wombat’s Hostel: Ungezwungen nach außen, Union Busting nach innen

26.08.2018, Lesezeit 8 Min.
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Am vergangenen Wochenende ging der Arbeitskampf bei wombat’s City Hostel in Berlin in die nächste Runde. Rund zwei Dutzend Streikende und Unterstützer*innen versammelten sich vor dem Eingang des Hostels und forderten den Abschluss eines Tarifvertrags. Die Geschäftsführung verweigert das allerdings bis heute und setzt die Angriffe auf die Belegschaft weiter fort.  

Sascha Dimitriewicz und Marcus Praschinger. Das sind die Namen der selbst ernannten „crazy owners“ der wombat’s City Hostels. Das österreichische Unternehmen hat mittlerweile in vier europäischen Ländern Hostels eröffnet, die jeweils von Tochterunternehmen betrieben werden. Auf der Website wirbt das Unternehmen mit einer „neuen Unternehmensphilosophie“ und dem so genannten „womspirit“. Ein Image von Ungezwungenheit, welches sie auch den Beschäftigten versuchen zu verkaufen: mit angeblich flachen Hierarchien, Verzicht auf vorgeschriebene Arbeitskleidung, Feierabendbier mit Gästen in der hauseigenen Bar – aber eben auch Gehälter knapp über dem Mindestlohn, Unterschreitung gesetzlich vorgeschriebener Ruhepausen und jahrelange Unterschlagung von Urlaubsansprüchen der Minijobber*innen. 

Doch in Berlin haben die Kolleg*innen vor gut drei Jahren begonnen sich zu wehren. Der Streik am vergangenen Sonntag war der jüngste in einer Reihe von Organisierungs- und Kampfmaßnahmen.


Video-Interview der Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht mit einer Streikenden
 

Der harte Weg des Betriebsrats

Bis zum heutigen Tag war es ein steiniger Weg: Am Beginn ihres Kampfes stand die Einleitung von Betriebsratswahlen, um betriebliche Mitbestimmung gegen die schlechten Löhne und Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Doch mit Einleitung der Wahl begannen auch schon die Angriffe der Geschäftsführung. In einem offenen Brief an alle Mitarbeiter*innen in Berlin (der KGK vorliegt und den wir zu Dokumentationszwecken hier hochgeladen haben), versuchten sie die Wahl zu verhindern. Dort hieß es unter anderem: 

Die Gründung eines Betriebsrats halten wir daher für einen Schritt in die falsche Richtung, denn er dient ausschließlich dazu, einzelnen Mitarbeitern (nämlich denen, die in so einen Betriebsrat gewählt werden) sich hinter einem besseren Kündigungsschutz (als ihn alle anderen genießen) zu verstecken, aber sicher nicht dazu die Fragen oder die Probleme der Mitarbeiter zu beantworten oder zu lösen.

Im weiteren Verlauf des Briefes lässt die Geschäftsführung keinen Zweifel, dass sie von Gesetzgebung wenig halten:

Es liegt an euch hier und jetzt Verantwortung für alle zu übernehmen und dieses Vorhaben abzublasen, oder einzelnen von euch die Möglichkeit zu geben sich hinter dem deutschen Arbeitsrecht zu verkriechen und euer gewohntes Arbeitsumfeld nachhaltig zu gefährden.

Und sie drohen sogar recht unverhohlen mit Konsequenzen, die die Gründung eines Betriebsrats mit sich zieht. 

Es wird nach dieser Gründung eines Betriebsrates auch von unserer Seite einige Änderungen geben, die dieser neuen Situation Rechnung tragen werden, und wir sollten danach alle überprüfen, ob sich unser Zusammenleben verbessert, oder verschlechtert hat.

Unterschrieben ist der Brief natürlich – ungezwungen wie sich die Geschäftsführer eben geben – mit „Sascha und Marcus“. Ansonsten gibt der Brief die Richtung vor, die die Geschäftsführer in den nächsten Jahren gegen die Beschäftigten eingeschlagen haben. Ungezwungen nach außen – Union Busting nach innen. Dass Sascha und Marcus nicht die netten Unternehmenspartner von nebenan sind, zeigt die konsequente Zusammenarbeit mit den einschlägigsten Union-Busting-Kanzleien, wie zum Beispiel RA Tobias Grambow von Buse, Heberer und Fromm. Das ist die Kanzlei, die damals den Betriebsrat der Restaurantkette Maredo in den Keller einsperren ließ.

Nach der Betriebsratswahl versuchte die Geschäftsführung die Kolleg*innen abzustrafen. Im August 2016 stellten sie einen Absetzungsantrag gegen den Betriebsrat. Da sie aber nun gegen die Stammbelegschaft nicht einfach so vorgehen konnten – dem Betriebsrat sei Dank –, drückten sie die Löhne von Neuangestellten um rund einen Euro auf das Niveau des damaligen Mindestlohns. Da sich der Betriebsrat in der Zwischenzeit jedoch etablieren konnte, stieg das Vertrauen in die Mitglieder, die nun stärker begannen, den gewerkschaftlichen Kampf voranzutreiben. Vorangetrieben wurde die Organisierung nicht zuletzt durch die Angriffe der Geschäftsführung auf die Belegschaft, die den Kolleg*innen die Vorteile gewerkschaftlicher Organisierung deutlich vor Augen führten. Im August 2017 hatte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) dadurch einen Organisationsgrad von 80 Prozent erreicht.

Kampf um den Tarifvertrag

Im selben Monat forderte die NGG zum ersten Mal den Abschluss eines Tarifvertrags, der sich an den Flächentarifvertrag des Hotel- und Gaststättengewerbes anschließt, von der Geschäftsführung. Diese Forderung wurde damals in drei Zeilen abgelehnt, weil man keine Notwendigkeit sehe. Daraufhin beschloss eine Mitgliederversammlung im November 2017 die Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen. Der erste Streik fand dann im Dezember statt. Dort beteiligten sich auch Kolleg*innen, die nicht Mitglied der Gewerkschaft waren. Die Geschäftsführung erteilte allen Streikenden damals Hausverbot. Und beim zweiten Warnstreik setzt sie sogar noch eins drauf: Es wurden Abmahnungen verteilt, die den Kolleg*innen, die sich am Streik beteiligen, mit fristloser Kündigung drohte. Dennoch war auch dort die Teilnahme sehr hoch. Allerdings machte die Geschäftsführung ihre Drohung danach wahr und sprach gegen zwei Beschäftigte fristlose Kündigungen wegen unerlaubten Entfernens vom Arbeitsplatz aus. Die Kündigungen hatten jedoch vor Gericht keinen Bestand. Auch die Mahnungen musste die Geschäftsführung zurückziehen. 

Aufgrund dieses Drucks nahm die Geschäftsführung dann doch Tarifverhandlungen auf, um den Streik der Beschäftigten zu beenden. Bereits im Februar verkündete der NGG-Sekretär im neuen Deutschland die Einigung auf eine Absichtserklärung. Die Tarifverhandlungen wurden am 21. März abgeschlossen. Doch unterschreiben möchte die Geschäftsführung immer noch nicht. Ganz im Gegenteil: Seitdem versucht die Geschäftsführung die Unterschrift zu erpressen, indem sie weiter Forderungen an den Betriebsrat stellt, bevor sie ihre Unterschrift setzen. 

Außerdem hat die Geschäftsführung angekündigt, 12 Reinigungskräfte in eine „leere Hülle“ einer extra dafür gegründeten Tochterfirma aus Bayern auszugliedern und somit die Belegschaft zu spalten. Wenn dieses Vorhaben erfolgreich ist, wäre die Geschäftsführung für diese Beschäftigten nicht an den (noch zu unterschreibenden) Tarifvertrag gebunden. Mit dieser Praxis ist wombat’s jedoch nicht allein. In den Krankenhäusern wurden bereits dutzende Tochterfirmen gegründet, am Botanischen Garten existierte bis vor Kurzen eine solche Tochterfirma und selbst die BVG hat um die Jahrtausendwende die BT als Tochterunternehmen gegründet. Zweck dieses Outsourcings ist dabei immer: Tarifflucht, Lohndumping und die Spaltung der Belegschaft. 

Umso wichtiger ist, dass die Beschäftigten nicht nur für den Abschluss eines Tarifvertrags kämpfen, sondern sich auch gegen die geplante Ausgliederung wehren. Ansonsten droht auch dort eine Spaltung der Belegschaft in zwei Klassen, die nur im Sinne der Geschäftsführung sein kann. Dass solch ein Kampf erfolgreich sein kann, zeigt das Beispiel des Botanischen Gartens. Dort haben die Beschäftigten durch ihren ausdauernden Kampf die Auflösung des Tochterunternehmens erreicht und sich damit zurück in den Tarifvertrag der Länder gekämpft. Ein Erfolg, der für viele Kolleg*innen Lohnerhöhungen von mehreren Hundert Euro pro Monat bedeutete. Dieser Kampf war ein Erfolg der Streikenden und der zahlreichen Unterstützungsaktion von anderen gewerkschaftlich Aktiven und Studierenden der Freien Universität Berlin. 

Was tun?

Auch für den Arbeitskampf bei wombat’s wäre eine Ausweitung ein wichtiger Schritt. Insbesondere auf weitere wombat’s-Hostels in Deutschland und Europa, um nicht isoliert in Berlin zu bleiben, aber eben auch auf andere Sektoren der Beschäftigten in Berlin. Denn Lohndumping, Outsourcing und Union Busting sind längst keine Einzelfälle, sondern systematische Versuche die eigenen Gewinne auf dem Rücken der Beschäftigten zu erhöhen und gewerkschaftliche Organisierung im Keim zu ersticken. Wombat´s ist hierfür ein gutes Beispiel. Berichten zur Folge gönnen sich Wombat´s Manager*innen bereits einen Ruhestand ab dem 50. Lebensjahr, während sich einfache Beschäftigte schon bei minimalen Forderungen nach einem Tarifvertrag und Mitbestimmung heftigsten Angriffen ausgesetzt sehen. Diese Angriffe können auch nicht durch eine scheinbar familiäre und ungezwungene Atmosphäre verschleiert wehren. Die beste Methode, gute Arbeitsbedingungen durchzusetzen, ist der gewerkschaftliche Kampf und die Solidarität aller Kolleg*innen im Betrieb und außerhalb. Außerdem kann man auch wombat’s wie alle anderen Hostels natürlich auch online auf Portalen bewerten und dort der Forderung nach einem Tarifvertrag Nachdruck verleihen. Wie das ungefähr aussehen kann, hat ein User bereits im Dezember 2017 gezeigt (siehe Bild unten).

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