FU lässt besetzten Hörsaal mit Polizei räumen – weitere Aktionen angekündigt

20.04.2017, Lesezeit 4 Min.
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Nach der erfolgreichen Besetzung an der HU regt sich auch Protest in der Studierendenschaft an der FU. Am Dienstag besetzten Studierende der FU den Hörsaal 1a um ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen und für mehr Freiräume zu streiten. Trotz Räumung wird der Protest fortgesetzt.

Pünktlich zum Semesterstart um 12:00 Uhr erklärten ca. 50 Studierende den Hörsaal 1a der FU Berlin für besetzt. Inspiriert von der erfolgreichen Besetzung des Instituts für Sozialwissenschaften (ISW) an der HU im vergangenen Semester wurde am Montag Abend über die Facebook Seite von holm bleibt und unter dem Hashtag #fubesetzt zu der Besetzung aufgerufen. Diese sollte in diesem Fall nicht als Reaktion auf ein konkretes Ereignis dienen, sondern wurde als Offensive gesehen, um einen Freiraum zu erkämpfen und vielfältigem Unmut Ausdruck zu verleihen. Bei einer Vollversammlung um 18:00 Uhr wurden einige der drängendsten Punkte, wie die intransparenten und undemokratischen Hochschulverträge, die Neoliberalisierung der Uni, Kriegsforschung, überfüllte Seminare, undemokratische Strukturen etc, noch einmal zur Sprache gebracht. Konkrete politische Forderungen wurden jedoch nicht ausformuliert. Statt dessen wurde die Fortführung der Besetzung als Möglichkeit betont, einen Freiraum zu bieten um mittelfristig Perspektiven eine Uni von Unten aufzubauen zu diskutieren. Allerdings fehlte trotz der Bezugnahme auf die vorangegangene Bewegung am ISW jegliche reale Verbindung zu einem konkret stattfindenden Kampf oder der Dynamik einer aktuellen Bewegung. Damit war diese Aktion von vorn herein dazu verdammt, isoliert zu sein und keine eigene Kampfperspektive für Arbeitende und/oder Studierende außerhalb eines kleinen Kreises von Politaktivist*innen anbieten zu können.

Räumung schon am ersten Abend

Diese Isolationhat schließlich auch dazu geführt, dass die Universitätsleitung schon am selben Abend der Aktion ein vorläufiges Ende bereiten konnte. Gegen 21:00 Uhr stellten sich Vertreter*innen der FU vor (Kanzlerin Bör, Vizepräsidentin Schütt), und erklärten die Kommunikation zu suchen. Den Besetzer*innen warfen sie dabei vor, keine konkreten Forderungen zu stellen und damit ein Entgegenkommen der Unileitung zu verhindern. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass die Anwesenheit der FU-Vertreterinnen kein ernst gemeintes Gesprächsangebot darstellte. Sowohl die Kanzlerin, zuständig für die Infrastruktur, deren Hauptsorge die pünktliche Schließung der Gebäude und die Sauberkeit der Möbel war, als auch die Vizepräsidentin, zuständig für die Koordinierung der Forschung, wären auch in der Anwesenheit von konkreten Forderungen völlig unfähig gewesen Verhandlungen zu führen. Dies wurde auch durch offensichtlich falsche Behauptungen ihrerseits (z. B. Anwesenheitspflicht sei nicht mehr Praxis an der FU) verdeutlicht. Die Aufgabe der FU-Vertretung war demnach nicht in ein Gespräch zu treten, sondern das schon am Mittag ausgesprochene Ultimatum, den Raum bis 22:00 Uhr zu räumen, durchzusetzen. Dies wurde schließlich auch mit Hilfe von etwa 100 Polizist*innen umgesetzt, die bereits vor der Tür bereit standen. Dieses kompromisslose, harsche und anti-demokratische Vorgehen verdeutlicht den tief reaktionären Charakter des FU-Präsidiums, was wir an dieser Stelle eindeutig zurückweisen und verurteilen. Die ca. 30 Besetzer*innen entschieden sich angesichts dieser Übermacht den Hörsaal vorerst zu verlassen, sich am nächsten Tag jedoch wieder zusammen zu finden, um die Perspektive für die Weiterführung des Protests zu diskutieren.

Der Protest geht in die zweite Runde

Bei der Diskussion am folgenden Tag wurde der Mangel einer politischen und strategischen Klarheit erkannt, eine breite Unterstützung unter der Studierendenschaft für eine Besetzung zu erreichen, was eine positive Entwicklung darstellt. Um die Diskussion über Missstände an der Universität, mögliche Alternativen und Strategien zu deren Umsetzung in die Breite zu tragen, wird es in den kommenden Tagen einen offenen Anlaufpunkt vor dem Hörsaal 1a geben. Dort haben Studierende bis Dienstag die Möglichkeit Probleme, Erfahrungen und Lösungsstrategien auszutauschen und zu bündeln. Dieser offene Austausch soll als Vorlauf zu einer großen Versammlung am Dienstag dienen, in der das weitere Vorgehen diskutiert und beschlossen werden soll. Dieses Plenum sollte die Perspektive des Aufbaus einer Massenbewegung in den Vordergrund stellen, welche sich mit einer klareren politischen und strategischen Ausrichtung um die Verbindung mit anderen aktuellen Kämpfen bemüht, wie jener der studentischen Beschäftigten, der Kolleg*innen am Botanischen Garten, der Charité oder bei Vivantes, und sich auf eine breite Unterstützung in der Studierendenschaft stützt.

Kommende Termine im Überblick:


* Jeden Tag bis Dienstag, den 25.04.:
Offener Anlaufpunkt (Couchcafé) vor dem Hörsaal 1a mit offenem Plenum um 14:00 Uhr.
* Dienstag, den 25.04. um 14:00 Uhr:
Große Versammlung zur Weiterführung und Konkretisierung des Protests.

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