Ein Jahr nach Volksentscheid: Wo bleibt die Enteignung von Deutsche Wohnen und Co.?

23.09.2022, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Wikimedia Commons

Vor einem Jahr haben 59,1 Prozent der Berliner:innen für die Enteignung von Deutsche Wohnen & Co (DWE) gestimmt. Seitdem setzt die Regierung alles daran, die Enteignung zu verhindern und die Wohnungsnot zu verschärfen.

Viele meiner Freund:innen bekommen gerade Nebenkostenerhöhungen von 30 bis 40 Prozent oder noch mehr. Wir wissen nicht, wie wir das bezahlen sollen. Wir können es einfach nicht bezahlen“, sagt Tom, Werkstudent aus Berlin. Das ist gerade in vielen deutschen Haushalten Alltag. Die Inflation liegt bei knapp 8 Prozent,doch Lebensmittel- und Gas- und Strompreise steigen deutlich stärker. Habeck erklärt, dass wir Glück mit dem Wetter haben müssen, um eine Chance zu haben, „gut durch den Winter zu kommen.“ Doch auf das Wetter können wir uns nicht verlassen: Wir brauchen Lösungen für diese soziale Krise. Eine davon ist die Enteignung großer Immobilienkonzerne. Die Angebotsmieten sind im Vergleich zum Vorjahr um 11,4 Prozent gestiegen und Konzerne wie Vonovia und Co profitieren von Spekulation.

Ein wichtiger Schritt, um der Wohnungs- und Heizkrise entgegenzuwirken, wurde längst von den Berliner:innen demokratisch beschlossen: Am 24. September 2021 stimmte die Mehrheit der Berliner:innen für die Enteignung dieser Konzerne, damit keine Profite mehr mit der Miete gemacht werden. Gerade jetzt brauchen wir diese Enteignung dringender denn je, um Zwangsräumungen, Obdachlosigkeit und steigende Armut aufhalten zu können. Gegen die Wohnungsnot hat die Regierung den Neubau von Wohnungen versprochen, darunter auch auch von Sozialwohnungen. Doch 2022 ging bisher kein einziger Antrag auf Förderung zum Bau einer Sozialwohnung ein; das Ziel von 5000 neuen Sozialwohnungen wird also niemals erreicht.

Gleichzeitig hat die Berliner Regierung schon bei  ihrem Antritt klargemacht, den Volksentscheid nicht umzusetzen. Die Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey, die schon immer offen gegen die Enteignung (und damit gegen die Mehrheit der Bevölkerung Berlins) steht, kommentierte nach der Wahl: „Ich bin immer noch der Auffassung, dass Enteignungen nicht dazu beitragen, auch nur eine einzige Wohnung zu schaffen und auch die große Frage des bezahlbaren Wohnens zu lösen.“ Die SPD als Partei des Immobilienkapitals drückt deren Interessen rücksichtslos durch, egal ob wir frieren müssen oder nicht. Doch auch DIE LINKE, die sich im Wahlkampf als die Enteignungs-Partei inszeniert hatte, hat schon mit dem Koalitionsvertrag den Verrat an DWE unterschrieben. Statt der Enteignung wurde eine Expert:innenkommission beschlossen. Diese tagt und tut nichts. Besetzt ist sie mit drei Vertreter:innen der Kampagne und etlichen Enteignungsgegner:innen. Dass dort die Enteignung nicht beschlossen wird, ist also klar. DIE LINKE hat mal wieder deutlich gezeigt, dass ihre sozialen Forderungen nicht über den Wahlkampf hinaus reichen und ihnen der Koalitionsfrieden mit SPD und Grünen wichtiger ist als das Wohl der Bevölkerung. Die Linkspartei ist so stark in den Staat integriert, dass sie nicht mal mehr in der Lage ist, für reformistische Forderungen Straßenprotest zu organisieren. Doch genau dieser ist jetzt nötig. Die einzige Perspektive, um gegen unsere horrenden Nebenkostenabrechnungen und Wohnungsnot vorzugehen, ist der Protest auf der Straße.

Wir können nicht länger hinnehmen, dass reformistische Parteien und Regierungen unsere Interessen verraten und damit in Kauf nehmen, dass die soziale Krise sich weiter verschärft. Wir müssen uns selbst organisieren in Uni, Schule und Betrieben, um uns das zu erkämpfen, was uns zusteht.

Wir kämpfen für entschädigungslose Enteignungen der großen Immobilienkonzerne! Alle Zwangsräumungen müssen ausgesetzt werden! Es braucht sofortige Preisstopps auf Miete und Nebenkosten!

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