AfD-Parteitag: „Wen wundert es, wenn die Polizei ihre Kameraden schützt?“

18.03.2023, Lesezeit 5 Min.
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B.Dpunkt // shutterstock

Interview mit Sebastian Stark, Kreisvorstand bei DIE LINKE in Stuttgart, der Teil der Demonstrant:innen war, die am Landesparteitag der AfD ,in Offenburg, 8 Stunden lang von der Polizei gekesselt wurden.

Wogegen hast du am 04.03. demonstriert? 

Gegen den Landesparteitag der AfD in Offenburg. Auch wenn relativ klar war, dass  wir den Parteitag wohl nicht erneut verhindern können, ist es für uns trotzdem wichtigeine „Normalisierung“ der AfD in Baden-Württemberg wo weit wie möglich zu verhindern. Das bedeutet eben auch ihnen Parteitage so schwer wie möglich zu machen. In dem z.B. Besucherverkehr erschwert wird, oder die Ortswahl für die AfD durch gestiegene  Sicherheitsanforderungen eingeschränkt ist.

In den bürgerlichen Medien wird betont, wie gewalttätig Demonstrant:innen angeblich gewesen seien. Die Sprecherin vom “Bündnis gegen Rassismus” Jenny Haas, die zur Demonstration aufgerufen haben, hat jedoch den völlig überzogenen Polizeieinsatz kritisiert. Wie  hast du den Tag und  den Polizeieinsatz empfunden?

Der Polizeieinsatz war absurd. In meinen Augen war vollkommen klar, dass nie die Absicht bestand zu deeskalieren und das Demonstrationsrecht zu gewährleisten. Das zeigen auch die sich verschiebenden Forderungen der Polizei um die Demo laufen zu lassen. Da geht es dann erst angeblich um verknotete Transparente, nur um die Kundgebung trotzdem einzukesseln und aufzulösen, wenn die Transparente gelöst werden. Leider scheint sich diese Linie innerhalb der Landespolizei immer mehr durchzusetzen. Eine antifaschistische Demonstration in Stuttgart Cannstatt wurde letztes Jahr auf ähnliche Weise aufgelöst, obwohl der AfD Parteitag bereits abgesagt war.

Eure Demonstration wurde gestoppt und ihr wurdet über acht Stunden von der Polizei gekesselt. Wie ist es dazu gekommen? Wie konnten die Demonstrant:innen damit umgehen, so lange gekesselt zu sein?

Die Polizei stoppte die Demonstration wegen „Verstößen gegen die Auflagen“. Dann wurde ein Keil in die Demo getrieben und die in mindestens 2 Teile aufgeteilt, einen Vorderen, den die Polizei einkesselte und einen hinteren, den man zum Heimgehen aufforderte. Hier wurde klar versucht, die von der Polizei als „bürgerlich“ wahrgenommenen Demonstrant*innen und die als radikaler eingeschätzten Teile der Demo gegeneinander auszuspielen. Das wurde zum Glück vom Lautsprecherwagen klar zurückgewiesen. Bei der ganzen Aktion gab es auch mehrere verletzte Antifaschist*innen denen zum Glück von den anwesenden Demosanis geholfen wurde. Es hat den mehreren hundert Menschen im Kessel dann auch sehr geholfen, dass wir Solidarität von außerhalb hatten. Immer wieder hat man von hinter den Polizeiketten Solidaritätsbekundungen gehört. Besonders einige Mitglieder der IGM Jugend sind mir da im Kopf geblieben. Genoss*innen haben es dann in Verhandlungen mit der Polizei auch geschafft, dass wir im Kessel versorgt werden konnten. Pizza hebt die Moral.

Auf deinem Twitteraccount konnte man nachverfolgen, dass sich die Jusos verfrüht von der Demonstration entfernt haben. Wie ist das passiert, und was würdest du dir in  Zukunft von ihnen wünschen?

Mit vielen anderen standen die JUSOS in dem Teil der Demo außerhalb des Kessels und haben dann von allem, was ich gesehen und gehört habe, der Polizei sehr schnell Folge geleistet und den Ort verlassen. Wenn man gemeinsam auf einer antifaschistischen Demo ist, dann würde ich mir wünschen, dass man sich nicht von der Polizei in gute und schlechte Demonstrant*innen spalten lässt, sondern solidarisch zusammensteht. Da habe ich aber leider beim Landesverband der Jusos in BaWü wenig Hoffnungen.

Letztes Jahr ist aufgeflogen, dass circa 70 Polizist:innen in Baden-Württemberg Mitglieder in Chatgruppen waren, in denen faschistische Inhalte verbreitet wurden. Das ist bei weitem kein Einzelfall. Was denkst du dazu, dass so etwas nicht nur möglich, sondern auch üblich ist, und ihr so eine heftige Polizeigewalt bei Demonstrationen gegen die AfD erlebt?

Dass im Exekutivapparat der BRD starke Sympathien für Rechte bis faschistische Ideen bestehen, ist ja weder neu noch ein Geheimnis. Es ist auch nicht so, wie oft von Linksliberalen kommuniziert wird, dass rechte Ideen nur ein Problem im Osten wären. In Baden-Württemberg waren in den 90er Jahren schon die Republikaner im Landtag, hier gibt es in Pforzheim jährlich einen relevanten Naziaufmarsch. Die AfD, die hier durchaus nicht netter ist als in Thüringen oder Sachsen, ist Fleisch vom Fleisch der CDU. Weite Teile der AfD sind hier aus dem deutschnationalen Flügel der CDU entstanden. Wir sehen das auch in der Kommunalpolitik immer wieder, dass es da keine Berührungsängste oder gar Abgrenzung zwischen den Mitgliedern beider Parteien gibt. Man kennt sich. Die CDU wiederum hat Baden-Württemberg praktisch durchgehend regiert . Wen wundert es da, wenn man bei der Polizei die Kameraden schützt?

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