Waldbrände, Dürren und das Klimaversagen der Ampelkoalition

02.08.2022, Lesezeit 8 Min.
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Bild: Mario Hagen / shutterstock.com

Hitzewellen, Dürren und Waldbrände wüten auf der ganzen Welt. Zehntausende Menschen sind bereits daran gestorben. In den vergangenen Wochen brannte es nun auch in Deutschland, die Wasserknappheit hält weiter an. Währenddessen bleiben ernstzunehmende Antworten der Regierung aus.

Vergangene Woche sprangen Feuer in der Böhmischen Schweiz in Tschechien auf Bereiche des Nationalparks Sächsische Schweiz über. Auch in Südbrandenburg kämpften Einsatzkräfte gegen die Flammen. Die Brände hatten eine Fläche von hunderten Hektar erfasst, das Gelände und Weltkriegsmunition in den brandenburgischen Gebieten erschwerten die Löscharbeiten, was die Situation noch angespannter machte. Die Feuer sind mittlerweile überwiegend unter Kontrolle, doch die Schäden sind gravierend und die Anspannung aufgrund der hohen Waldbrandgefahr bleibt.

Die Entwicklung von Waldbränden in Deutschland über die letzten Jahrzehnte zeigt dabei eine klare Tendenz zu einer Verschlimmerung der Situation. In Brandenburg ist die Lage besonders dramatisch. An einem einzelnen Wochenende brannte dort drei Mal so viel Wald wie im vergangenen Jahr in ganz Deutschland. Aber auch auf die gesamte Bundesrepublik betrachtet, zeichnet sich ein negativer Trend ab: Im Jahr 2022 haben hier nach Schätzungen des EU-Waldbrandinformationssystems EFFIS bereits über 3.100 Hektar Wald gebrannt, was eine neue Höchstmarke darstellt.

Während Wald in Rekordmengen den Flammen zum Opfer fällt und hunderte Helfer:innen und Einsatzkräfte daran arbeiten die Situation unter Kontrolle zu halten, bleiben die Reaktionen der Regierung auf die Lage in Brandenburg und der Sächsischen Schweiz verhalten. Erst nach einigen Tagen meldete sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) in der Rheinischen Post zu Wort, wo er den Ländern Unterstützung versprach und die Notwendigkeit betonte, die Zusammensetzung der Wälder zu verändern.

Özdemir trifft damit natürlich einen richtigen Punkt. Wie alles im Kapitalismus sind auch Teile der Wälder in Deutschland dem Verwertungszwang unterworfen. Nicht nur in Brandenburg besteht der Wald zu einem großen Teil aus Monokulturen von Kiefern, die dort seit geraumer Zeit angepflanzt werden, weil ihr schnelles Wachstum dazu genutzt wird, den hohen Holzbedarf zu decken. Monokulturen sind generell deutlich anfälliger für Sturmschäden, Schädlinge und im Fall von Nadelbäumen auch für Waldbrände. Ein Umbau der Wälder gestaltet sich dabei einerseits durch die Trägheit der Politik schwierig, die natürlich immer betont, wie wichtig ein gesunder Wald sei, ohne aktive Maßnahmen umzusetzen. Andererseits liegt fast die Hälfte der gesamten Waldfläche in Deutschland in Privatbesitz, womit die Entscheidung über die Zukunft von ganzen 11,4 Millionen Hektar Wald außerhalb der öffentlichen Sphäre getroffen wird.

Die Waldbrände zeigen mit brutaler Klarheit die Unzulänglichkeiten, die jedes bürgerliche Klimaprogramm hat, welches die kapitalistischen Produktionsverhältnisse nicht antasten möchte. Die Waldbrände, Dürren und Hitzewellen, sind nicht das zufällige Produkt der natürlichen Entwicklung des Planeten, sondern werden durch Monokulturen, Überbearbeitung der Böden und die Klimaerwärmung in Folge des enormen C02-Ausstoßes in der Energiegewinnung, im Individualverkehr, Militär und anderen Bereichen der Produktion hervorgerufen. Die Katastrophen haben System.

Sie sind ihren Ursachen nach verwurzelt in der Ausbeutung der beiden Quellen menschlichen Reichtums, nämlich der Arbeitskraft und der Natur, die wiederum den Antrieb für die ökonomischen Verhältnisse darstellt. Solange diese Verhältnisse nicht auf eine radikale Art umgewälzt werden, die nicht auf der Ausbeutung von Mensch und Planet als notwendige Bedingung zur Generierung von Profit beruhen, werden Naturkatastrophen in Härte und Umfang noch deutlich zunehmen. Wirft man einen Blick über die Grenzen von Deutschland hinaus, kann das ganze Ausmaß der Zerstörung, die die Überausbeutung der Welt hervorruft und von Regierungen wie der Ampel mit aufrechterhalten werden, überhaupt erst ins Bild rücken. Auf einer interaktiven Karte der NASA, die aktive Waldbrände verzeichnet, gewinnt man einen Eindruck davon, wie die Realität beispielsweise in Teilen des afrikanischen Kontinents heute aussieht.

Die Unzulänglichkeiten des bürgerlichen Klimaschutzprogramms zeigen sich auch anhand der Dürren welche wir gerade erleben. Italien durchläuft momentan die massivste Dürre seit 70 Jahren, wenn es so weitergeht aller Zeiten. 270.000 Landwirtschaftsbetriebe sind davon betroffen, die Erträge der Ernten gehen stark zurück. Da beispielsweise 40 Prozent der gesamten europäischen Hartweizenernte aus Italien stammen, wird die Krise der italienischen Landwirtschaft sich bei der Lebensmittelversorgung von Millionen Menschen bemerkbar machen. Aber nicht nur der Landwirtschaft geht gerade das Wasser aus, sondern auch der Bevölkerung des Landes, denn selbst in den Supermärkten ist teilweise kein Trinkwasser mehr verfügbar. Expert:innen prognostizieren diese dramatischen Zustände auch für Deutschland, bereits jetzt sind solche Extremwetterphänomene um etwa 20 Prozent wahrscheinlicher, doch der Klimawandel befindet sich derzeit noch vor dem Kipppunkt, ein Blick zurück nach Brandenburg führt uns das vor Augen, denn das Bundesland und die angrenzenden Regionen erleben gerade den Beginn von einer Wasserversorgungskrise und zunehmender Versteppung, dabei spielt auch der Milliardär Elon Musk eine Rolle.

Die Flüsse und Seen des Landes trocknen aus, der Wasserstand der Oder erlebte vergangenen Monat einen historischen Tiefpunkt von knapp über 20 Zentimetern, die Folgen davon sind gravierend, auch im Nachbarland Polen riefen hunderte Gemeinden den Notstand aus, bereits in wenigen Jahrzehnten könnte es soweit kommen, dass ein Drittel Polens zur Steppe wird. Unsereins leidet unter den Dürren, die die Kapitalist:innen wie Elon Musk verursachen. Seine neue SUV und Batterizellenfabrik in Brandenburg benötigt ganze 30 Prozent des Grundwasservorkommens in der Region Brandenburgs, in welcher massiver Wassermangel herrscht. Der lokale Wasserverband warnte deshalb öffentlich vor kommenden Versorgungsengpässen. Elon Musk weiß das alles, dennoch leugnete er öffentlich dreist die herrschende Knappheit in Brandenburg um auf Kosten der Menschen und Umwelt seine Gewinne zu erwirtschaften.

Selbst im Angesicht dieser fatalen Zustände und Prognosen, schafft es die Ampel Koalition nicht einmal reformistische Maßnahmen wie zum Beispiel ein Tempolimit einzuleiten. Stattdessen führt sie Debatten über Atomkraft und stärkt im großen Stil die Rüstungs und Automobilindustrie, sowie die fossile Brennstoffindustrie. Klar ist, dass die Verantwortung für die Klimakrise bei den großen Firmen und den Reichen liegt, doch genau diese werden von der Regierung geschützt und die Folgen der multiplen Krisen werden auf die Bevölkerung abgewälzt. Statt beispielsweise Energiekonzerne zu enteignen, werden wir dazu aufgerufen im Winter weniger oder gar nicht zu heizen.

Die von Finanzminister Lindner angekündigten bevorstehenden Sparmaßnahmen der Regierung, werden sich mit großer Sicherheit auch bei der Bekämpfung des Klimawandels bemerkbar machen. So ist beispielsweise die Feuerwehr bereits jetzt stark unterfinanziert. Feuerwehrleute leisten trotz auf 48 Stunden die Woche erhöhter Arbeitszeit im Schnitt 6,8 Überstunden pro Woche, eine Besserung dieser Zustände ist wohl kaum in Sicht und dies obwohl ihre Arbeit in der kommenden Periode durch die wachsende Zahl von Bränden und Katastrophen verursacht durch den Klimawandel immer mehr werden wird. Statt Einsparungen brauchen wir massive Investitionen in Klimaschutz und in die Versorgung von Menschen die von den Schäden betroffen sind, für die die Kapitalist:innen, die diese Schäden verursachen, zahlen.

Özdemir kann zwar den Waldumbau als wichtiges Projekt ausgeben. Scholz, Baerbock, Habeck und alle anderen, die gemeinsam mit den Chefs der Großkonzerne für den Status quo verantwortlich sind, können auch weiterhin bei den großen Klimakonferenzen symbolisch irgendwelche Papiere unterschreiben oder Reden halten. Der Planet wird dadurch nicht zu retten sein. Das Abwenden der Katastrophe, oder zumindest das rechtzeitige Ausgleichen ihrer schlimmsten Auswirkungen, wird nur möglich sein in einem anderen System. In einem System, in welchem nicht auf von Ölunternehmen finanzierten Konferenzen (wie die COP25 in Madrid) über das Klima gesprochen wird, sondern die Menschen selbstbestimmt über die notwendigen Maßnahmen entscheiden, unabhängig von der Notwendigkeit den Planeten bis zum letzten Rest für Profite auszuquetschen. Wenn demokratisch über die Produktion der notwendigen Güter und die Reproduktion der Menschheit entschieden werden kann, wird nicht nur der Umbau von Monokulturen schneller von statten gehen können, als es sich ein Özdemir vorstellen kann, sondern es wird uns generell gelingen ein Leben zu führen, welches nicht auf der Zerstörung der Natur und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen basiert.

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