Neue Streiks bei Amazon

17.03.2015, Lesezeit 4 Min.
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// Vor Ostern werden die Beschäftigten beim Onlinehändler Amazon erneut in den Streik treten. Den Auftakt machten sie am vergangenen Freitag in Leipzig. //

Der Arbeitskampf geht bald ins dritte Jahr: Vor Ostern werden die Beschäftigten beim Onlinehändler Amazon erneut in den Streik treten. Den Auftakt machten sie am vergangenen Freitag in Leipzig – dort verteilten rund 150 Streikende Solidaritätspostkarten an die BesucherInnen der Leipziger Buchmesse.

Seit Ostern 2013 kämpfen die Amazon-Beschäftigten zusammen mit der Gewerkschaft ver.di für einen Tarifvertrag. Den bisherigen Höhepunkt gab es 2014 in der Woche vor Weihnachten, als über 2.500 MitarbeiterInnen an sechs der acht deutschen Standorte in den Ausstand traten.

Das Ergebnis waren leichte Verbesserungen für die ArbeiterInnen, etwa ein geringfügiges Weihnachtsgeld, doch der Onlinehändler weigert sich beharrlich, mit der Gewerkschaft zu reden. „Wir werden 2015 definitiv noch mehr Gas geben“ so Stefan Nadja von ver.di im Gespräch mit der „Welt“.

Am achten Standort in Brieselang bei Berlin, gleichzeitig auch dem neuesten von Amazon, wurde noch nicht gestreikt. Aber auch hier kämpfen GewerkschafterInnen für grundlegende Rechte. In Brieselang haben vier Mitglieder des Betriebsrates, die im Juni 2014 für eine vierjährige Amtszeit gewählt wurden, keine Verlängerung ihrer Arbeitsverträge bekommen. Seit dem 31. Januar sind sie nicht mehr im Betrieb. Die Betriebsräte klagen auf ihre Wiedereinstellung, damit sie ihren Aufgaben weiterhin nachgehen können. Am 24. März wird es einen Gütetermin beim Arbeitsgericht in Brandenburg an der Havel geben, wo auch eine Protestkundgebung stattfinden wird.

An dem Standort waren über 1.000 ArbeiterInnen nach dem Weihnachtsgeschäft arbeitslos, weil sie befristete Verträge hatten. Nur 35 bekamen eine unbefristete Stelle. Aber unmittelbar danach begann das Management mit der Suche nach neuen Saisonkräften für das Ostergeschäft – angeboten werden wieder nur befristete Verträge. Außerdem war aus Kreisen der Belegschaft zu erfahren, dass momentan etwa 40 LeiharbeiterInnen in dem Betrieb eingesetzt sind.

Diese Woche hagelte es Kritik gegen Amazon, nachdem ein „Inaktivitätsprotokoll“ veröffentlicht wurde. Dort kann man unter anderem lesen, dass ein Mitarbeiter „von 07:13 Uhr bis 07:14 Uhr (1 min) inaktiv“ war. Das US-amerikanische Unternehmen beteuert, das penible Protokoll sei eine Ausnahme, der betreffende Fall liege schon einige Jahre zurück. MitarbeiterInnen dagegen berichteten anonym, dass der Handscanner, der die „Picker“ durch die riesigen Lagerhallen führt, ihre Schritte genau verfolgen kann. Ihre Produktivität werde ständig überwacht, und zwar auch heute, so die Beschäftigten.

Ver.di berichtet außerdem von Schikanen gegen gewerkschaftsnahe Beschäftigte. So seien KollegInnen, die auf ihren privaten Facebook-Seiten die Firma kritisierten, abgemahnt worden. Die PR-Abteilung des Konzerns bestreitet diese Vorwürfe.

In den letzten zwei Jahren steigt nicht nur die Zahl der Streikenden, sondern auch die Solidarität. Letzten Freitag nahmen über 40 Menschen an einer Filmvorführung in der Berliner ver.di-Zentrale teil, die vom Amazon-Solikreis organisiert wurde. Der Dokumentarfilm „Das ist unser Streik“ über den neunmonatigen Arbeitskampf beim Hamburger Verpackungsmittelhersteller Neupack zeigt die Bedeutung der Selbstorganisierung der KollegInnen im Streik.

Die BetriebsaktivistInnen von Amazon schaffen es auch, sich mit linken Bewegungen zu vernetzen: Am Mittwoch werden GewerkschafterInnen aus dem Standort Bad Hersfeld auf der Blockupy-Demonstration in Frankfurt teilnehmen und dort einen eigenen Block bilden.

Solidaritätskundgebung für die nichtverlängerten Betriebsräte aus Brieselang: 24. März, 11 Uhr, vor dem Arbeitsgericht, Magdeburger Straße 51, Brandenburg an der Havel

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