VSG-Streik in Kaulsdorf: Klinikleitung droht mit der Polizei

05.05.2018, Lesezeit 4 Min.
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Am Freitag verlegten die Streikenden der Vivante Service GmbH (VSG) ihr Lokal so weit in den Osten Berlins wie noch nie. Denn auch Kaulsdorf ist einer der neun Klinik-Standorte von Vivantes.

Am Klinikum Kaulsdorf sind zwar die Blumenbeete besser gepflegt als an den meisten Krankenhäusern der Innenstadt – aber im Gegenzug ist das Management auch stärker auf Krawall gebürstet als andernorts. Bereits als die ersten Streikenden morgens um 8 Uhr das Gelände betreten, wird ihnen ein Platz in der Nähe des Haupteingangs verwehrt. Aber auch die Wiese auf der anderen Seite ist noch in guter Sicht- und Hörweite von Patient*innen und Klinikbeschäftigten. Also schlagen die Streikenden ihr Lager dort auf.

Es dauert nicht lange, da kommen zwei Menschen von der Klinikleitung auch zum neuen Standort und erklären, dass sie die Streikenden lieber ganz vom Gelände schmeißen wollen. Irgendwo auf dem Gehweg vorm Eingang sei ja bestimmt noch Platz. Da dürfe gerne gestreikt werden – aber bitte nicht in der Nähe des Klinik-Gebäudes. Als die Kolleg*innen diese absurde Forderung ablehnen, wird kurzerhand mit der Polizei gedroht. „Ich gebe ihnen noch fünf Minuten“, heißt es. Angeblich gebe es Beschwerden von Patient*innen, die sich gestört fühlen.

Damit alle über die Situation im Bilde sind, wird schnell eine Versammlung einberufen. Ver.di-Sekretärin Janine Balder bringt es auf den Punkt: „Man will hier keine Streikenden! Aber natürlich wollen wir, dass die Kolleginnen und Kollegen mitbekommen, dass ihr hier streikt!“
Auch Mario Kunze aus der Tarifkommission schlägt in die gleiche Kerbe: „Das hier ist unser Arbeitsplatz und wir haben verdammt noch mal ein Recht, uns hier aufzuhalten!“ Damit sind sich nach kürzester Zeit alle einig: Wir bleiben!

Zur Bekräftigung geben sie ein Pfeifkonzert für die ungebetenen Gäste.

Die Fünf-Minuten-Frist ist mittlerweile verstrichen. Es vergehen noch weitere 10, 20, 30 Minuten. Doch von der Polizei ist weit und breit nichts zu sehen. Entweder hat der Klinikleiter nur gebellt und nicht gebissen. Oder die Polizei ahnte bereits, dass dieser Einsatz weder rühmlich noch gerechtfertigt wäre und hat abgelehnt.

Die Klinikleiter*innen hofften trotzdem darauf, die Streikenden mit bösen Blicken vertreiben zu können. Dafür standen sie geschlagene 90 Minuten neben dem „illegalen“ Streiklokal. Eine Sache haben sie damit unter Beweis gestellt: Im Gegensatz zu den meisten Beschäftigten der VSG können sie während ihrer Arbeitszeit auch mal anderthalb Stunden auf dem Rasen stehen, ohne dass das weiter ins Gewicht fällt.

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Im Abseits: Zwei Personen von der Klinikleitung, von denen sich die Streikenden nicht beirren lassen.
Im Abseits: Leitendes Personal bewacht den Streik. Die Kolleg*innen lassen sich nicht beirren.

Gegen 11 Uhr räumten die Streikenden dann aber doch früher das Streiklokal, als üblich. Das lag allerdings nicht an den Drohungen der Vorgesetzten, sondern daran, dass sie sich in Berlin Mitte am Aktionstag gegen Prekarisierung beteiligen wollten.

Dort unterstützten sie die Lehrer*innen von Musikschulen und Volkshochschulen bei einer Kundgebung, nahmen an der Streikdemo der studentischen Beschäftigten teil und beteiligten sich schließlich an der großen Kundgebung gegen Prekarisierung vor dem Brandenburger Tor. Dort wurden die Streikenden der VSG von über 500 studentischen Beschäftigten und Kolleg*innen aus anderen Betrieben herzlichst empfangen.

Daniel Fechner, Mitglied der VSG-Tarifkommission, wies in seiner kurzen Ansprache noch einmal auf das zentrale Ziel des Arbeitskampfs hin: „Ein Betrieb, eine Belegschaft, ein Tarifvertrag!“ Die Streikenden sind fest entschlossen, ihren Kampf fortzusetzen, bis sie einen Fahrplan zum TVöD haben – „notfalls bis Weihnachten“, wie eine Kollegin es formulierte.

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