Berliner Krankenhaus­bewegung gegen Krieg und Aufrüstung

07.03.2022, Lesezeit 5 Min.
1
foto: klassegegenklasse.org

Am 1. März fand die ver.di-Mitgliederversammlung der Berliner Kliniken statt, an der sich 230 Kolleg:innen beteiligten. Angesichts des Krieges in Ukraine fassten sie eine Resolution gegen den russischen Einmarsch und gegen die Aufrüstungspolitik der deutschen Bundesregierung. Eine erste politische Antwort der Arbeiter:innenklasse in Deutschland gegen den Krieg.

Am 1. März fand in Berlin eine große ver.di-Mitgliederversammlung der Charité, Vivantes und Vivantes-Tochterunternehmen statt. Auf dem Höhepunkt der Versammlung waren ca. 230 Kolleg:innen anwesend. Im ersten Teil der Versammlung wurde die Streikbewegung im Sommer 2021 bilanziert und darüber diskutiert, wie die erkämpften Tarifverträge seitens der Beschäftigten kontrolliert werden können.

In der Pause machten die Kolleg:innen ein Foto mit dem Transparent „Nein zum Krieg!“. Überall im Raum waren ebenfalls Transparente zu sehen wie: „Charité und Vivantes gegen Krieg und Kriegstreiberei!“

Die Berliner Krankenhausbewegung genügte sich jedoch nicht mit einem Bild, sondern fasste ebenfalls eine Resolution, die den russichen Einmarsch veruteilte und sich gegen die Aufrüstung in Deutschland stellte. Der Antrag wurde mit eindeutiger Mehrheit angenommen und an alle ver.di-Mitglieder der Berliner Kliniken sowie an die ver.di-Bezirksfachbereichskonferenz weitergeleitet.

Antrag 5: Mehr Geld für die Pflege statt für Aufrüstung!

Antragssteller: Yunus, ver.di Mitglied, Auszubildender zur Pflegefachkraft

Beschlusstext:

Wir schließen uns den folgenden Erklärungen vom DGB und von ver.di an:

„Der DGB ist als Teil der Friedensbewegung dem Einsatz für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung verpflichtet. Er lehnt Waffenlieferungen in Krisenregionen ab.“ DGB-Pressemitteilung vom 14.02.2022

„Die NATO fordert, die Rüstungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung zu steigern. Das wären weitere 30 Milliarden Euro im Jahr, die viel sinnvoller ausgegeben werden könnten: für Bildung und Gesundheit, sozialen Wohnungsbau, Krankenhäuser, öffentlichen Nahverkehr, Alterssicherung, ökologischen Umbau und internationale Hilfe. Eine Million Arbeitsplätze könnten damit finanziert werden.“ Erklärung des ver.di Bundesvorstands im Mai 2018

und fordern:

– Keine Aufrüstung!
– Für Investitionen in Gesundheit, Bildung, Soziales und Klima statt in die Bundeswehr!
– Keine Kürzungen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge unter dem Vorwand der Erhöhung der Rüstungsausgaben!
– Auskommende Finanzierung für die Unterstützung der vor Krieg und Despotie Geflüchteten.

Begründung:

Die Bundesregierung hat am 27. Februar angekündigt, dass die Bundeswehr 100 Milliarden Euro (100.000.000.000 Euro) Sondervermögen erhalten soll. Auch in den kommenden Jahren soll der Militärhaushalt über das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erhöht werden. Das Geld soll aus dem Bundeshaushalt 2022 bereitgestellt werden.

Diese Entscheidung wird versucht damit zu legitimieren, dass Russland in die Ukraine einmarschiert ist. Als Berliner Krankenhausbewegung und ver.di-Mitglieder verurteilen wir den reaktionären Einmarsch von Russland auf Schärfste. Wir denken jedoch, dass die Aufrüstung keine Antwort darauf sein darf!

Die Investition von 100 Milliarden entsprechen 20 Prozent des jährlichen Bundeshaushalts. Zum Vergleich wurden im Jahr 2021 nur 24 Milliarden Euro für das Gesundheitssystem investiert. Die Bundesregierung will somit im kommenden Jahr so viel in Aufrüstung investieren, wie die gesamten Ausgaben für Arbeit und Soziales im letzten Jahr 2021.

Nach zwei Jahren Pandemie und nach etlichen Streikbewegungen bekommt nur ein Teil der Pfleger:innen insgesamt eine Milliarde Euro Pflegebonus. Währenddessen werden über Nacht 100 Milliarden Euro Sonderausgaben für die Bundeswehr beschlossen. Von den 100 Milliarden Euro könnte man auch 200.000 Pflegekräfte mit einem Lohn von 4.000 Euro über zehn Jahr lang anstellen und die Pflegekrise deutlich abmildern.

Ein erster politischer Erfolg gegen die Aufrüstung

Diese Positionierung gegen die Aufrüstung, aber auch die Bekräftigung der historischen Forderungen des DGB gegen Waffenlieferungen in Kriegsgebiete sowie gegen die NATO-Politik zeigt ganz deutlich, dass es viele Gewerkschaftler:innen gibt, die mit der aktuellen chauvinistischen Welle in Deutschland nicht mitgehen wollen.

Ebenfalls ist es als eine Antwort auf die Positionierung des DGB-Vorstandes und des ver.di-Vorsitzenden Frank Werneke zu verstehen, die sich nach dem Politikwechsel der Bundesregierung nicht mehr eindeutig gegen die Aufrüstung und Waffenlieferungen in Kriegsgebiete stellen.

Mehr Waffen und mehr Aufrüstung werden keinen Frieden bringen. Umso mehr ist es notwendig, sich mit den Kriegsgegner:innen in Russland zu solidarisieren, die in der Lage wären, mit Aktionen und Streiks gegen ihre eigene Regierung die russische Invasion in Ukraine zu stoppen. 100 Milliarden für die Aufrüstung helfen den Menschen in der Ukraine oder den Millionen in der Flucht nicht. Im Gegenteil braucht es massive Investitionen für Hilfe für alle Geflüchteten.

Jetzt kommt es darauf an, dem Beispiel der Berliner Krankenhausbewegung zu folgen und in allen Betriebsgruppen und Gewerkschaftsversammlungen ähnliche Resolutionen gegen den Krieg und die Aufrüstung zu verabschieden. Als Teil der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) wollen wir als RIO und Klasse gegen Klasse gemeinsam mit anderen politischen und gewerkschaftlichen Gruppen Aktivitäten in den Gewerkschaften gegen Krieg und Aufrüstung koordinieren.

Leitet die Resolution der Berliner Krankenhausbeschäftigten an alle Kolleg:innen weiter, fasst eigene Resolutionen und sendet diese an info@vernetzung.org sowie info@klassegegenklasse.org weiter. Wenn wir unsere Kräfte bündeln, können wir viele Kolleg:innen erreichen und Druck auf unsere Gewerkschaftsvorstände ausüben, damit die gesamte Gewerkschaft gegen Krieg und Aufrüstung laut auf die Straße geht. Es ist unsere historische Verantwortung als Arbeiter:innen in Deutschland, eine weitere Eskalation dieses Krieges zu verhindern und eine unabhängige Position gegen unsere eigene Regierung zu vertreten, die sich für kommende Kriege aufrüstet.

Mehr zum Thema