[Liveticker Frankreich] Bilanz der Delegation von KGK – Der Kampf gegen die Rentenreform geht weiter!

07.04.2023, Lesezeit 25 Min.
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Bild: KgK

Unser Team von Klasse gegen Klasse war in Paris , um auf Deutsch von den Protesten gegen die Rentenreform von Emmanuel Macron zu berichten.

Highlights der Woche: Netzwerk für Generalstreik und landesweiter Aktionstag

Unter der Woche schien es in der französischen Hauptstadt eher geordnet und ruhig. Es gab vereinzelte Blockaden, einige Versammlungen in Universitäten und kleinere Aktionen, wie die Schüler:innendemo am Dienstag in der Innenstadt. In einigen Betrieben, insbesondere in den Raffinerien in der Normandie, halten die Streiks an, die von der Basis regelmäßig durch Abstimmungen verlängert werden.

Am Dienstag trafen sich unter anderem diese Sektoren im Netzwerk für den Generalstreik (frz.: le reseau pour la grève générale). Darunter Beschäftigte aus Raffinerien, Atomkraftwerke, Eisenbahn, Pariser Nahverkehr und Müllabfuhr. Es waren etwa 200 Personen daran beteiligt. Viele Leute aus anderen Städten waren online mit dabei, vor allem aus den Orten, an denen die verlängerbaren Streiks aufrecht erhalten werden. Anasse Kazib, Eisenbahner und Mitglied von Révolution Permanente, schilderte in einem Input die strategische Ausgangslage: Macron hat es mit Hilfe der Intersyndicale (Koordinierung der Gewerkschaftsdachverbände) zwar geschafft, einige der verlängerbaren Streiks zu brechen, aber an vielen Orten halten sie sich weiterhin. Die Regierung ist geschwächt und die Situation ist weiter offen. Das Momentum kann schnell wieder kippen. Jederzeit kann es dazu kommen, dass neue Sektoren in den Kampf gezogen werden (gerade gibt es etwa die Entlassung von 700 Leiharbeiter:innen beim Autohersteller PSA). Auch der Eintritt der Jugend in die Proteste auf einem höheren Niveau bleibt eine Möglichkeit.

Es gibt keinen Grund zur Niedergeschlagenheit wegen der abgeflachten Dynamik. Das Netzwerk für den Generalstreik kann zwar eine Dynamik nicht künstlich erzeugen, aber seine Aufgabe besteht darin, die weiter existierenden Streiks zu unterstützen und ihre Isolierung zu verhindern und im Moment von neuen Dynamiken bereit zu stehen und kämpfenden Sektoren eine Orientierung anzubieten. In Gesprächen mit Genoss:innen zeigte sich, dass wir es in dem aktuellen Klassenkampf mit einer sehr bewussten Avantgarde zu tun haben, die die verlängerbaren Streiks durchführt und sich ihrer Rolle als Vorkämpfer:innen der Klasse sehr genau bewusst ist. Trotzdem gibt es im Netzwerk für den Generalstreik Differenzen im Bezug auf die Einschätzung der Intersyndicale. Einzelne Teilnehmende äußerten sich optimistisch ob der Gespräche zwischen der Intersyndicale und der Regierung etwas Gutes rauskommen könnte. Dennoch einigten sich alle auf eine Abschlusserklärung, in der sie die Strategie der isolierten Mobilisierung ablehnen und dazu aufriefen, im ganzen Land Aktionskomitees zu bilden.

Am Donnerstag fand der mittlerweile elfte nationale Aktions- und Streiktag, ausgerufen von der Intersyndicale, statt. Im ganzen Land gingen dabei drei Millionen Menschen auf die Straße, in Paris waren es ungefähr 400.000. Der Tag begann für viele schon um fünf Uhr morgens, um zu den ersten Streikposten zu fahren. Unsere Delegation teilte sich entsprechend der Aktionsweise der Komitees auf, um im Norden an der Blockade des Terminal 1 in Roissy am Flughafen Charles de Gaulles und am Streikposten der Eisenbahner:innen am Wartungscenter der SNCF in Châtillon, im Süden der Stadt, teilzunehmen.

Nach der Blockade am Eisenbahndepot Châtillon zogen die Kolleg:innen durch den Bahnhof Montparnasse, den sie mit Leuchtfeuer in roten Rauch hüllten. Mittags stürmten wütende Eisenbahner:innen die Zentrale von BlackRock, dem größten Investmentfonds der Welt, der auch Privatisierungen bei der französischen Eisenbahn vorantreibt.

Am frühen Nachmittag startete die Gewerkschaftsdemo mit riesigen Blöcken der verschiedenen Gewerkschaftsverbänden. Sie traten mit eigenen behelmten Sicherheitskräften auf, um sich vor Angriffen der Polizei zu schützen. Dies war durchaus notwendig, wie die Angriffe mit Tränengas und Schockgranaten zeigte. Doch die schiere Zahl der Demonstrant:innen konnte sich durchsetzen und die Demo erfolgreich zu Ende bringen.

Die schiere Masse der Großdemonstrationen zeigt weiterhin die im ganzen Land verbreitete Ablehnung der Rentenreform von Macron. Dieser spottete bei einem Auslandsbesuch in China über die Demonstration und kündigte weitere Angriffe an. Macron erklärt ganz offen eine Radikalisierung der Strategie der harten Hand, bei der er mit einer verstärkten juristischen Verfolgung und Zwangsverpflichtungen von Streikenden auf die angebliche Gewalt der Opposition antwortet. Die Intersyndicale kann dem mit ihren vereinzelten Streiktagen nicht genug entgegensetzen. Laurent Berger, vom größten Verband CFDT, hat bereits angekündigt, dass er die Entscheidung des Verfassungskonvents über die Legalität der Rentenreform akzeptieren wird. Es ist daher umso notwendiger, dass die Gewerkschaften ihre Strategie wechseln, und wie vom Netzwerk für den Generalstreik vorgeschlagen, auf die Bildung von Aktionskomitees, zusammenhängende Streiktage und unbefristete Streiks zu setzen.

Als Delegation aus Deutschland reisen wir nun ab. Wir werden aber weiter über das politische Geschehen informieren und in den kommenden Tagen tiefere strategische Artikel veröffentlichen. Seid gespannt!

Live-Ticker für Donnerstag, den 6. April

Die letzten Tage waren geprägt von einer Schwäche der Dynamik, da die Gewerkschaftsführungen die bestehenden Streiks und Aktionen in Isolation ließ und lieber mit der Regierung verhandelten. Mit der Regierung die unsere Streikposten angreift und Kolleg:innen gewaltsam zur Arbeit zwingt! Heute mobilisieren Gewerkschaftsverbände wieder landesweit, verfolgt den Streiktag am 6. April live auf Klasse gegen Klasse.

6. April

In Solidarität mit den Protesten in Frankreich blockieren belgische Arbeiter:innen ein Öl-Depot von Total. Ein starkes Zeichen der internationalen Solidarität!

6. April 16:42 Uhr

In St-Nazaire, wo die Raffinerien noch immer im verlängerbaren Streik sind wurde die Demonstration mit Tränengas angegriffen.

6. April 16:38 Uhr

Bordeaux: Nachdem die Streichung von 1500 Stellen angekündigt wurde reagieren die streikenden Lehrer:innen und stürmen die Behörde, wo sie von der Polizei reprimiert werden.

6. April 15:25

Der Demonstrationszug der Jugend in Rennes wird von der Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas angegriffen.
Der Staat probiert mit allen Mitteln die Jugend von den Protesten fernzuhalten.

6. April 15:18 Uhr

In Paris sind heute Hunderttausende auf den Straßen, in Marseille wurden über 170 Tausend gemeldet. Konkrete Zahlen werden im Laufe des Nachmittags bekannt werden, so oder so hat der heutige Tag die vorhandene Mobilisationsbereitschaft bestätigt.

6. April 13:05 Uhr

Ein Erfolg für das Streikrecht: Der Staat scheitert teilweise mit der Zwangsverpflichtung von Raffinerie-Arbeiter:innen. Aufgrund des Drucks der Bewegung wurden die Verpflichtungen vom Gericht in Rouen aufgehoben.

6. April 12:57 Uhr

Die Mobilisierungen der Jugend bleiben wie hier in Paris zu sehen ist weiterhin stark.
Zur Situation der Jugend haben wir auch einen Artikel übersetzt.

Gestern

Aufgrund des Streiks der Hafenarbeiter:innen stecken mehr als 50 Schiffe mit Öl im Golf von Fos-sur-Mer fest. Ein Streik mit gewaltiger Auswirkung.

6. April 12:26 Uhr

Die Firmenzentrale von BlackRock wurde von Eisenbahner:innen gestürmt.

6. April 10:16 Uhr

Irène, Studierende von Le Poing Levé bei der Blockade des Pariser Flughafens: „Wir weigern uns, mit einer Regierung zu verhandeln, die uns niederknüppelt, die hunderte Menschen bei den Protesten verletzte, die versucht unsere Wut mit einer Börsenreform zu kanalisieren. Wir werden bis zum Ende weitermachen!“

6. April 9:44 Uhr

Die Universität Paris Assas ist erneut blockiert.

6. April 9:31 Uhr

Blockade am Terminal 1 des Pariser Flughafen-CDG.

6. April 9:20 Uhr

In Paris ist die Müllanlage in Ivry, welche besonders von Polizeirepressionen betroffen war weiterhin blockiert. Dank der Unterstützung von Außen bereiten sich die Arbeiter:innen darauf vor wieder in den Streik zu gehen!

6. April 8:57 Uhr

Aktivist:innen und Gewerkschafter:innen stürmen in das Hauptquartier einer der wichtigsten Bankenengruppen Frankreichs um gegen die Rentenreform zu protestieren.

6. April 8:43 Uhr

Schüler:innen verdrängen die Polizei mit Mülleimern von ihrer Schule. Auch in Marseille sind Schulen blockiert.

6. April 8:38 Uhr

Anhaltende Blockade eines Büro-Turms in Marseille, wo die Büros des Telekommunikationsunternehmens Orange, von dem Cateringunternehmen Sodexo und Haribo sind. Die Protestierenden rufen: „es ist Geld in den Kassen der Bosse!“

6. April 8:31

Am heutigen Tag sind wieder einige Schulen in Paris blockiert.

6. April 8:30 Uhr

Die Müllverbrennungsanlage in Toulouse bleibt weiterhin dicht. Unterstützer:innen aus dem öffentlichen Dienst, von der Bahn und aus dem Bildungssektor sind Anwesend.

6. April 8:22 Uhr

Schon am frühen Morgen gab es Blockaden, wie beim Wartungsbetrieb der Eisenbahn in Paris oder dem Flughafen Charles de Gaulle.

Live-Ticker für Dienstag, den 4. April

4. April 19:36 Uhr

Paris: Über 150 Personen nehmen heute am Netzwerk für einen Generalstreik teil. Darunter Anführer:innen aus den Raffinerien, dem Energiesektor, Müllentsorgung, Eisenbahn und weiteren Branchen. Trotz der bremsenden Gewerkschaftsführungen wollen sie weiter kämpfen.
@ReseauGrevGe

🔴Treffen des Netzwerks für den Generalstreik am Dienstag, den 4. April um 18.30 Uhr unter dem Motto: „Keine Pause, keine Mediation, kein Treffen mit Borne: Um den Kampf, den Streik und die Demonstrationen fortzusetzen, organisieren wir uns an der Basis!“

Unsere Delegation von Klasse Gegen Klasse wird live von dem Treffen berichten.

4. April 14:19 Uhr

Hunderte Schüler:innen und Studierende demonstrieren in Paris gegen die Rentenreform. Live-Bericht unserer Korrespondent:innen.

Schon am Morgen hatten die Schüler:innen des Pariser Voltaire-Gymnasiums ihre Schule blockiert, in Unterstützung ihrer Lehrer:innen, die für Renten, Löhne und bessere Ausstattung streiken.

4. April 11:06 Uhr

Streikposten der Müllwerker:innen von SIVOM in Varennes-Jarcy (91). Die Beschäftigten haben den Streik verlängert und setzen den Kampf für Renten und Löhne fort! Angesichts der Drohungen der Geschäftsleitung waren zahlreiche Unterstützer:innen anwesend ✊.
Spende an die Streikkasse 👇.

Live-Ticker für Montag, den 3. April

3. April 23:00 Uhr: Bericht des Tages

Eine Müllverbrennungsanlange, an einem Montag um 9 in der Früh, ist nicht unbedingt der gewöhnlichste Treffpunkt für zwei dutzend Studierenden, fünf Beschäftigten aus dem Werk und einer Reihe von solidarischen Gewerkschaftern, unter anderen aus den Energietrieben, die teils selbst weiterhin in Streiks stehen, über deren Fortsetzung regelmäßig abgestimmt wird. Auch ein Abgeordneter von La France Insoumise mit seiner blau-weiß-roten Schärpe gesellte sich darunter. Der Grund für die Blockade des Werkstores: Die Beschäftigten wurden von der Regierung letzten Freitag gezwungen, ihren Streik abzubrechen. Nun blockierten nach Absprache dafür solidarische Unterstützer:innen die Einfahrt – mit Erfolg: Nach drei Stunden Stillstand wurde offensichtlich, dass an diesem Tage kein städtisches Müllfahrzeug mehr in den Hof fahren würde und die Arbeiter:innen wurden in den Feierabend geschickt.

Dies war nur eine Aktion, wie sie derzeit an vielen Orten Frankreichs stattfindet. Dadurch dass die Führung der Gewerkschaftsverbände, die Intersyndicale, nur zu vereinzelten landesweiten Streiktagen aufruft, sind viele der bestreikten Betriebe gezwungen, wieder die Arbeit aufzunehmen. Entweder durch direkten Zwang der Regierung, oder durch die Lohneinbuße der Streiks. Mit Unterstützung von Gewerkschafter:innen und Studierenden gelingt es an einigen Orten jedoch, die Arbeit weiterhin zu unterbrechen.

Zu solchen Unterstützungsaktionen rief am Nachmittag auch die Versammlung an der Universität Paris 8 auf, die wir als Delegation besuchten. 300 Studierende und Lehrkräfte nahmen daran teil. Sie diskutierten auch über den möglichen Boykott von Prüfungen, weil diese ein großes Hindernis darstellen, damit sich mehr Studierende in die Proteste einreihen. Zwei Beschäftigte der Pariser Nahverkehrsbetriebe, RATP, sprachen vor der Streikversammlung. Sie bedankten sich für die 5000 Euro, die die Studierenden für die Streikkassen sammelten. Dabei bezogen sie sich auch auf die guten gemeinsamen Erfahrungen, die sie schon 2019 gemacht hatten, als Studierende die Nahverkehrs-Beschäftigten unterstützen. Schon damals streikten sie gegen Macons ersten Versuch, die Renten anzugreifen.

Bei der Versammlung stand auch die bremsende Rolle der Intersyndicale zur Diskussion, nachdem diese in der Vergangenheit laut Genoss:innen von Révolution Permanente für die Mehrheit der Versammlung keine Rolle spielte. Es zeigt sich, dass es durchaus ein größeres Bewusstsein für das strategische Problem entsteht, die die Gewerkschaftsbürokratie darstellt. Trotzdem bleibt die Frage der Selbstorganisierung der Studierenden eine bisher unzureichend gelöste Aufgabe. Zwar kamen an der Sorbonne-Universität sogar 1000 Personen zur heutigen Versammlung. Auch im ganzen Land gibt es weiterhin Zusammenkünfte. Doch im Vergleich zur Masse der Studierenden stellen sie ein Phänomen einer kleinen fortschrittlichen Minderheit dar.

Dieses Problem zeigte sich auch bei der Nationalen Koordinierung der Studierenden (CNE), die am Wochenende tagte. Diese wird von vielen Studierenden nicht als echte, demokratische Vertretung wahrgenommen; so verließen zur Wahl der Delegierten in der Versammlung von Paris 8 ein großer Teil der Anwesenden den Raum. In ihrer Abschlusserklärung rief die Koordinierung zwar allgemein zu weiteren Mobilisierungen auf, inklusive einer Kritik an der Intersyndicale, sowie für die Rente mit 60. Aber sie verzichtete darauf, ein konkreteres Programm zu formulieren, wie es von den Genoss:innen von Le Pong Levé, der Jugendorganisation von Révolution Permanente, und der Vollversammlung in Montpellier vorgeschlagen wurde. Dies beinhaltete etwa die Rente mit 60 Jahren (bzw. 55 für Schwerarbeiter:innen), eine Anhebung der Förderung für arme Studierende um 400 Euro, Abschaffung von Zugangsbeschränkungen, Abschaffung der Studiengebühren für Studierende aus dem Ausland und eine Festanstellung von Beschäftigten mit befristeten Verträgen.

Die Entwicklung einer echten Selbstorganisierung, die einen bedeutenden Teil der Studierenden einbezieht und eine demokratische, landesweite Koordinierung entwickelt, ist eine wichtige Bedingung, mit der die Studierendenbewegung eine führende Rolle in den Protesten einnehmen könnte. Sie bräuchte gemeinsame Mobilisieurngsmaterialien und Figuren, die in den Medien auftreten und die Perspektive der Studierenden aufzeigen und eine Alternative zur Intersyndicale vorschlagen können. Damit könnte sie die schwächelnden Streiks wieder ankurbeln und auch den Schüler:innen, die zahlreich und selbstbewusst auf die Straße gehen, eine Orientierung zu bieten. Damit könnte die Jugend den Protesten neuen Schwung verleihen. Am Dienstag treffen sich im Aktionskomitte für den Generalstreik verschiedene Sektoren der Arbeiter:innenbewegung. Auch von dort werden wir wieder berichten. Die Situation bleibt weiterhin spannend.

3. April 20:00 Uhr

Der Staat hat neue Zwangsverpflichtungen eingeleitet, um eine Verknappung von Kraftstoff vor den Ferien zu verhindern. Die Intersyndicale muss diese anprangern und eine Antwort organisieren, anstatt ein Treffen mit Premierministerin Borne aufrechtzuerhalten, die die Zerschlagung der Streiks organisiert!

3. April 13:30 Uhr

Im Rahmen des Rentenkampfes geht die Mobilisierung der Studierenden im ganzen Land weiter. An der Tolbiac-Universität in Paris sind derzeit mindestens 1000 Personen in einer studentischen Vollversammlung!

Zur gleichen Zeit versammeln sich mehr als 150 Studierende und Angestellte zu einer Vollversammlung an der Universität Paris Cité. Es wird über den Stand der Mobilisierung und die nächsten Initiativen diskutiert!

Am Mittag waren mehr als 100 Personen zu einer Vollversammlung auf dem Campus Clignancourt der Sorbonne Université zusammengekommen, um über die Fortsetzung der Bewegung gegen die Rentenreform zu diskutieren.

3. April 11:30 Uhr: Streikposten der Müllwerker: innen von SIVOM an der Mülldeponie von Varennes-Jarcy (91)

Die Beschäftigten befinden sich seit Donnerstag in einem verlängerbaren Streik gegen die Rentenreform und für höhere Löhne. Sie fordern eine Lohnerhöhung von 9% für alle!

Die Aktivist:innen des Netzwerks für den Generalstreik (@ReseauGrevGe) und die Unterstützer:innen der branchenübergreifenden Koordinierung (Interpro) aus dem 77er Bezirk waren heute Morgen anwesend, um den Streikenden ihre Solidarität zu zeigen!

Raffineriearbeiter:innen, Eisenbahner:innen, Müllwerker:innen, Lehrer:innen und Studierende, alle zusammen können wir gewinnen!

3. April 10:30 Uhr

Während der Demonstration gegen die Rentenreform am 23. März wurde Laurie, eine Schülerin aus Chambéry, von der Polizei mit einem LBD beschossen. Sie wurde in den Bauch getroffen, und der Aufprall führte zur Explosion ihrer Milz. Sie musste ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Videobericht für Sonntag, den 2. April

Live-Ticker für Samstag, den 1. April

Als Delegation nahmen wir heute an einer Versammlung in einem vollen Saal eines Pariser Gewerkschaftshauses teil. Dort kamen gewählte Delegationen aus 34 Universitäten des Landes zusammen, um über die Lage der Bewegung, Repressionsmaßnahmen von Seiten des Staates und die kommenden Mobilisierungen an den Universitäten und Schulen zu diskutieren.

Im Zentrum der Debatte stand die aktuell schwächelnde Mobilisierung aufgrund der Politik der Intersyndicale (Koordination der Gewerkschaftsführungen). Diese setzt seit Monaten nur einzelne Streiktage an und plant aktuell für den Beginn der nächsten Woche Verhandlungen mit der französischen Regierung zu führen. Laurent Berger, vom größten Gewerkschaftsbund der CFDT, möchte dabei im Streit um die Rentenreform eine vermittelnde Rolle einnehmen. Viele Mitglieder der Versammlung berichten davon, dass auch an den Universitäten die Mobilisierungen schwächeln. Dies hängt zum einen mit der Taktik der Universitätsleitungen zusammen, die viele Universitäten teilweise für bis zu zwei Wochen schließen, sobald Studierende dort größere Versammlungen abhalten.

Diese administrative Form der Repression verbindet sich, so berichten Studierende mehrerer Universitäten, mit der polizeilichen Repression. In einigen Unis drangen Polizeieinheiten ein, um Besetzungen zu beenden und Versammlungen aufzulösen. So verfügte die Leitung der Universität in Toulouse eine temporäre Schließung nach einer Versammlung von 1000 Studierenden, die sich mit einem Streik von Eisenbahner:innen zusammengeschlossen und Gleise blockiert hatten. Eine delegierte Lehrerin meinte, viele Studierende hätten Angst zu streiken, weil sie sonst möglicherweise keinen Job mehr an der Uni finden. Diese Angst liegt begründet im sogenannten “Concours”, einem Prüfungsprozess vor dem Antritt einer universitären Stelle, bei der die Treue zur Republik nachgewiesen werden muss. In Bordeaux geht die Uni-Leitung nach Aussagen einer Teilnehmerin auf Suche nach „Rädelsführer:innen“. Andererseits verteilt Macron aufgrund der Proteste der Jugend Zuckerbrot, ganz im wörtlichen Sinne. So soll es bald Mittagessen für einen Euro für alle Studierenden geben. Einige Delegierte der Studierendenversammlung bezeichneten dies als “truque” (“Trick”), um die Jugend mit einem sozialen Zugeständnis von der Straße zu holen.

Für die kommende Woche planen die Delegierten Aktionen gemeinsam mit Beschäftigten von der Uni und Schüler:innen, um schon vor dem landesweiten Streik- und Aktionstag der Intersyndicale am Donnerstag den Druck hochzuhalten. Dabei wies ein Studierender auf den produktiven Charakter einer Verbindung von Studierenden und Lehrenden hin, wobei laut ihm z.B. Dozent:innen aus der Soziologie, jedenfalls an seiner Uni, bei der Mobilisierung helfen könnten.

Um die verbleibenden Streiks zu unterstützen und gegebenenfalls wieder auszuweiten, schlugen einige Delegierte studentische Streikposten an Universitäten und Betrieben vor. Um der Arbeiter:innenklasse bei der Durchsetzung der Streiks zu helfen, sammelten die Studierenden auch tausende Euros für die Streikkassen. Bei der Versammlung machten viele Teilnehmende deutlich, dass die kommenden Tage richtungsweisend werden: Kann die Bewegung nochmal mit Wucht zurückschlagen? Oder schafft es Macron mit den Verhandlungen mit der Intersyndicale und der Repression, die Dynamik vorerst weiter einzugehen?

Die Genoss:innen von Le Poing Levé und Révolution Permanente schlagen vor, dass die Studierendenbewegung mit der Strategie der Niederlage der Intersyndicale brechen und darauf hinarbeiten muss, an der Seite der Arbeiter:innen in den strategischen Sektoren die Streiks auszuweiten. Während die Präsidien die Unis schließen, um zu verhindern, dass sich die Organisation der Studierenden strukturiert, müssen die Vollversammlungen weiter aufgebaut werden, um die Hochschulen zu offenen Orten zu machen, die im Dienste der Mobilisierung stehen. Dies ist ein erster Schritt, um für eine andere Art von Universitäten zu kämpfen, die für alle und jeden offen sind und in denen die Wissenschaft der Bevölkerung und nicht den kapitalistischen Profiten dient. Denn in diesem Kampf, der mittlerweile über die Rentenreform hinausgeht, ist es möglich, die Rente mit 60 Jahren bei vollem Lohnsatz, die Anpassung der Löhne an die Inflation oder auch die Einführung eines von den Arbeitgeber:innen finanzierten Studierendeneinkommens zu erreichen. Angesichts der zutiefst undemokratischen Handlungen der Fünften Republik ist es auch notwendig, die Abschaffung des Senats und der Nationalversammlung zu erkämpfen, um den Aufbau einer einzigen, ständig abwählbaren Versammlung der Arbeiter:innen voranzutreiben.

KGK ist in Paris! Verfolge unsere Live-Berichterstattung von den Protesten

Unsere Delegation ist am Freitag in Paris angekommen.

Die Koordinierung der Gewerkschaftsführungen (Intersyndicale) sorgt mit ihrer Schlichtungsstrategie für spürbare Demobilisierung auf den Straßen. In Paris stapelt sich der Müll nicht mehr in den Straßen, wie in den letzten Wochen, da die Beschäftigten der Müllbetriebe ihre Arbeit wieder aufgenommen haben. In den kommenden Tagen wird die Intersyndicale sich mit der Regierung treffen, um über einen Kompromiss zu verhandeln. Trotzdem fanden am Freitag einige spontane Aktionen statt, die den Unmut der Arbeiter:innen zum Ausdruck bringen. Eisenbahner:innen versammelten sich am Vormittag am Gare de Montparnasse und hielten eine unangekündigte Demonstration ab.

In Bordeaux räumte die Polizei am Donnertag die Universität, um den massiven Eintritt der Jugend in die Proteste einzuhegen. Daraufhin hielten heute 750 Studierende eine Vollversammlung ab.

Als Delegation besuchten wir am Freitag die in Teilen besetzte Universität Paris 8. Auf zahlreichen Plakaten und in Gesprächen mit Studierenden stellten wir fest, dass sie bereit sind, die Proteste bis zum Rückzug Macrons fortzuführen. Über die Strategie, wie diese Ziele zu erreichen seien, gibt es keineswegs einen Konsens. Morgen gibt es eine große Generalversammlung der nationalen Studierendenkoordination in Paris, zu der hunderte Delegierte aus dem ganzen Land erwartet werden. Hier werden Vertreter:innen unterschiedlicher politischer Fraktionen über die Fortsetzung der Proteste diskutieren.

Für kommenden Donnerstag kündigt die Intersyndicale den nächsten großen Streiktag an. Es ist damit zu rechnen, dass auch in den nächste Tagen, so wie heute bei der Eisenbahn, wilde Aktionen stattfinden werden, die nicht unter Kontrolle der Gewerkschaftsführungen laufen. Es deutet sich an, dass die Demobilisierung der Intersyndicale nur eine kurze Atempause bedeuten könnte.

Am kommenden Mittwoch, den 5. April, wollen wir dann bei einem offenen Online-Treffen von Klasse Gegen Klasse über die Eindrücke und die politischen Lehren der Proteste in Frankreich sprechen.

Live-Ticker für Freitag, den 31. März

31. März 12:02 Uhr

31. März 11:39 Uhr

Daraufhin entschlossen sie die Gleise der Station zu blockieren. Sie rufen: „Wir bleiben entschlossen um das Land zu blockieren!“

31. März 11:27 Uhr

Dutzende Arbeiter:innen aus unterschiedlichen Berufsgruppen aus dem Energiesektor, Bibliothekare, Eisenbahner:innen und weitere versammelten in der Station Montparnasse bei Paris. Dabei gab es zahlreiche solidarische Redebeiträge gegen die brutale Repression bei der Demonstration gegen die Wasserreservoire in Saint-Soline.

31. März 10:35 Uhr

Bordeaux: Über 750 bei Versammlung nach repressiver Auflösung von Besetzung

Am Morgen räumte die Polizei die Besetzung des Campus Victoire. Über 750 Studierende und Beschäftigte der Hochschule versammelten sich um über die weiteren Mobilisierungen zu diskutieren.

Wieder Millionen auf der Straße: „Dialog“ mit Macron oder Radikalisierung des Streiks?

Am Dienstag, den 28. März, erlebte Frankreich einen neuen nationalen Tag der Demonstrationen und Streiks gegen Macrons Rentenreform. Nach Angaben der Gewerkschaften demonstrierten landesweit etwa 2 Millionen Menschen, allein 450.000 in Paris. Die Zahl ist etwas geringer als am vergangenen Donnerstag, und die Proteste wurden von einer massiven Militarisierung begleitet. In mehreren Städten endeten die Proteste mit starker Polizeirepression.

Die Gewerkschaftsführungen bestehen darauf, die Proteste zu pausieren und sich an einen Tisch zu setzen, um mit der Regierung zu verhandeln, während Macron eine Politik der starken Repression und der Zwangsverpflichtungen gegen die streikenden Arbeiter:innen beibehält.

Die Demonstrationen vom Dienstag zeichneten sich durch eine hohe Beteiligung junger Menschen aus. Die Schüler:innen und Studierenden prangern nicht nur Macrons Dekret zur Verabschiedung der Rentenreform an, sondern auch die brutale Repression der Polizei. Exemplarisch dafür steht auch die Represion in Sainte Soline, wo die Polizeirepression einen Demonstranten ins Koma schickte und 200 weitere verletzte.

Das einzige Gegengewicht zu dieser Regierungspolitik sind Solidaritätsaktionen, wie die des Netzwerks für den Generalstreik, das überall dort mobilisiert, wo es einen verlängerbaren Streik gibt, die Streikpostenketten verstärkt, wie in den Raffinerien und Müllverbrennungsanlagen, und die Blockade der Anlagen aufrecht erhält.

Das Netzwerk wirbt für den flächendeckenden Aufbau von Aktionskomitees für den Generalstreik. Wie unser Genosse Juan Chingo aus Paris schreibt, sind diese Aktionskomitees „ein unverzichtbares Instrument für den Sieg. Oder anders ausgedrückt, die Bedingung für den Sieg des Proletariats ist die Überwindung der gegenwärtigen Führung. Die Einheit der Intersyndicale, die nicht nur zu Beginn der Bewegung, sondern auch heute noch selbst von vielen Basisgewerkschafter:innen als Schlüssel zum Sieg dargestellt wird, ist eine Torheit, ein Verbrechen angesichts der immer deutlicher werdenden Sackgasse der Strategie der Führungen der Gewerkschaftsdachverbände. Gegen diesen Weg der Niederlage müssen wir uns wehren, indem wir die Aktionskomitees für den Generalstreik verallgemeinern.“

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