LINKE Berlin lässt einen AfD-Kandidaten ins Präsidium wählen – am Jahrestag der „Selbstenttarnung“ des NSU

04.11.2021, Lesezeit 3 Min.
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Foto: Mo Photography Berlin / Shutterstock.com

Heute hat sich das Berliner Abgeordnetenhaus konstituiert. Der AfD-Kandidat Martin Trefzer wurde ins Präsidium gewählt, weil die LINKE und Grüne sich weigerten mit Nein zu stimmen. Diese Haltung ist ein Skandal und eine Schande für Antifaschist:innen.

An diesem Donnerstag traf sich das Berliner Abgeordnetenhaus zum ersten Mal nach den Landtagswahlen. Laut der Tagesordnung sollte die Posten des:der Präsident:in, sowie der Vizepräsident:innen und 15 weiteren Mitgliedern im Präsidium gewählt werden. Dabei kam es zu einer skandalösen Abstimmung.

Martin Trefzer stand als Kandidat der AfD für das Präsidium zur Wahl. Alle Parlamentsfraktionen inklusive der LINKEN und Grünen entschieden sich bei der Abstimmung zu enthalten, anstatt mit einem klaren Nein zu antworten. Von 147 Abgeordneten haben nur zwei Abgeordnete der LINKEN, Ferat Kocak und Elif Erat mit Nein gestimmt, während alle anderen 22 LINKE-Abgeordnete sich enthielten oder nicht an der Abstimmung teilnahmen.

Am Ende wurde Trefzer (AfD) aufgrund der vielen Enthaltungen in das Präsidium gewählt. Alle LINKE-Abgeordneten, oder alle Abgeordneten, die sich als BIPoC bezeichnen und/oder sich antirassistisch nennen, hätten die Wahl eines AfD-Kaders verhindern können. Taten sie aber nicht.

Dieses Ergebnis ist ein großen Skandal, besonders am Jahrestag der „Selbstenttarnung“ des NSU. Letztendlich haben die LINKE und Grüne mit dieser Entscheidung den Kandidaten einer rechtsextremen Partei – mit einem faschistischen Flügel, in das höchste politische Amt des Berliner Abgeordnetenhaus wählen lassen. Eine Partei, dessen Stadtrat in Chemnitz, Lars Franke, Kontakte zum NSU-Trio hatte, eine Partei, die den rechten Terror in Parlamenten eine Bühne gibt und militante Nazis in ihren Reihen und auf der Straße organisiert.

Vor den Bundes- und Landtagswahlen haben die Parteien SPD, Grüne und LINKE damit Wahlkampf gemacht, dass eine Stimme für sie eine Stimme gegen die AfD sei und der Aufstieg der Rechten nur durch eine Stimme für sie zu verhindern sei. Es scheint, dass die Haltung der Führung dieser Parteien gegen die faschistische Kräfte dort aufhört, wenn sie keine Stimmen bringt und wenn es um „vertrauliche Zusammenarbeit“ in Parlamenten gehen soll.

Wir fordern, dass die Fraktionen der Rot-Rot-Grünen Parteien eine Erklärung darüber geben, warum sie zugelassen haben, dass der AfD-Kandidat ins Präsidium gewählt wurde. Wie werden sie die rassistischen, arbeiter:innenfeindlichen und pro-faschistischen Anträge der AfD durch ihren Sitz im Präsidium verantworten? Wie werden sie es verantworten, dass sie der AfD eine große Bühne für ihre Politik geben?

Der Kampf gegen den Faschismus und die AfD kann sich nicht nur auf das Parlament beschränken, wir brauchen Massenmobilisierungen, Aktionen der Gewerkschaften und antirassistische Initiativen, die sich ebenfalls gegen den staatlichen Rassismus richten. Nichtsdestotrotz scheinen die Senatsparteien SPD, Grüne, LINKE selbst bei Abstimmungen im Parlament unfähig zu sein, sich gegen die AfD zu positionieren.

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