Öffnung der Schulen – bei Risiko und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Bundes- oder Landesregierung

16.10.2020, Lesezeit 4 Min.
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© picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa

Ein Kommentar aus der Jugend zur Öffnung der Schulen.

Die meisten Schulen in Deutschland sind seit Beginn des neuen Schuljahres wieder offen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um für Kinder und Jugendliche die Stabilität, die ihnen der Schulalltag gibt, wiederherzustellen.

Die Schule ist für Jugendliche nicht nur ein wichtiger Ort, um Freunde zu sehen und ein wenig Routine in dieser ungewissen Zeit zu bekommen, sondern für viele auch ein Zufluchtsort von zu Hause. Während der Corona-Pandemie haben sich materielle Ungerechtigkeiten zwischen Schüler:innen massiv  verschärft. Häusliche Gewalt, wenig Möglichkeiten der Eltern, ihre Kinder zu unterstützen, oder eine psychisch belastende familiäre Situation ist für viele junge Menschen Realität. Auch die Betreuung der Kinder und Jugendlichen zuhause, während die Schulen geschlossen waren, war natürlich für viele Eltern, die in dieser Zeit von zu Hause gearbeitet haben, sehr überfordernd und belastend.

Die Schulen sicher zu öffnen und auch offen zu halten, sollte also in dieser Zeit große Priorität haben, besonders bevor riesige Betriebe wieder geöffnet werden, die keine essenziellen Güter herstellen. Und auch die Arbeiter:innen dieser Betriebe sind einem massiven Risiko ausgesetzt, wenn die Betriebe wieder öffnen.

In der Realität allerdings hat die sichere Öffnung von Schulen keine Priorität: Schüler:innen müssen zu unglaublich unsicheren Bedingungen in die Schule gehen und Lehrer:innen müssen, obwohl sie teilweise selbst zur Risikogruppe gehören, zu unsicheren Bedingungen unterrichten. An Schulen müssen die Schüler:innen  und Lehrer:innen größtenteils durchgehend Masken tragen, sogar während des Sportunterrichts, anstatt dass andere Maßnahmen wie Verkleinerungen der Klassen, gute Lüftungssysteme etc. getroffen werden.

Währenddessen sind riesige Betriebe, die keine essenziellen Produkte herstellen geöffnet und in Bayern findet gerade die Wirtshauswies‘n statt. Gleichzeitig werden besonders Jugendliche durch die neuen Verschärfungen eingeschränkt und kriminalisiert, wenn sie sich draußen mit Freunden treffen. Dann sollen sie aber zu dreißigst in einem Klassenzimmer ohne ein Belüftungssystem lernen?

Obwohl es Corona-Hilfspakete in Milliardenhöhe seitens der Regierung gibt, kristallisiert sich die Unterfinanzierung in der Bildung, wie auch anderer Bereiche des öffentlichen Dienstes weiter heraus. Es ist genug Geld da, um Milliarden in Konzerne wie Lufthansa zu stecken – die dann trotz dieser riesigen Zuschüsse enorm vielen ihrer Arbeitnehmer:innen kündigen werden – aber nicht für den öffentlichen Dienst. Die Unterfinanzierung der Schulen, die sich in einem massiven Lehrkräftemangel, Materialienmangel, extremen Rückständen in der Digitalisierung des Unterrichts etc. zeigt, ist kein neues Problem. Genau, wie die Unterfinanzierung des Gesundheitssystems und des öffentlichen Nahverkehrs kein neues Problem ist. Die Gelder, um das zu ändern, waren und sind offensichtlich da.

Um die höchstmögliche Sicherheit für die Öffnung der Schulen zu gewährleisten, muss jetzt genug Geld in die Bildung fließen, um kleinere Klassen durch mehr Personal zu ermöglichen, um kostenfreie Masken und Tests zu finanzieren, die von den Schulen für die Schüler:innen und Lehrkräfte bereitgestellte werden, eine gute Belüftung der Schulräume sicherzustellen und zu versuchen, den Missstände, die im öffentlichen Dienst herrschen, entgegenzuwirken.

Die Kämpfe der im öffentlichen Dienst arbeitenden Menschen und die Forderungen der Schüler:innen und Student:innen sind verbunden.

Wie kann es für Schüler:innen und Lehrer:innen in dieser Krise weitergehen? Und was bedeutet das für unsere Gesellschaft und die Bildung?

Dieser Kommentar ist der Anfang einer Reihe von Artikeln über Jugend und Corona.

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