Der Iran reagierte auf den US-Angriff: Was kann jetzt passieren?

08.01.2020, Lesezeit 6 Min.
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In den frühen Morgenstunden des Mittwochs griff der Iran mindestens drei US-Basen im Irak an. Was sind die Aussichten für eine militärische Eskalation?

Mit einer beispiellosen Kriegsrhetorik gegen die USA hatte der Iran seinen Angriff angekündigt und 13 mögliche strategische Szenarien erwähnt. Das iranische Parlament hatte ein Gesetz verabschiedet, das das US-Militär, das Pentagon und alle an der Ermordung von Qassem Soleimani beteiligten Personen als „Terroristen“ bezeichnet. Zu letzteren gehörten auch mit den USA verbündete Länder wie Israel, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait.

Ebenso hatte das irakische Parlament für die Ausweisung aller ausländischen Besatzungstruppen gestimmt und dabei besonders die US-amerikanischen Truppen erwähnt – wohingegen die iranischen Kräfte, die einen enormen Einfluss auf das Gebiet haben, nicht ausgewiesen würden -. Auf der anderen Seite war die Beerdigung von General Qassem Soleimani eine massive Kraftdemonstration, bei der mehr als eine Million Menschen in den Straßen von Teheran und Dutzenden anderer iranischer Städte mobilisiert wurden.

Das Regime der Ayatollahs hat damit die politischen Voraussetzungen geschaffen, um die notwendige militärische Reaktion auf die Hinrichtung einer der wichtigsten Persönlichkeiten der Islamischen Republik durchzuführen.

Der Angriff auf die USA

Die „Iranischen Revolutionsgarden“ nannten die Offensive „Operation Märtyrer Soleimani“. Die Aktion bestand aus zwei koordinierten Angriffen mit Dutzenden von Raketen, die US-Militärbasen im Irak trafen. Die erste war gegen den Luftwaffenstützpunkt Ayn Al Asad nördlich von Bagdad in der Provinz Anbar gerichtet, der 5.000 US-Soldat*innen beherbergt. Der andere attackierte Stützpunkt ist Erbil, in der Region Irakisch-Kurdistan, einer der wichtigsten Verbündeten der Vereinigten Staaten im Land. In der zweiten Welle wurde ein dritter Stützpunkt im Camp Taji, 27 Kilometer nördlich von Bagdad, Irak, erreicht, wie eine von Carla Babb von VOA News zitierte Militärquelle berichtet.

Mit Hilfe eines Propaganda-Einsatzes erklärten die Revolutionsgarden im staatlichen Medium ISNA, dass „heute Morgen tapfere Kämpfer aus der Luftwaffe der Islamischen Revolutionsgarden die erfolgreiche Operation Märtyrer Soleimani, Code-Name ‚Ya Zahra‘, durch das Abfeuern Dutzender von Boden-Boden-Raketen auf die Basis der US-Terroristen und Invasionskräfte durchgeführt haben.“ Irans staatliche Nachrichtenagentur Fars nannte die Berichte über iranische ballistische Raketen in einer in sozialen Netzwerken übersetzten Publikation eine „starke Rache“.

Wenn wir den Schaden vergleichen, der durch den US-Angriff auf den Iran verursacht wurde, das seine wichtigste militärische Figur, die zum Nationalhelden wurde, verloren hat, scheint die iranische Reaktion nicht auf derselben Eskalationsstufe zu sein, umso mehr, wenn man bedenkt, dass mehrere Führer des Regimes angekündigt hatten, die „entfesselte Hölle“ auf das US-Militär loszulassen.

Die Raketenstarts konzentrierten sich auf die Stützpunkte der Besatzungstruppen im Irak, aber den ersten Berichten zufolge wurden keine US-Soldaten getötet. Man kann also sagen, dass sie nicht eine große Eskalation, sondern eine notwendige Reaktion auf den US-Angriff anstrebten.

Die Zahl der Opfer ist noch nicht bekannt, aber verschiedene Medienberichte erwähnen rund 30 irakische Todesopfer. Dieser Angriff kann noch nicht als ein totaler Krieg angesehen werden, aber er kann als eine militärische Eskalation betrachtet werden. Die USA ließen daraufhin sechs F-35 von ihren Basen in den Vereinigten Arabischen Emiraten starten.

Der US-Präsident Donald Trump traf sich in der Nacht im Weißen Haus mit Außenminister Mike Pompeo, Vizepräsident Mike Pence und hohen Militärbeamten. Es wurde erwartet, dass der Präsident nach dem Ende der Anschläge sprechen würde, aber nachdem bestätigt wurde, dass bei den Bombenanschlägen keine US-Amerikaner*innen getötet wurden, kündigte das Weiße Haus an, dass es keine Erklärung geben würde.

Laut der New York Times „berichteten die US-Geheimdienste den ganzen Tag über, dass ein Angriff auf den Iran unmittelbar bevorstehe, und führende Beamte sagten, dass sie sich auf eine Art von Angriff auf US-Basen im Irak oder anderswo im Nahen Osten vorbereiten.“

Die iranische Revolutionsgarde sagte, dass die US-Verbündeten in der Region angegriffen werden, wenn sie von ihrem Territorium aus aggressiv vorgehen, und warnte insbesondere Kuwait, Bahrain, Saudi-Arabien, Jordanien und Israel.

Trump gab seinerseits bekannt, dass die USA 52 iranische Standorte im Visier haben, „von denen einige sehr hochkarätig und sehr wichtig für den Iran und die iranische Kultur sind“, und versprach, dass sie „sehr schnell und sehr hart getroffen werden“, wenn US-Interessen oder Bürger*innen von Teheran angegriffen werden.

Bisher führt die Eskalation nicht zu einem totalen Krieg zwischen den beiden Staaten. Nach den Bombardements kündigte ein iranisches Kommuniqué an, dass es die Angriffe einstellen würde, wenn es keine Vergeltungsmaßnahmen der USA gäbe. In diesem Sinne heißt es in der Erklärung des Außenministers: „Wir streben weder Eskalation noch Krieg an, aber wir werden uns gegen jegliche Aggression verteidigen.“

Dies lässt die Tür offen für ein mögliches „Patt“, um eine Art von Verhandlungskontakt zwischen den beiden Ländern zu ermöglichen, wobei als Hauptfaktor zu berücksichtigen ist, dass es keine US-amerikanischen Opfer gab. Sollte dies geschehen, würde dies bestätigen, dass die iranische Aktion versucht hat, Reaktionsfähigkeit zu zeigen. Aber die Möglichkeit einer weiteren Eskalation ist nicht ausgeschlossen, insbesondere angesichts der Unvorhersehbarkeit der Politik von Trump.

Unabhängig von den Gründen, die Trump dazu veranlasst haben, diese Eskalation der Aggressionen gegen den Iran einzuleiten, ist klar, dass wir aktuell eine Situation der Unsicherheit in der Weltpolitik erleben. Ein neues Beispiel für die größten Antagonismen, die die zwischenstaatlichen Beziehungen durchziehen, zu einem Zeitpunkt, in dem in mehreren Ländern Massenmobilisierungen und Rebellionen stattfinden.

In der ganzen Welt ist es dringend notwendig, die Aggressionen, die die Vereinigten Staaten initiiert haben, zurückzuweisen und die Mobilisierungen zu entwickeln, wie sie im Herzen des USA selbst zu entstehen begonnen haben, mit Demonstrationen vor dem Weißen Haus und gleichzeitig in siebzig Städten. Es handelt sich vorerst um eine Minderheit, aber sie steht symptomatisch für die Tatsache, dass Trump sich auch einer erschütterten „inneren Front“ gegenübersieht.

Dieser Artikel bei La Izquierda Diario.

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