Was hat Olaf Scholz auf dem ver.di-Bundeskongress verloren?

17.09.2023, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Baki

Olaf Scholz als Sprecher auf dem ver.di-Bundeskongress steht sinnbildlich für die Unterordnung der Gewerkschaftsführungen unter die Kriegstreiberei der deutschen Bundesregierung.

Heute findet die Eröffnung des ver.di-Bundeskongresses statt, welcher bis zum 23. September in Berlin mit fast 1.000 Delegierten tagen wird. Doch der Kongress bleibt nicht ohne Gegenprotest. Bereits heute Vormittag versammelten sich circa 100 Protestierende unter dem Motto „Sagt Nein! Gewerkschafterinnen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden!“ Auf dem Bundeskongress soll über verschiedene Leitanträge abgestimmt werden, unter anderem einem Kriegsantrag des ver.di-Bundesvorstands, welcher die Aufrüstung und Militarisierung Deutschlands unterstützt, sie sogar als „notwendig“ ansieht.
Dieser Antrag bedeutet eine 180 Grad-Wende der Gewerkschaften, welche historisch immer eine antimilitaristische Positionierung innehatten. Doch nicht nur der fehlende Antimilitarismus ist Ausdruck der Sozialpartnerschaft der Gewerkschaftsführungen mit dem Kapital. Es wird auch deutlich, wenn man sich anschaut, wie die Gewerkschaftsbosse in den vergangenen Monaten alles dafür taten, Streiks auszubremsen und ihre Aufgabe als Vermittler zum Kapital zu erfüllen. Bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der letzten Monate ist es trotz einer kampfbereiten Basis zu keinem Erzwingungsstreik gekommen. Daran ist die Führung schuld, in dem sie Sektoren voneinander trennte, Streiktage nicht gleichzeitig und länger stattfinden ließ und immer wieder faulen Klassenkompromissen zustimmte. Bei der Deutschen Post stimmten die ver.di-Mitglieder mit knapp 86 Prozent für einen unbefristeten Erzwingungsstreik! Doch die ver.di-Verhandlungsführung umging die Meinung ihrer Basis und ließ sich auf faule Kompromisse ein.

Es ist unmöglich, dass Gewerkschaften als Organe, in denen die Arbeiter:innen organisiert sind, nun die Kriegspolitik der Bundesregierung unterstützen sollen – denn diejenigen, auf deren Rücken die Kriegspolitik ausgetragen wird, sind immer die Arbeiter:innen. Es sind die Arbeiter:innen, die in der Ukraine als Leichen auf dem Schlachtfeld enden, es sind auch die Arbeiter:innen, die in Deutschland, Russland und weiteren Ländern aufgrund der durch die Sanktionen entstandenen Inflation in Existenznot getrieben werden, es sind die Arbeiter:innen, welche die Aufrüstung bezahlen und die Taschen der Herrschenden füllen, die daran verdienen.

Die Einladung an Olaf Scholz, welcher heute auf dem Kongress das Begrüßungswort gesprochen hat, steht sinnbildlich für die vermittelnde Haltung der Gewerkschaftsführungen zur Ampelregierung. Unter dem Motto des sogenannten „Burgfriedens“ werden Reallohnverhandlungen mit der Arbeitgeberseite ausgehandelt, um die Kriegspolitik der Regierung zu finanzieren. Das Geld für Waffen und Militär gilt als notwendig – aber Geld für Bildung, Klima und Soziales fehlt überall. Das ist das, wofür die amtierende Regierung steht, denn egal ob GroKo oder Ampel, die Verwaltung des Imperialismus ist Aufgabe jeder Bundesregierung. Darum sind die Grünen und die SPD genauso Feinde der Arbeiter:innenklasse wie jede andere reformistische Partei.

In Anbetracht dieses Umbruchs hat sich innerhalb der Basis von ver.di eine linke Opposition herausgebildet, die zum ersten September schon 10.000 Unterschriften für ihre Petition „Sagt Nein! Gewerkschafterinnen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden!“ sammeln konnten. Hier kannst auch du die Petition unterschreiben. Andreas Buderus, welcher Teil dieser linken Opposition ist, sagte auf der Kundgebung:

„Die Geschichte unserer eigenen Organisation sollte uns lehren, dass der Versuch in Zeiten des Krieges die Gewerkschaft und das Hinterland ruhig zu stellen, mit uns nicht zu machen ist und deswegen fordern wir die Kolleginnen- und Kollegendelegierten auf, dem Leitantrag 084 ein deutliches Nein entgegenzuhalten und alles zu versuchen, was im Rahmen eines Kongresses möglich ist, diesen Antrag zum Kippen zu bringen!“

Um die Führung der Gewerkschaften ins Wanken zu bringen, müssen wir in den Gewerkschaften antibürokratische Strömungen aufbauen, Streiks politisieren und sie aus dem Ruder laufen lassen. Wir brauchen Erzwingungsstreiks, die die Reichen zur Kasse bitten und sich über Kompromisse mit den Gewerkschaftsführungen hinwegsetzen.

Die Mahnwache vor dem ver.di-Bundeskongress wird noch bis nächsten Dienstag um 20 Uhr stattfinden. Es lohnt sich vorbeizukommen. Lasst uns gemeinsam gegen die Kriegspolitik der Gewerkschaftsführungen kämpfen und klarmachen, dass wir uns ihre undemokratische und kriegstreiberische Politik nicht gefallen lassen!

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