Gorillas und Krankenhaus­bewegung: Gemeinsam gegen Lohndumping und für mehr Personal

16.06.2021, Lesezeit 5 Min.
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Gorillas-Beschäftigte vergangenen Freitag auf einer Kundgebung vor der Berliner Charité. Bild: Tobias Schulze.

Am kommenden Freitag findet in Berlin eine weitere Kundgebung der Krankenhausbewegung statt. Eingeladen sind auch Beschäftigte des Lieferdienstes Gorillas, die seit gut einer Woche gegen die Kündigung eines Kollegen kämpfen. Die Ausweitung beider Kämpfe ist notwendig für den Erfolg der Beschäftigten.

Die wilden Streiks der Gorillas-Beschäftigten haben in der letzten Woche größere Wellen geschlagen. Sie haben es nicht einfach hingenommen, dass einer ihrer Kollegen entlassen wird, sondern sind daraufhin in den Streik getreten. Seitdem fordern sie nicht nur die Wiedereinstellung ihres Kollegen Santiago, sondern auch bessere Arbeitsbedingungen. Dafür waren sie bereits letzte Woche auch bei einer Kundgebung der Krankenhausbewegung. Am Freitag werden wieder einige Gorillas-Beschäftigte in Kreuzberg bei der Kundgebung vor dem Urban-Klinikum sprechen. Diese Verbindung beider Kämpfe muss ausgeweitet werden, um die Schlagkraft der Kämpfe der Kolleg:innen zu erhöhen.

Denn auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, als hätten beide Kämpfe nicht viel miteinander zu tun, lassen sich doch viele Gemeinsamkeiten erkennen. Beide Auseinandersetzungen sind extreme Ausdrücke davon, wie absurd die Neoliberalisierung der Gesellschaft geworden ist.

Einerseits die Kämpfe in den Krankenhäusern: Dort geht es längst nicht nur um höhere Löhne. Es geht vor allem darum, die Versorgung nicht nach privaten Profitinteressen auszurichten, sondern nach den Bedürfnissen von Beschäftigten und Patient:innen. Sie fordern unter anderem mehr Personal, ein Ende des Systems der Fallpauschalen (DRG-System) sowie den Stopp von Lohndumping und Tarifflucht in den Tochterunternehmen der großen Berliner Krankenhauskonzerne Charité und Vivantes.

Andererseits der Kampf der Gorillas-Kolleg:innen: Einkäufe sollen dort in zehn Minuten geliefert werden. Kein Wunder, dass das nur mit extremem Druck auf die Kolleg:innen funktionieren kann. In der Pandemie sind Gorillas, Lieferando und Co. zu wichtigen Teilen des Alltags vieler Menschen geworden. Doch besonders junge und migrantische Beschäftigte sind dort von den miesen Arbeitsbedingungen betroffen. Viele Studierende arbeiten nebenbei für solche Unternehmen, um ihr Studium finanzieren zu können. Es gibt keine Tarifbindung und wenig Sicherheit für Beschäftigte, wie der Fall von Santiago letzte Woche beweist, der ohne vorherige Verwarnung gekündigt wurde. Hinter dem „coolen“ Start-up-Image versteckt sich nur eine Politik, die gewerkschaftliche Organisierung erschweren soll und die Beschäftigten zu niedrigsten Löhnen ausbeutet. Und Gorillas ist dabei kein Einzelfall: Auch bei anderen Lieferdiensten wie Deliveroo oder Durstexpress haben sich Beschäftigte gegen die Willkür ihrer Bosse zur Wehr gesetzt.

Gegen Privatisierungen und Lohndumping

Beide Kämpfe stehen exemplarisch dafür, dass Kapitalist:innen versuchen, aus der Pandemie Profit zu schlagen. Sei es durch schlechte Arbeitsbedingungen bei Lieferdiensten oder weitere Einsparungen in Krankenhäusern beim Personal oder der Ausstattung. Deshalb müssen diese Kämpfe zusammengeführt und auf weitere Sektoren der Arbeiter:innen ausgeweitet werden. Die Lokführer:innen der GdL haben beispielsweise für die kommenden Wochen Streiks angekündigt und auch die Tarifrunde der Länder, unter anderem für Kitas und Schulen, steht im Herbst wieder an. In allen Bereichen behaupten die Bosse und die Politik, dass kein Geld für Verbesserungen da sei. Die Berliner SPD hat bereits einen Sparhaushalt für 2022 auf den Weg gebracht, der nächste Woche im Senat abgestimmt wird. Dabei sehen wir genau, dass das Geld sehr wohl da ist. Es fließt Richtung Lufthansa, Daimler und Co., die damit die Dividenden für ihre Aktionär:innen finanzieren und ihr Vermögen weiter ausbauen.

Stattdessen müssen wir dafür kämpfen, dass genau diese Unternehmen für die Krise zahlen: Beispielsweise mit einer Vermögenssteuer, die gezielt dafür verwendet muss, mehr Personal in den Krankenhäusern zu finanzieren, den Ausbau von Kitas und Schulen voranzutreiben, bezahlbaren Wohnraum für alle zu ermöglichen und den öffentlichen Nahverkehr auszubauen und durch Verstaatlichung der öffentlichen Daseinsvorsorge unter Kontrolle der Beschäftigten. Doch keine Regierung wird uns das schenken. Wir müssen die bestehenden Kämpfe dafür nutzen, diese Forderungen aufzustellen und dafür gemeinsam über alle Sektoren hinweg zu streiken. Wir fordern insbesondere die Berliner LINKE auf, am 22. Juni gegen einen erneuten Sparhaushalt für Berlin zu stimmen und sich nicht an einer solchen Regierung zu beteiligen. Die Gorillas-Beschäftigten machen dabei vor, wie es gehen kann: Sie diskutieren in der Belegschaft darüber, wie der Kampf geführt wird und welche Maßnahmen sie ergreifen wollen. Diese Demokratisierung braucht es in allen Kämpfen: Nicht Gewerkschaftsfunktionär:innen dürfen das letzte Wort haben, wenn es um Streiks oder die Annahme von Angeboten der Bosse oder der Politik geht, sondern einzig und allein die Beschäftigten.

Deshalb rufen wir alle dazu auf, am Freitag um 15 Uhr zum Urban-Klinikum zu kommen und gemeinsam mit den Kolleg:innen der Berliner Krankenhäuser, von Gorillas und Co. gegen die Abwälzung der Krise auf unsere Schultern zu demonstrieren.

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