Zwei Jahre Pandemie vs. drei Tage Aufrüstung: Wer kriegt die Milliarden?

03.03.2022, Lesezeit 5 Min.
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Bild: Filmbildfabrik / Shutterstock.com

100 Milliarden für die Bundeswehr sind ein klares Zeichen für die Politik der „Fortschrittsregierung“. Es wird offensichtlich, wofür die Regierung Geld auftreibt und wer ihr egal ist.

Es liegen zwei Jahre Pandemie hinter uns. In dieser Zeit sind die Folgen der Sparpolitik im Gesundheitssystem und in vielen anderen sozialen Berufen deutlicher denn je geworden. Streiks, Petitionen, Diskussionsrunden und Demonstrationen hatten dabei immer wieder dasselbe Ziel: Die Arbeitsbedingungen im Gesundheitssystem müssen sich eindeutig verbessern. Wir haben so oft gehört, dass dafür kein Geld da ist. Mit ewigem Hin und Her und viel Spalterei und Verzögerung lässt sich die Regierung jetzt zum zweiten Mal auf eine Bonuszahlung für die Pflege ein. Insgesamt wird eine Milliarde dafür zur Verfügung gestellt. Natürlich ist das richtig – aber es ist eigentlich nicht einmal ein Trostpflaster. Ebenso wenig wie die geringen Lohnerhöhungen angesichts der aktuellen Inflation.

Denn nicht alle Berufsgruppen, die in der Pandemie die Einrichtungen am Laufen gehalten haben, erhalten den Bonus. Wieder soll kein Geld da sein. Die staatlichen Krankenhäuser, an denen wir arbeiten, werben teilweise bei den Patient:innen um Spenden.

Nicht erst seit der Pandemie wird der Pflege- und Erziehungssektor kaputtgespart. Mit wenig Ressourcen sind wir in diesen Ausnahmezustand gegangen. Davor schon sind es massive Sparmaßnahmen gewesen, die in Krankenhäusern und pflegerischen Einrichtungen zu Outsourcing, schlechten Arbeitsbedingungen und somit Personalmangel geführt haben. Die Pandemie hat diese Situation massiv verschärft. Es gibt wenig Kapazität sich professionell um Patient:innen zu kümmern, es gibt eine starke psychische und physische Überlastung vieler Kolleg:innen. Dies hat bereits zu vielen Kündigungen geführt.

Auch im Bildungs- und Erziehungssektor ist es nicht anders. Und es hat sich grundlegend nichts verändert, obwohl es alle wissen.

Und jetzt wurde innerhalb von wenigen Tagen ein Sonderetat in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung beschlossen. Dabei können Aufrüstung und Waffenlieferungen an die Ukraine keinen Frieden bringen, das ist eine Illusion. Auch ein schnelles Ende des Krieges wird so nicht wahrscheinlicher, dies kann nur eine starke Antikriegsbewegung erkämpfen. Hier geht es um Interessen der NATO, der Waffenlobby und der EU.

Was kann unsere Reaktion als Gesundheitsarbeiter:innen darauf sein? Wie können wir dieser Regierung vertrauen? Wie können wir glauben, dass dieser Regierung unsere Gesundheit wichtig ist, wenn das Militär ausgerüstet wird, um Menschen in anderen Ländern zu töten?

Wir brauchen eine starke Bewegung der Linken und der Gewerkschaften, die die Regierungen unter Druck setzen kann, auch mit Streiks. Denn das Geld, was jetzt für die Bundeswehr draufgeht, ist genau das Geld, für das die Beschäftigten aus dem Gesundheitssystem die ganze Pandemie gekämpft haben.

Krankenhausbeschäftigte haben während der Pandemie vor allem mehr Personal, bessere Bezahlung und allgemein bessere Arbeitsbedingungen gefordert und dafür gestreikt. Der ganze Sektor der Pflege hat sich in der Pandemie politisiert, große Bewegungen wie die Berliner Krankenhausbewegung mit bundesweiter Ausstrahlung sind entstanden. Mit viel Überzeugung haben die Kolleg:innen gestreikt und gewonnen. Der Entlastungstarifvertrag, der an einigen großen Häusern in Berlin erkämpft wurde, ist wertvoll und wichtig, aber alle Arbeiter:innen aus dem Gesundheitswesen wissen, dass viel, viel mehr notwendig ist. Und sie haben es laut betont, es sind bekannte Forderungen. Trotzdem hat sowohl die alte als auch die neue Bundesregierung nur sehr zögerlich reagiert. Dass nun quasi über Nacht 100 Milliarden für die Rüstung locker gemacht werden, zeigt, wie wenig fortschrittlich die neue Regierung ist und dass sie uns nicht vertritt.

Mit genau diesen Fragen, mit dieser Wut müssen wir auf die Straße gehen. Wie kann es sein, dass so viel Geld ins Militär gesteckt wird, wenn wir schon so lange auf verschiedensten Wegen betonen, dass die Sparpolitik enden muss, und für Veränderungen kämpfen? Für Gerechtigkeit, für gute Arbeits- und Lebensbedingungen und gegen Krieg können wir nicht unabhängig voneinander kämpfen. Diese Fragen gehören zusammen. Ein und dieselbe Regierung entscheidet aktuell über sie.

Nächste Woche findet am 8. März der Frauenkampftag statt. Traditionell ist die Frauenbewegung eine Bewegung von Arbeiter:innen, die gegen den Krieg und für die eigenen Rechte kämpfen. Genau darum geht es heute! Gegen den Krieg in der Ukraine! Gegen die Invasion Russlands und gegen die Machtinteressen der NATO! Ihre Politik, ihre 100 Milliarden werden den Menschen keinen Frieden bringen. Mehr Waffen beenden keinen Krieg. Regierungen, die aufrüsten, sind nicht friedlich!

Am 8. März kämpfen wir als Feminist:innen für die Welt, in der wir leben wollen. Aber nicht mit einer idealisierten Utopie im Sinn. Sondern mit der Überzeugung, dass es im Kapitalismus für uns keine endgültige Befreiung geben kann. Deshalb sind unsere Kämpfe immer antikapitalistisch, immer feministisch, immer antirassistisch. Kommt mit uns gemeinsam zum 8. März!

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