreten ist.

Die Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht kommentierte den Fall:

Wir denken, dass dieser Personalrat deutlich gezeigt hat, dass er nicht die Rechte der Beschäftigten vertritt, sondern nur die Arbeit seines „Dienstherrens“ erledigt.

Dem ist absolut zuzustimmen. Die Attitüde des PRD zeugt von gewerkschaftsfeindlichem Verhalten, wogegen energischer Protest notwendig ist. Solidarität mit Claudius Naumann!

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