München: 400 demonstrieren trotz Polizeischikane für Afrin [mit Video]

21.04.2018, Lesezeit 4 Min.
1

Mehrere hundert Menschen demonstrieren in München gegen die türkische Besatzung des kurdischen Kantons Afrin in Nordsyrien und das Bündnis zwischen Erdogan und der Bundesregierung. Aufgerufen hatten das „Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus“ und das Bündnis „Hände weg von Afrin“. Die Polizei nimmt das Zeigen von YPG- und YPJ-Fahnen zum Anlass mehrfach die Demonstration zu stören.

„Ich habe gerade noch einmal von der Polizei gesagt bekommen, dass die Demonstration nicht loslaufen darf, solange noch Fahnen der YPG und YPJ zu sehen sind.“ So wandte sich der Versammlungsleiter pflichtbewusst an die rund vierhundert Menschen, die heute auf dem Münchner Marienplatz zusammengekommen waren, um Solidarität mit Afrin zu zeigen. Als die Demonstration dann doch noch laufen durfte, obwohl vereinzelt noch die dreieckigen gelben und grünen Fahnen der kurdischen Selbstverteidigungseinheiten im Wind wehten, waren die Teilnehmer*innen aufgrund der Polizeischikane bereits seit einiger Zeit bei sommerlichen Temperaturen in der prallen Sonne gestanden. Gut bewacht wurden sie von zahlreichen Zivilpolizist*innen, von denen fast ebenso viele den Platz zu säumen schienen wie Tourist*innen aus aller Welt. Dass die Polizei die Demonstration starten ließ, war jedoch kein Zeichen von Kulanz. Fünf Menschen wurden im Laufe der Demonstration festgehalten und einer Identitätsfeststellung unterzogen. Ihnen drohen nun Anzeigen.

Vor drei Monaten war die türkische Armee gemeinsam mit einer Vielzahl verschiedener dschihadistischer Milizen in Afrin eingefallen. Während sie lange Zeit gegen den Widerstand der kurdischen Einheiten kaum vorankamen, konnten die Stadt Afrin inzwischen erobern. Seitdem werden immer wieder Plünderungen, Folter und andere Gräueltaten von dort gemeldet. Darauf nahmen viele der Reden Bezug. Immer wieder kam auch die Unterstützung der deutschen Bundesregierung für den türkischen Präsidenten Erdogan zur Sprache. Wenig überraschend war der lauteste Ruf auf der Demonstration:

„Deutsche Panzer raus aus Kurdistan!“

Während die kurdische Bewegung seit Jahren und Jahrzehnten gut vertraut ist mit der harten Repression des deutschen Staates, droht die Polizei in Bayern nun noch weiter gehende Befugnisse zu erhalten. In einer von der CSU eingebrachten Novellierung des bayerischen Polizeiaufgabengesetztes (PAG) sind zahllose Verschärfungen enthalten, die eine massive Einschränkung von demokratischen Rechten bedeuten würden. Neben Geflüchteten wären es auch und vor allem die politisch aktiven Kurd*innen und ihre Unterstützer*innen, die davon zuerst betroffen wären. Deshalb riefen die Redner*innen immer wieder auf, sich an der Großdemonstration gegen das neue PAG am 10. Mai zu beteiligen.

In einer kurzen Ansprache machte außerdem Narges Nassimi, Aktivistin bei der marxistischen jugend münchen, auf die drohende Hinrichtung des iranischen Kurden Ramin Hossein Panahi aufmerksam. Der 22-jährige wurde Mitte Januar diesen Jahres ohne stichhaltige Beweise in einem Prozess, der weniger als eine Stunde lang dauerte, wegen seiner Gegnerschaft zum iranischen Regime zum Tode verurteilt. Bis heute befindet er sich in Einzelhaft.

Für die marxistische jugend berichtete Benjamin Ruß von der Auftaktkundgebung:

„Servus aus Bayern,

Wir berichten für euch hier aus München von der „Free Afrin“-Demo. Die Demo wird organisiert vom „Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus“ und dem Bündnis „Hände weg von Afrin“, in dem auch wir aktiv beteiligt sind.

Mehrere hundert Menschen haben sich heute hier versammelt. Sie fordern das sofortige Ende des Krieges in Afrin, Rückzug aller türkischen Einheiten aus Afrin und ein Waffenexportverbot in die Türkei. Im Fokus des Protestes steht vor allem die Rolle der Bundesregierung in diesem Konflikt.

Das neueste Kriegsverbrechen, an dem sich die Bundesregierung beteiligt, ist die Unterstützung der Luftschläge gegen Syrien. Besonders scharf wird die Bundesregierung in den Reden dafür angegriffen, dass sie nach wie vor Waffenexporte absegnet und die Despoten in der Region unterstützt.

Darüber hinaus kritisieren die beteiligten Organisationen aber auch vehement die anstehenden Gesetzesverschärfungen in Form der neuen Polizeiaufgabengesetze, besonders hier in Bayern.

Diese Gesetze sind ein klarer Ausdruck des Rechtsrucks. Sie sind ein Angriff auf Geflüchtete und die migrantische Selbstorganisierung. Besonders kurdische Verbände und Organisationen in Deutschland leiden seit Jahrzehnten unter der Kriminalisierung durch die deutschen Behörden.

Wir solidarisieren uns bedingungslos mit dem legitimen Widerstand der Kurdinnen und Kurden, sei es in Rojava, in der Türkei, im Irak oder im Iran. Wir unterstützen die Forderungen des Bündnisses „Hände weg von Afrin“ und rufen zu einem breiten, antimilitaristischen Bündnis auf, an dem sich auch Parteien und Gewerkschaften beteiligen müssen.

Mein Name ist Benjamin Ruß und wir sind die marxistische jugend münchen.“

Mehr zum Thema