Eine marxistische Kritik an John Dewey: Die Grenzen der progressiven Bildung

14.06.2023, Lesezeit 25 Min.
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John Deweys progressive Pädagogik ist das Herzstück der Erziehungswissenschaften. Doch Dewey übersieht darin den Kapitalismus als eigentlichen Hauptfeind.

Die progressive Bildung ist durch ihre Schüler:innenorientierung gekennzeichnet und steht im Mittelpunkt der Erziehungswissenschaften. Es wird schwierig, eine ernstzunehmende Fakultät für Erziehungswissenschaften zu finden, in der John Dewey nicht behandelt wird. Der schüler:innerorientierte Unterricht mit den individuellen Interessen und Stärken der Schüler:innen im Zentrum bildet das Kernstück von vielen Ausbildungsprogrammen für Lehrkräfte. Die Auffassung, dass Schüler:innen nicht wie leere Behälter sind, die sich passiv mit Wissen füllen lassen, hat sich weltweit unter progressiven Bildungstheoretikerin:innen und Lehrer:innen verbreitet. Sie stehen in Opposition zu traditionell unterrichtenden Lehrer:innen und konservativen Behörden, der Regierung sowie den großen Unternehmen, die von einer standardisierten Bildung profitieren. Weshalb ist Dewey nach einem Jahrhundert immer noch relevant? Warum führen wir immer noch einen aktuell aussichtslosen Kampf für schüler:innenzentrierte Bildung?

Das gegenwärtige Bildungssystem fußt auf den Bedürfnissen des modernen Kapitalismus’, dessen gegenwärtiger Zustand ursprünglich in der „Gilded Age“ („Vergoldetes Zeitalter“, sogenannte wirtschaftlichen Blütezeit), der Ära nach dem US-amerikanischen Bürgerkrieg (Sezessionskriege zwischen den Nord- und Südstaaten von 1861-1865), seine erste Form annahm. Die „Progressive Era“ (1890-1920) entstand in Reaktion auf den überbordenden Kapitalismus und strebte seine Reformierung an. Gleichzeitig entstanden auch antikapitalistische Bewegungen, mit dem Ziel, die Arbeiter:innenklasse gegen Kapitalist:innen zu mobilisieren. Vor diesem Hintergrund formuliert John Dewey die Notwendigkeit für einen schüler:innenorientrierten Unterricht. Dieser sollte seiner Meinung nach die Zusammenarbeit im Team mit einbeziehen, von den natürlichen Interessen der Schüler:innen ausgehen und mit der Produktion verknüpft sein. Im Klassenzimmer sollten demokratischen Prinzipien gefolgt werden, um die Schüler:innen auf die Teilhabe in einer demokratischen Gesellschaft vorzubereiten. Die progressive Bildung wie auch die „Progressive Era“ traten aus den materiellen Verhältnissen der kapitalistischen Gesellschaft während des Übergangs in das 20. Jahrhundertwende hervor: die Motorisierung der Produktion in Fabriken, die die Arbeiter:innen entfremdet und in Schulen die Lehrer:innen, sowie Schüler:innen entfremdet.

Dewey erkannte nicht, dass das moderne Bildungssystem in den entfremdenden Produktionsweisen der Industrialisierung fußt. Schüler:innen erhalten einen entfremdenden Unterricht, da sie auf eine entsprechende Produktionsweise vorbereitet werden sollen. Somit übersieht Dewey, dass es der Kapitalismus ist, der den Fokus auf die individuellen Interessen von Schüler:innen verhindert. Obwohl sie selbst die zentralen Widersprüche im System hervorgehoben haben, begnügten sich die progressive Bildungsbewegung und die „Progressive Era“ nur mit Reformen im Rahmen der kapitalistischen Demokratie, welche nichts ausrichten, um den zunehmenden Machtverlust des Staates und die Machtergreifung der Unternehmen (Korporatisierung) aufzuhalten.

Das vergoldete Zeitalter: Industrialisierung und Profite

Nach dem US-amerikanischen Bürgerkrieg waren die Vereinigten Staaten durchgreifenden und drastischen Veränderungen ausgesetzt. Für Dewey war keine Revolution in der Geschichte so rasant, umfangreich und endgültig wie die gesellschaftlichen Umwälzungen seiner Zeit.1 Er beschreibt die industriellen Veränderungen und das Wachstum eines globalen Marktes als das Resultat der Produktion, von gewaltigen Herstellungszentren zur Versorgung dieses Marktes, von billigen und schnellen Mitteln für die Kommunikation und Verteilung zwischen ihren Einzelteilen.2 In ökonomischer Hinsicht war es eine Periode mit extremen Höhen und Tiefen. Von 1865-1900 erschütterten vier verheerende Wirtschaftskrisen das Land. Menschen mussten verhungern und die Regierung unternahm so gut wie nichts dagegen.

Währenddessen stiegen die Profite durch die zunehmende Industrialisierung. Mächtige Kapitalisten wie Andrew Carnegie, John D. Rockefeller und J.P. Morgan errichteten Imperien, indem sie die Konkurrenz überboten, Löhne niedrig hielten, Preise künstlich in die Höhe trieben und von den Subventionen der Regierung profitierten. Sie gründeten eine der ersten und größten Monopole der US-Geschichte, indem sie Konkurrenten aufkauften, um die Preise so hoch setzen zu können, wie sie wollten. Die ein Prozent des frühen 20. Jahrhunderts erschufen nicht nur Wirtschaftsmonopole, sondern sie gründeten auch ein Netzwerk mächtiger Kapitalist:innen, die sich gegenseitig unterstützten. Das führte zur Konsolidierung der Bourgeoisie, was der Ideologie des freien Marktes widerspricht, nach der eine unsichtbare Hand im ökonomischen Wettbewerb das Verhältnis von Angebot und Nachfrage zum maximalen Vorteil aller Beteiligten regelt.

Der Aufstieg der Arbeiter:innenklasse

Die kapitalistischen Ausschweifungen des späten 19. und 20. Jahrhunderts waren nicht zu übersehen. Migrant:innen lebten in überbevölkerten New Yorker Slums, wohingegen die Rockefeller ein luxuriöses Leben genossen. In dieser Phase erlebte die US-amerikanische Arbeiter:innenbewegung ihren Höhepunkt, mit ihren landesweiten Massenstreiks und -protesten. Es war ein Moment, in dem linke und progressive Parteien sowie Organisationen gegründet wurden. Die Städte wurden erschüttert von den gigantischen Mobilisierungen der Arbeiter:innen, welche die Regierung niedergeschlagen hat. 1886 war mit 1.400 Aktionen das Jahr des Streiks. Die gewerkschaftliche Organisation der Arbeitnehmer:innen und ihre Radikalisierung setzte sich auch nach 1886 fort: um die tausend Streiks fanden jährlich in den 1890ern statt , allein im Jahr 1904 waren es viertausend.

Aus der weitverbreiteten Unzufriedenheit und dem Widerstand entwickelte sich ein organisierter Kampf, der sich grob nach zwei Kategorien einteilen lässt: die Progressiven, die in Volksparteien organisiert waren, und die Antikapitalist:innen (inklusive Anarchist:innen und Sozialist:innen). Die Antikapitalist:innen wurden brutal niedergeschlagen, deportiert und ermordet. Obwohl die Progressiven ebenfalls Repressionen erlitten haben, wurden ihre Forderungen erfüllt.

Die Progressiven: Reformierung des Monsters

Die „Populist Party“ (auch bekannt als People’s Party) wurde 1891 in Folge landwirtschaftlicher Unruhen kleiner Farmer:innen und der Unzufriedenheit der urbanen Mittelschicht gegründet. Zu den Forderungen der Partei gehörte die Reformierung der US-amerikanischen Politik, die in ihren Augen zunehmend korrupt war und auf der Monopolbildung basierte. Die „Populists“ setzten sich für eine stärkere Besteuerung der Reichen, die Pressefreiheit, die Regulierung von Monopolbildung und die Wahl von Richter:innen ein. Mary Elizabeth Lease, ein prominentes Mitglied der Populist Party, sagte, „Die Wall Street besitzt das Land. Es ist nicht mehr eine Regierung des ‘Volkes‘, von dem ‘Volk‘, für das ‘Volk‘, aber eine Regierung der Wall Street, von der Wall Street, für die Wall Street… Es gibt dreißig Männer in den Vereinigten Staaten, deren gesamtes Vermögen über anderthalb Billionen Dollar beträgt. Es gibt eine halbe Million arbeitslose Menschen.“3 Diese Rede könnte aus dem Jahr 2016 von Bernie Sanders stammen, der, wie Lease, nicht die Ausbeutung der produktiven Kräfte von Arbeiter:innen, sondern hauptsächlich die Exzesse des Kapitalismus problematisiert.

Die Antikapitalist:innen

Anarchist:innen, insbesondere Anarchosyndikalist:innen, die für die Arbeiter:innenbewegung gekämpft haben, wurden rigoros verfolgt. Bekanntermaßen wurden vier Anarchist:innen nach der “Haymarket Affair” (Gefecht mit zahlreichen Toten nach der Stürmung einer friedlichen Kundgebung von Arbeiter:innen auf dem Chicagoer Haymarket durch die Polizei am 3. Mai 1886) gehängt. Die sozialistische Partei, die 1901 unter der Leitung des Gleisarbeiters und Gewerkschafters Eugene Debs gegründet wurde, war ebenfalls in der Arbeiter:innenbewegung und in wichtigen Streiks aktiv. Die Partei stellte Bürgermeister und einige ihrer Mitglieder arbeiteten an den Entwürfen für neue Gesetze. Zwei ihrer Mitglieder wurden sogar in den Kongress gewählt.

1905 wurde die „Industrial Workers of the World” (IWW) gegründet, die Anarchist:innen, Sozialist:innen und linke Arbeiter:innen in einer staatenübergreifenden Gewerkschaft vereinte. Während ihrer Blütezeit in 1917 umfasste die IWW 150.000 Arbeiter:innen. Im Gegensatz zur „Populist Party“ waren die Mitglieder der IWW ausschließlich Antikapitalist:innen. In seinem Leitfaden formuliert der IWW, dass die Arbeiternehmer:innen- und Arbeitgeber:innenklasse keine Gemeinsamkeiten haben. Ein Frieden wird ausgeschlossen, solange Arbeiter:innen Hunger und Entbehrungen erleiden müssen, während die wohlhabende Arbeitgeber:innenklasse davon profitiert. Der IWW verfolgt somit das Ziel, die Arbeiter:innen der Welt als eine geschlossene Klasse zu vereinen, die Produktionsmittel in Besitz zu nehmen, das Lohnsystem abzuschaffen und mit Natur in Harmonie zu leben.

Siege?

Woodrow Wilson (Mitglied der demokratischen Partei und Präsident der Vereinigten Staaten 1913-1916) leitete eine Ära der Allianz ein, um die Arbeiter:innenklasse durch Zugeständnisse an einzelne Gewerkschaften für sich zu gewinnen. Er erließ Gesetze über Kinderarbeit und unterstützte Arbeiter:innenorganisationen. Nichtsdestotrotz führten die Zugeständnisse seiner Regierung nicht zu grundlegenden Veränderungen im amerikanischen Alltag oder einer Rückbildung der kapitalistischen Monopolisierung und Kontrolle.4 Monopole wuchsen weiterhin sowie die Ungleichheit. Tatsächlich wurden einige der Zugeständnisse aus der „Progressive Era“ später als Waffe gegen die Arbeiter:innenklasse instrumentalisiert. Wie zum Beispiel der „Sherman Act“. Er wurde ursprünglich verabschiedet, um Monopolbildungen zu verhindern und bestehende  aufzulösen. Dennoch befand der Supreme Court (oberstes Bundesgericht der Vereinigten Staaten), dass dieses Gesetz auch gegen bundestaatsübergreifende Streiks angewendet werden kann.

Die Zugeständnisse der „Progressiven Era“ waren für die kapitalistische Klasse ein strategisches Manöver. Der arbeitenden Bevölkerung wurden Brotkrumen zugeworfen, um eine weitere Radikalisierung zu verhindern. Da die „Populist Party“ diese Reformen als in sich abgeschlossen betrachtet hat, erkannte sie auch nicht, dass einzelne Reformen die kapitalistische Expansion nicht aufhalten. Die Progressiven haben nicht verstanden, dass jedes Zugeständnis, dass auf einer Seite gewonnen wird, auf der anderen wieder genommen werden kann. Das ist der Rahmen, in dem Dewey eine progressive Bildung propagiert, die den Zusammenhang von entfremdender Bildung und entfremdeter Arbeit nicht berücksichtigt.

Die progressive Epoche in der Bildung: Die Entfremdung der Schüler:innen

Das im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert entstehende Bildungssystem entfremdete Schüler:innen und Lehrkräfte. Überfüllte Klassenräume, kollektive Bestrafungen, fehlende Lehrkräfteausbildung, heruntergekommene Einrichtungen und niedrige Löhne waren charakteristisch für das Schulsystem. Immerhin gab es öffentliche Schulen. Dagegen hatten viele schwarze Schüler:innen in den Südstaaten gar keinen Zugang zu diesen, insbesondere Oberschulen.

Schulen waren erdrückend strenge Einrichtungen, in denen das Spielen und die entdeckende Erkundung nicht erlaubt wurden. In seiner Schrift „Classroom Management“ (1907) betrachtet William Bagleys Kinder als „wilde“ Mängelwesen, die durch Bildung in zivilisierte Menschen verwandeln werden, um in einer „zivilisierten Gesellschaft“5 bestehen können. Deshalb spielte die Schule eine wichtige Rolle in der Disziplinierung der Schüler:innen. Dewey war der Meinung, dass die Veränderungen in der Bildung den gesellschaftlichen Wandel spiegeln würden, so wie auch die Verlagerung der Produktion aus dem Häuslichen in die Fabrik. In vorindustriellen Gesellschaften bildeten das Zuhause und die Nachbarschaft das Produktionszentrum. Hier wurden gewebt, gekocht und Kerzen hergestellt. Das alles fand meistens nur wenige Meilen von dem Ort entfernt, an dem die Erzeugnisse konsumiert wurden. Im frühen 19. Jahrhundert konzentrierte sich dieser Prozess nicht auf das Zuhause, sondern auf Fabriken, die über die USA hinweg verstreut waren. Augenscheinlich scheint die Diskussion über Produktion losgelöst von der über die Bildung zu sein. Trotzdem glaubt Dewey, dass Kinder eine Menge durch die Beschäftigung mit prä-industriellen Produktionsweisen lernen. Er schreibt, dass die Disziplin und der Charakter durch Ordnung, Fleiß, die Übernahme von Verantwortung und Schöpfungswillen geformt werden. Seiner Ansicht nach kann kein Anschauungsunterricht der Welt, der Informationen ohne ein konkretes Erleben vermittelt, nur ansatzweise die direkte Erfahrung ersetzen, die beispielsweise durch die Fürsorge für Pflanzen und Tiere gesammelt wird.6 Aus diesem Grund, so Dewey, hat es die moderne Schule versäumt, Schüler:innen abzuholen, weil ihnen der Unterricht keinen Bezug zu realen Erfahrungen bietet und sie nicht damit beschäftigt sind, etwas Nützliches zu erschaffen. Ein Buch über Biologie ist nicht vergleichbar mit der direkten Erfahrung in der Natur und die Mitschrift von einem Lehrer:innenvortrag ist kein Ersatz für den Wissenszuwachs, den Schüler:innen gewinnen, wenn sie miteinander kooperieren, um Problemstellungen zu lösen.

Dewey beklagt nicht nur eine Bildungslücke, wenn er das Fehlen produktiver Arbeit im Unterricht adressiert. Er schreibt auch über das Ende der prä-industriellen kapitalistischen Produktion, in der Leute ein Erzeugnis von Anfang bis Ende hergestellt haben. Die marxistische Vorstellung über Entfremdung spiegelt diejenige im Kapitalismus wider. Hier wird den Arbeiter:innen das Recht verwehrt, für sich selbst zu denken, sich auf kreative Weise auszudrücken und die Produkte ihrer eigenen Arbeit zu besitzen. In der Vergangenheit stellten Arbeiter:innen ihre Erzeugnisse von Beginn bis zum Ende meisterhaft her und konnten auf die Ergebnisse ihrer Arbeit stolz sein. Mittlerweile wurden zugunsten kapitalistischer Interessen die Kunst, Kreativität und die Vorstellungskraft aus der Produktion verbannt. Damit wurden Arbeiter:innen auf die Funktion von Zähnen im kapitalistischen Räderwerk reduziert.

Was Dewey nicht versteht, ist, dass Schulen bloß die kapitalistische Gesellschaft spiegeln. Die Tatsache, dass in der Bildung Produktion und Lernen voneinander getrennt werden, reflektiert nur die Entfremdung der Arbeiter:innen von der Produktion, die in monotone und minderwertige Tätigkeiten aufgeteilt wurde. Auf eine vergleichbare Art werden Schüler:innen entfremdet, weil kein Produkt aus ihrem Lernprozess hervorgeht, weshalb er abstrakt und offensichtlich bedeutungslos für das alltägliche Leben ist. Dewey bemerkt, dass es in der prä-industriellen Produktion die Beobachtungsgabe, der Einfallsreichtum, die konstruktive Vorstellungskraft, das logische Denken und ein Realitätssinn durch die Berührung mit Tatsachen fortdauernd geschult wurden. Das Bildungspotential der heimischen Spinnerei, des Sägewerks, der Wassermühle, der Kupferwerkstatt und des Schmiedeofens sei kontinuierlich wirksam gewesen.7 Kinder sind von ihrer Bildung entfremdet, weil ihr der Bezug zur Realität fehlt und sie nichts Anwendbares hervorbringt. Schulen bereiten ihre Schüler:innen darauf vor, entfremdete Arbeiter:innen zu werden, indem ihnen beigebracht wird, sich zu benehmen, nicht nachzudenken, zu produzieren und zu verstehen.

Die Entfremdung der Lehrer:innen

Schüler:innen waren nicht die einzigen, die in den Schulen des frühen 20. Jahrhunderts entfremdet wurden. Das Unterrichten wurde zunehmend technisiert, weniger kreativ und immer rigoroser kontrolliert. Kate Rousmaniere zufolge machten die Unterstützer:innen der Lehr:innen große Lerngruppen und stickige, schlecht belüftete Klassenräume für die hohe chronische Invaliditätsrate unter Lehrkräften in Städten verantwortlich.8 Darüber hinaus erhielten Lehrer:innen niedrige Gehälter, insbesondere deshalb, weil viele von ihnen weiblich waren. Lehrkräfte wurden sehr streng überwacht, voneinander isoliert und gezwungen,Klausuren  durchzuführen. Die Geschäftssprache begann Einzug in die Schulen zu halten und Lehrende hatten weniger Kontrolle über ihre Unterrichtspläne und ihre Klassenräume. Unter diesen Bedingungen entstand ein Klima der Entfremdung für Unterrichtende und gleichermaßen für Schüler:innen.

Schulbehörden wendeten die Prinzipien des Taylorismus (von Frederick Winslow Taylor entwickelte Methode zur möglichst wirtschaftlichen Steuerung von Betriebsabläufen) an, mit der in Fabriken die Aufgaben der Arbeiter:innen genau bestimmt wurden und errichteten ein System zur strengen Beaufsichtigung, Bewertung und Bestimmung der von den Arbeiter:innen verrichteten Aufgaben. Das hatte zur Folge, dass das Lehrpersonal in vielen Bereichen evaluiert wurde, inklusive der Grammatik, die sie benutzten, im Gebrauch der englischen Sprache allgemein, und der persönlichen Sauberkeit.9 Die Lehrtätigkeit wurde proletarisiert, da die Verwaltungsbehörden mehr Kontrolle über ihr Lehrpersonal ausüben wollten.

Die politischen Einstellungen der Lehrenden wurden ebenfalls streng kontrolliert. Sie wurden gezwungen, Treueide abzulegen, patriotische Lehrpläne wurden aufgestellt, Behörden erhielten Entscheidungsgewalt über Lehrbücher, einige Bücher mit unerwünschten politischen Inhalten wurden verbannt.10 Vergleichbar zum Trend der IWW, der Sozialist:innen und Anarchist:innen, wurden die radikalsten Lehrer:innen unterdrückt und zum Schweigen gebracht. Von ihnen wurden Tausende suspendiert, weil sie die Loyalitätsrichtlinien während des Ersten Weltkrieges nicht befolgt haben. Rousmaniere erinnert uns daran, dass Lehrende angegriffen wurden, die den Pazifismus oder eine Antikriegsgesinnung vertraten, sich weigerten, die Treue zu schwören, die Flagge zu hissen oder patriotische Lieder zu unterrichten; die ihre Schüler:innen nicht aufgefordert haben, Liberty Bonds (Kriegsanleihen, die in den USA zur Deckung der Kriegskosten während des Ersten Weltkrieges verkauft wurden) zu kaufen; prodeutsche Einstellungen vertraten; Mitglied einer sozialistischen oder kommunistischen Gruppe waren; oder zumindest in einem Fall mit einem:r deutschen Staatsbürger:in verheiratet waren.11

Lehrkräfte konnten keine Verbindung untereinander herstellen, was ihren Beruf noch mehr entfremdet hat. Es gab für Lehrende kein Netzwerk, in dem sie ihre Erfahrungen und bewährte Unterrichtsmethoden miteinander austauschen konnten. Rousmaniere charakterisiert die Lehrenden als Einzelkämpfer:innen, die, umgeben von Kindern, mit anderen Erwachsenen enge Räume teilten, die Schulkorridore und -plätze bewachten und danach wieder nach Hause gingen.12 Das Lehrpersonal hatte keine Betreuung oder Unterstützung und erhielt oft eine sehr ungeeignete Vorbereitung auf den Unterricht. Das spiegelt die Entfremdung der Schüler:innen wider, die ebenfalls isoliert und voneinander abgeschottet waren ‑ sogar im selben Klassenzimmer.

Standardisierte Tests wurden in den Schulen im frühen 20. Jahrhundert eingerichtet. Obwohl viele Lehrer:innen Zweifel hatten, wurde die Durchführung von Intelligenztests gefordert. Viele Pädagog:innen wiesen darauf hin, dass es nicht sinnvoll ist, solche Tests an Schüler:innen durchzuführen, die im Kindesalter in die USA gezogen waren und erst seit kurzem Englisch sprechen und dadurch die Prüfungsaufgaben kaum verstehen können. Das Lehrpersonal beschwerte sich darüber, dass diese Tests keinen Bezug zu den Inhalten des Schulcurriculums hatten und sie durch die Benotung überlastet wurden, wodurch sie weniger Zeit in außerschulische Tätigkeiten stecken konnten. Dennoch waren sie gezwungen, diese Tests abzuhalten.

Mehr und mehr wurde in Bildungseinrichtungen die Rhetorik der Fabriken verwendet. Rousmaniere zufolge sprachen Schulreformer:innen bei Schüler:innen von „Rohmaterial“ und bei Schuleinrichtungen von „Produktionsanlagen“ und bei dem idealen Lehrplan von einer nach maximaler Effizienz kalkulierten Strategie. Der Chicagoer Schulvorstand verglich den Unterricht mit einem „Geschäft“, die Unterrichtenden mit „Geschäftsleuten“, Bildung mit einer „Ware“ und Steuerzahler:innen mit „Kunden“, die von den Lehrer:innen durch ihr Produkt „zufrieden gestellt“ werden mussten.13

Somit veränderte sich die Lehrtätigkeit im frühen 20. Jahrhundert von einem Handwerk zu einer kapitalistischen Dienstleistung. Lehrende verloren immer mehr Kontrolle über ihre Klassen und die radikalsten unter ihnen wurden aus den Schulen verdrängt. Kreativität wurde erstickt, sowie die Zusammenarbeit innerhalb von Schulfachbereichen. Für Lehrer:innen wie auch Schüler:innen kennzeichnete Entfremdung die Erfahrung mit Schulen.

Die progressive Bildung strebt auf

Die progressive Bildung entstand im radikalisierten Klima der „Progressive Era“, in der Tausende Reformen und einige die Revolution herbeigesehnt haben. Die progressive Pädagogik war eine der vielen Reformen und neuen Denkweisen, die an Popularität gewonnen haben. Nach Deweys Ansicht ist für gesellschaftliche Veränderungen auch ein Wandel in der Bildung erforderlich. So stellt er fest, dass seine Gegenwart fundamentale und radikale Veränderungen durchläuft. Daraus schlussfolgert er, dass auch die Bildung einer vergleichbar radikalen Veränderung unterzogen werden muss, wenn sie für den Alltag noch eine Bedeutung beibehalten soll.14 Auf dieser Grundlage entwickelt Dewey ein Modell für die progressive Bildung, das auf der einen Seite die Vorteile des urbanen Lebens berücksichtigt, aber gleichzeitig die „andere Seite des Lebens“ mit einbezieht, in der Schüler:innen Tätigkeiten ausüben, die eine persönliche Verantwortung erfordern und einen Bezug zur konkreten Lebensrealität beinhalten.15

Einer der zentralen Grundsätze der progressiven Bildung ist die Orientierung an den Interessen der Schüler:innen, wobei die Lehrkräfte als „Coaches“ fungieren. Dewey forderte eine altersangemessene Bildung für jede Jahrgangsstufe, in der Spiel und Erkundung die Grundlagen des Lernens darstellen. Kooperation, Wissensaustausch und produktives Arbeiten sind in der progressiven Schule vordergründig. Solche Schulen halten nicht traditionelle „Disziplin“ aufrecht, indem die Kinder ruhig auf ihren Stühlen sitzen und passiv den Vorträgen der Lehrenden zuhören müssen. Stattdessen erkunden die Schüler:innen lebhaft ihre Interessen. Dabei ist es sehr wohl möglich, dass der Unterricht erst gar nicht in Klassenräumen stattfindet. Eine anleitende Ausbildung und die Wissenschaft erhalten denselben Wert wie Lesen, Schreiben und Mathematik. Das ist nicht zu verwechseln mit der Errichtung von zwei verschiedenen Schultypen, mit Handelsschulen, die von der Arbeiter:innenklasse und schwarzen Menschen besucht wurden, auf der einen Seite und humanistischen, künstlerisch orientierten Schulen, die von Kindern wohlhabender Familien besucht wurden, auf der anderen.

Dewey war dafür, die gesamte Bildung zu verändern und die Schulen nicht weiter nach Gesellschaftsschichten zu segregieren, um die breite Bevölkerung repräsentieren zu können. Dennoch wurden Deweys Ansätze nur in wenigen Schulen gänzlich aufgegriffen, die in erster Linie von weißen Kindern aus der Mittelschicht besucht wurden. Ein Beispiel dafür ist Carolin Pratts Schule in Greenwich Village (New York), die durchgehend autark gewesen ist ‑ inklusive eines eigenen Lebensmittelgeschäfts und einer Poststelle. Schüler:innen betreuten hier Druckwerkstätte und stellten Spielzeuge her.

Hauser erläutert, wie die Schüler:innen durch solche Arbeiten grundlegende akademische Fähigkeiten erwarben und komplexere, ökonomische Prinzipien verstehen konnten. Des Weiteren stellt er fest, dass aus dem genannten Lernmodell eine Gemeinschaft selbständiger Schüler:innen hervorgeht, die ihr Lernen aktiv gestalten, während sie einen Beitrag zum Leben in ihrer Schulgemeinschaft leisteten. Indem sie lernend ihre Gemeinschaft unterstützten, erkannten sie den praktischen Nutzen von Bildung und wurden nicht durch eine lehrer:innenzentrierte Bildung oder von zergliederten Arbeitsabläufen entfremdet.

Deweys Projekt ging über die Reformierung des Klassenzimmers hinaus. Er glaubte, durch eine progressive Bildung eine demokratische Gesellschaft hervorbringen zu können. Dabei hat er viele der von der „Populist Party“ bemängelten Probleme ebenfalls adressiert. Dewey argumentierte, dass durch die Förderung von kooperativer Arbeit und der Lehre demokratischer Grundsätze Schüler:innen wahrhaft demokratische Bürger:innen heranwachsen würden, welche die Exzesse des modernen Kapitalismus vermeiden. Die Demokratie müsse mit jeder Generation neu geboren werden, schrieb Dewey und die Schule sei ihre „Hebamme“.16 Um die Gesellschaft demokratischer zu machen, forderte Dewey eine kostenlose öffentliche Bildung für alle und unterstützte die American Federation of Teachers (1916 in Chicago gegründete Lehrer:innengewerkschaft), die für bessere Arbeitsbedingungen an Schulen und höhere Gehälter kämpfte.

Die progressive Bildung spiegelt die „Progressive Era“ wider

Hundert Jahre sind vergangen, seitdem Dewey Democracy and Education verfasste. Die schüler:innenorientierte Bildung ist immer noch ein zentraler Diskussionsgegenstand in den Bildungswissenschaften und Dewey ist einer der meist gepriesenen und beachteten Theoretiker:innen auf diesem Gebiet. Die Verhältnisse in den heutigen Schulen haben Ähnlichkeiten mit denen zu Beginn des 20. Jahrhunderts – die Technisierung des Systems, die Proletarisierung der Lehrer:innen und ein Schulsystem, das Pädagog:innen wie auch Schüler:innen entfremdet. Weder die „Progressive Era“ noch der progressiven Bildung gelang es, diesen Trend aufzuhalten. Die progressive Pädagogik hat dieselbe Schwäche wie der Progressivismus allgemein – sie erkennt nicht die Begrenztheit von Reformen im Kapitalismus. Dewey hat übersehen, dass die Entfremdung der Schüler:innen mit der Entfremdung von Arbeiter:innen in der kapitalistischen Gesellschaft zusammenhängt. Er verstand nicht, dass ein Wandel in Schulen ohne den Wandel gesellschaftlicher Strukturen, welche die Bildung beeinflussen, nicht möglich ist. Bildungseinrichtungen sind lediglich Mikrokosmen der sozialen Ungleichheit.

Dewey hofft, dass Schüler:innen Erfahrungen sammeln, die Arbeiter:innen verwehrt werden – ein nicht-entfremdendes Produzieren, Erkunden und Experimentieren. Dewey versteht nicht, dass in Schulen Schüler:innen entfremdet werden, um sie auf das Leben in einer entfremdeten Gesellschaft vorzubereiten. Lenin zufolge wurden die Schulen vom Bürgertum instrumentalisiert. Seiner Ansicht nach waren die Schulen durchweg von der bürgerlichen Ideologie durchtränkt. Die Schulen hätten den Zweck, die Kapitalist:innen mit fügsamen und fähigen Arbeitskräften zu versorgen.

Deshalb übersieht Dewey, dass das Problem der Schulen nicht darin liegt, dass sie Schüler:innen nicht auf die Produktion vorbereiten würden, sondern darin, dass sie Auszubildende auf genau die entfremdeten Produktionsweisen vorbereiten, die der Kapitalismus benötigt.

Zudem werden alle tiefgreifenden Schul- und Gesellschaftsreformen von der Regierung blockiert. Radikale Lehrer:innen werden konstant und systematisch aus dem Lehrberuf verdrängt – beginnend von Loyalitätsprüfungen während des Ersten Weltkrieges bis zur „Säuberung“ der Schulen von Kommunist:innen während des Zweiten Weltkrieges. Die radikalsten Militant:innen wurden während des Zweiten Weltkrieges gefeuert, auf Demonstrationen zusammengeschlagen, inhaftiert und sogar getötet. Die „Progressive Era“ zeigt uns, dass zwar einige Reformen erlaubt, aber ein ernsthafter Wandel oft durch Gewaltausübung auf die radikalsten gesellschaftlichen Teile verhindert wird.

Somit können wir die Bildung nicht im Rahmen des kapitalistischen Systems verändern, das die Schulen für ihre eigenen Interessen instrumentalisiert. Nach Novacks Auffassung hatte Dewey gehofft, über Kapital und Arbeit die Oberhand zu gewinnen, um jegliche Klasseninteressen einem übergreifenden nationalen Interesse unterzuordnen, in der Hoffnung, dass besonnene, fortschrittliche Gesellschaftsmitglieder sich mit dem Ziel vereinen würden, die USA zu demokratisieren.17 So wie die „Populist Party“ verstand Dewey nicht, dass Kapital und Arbeit grundsätzlich antagonistische Klassen repräsentieren. Er glaubte stattdessen, die kapitalistische Demokratie verbessern zu können, indem Schüler:innen unterschiedlich beschult werden.

Dewey verfasste seinen Text in einem Moment der lebhaften Diskussionen über Reformen und Revolution: eine soziopolitische Phase der Radikalisierung, in der sich Tausende aus der Arbeiter:innenklasse gegen den Kapitalismus zusammengeschlossen haben. Die Idee vom Umsturz des Kapitalismus war so präsent, dass die Regierung Anarchist:innen daran hindern musste, das Land zu betreten. Nur ein Jahr nachdem Dewey Democracy and Education veröffentlichte, errichteten die Bolschewiki den ersten Arbeiter:innenstaat der Geschichte. Somit fußt die Kritik an Dewey in der Zeit, in der er lebte: obwohl umgeben von anti-kapitalistischen Organisationen in der ganzen Welt und den Vereinigten Staaten, so wie die IWW, blieben die Sozialistische und die Kommunistische Partei im politischen Lager der Progressiven und strebten Reformen innerhalb des Systems an. Die Kritik bleibt trotz eines Besuchs in der Sowjetunion in 1928 berechtigt. Dewey muss zugute gehalten werden, dass er der stalinistischen Wendung der Sowjetunion sehr kritisch gegenüberstand und dass er der “Kommission zur Untersuchung der Anklage gegen Leo Trotzki” im Moskauer Tribunal vorsaß.

Deweys pädagogische Theorien haben nicht an Relevanz verloren, weil das kapitalistische System aus seiner Zeit fortbesteht. Monopole sind weiterhin gewachsen und haben sich ausgebreitet. Einigen wenigen Unternehmen unterliegt fast die ganze Produktion des Marktes und nur wenigen Unternehmen gehört die gesamte US-Medienbranche. Die reichsten acht Menschen besitzen das halbe Vermögen der gesamten Welt. Offensichtlich haben sich die kapitalistischen Entwicklungen des frühen 20. Jahrhunderts weiter entfaltet. Der Standardisierungsprozess hat sich in den Schulen fortgesetzt, mit Unternehmen, die nicht nur in der Leitung von Schulen vertreten sind, sondern sie auch besitzen und von ihnen profitieren. Jenseits von Intelligenztests ist die Anzahl standardisierter Tests von einem Test jährlich auf ein Dutzend pro Jahr gestiegen, womit Unternehmen wie Pearson Billionen verdienen. Die Bewertung von Lehrer:innen wird zunehmend an die Ergebnisse dieser Tests geknüpft und entkoppelt von Kreativität und Vorstellungskraft im Klassenzimmer.

Nach Novacks Meinung sind Deweys ehrenwerte Ziele in einem zunehmend monopolistischen, militaristischen und despotischen Kapitalismus nicht erreichbar.18 In dieser politischen Phase zunehmender Radikalisierung als Reaktion auf die Trump-Regierung ist es wichtig, dass Lehrende, Linke und Progressive aus den Schwächen und dem Scheitern der „Progressive Era“ und der progressiven Pädagogik lernen, indem sie erkennen, dass wir innerhalb des Kapitalismus bestenfalls nur Zugeständnisse und Krümel kriegen. Diejenigen unter uns, die ein wirklich demokratisches System herbeisehnen, in dem wir frei und kreativ sein können, müssen für eine andere Gesellschaftsform kämpfen, die auf den Ruinen des Kapitalismus errichtet wird.

Der Artikel erschien erstmals bei LeftVoice.

Fußnoten

1. Vgl. John Dewey: The school and society, University of Chicago Press, Chicago 1915, S. 22.
2. Vgl. Dewey: The school and society, S. 21 f.
3. Zitiert in: Howard A. Zinn: A People’s History of the United States, NY: Harper Perennial, New York 2003, S. 288.
4. Vgl. George Novack: The Rise and Fall of Progressivism, in: International Socialist Review Bd. 3 Nr. 18 (1957), S. 83-88.
5. Zitiert in: Zinn: A People’s History of the United States, S. 263.
6. Vgl. Dewey: The school and society, S. 24.
7. Vgl. Dewey: The school and society, S. 24.
8. Vgl. Kate Rousmaniere: City teachers: teaching and school reform in historical perspective, Teachers College Press, New York 1997, S. 42.
9. Vgl. Rousmaniere: City teachers, S. 98.
10. Vgl. Zinn: A People’s History of the United States, S. 264.
11. Vgl. Rousmaniere: City teachers, S. 22.
12. Vgl. Rousmaniere: City teachers, S. 101.
13. Vgl. Rousmaniere: City teachers, S. 97.
14. Vgl. Dewey: The school and society, S. 28.
15. Vgl. Dewey: The school and society, S. 26.
16. Vgl. Dewey: The school and society, S. 139.
17. Vgl. George Novack: John Dewey’s Theories of Education, in: International Socialist Review Bd. 1 Nr. 21 (1960).
18. Vgl. Novack: John Dewey’s Theories of Education.

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