Krankenpflegerin Farida: Erst „Heldin“, dann von der Polizei verprügelt – Solidarität mit Kolleg*innen in Frankreich

22.06.2020, Lesezeit 4 Min.
1

In Frankreich wurde die Krankenpflegerin Farida C. bei Protesten für ein besseres Gesundheitssystem brutal von der Polizei niedergeschlagen. Ihr wird nun Gewalt vorgeworfen. Gesundheitsarbeiter*innen aus Deutschland solidarisieren sich mit ihr und den Forderungen der Kolleg*innen in Frankreich.

Bildquelle: Révolution Permanente

In der letzten Woche gab es nach einem Streikaufruf durch die Gewerkschaften in ganz Frankreich zahlreiche Demonstrationen und Streiks für ein besseres Gesundheitssystem. In vielen Städten gingen mehrere Tausend Menschen auf die Straße. Die Proteste der Arbeiter*innen aus dem Gesundheitssektor erhielten breite Solidarität aus der ganzen Bevölkerung. Wie so oft wurden auch diese Demonstrationen durch Polizeirepression gebremst.

Bekannt wurde die gewaltsame Festnahme der Demonstrantin Farida C. Am 16. Juni. Sie ist Krankenpflegerin und arbeitete auch in der akuten Phase der Pandemie in 10-14 Stundenschichten für ihre Pateint*innen. Auch sie selbst erkrankte am Coronavirus, wie viele Beschäftigte im Gesundheitswesen. Um ihre Wut über die prekäre Situation nun zum Ausdruck zu bringen, nahm sie an den Protesten, die mehr Investitionen für öffentliche Krankenhäuser und das gesamte Gesundheitssystem forderten, teil.

Nachdem auch diese Demonstration in Paris am Ende von der Polizei mit Tränengas und Hartgummigeschossen unbegründet gestoppt werden sollte, kamen Unruhen auf. Die Demonstrierenden rannten davon und auch Farida wehrte sich gegen die Angriffe. Sie warf mit drei Kieselsteinen in Richtung der mit Schutzausrüstung ausgestatteten Polizist*innen. Daraufhin wurde sie sofort von mehreren Polizeikräften umzingelt und gewaltsam zu Boden gedrückt, es wurde an ihren Haaren gezogen und ihr wurden blutige Wunden im Gesicht zugefügt. In dieser Gewaltsituation forderte Farida als Asthmatikerin mehrmals ihr Asthmaspray, doch niemand der Polizist*innen reagierte. Diese Situation wurde von anderen Protestierenden gefilmt, woraufhin die Polizist*innen sich untereinander zuriefen: „Keine Gewalt, wir werden gefilmt!“

Hier ein Video von der Festnahme auf der Instagram-Seite unserer Schwesterseite, Révolution Permanente:

Farida wird nun wegen Gewalt gegen Personen in öffentlichen Ämtern, Beleidigung und Rebellion angezeigt, obwohl ihre Taten niemanden verletzt haben. Sie aber wurde von der Polizei geschlagen. Ein weiterer eindrücklicher Fall von Repression und Polizeigewalt in einer Phase, in der diese so oft legitimiert und abgetan wird. Es handelt sich auch um einen Fall, in dem die demonstrierenden Arbeiter*innen und ihre Forderungen, hier vor allem für den Gesundheitssektor, kriminalisiert werden. Und das von Seiten einer Regierung, die ihre Gesundheitsarbeiter*innen sonst tröstend Held*innen nennt und Besserung verspricht. Statt dies in die Tat umzusetzen, werden auch diese Demonstrationen gewaltsam kleingehalten und die „Held*innen“ verprügelt.

Wir solidarisieren uns mit den Streiks, Demonstrationen und Forderungen der Kolleg*innen in Frankreich. Ihre Forderungen sind auch unsere Forderungen! Sie wählen die richtigen Schritte, um für uns als Arbeiter*innen im Gesundheitssystem, aber auch für die gesamte Gesellschaft Veränderungen zu fordern. Denn es gibt viele wichtige Kämpfe die Repression erfahren, die wir nicht getrennt voneinander betrachten können.

Die Repression von kämpferischen Kolleg*innen dient auch der Aufrechterhaltung des bestehenden profitorientieren und kapitalistischen Gesundheitssystems. Nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland und fast überall auf der Welt ist auch das Gesundheitssystem ein wirtschaftlicher Sektor geworden. Es ist deshalb nicht auf das Wohlbefinden der Beschäftigten und Patient*innen, sondern primär auf das Erwirtschaften von Gewinnen ausgelegt. Die Sparmaßnahmen führen zu schlechten Arbeitsbedingungen, Personalmangel, Versorgungsengpässen oder Outsourcing. Sobald sich die Betroffenen auflehnen, wird ihnen von den unterschiedlichen Regierungen die Unterstützung entzogen. Das Absurde ist, dass genau die betroffenen Gesundheitsarbeiter*innen und Patient*innen das wichtige Wissen darüber haben, welche Veränderungen notwendig wären. Stattdessen wird von oben für sie entschieden und ihre Stimmen werden kleingehalten.

Letzte Woche fand eine Veranstaltung von KlassegegenKlasse statt, um die aktuelle Situation und die Verbundenheit der verschiedenen Kämpfe zu erklären. Wir laden Euch ein, sie euch anzuschauen:

Mehr zum Thema