Geschichte und Kultur

Trotzkistischer Widerstand im Zweiten Weltkrieg

Am 8. Mai 2017 war der 72. Jahrestag des Siegs der Alliierten im Zweiten Weltkrieg. Aber es war kein Krieg zwischen Faschismus und Demokratie, sondern ein Krieg zwischen imperialistischen Mächten um die Neuaufteilung der Welt. In vielen Ländern kämpften Trotzkist*innen dafür, dass der Krieg durch eine sozialistische Revolution beendet wird.

Trotzkistischer Widerstand im Zweiten Weltkrieg

Für Leo Trotzki war der Zweite Weltkrieg ein imperialistischer Krieg. Unabhängig davon, wer angefangen hat, es war kein Krieg für nationale Unabhängigkeit. Es war ein Krieg zur Neuaufteilung der Welt, durch verschiedene Cliquen des Finanzkapitals. Er fügte hinzu: „Das schließt nicht aus, dass sich infolge des imperialistischen Kriegs die Situation eines Landes verbessert oder verschlimmert, auf Kosten eines anderen Landes.“

Frankreich, das große Experiment

Was war die korrekte Politik für Revolutionär*innen in den besetzten Ländern? In der Mitte dieser Diskussion stand Frankreich, ein imperialistisches Land, dessen Bourgeoisie zum Großteil mit den Nazis zusammenarbeitete. Nur ein kleiner Sektor um General de Gaulle leitete Großbritanniens Politik weiter.

Das französische Proletariat hatte bis zum Krieg noch nie eine große Niederlage erleiden müssen und die Kommunistische Partei Frankreichs (PCF) besaß großen Einfluss – selbst als dieser 1939 durch den Hitler-Stalin-Pakt abnahm, stieg er wieder an, nachdem die Nazis 1941 in die UdSSR einmarschiert waren und die PCF wieder ins antifaschistische Lager zurückkehrte.

Zum Anfang des Krieges gab es in Frankreich drei trotzkistische Gruppen: Das Komitee für die Vierte Internationale, die Internationale Kommunistische Strömung (CCI) und die Barta-Gruppe. Sie waren nicht groß, aber sie alle verfügten über dynamische Kader. Vor der Besetzung wurden etliche trotzkistische Führer*innen von der französischen Bourgeoisie verhaftet und zahlreiche Aktivist*innen wurden in die Armee eingezogen, so dass der Trotzkismus gänzlich zerstreut wurde.

Nach der Ermordung Trotzkis erschien ein Diskussionspapier vom Komitee für die Vierte Internationale zur Frage der einzunehmenden Position, geschrieben von Marcel Hic und Yvan Craipeau. Die Autor*innen argumentierten dass Frankreich sich in eine unterdrückte Nation verwandelt hätte, und obwohl sie den reaktionären Charakter der Bourgeoisie erkannten, riefen sie am Ende zu einer gemeinsamen Front mit der Bourgeoisie und der Kleinbourgeoisie auf, für Ziele, die sich am nationalen Befreiungskampf orientierten. Diese Position, die ohne jeden Zweifel opportunistisch war, wurde später korrigiert.

Der Sekretär der Vierten Internationale, Jean van Heijenoort, in New York City behauptete, dass es keinen Sektor der französischen Bourgeoisie gebe, mit dem eine solche gemeinsame Front gebildet werden könnte:

Die Mehrheit der französischen Bourgeoisie hat es bereits geschafft sich mit Hitler zu verständigen. Der nationale Widerstand konzentriert sich in den ärmeren Schichten der Bevölkerung, dem städtische Kleinbürger*innentum, den Bauern*Bäuerinnen und den Arbeiter*innen. Aber es sind die Letzteren, die am entschlossensten kämpfen und wissen werden, wie sie den Kampf mit dem Kampf gegen den Kapitalismus und der Pétain-Regierung verbinden.

Heijenoort kehrt zurück zu der zentralen Parole von Trotzki, die zusammen mit demokratischen Forderungen erhoben werden muss:

Dem faschistischen ‚Wiederaufbau‘ Europas, also der Fortsetzung von Elend und Ruin, setzen wir die Föderation sozialistischer Staaten Europas entgegen (…) Angesichts von Unterdrückung und Diktatur werden die Arbeiter*innen den Kampf für demokratische Freiheiten (Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit etc.) nicht aufgeben, aber sie müssen verstehen dass dieser Kampf nicht die verfallende bürgerlicher Demokratie erneuern kann, welche diese Unterdrückung und Diktatur hervorgebracht hat. Die einzige Demokratie, die derzeit in Europa möglich ist, ist die proletarische Demokratie.

Proletarischer Widerstand

Proletarischer Widerstand gegen die Besetzung der Nazis begann in Holland und Norwegen 1941, mit bedeutenden Streiks, die mit Waffengewalt niedergeschlagen wurden. Van Heijenoort analysiert die wachsenden Widersprüche zwischen dem besetzenden Regime und den eingedrungenen Massen. Wiederholend, dass ein entscheidender Schlag gegen Hitler nur von den Arbeiter*innen kommen kann, warnt er davor die taktischen Herausforderungen zu unterschätzen, die die Besetzung an die Revolutionär*inne stellt:

Wir erkennen das Recht der nationalen Selbstbestimmung vollständig an und bereiten uns darauf vor, es als grundlegendes demokratisches Recht zu verteidigen. Trotz dieser Anerkennung wird dieses Recht von beiden Kriegsparteien mit Füßen getreten und im Falle eines imperialistischen Friedens kaum respektiert werden. Der Kapitalismus kann in seinem Todeskampf diese demokratische Forderung immer weniger erfüllen. Nur der Sozialismus kann den Nationen das komplette Recht zur Unabhängigkeit geben und schlussmachen mit jeglicher nationalen Unterdrückung. Über das Recht der nationalen Selbstbestimmung zu sprechen, aber dabei über die einzige Möglichkeit zu ihrer Verwirklichung, die proletarische Revolution, zu schweigen, ist das Wiederholen flacher Phrasen, Schüren von Illusionen und Täuschung der Arbeiter*innen.

Er weist auch darauf hin, dass das Kleinbürger*innentum dazu neigt, sich dem britischen Imperialismus, hinter General de Gaulle, anzuschließen und einzelne Aktionen der individuellen Spionage, des Terrorismus und der Sabotage auszuführen, die der Arbeiter*innenklasse, trotz ihres großen Held*innentums, als Methode fremd sind, isoliert von den Vorbereitung von Massenkämpfen. Tatsächlich schaden sie diesen Vorbereitungen oftmals. Der anhaltende Hass gegen die Besetzung führte bei der Vichy-Regierung unter Marschall Pétain dazu seine bonapartischen Tendenzen zu stärken.

Auf dem nicht von Nazis besetzten Gebiet, welches unter der Verwaltung von Pétain stand, erarbeitete das trotzkistische Regional-Komitee der unbesetzten Zone ein Dokument, welches beide Zonen repräsentieren sollte (die besetzte und die unbesetzte Zone). Das Dokument vertieft die Analyse über die veränderten Bedingungen in Europa, nach der Besetzung durch die Nazis und die Pauschalisierung von nationalen Widerstandsgruppen als Reaktion darauf.
Die Unifizierung Europas durch die Nazis mithilfe der Methode der Kollaboration hat sich als Reinfall erwiesen, so dass die Nazis ihren Willen gewaltsam durchsetzten. Das Dokument kehrt zurück zu der Idee der Europäischen Einheit, die eine objektive Notwendigkeit darstellt:

Die Kontinentale Einigung ist unerlässlich. Diese Einigung kann auf zwei Wegen geschehen: In Form einer imperialistischen ‚Neuen Ordnung‘, unter der Hegemonie eines siegreichen Imperialismus oder in Form einer sozialistischen Transformation, unter der Hegemonie des europäischen Proletariats (Föderation der sozialistischen Staaten Europas). Die ‚neue Ordnung‘, in ihrer faschistischen Form, wie auch in ihrer ‚demokratischen‘ Form (im Falle eines angelsächsischen Siegs) ist eine gänzlich konterrevolutionäre Lösung.

Im letzeren Falle bestätigen sie, dass es noch größeren Zwang und Unterdrückung geben wird, indem sie eine Dynamik entfaltet, die zu einem Dritten Weltkrieg führt, der die Zerstörung und die totale Unterwerfung der Menschen in Europa zu vollendet. Das führt zum Kampf für nationale Selbstbestimmung, welche nicht isoliert ist, sondern auf engste mit dem proletarischen Sozialismus verbunden ist. In diesem Rahmen orientieren sie sich am nationalen Gefühl der Massen, welcher Unterschiede zum gaullistischen Nationalismus aufweist, „einem Anhang des englischen Militärapparats“ und Repräsentant einer imperialistisch-nationalistischen Fraktion.

Stalinistische Unterstützung des Nationalismus

Der Widerstand (La Résistance) wurde hauptsächlich von der Kommunistischen Partei Frankreich (PCF) geführt, die nach Hitlers Invasion in der UdSSR im Juni 1941 eine abrupte politische Wendung durchlief. Für die Trotzkist*innen waren die Probleme des nationalen Widerstands, die Verteidigung der Sowjetunion und die Kritik des Stalinismus eng miteinander verbunden. Nach dem Einmarsch der Nazis in die UdSSR hörte die PCF auf De Gaulle als „eine Bewegung der reaktionären und kolonialistischen Inspiration“ zu bezeichnen und begann sie als einen Verbündeten zu betrachten, der nicht kritisiert werden darf. De Gaulle hat nur einige Anhänger*innen, aber die PCF bildete sofort einen gemeinsamen Block mit ihnen, die „Nationale Front des Kampfes für die Unabhängigkeit Frankreichs“.

Die Politik der PCF war nationalistisch. Ihre Hauptparole lautete „A chacun son boche“ – buchstäblich „Jedem seinen Boche“ (eine chauvinistische Bezeichnung für Deutsche). Es forderte die Verwendung der individualistischen Methoden des Kleinbürger*innentums (Sabotage, Terroranschläge) und begünstigte dadurch die Politik der Alliierten. Die trotzkistische Presse veröffentliche 1941 eine Resolution, die sich dieser Politik entgegenstellte:

Die Entwicklung einer proletarischen und antikapitalistischen Führung der Volksbewegung gegen Hitler ist eine notwendige Voraussetzung für eine Verbrüderung mit den deutschen Soldat*innen und Arbeiter*innen. Die Partei vergisst nicht, dass ohne eine Kollaboration der deutschen Arbeiter*innen und Soldat*innen keine Revolution in Europa möglich wäre. Darum gehört die Verbrüderung zu unseren zentralen Aufgaben. Jede Aktion, die den Bruch zwischen den deutschen und den europäischen Arbeiter*innen weiter aufreißt, ist direkt konterrevolutionär.

Die Resolution unterstreicht zudem die Bedeutung der gemeinsamen Kampferfahrung auf lokaler und regionaler Ebene zwischen Stalinist*innen und Trotzkist*innen und erinnert daran dass die PCF der Hauptakteur innerhalb der Arbeiter*innenklasse war.

Die Gruppe in der nicht besetzten Zone hielt den Kontakt mit dem Internationalen Sekretariat der Vierten Internationale in New York City über amerikanische Seeleute, die im Hafen von Marseille ankamen, aufrecht. Im Juli 1942 wurde die Mehrheit dieser Gruppe verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt. (Einigen Nachforschungen zufolge war ihre Verhaftung Folge einer Provokation von stalinistischer Seite aus. Unter den Gefangenen war Pietro Tresso, der flüchten konnte, dann aber verschwand. Später wurde bekannt, dass er von Stalinist*innen ermordet wurde.) Der Kontakt zwischen den französischen und den US-amerikanischen Trotzkist*innen brach ab.

Nationales Problem eigener Art

In New York wird van Heijenoort zum führenden Mitglied des Internationalen Sekretariats Vierte Internationale und versucht auf die dringende Situation in Europa und die neuen Probleme, die sich den Revolutionär*innen entgegenstellen, zu reagieren. Er leistet wichtige Beiträge zu den strukturellen historischen Problemen Europas, ihrer Beziehung zur nationalen Frage in verschiedenen Epochen und die Rolle der verschiedenen Klassen. Er überprüfte auch die Gültigkeit von Trotzkis Charakterisierungen und ihre Beziehung zum Problem der nationalen Befreiung und sozialistischen Revolution. Neben anderen Konzepten argumentierte er:

Deutschlands Besetzung von Europa hat das nationale Problem neuen Typs hervorgebracht, es ist die Bewegung des Volkswiderstands in den imperialistischen Nationen die von einer noch mächtigeren imperialistischen Nation zerschlagen wurde, in der Phase des Todeskampfs des Kapitalismus.

Van Heijenoort analysiert den Klassencharakter des Widerstands und kritisiert kleinbürgerliche und stalinistische Kampfmethoden und unterscheidet sie von den Sabotageakten, die von den Arbeiter*innen und nationalen Guerillas durchgeführt wurden und sich in Mitteleuropa entwickelten. Er betont besonders, dass die Bauern*Bäuerinnen- und Arbeiter*innen-Guerillas in Jugoslawien, die gegen die deutsche und italienische Besatzung kämpften, die Initiator*innen der Aufstände in allen Nachbarländern (Griechenland, Mazedonien, Rumänien und Bulgarien) waren.
Trotzkis Argumentation verwendend, antwortete er denen, die behaupteten, es sei notwendig, eine demokratische Revolution durchzuführen als Vorstufe zum Sozialismus:

Die Forderung nach nationaler Befreiung und Teilhabe an der gegenwärtigen Widerstandsbewegung bedeutet keineswegs, dass wir neue bürgerliche nationale Revolutionen oder eine Revolution eines besonderen Charakters erwarten müssen, die weder bürgerlich noch proletarisch, sondern ‚national‘, ‚vom Volk ausgehend‘ oder ‚demokratisch‘ (…) ist. Beide, die französische Revolution 1789 und die russische Revolution 1917, waren demokratisch, national und gingen vom Volk aus, aber während Erstere die Herrschaft des Privateigentum einführte, beendete dies die Letztere. Deshalb war die eine proletarisch und die andere bürgerlich. Für die kommende europäische Revolution wird ihr proletarischer Charakter von Anfang an spürbar sein. Ist eine demokratische Phase, also eine Erneuerung des bürgerlichen Parlamentarismus, nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes möglich? Solch eine Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, aber ein solches Regime wird nicht aus einer bürgerlichen Revolution oder einer ‚demokratischen‘ Revolution ohne Klassencharakter hervorgehen, es wäre das zeitlich begrenzte und instabile Produkt einer proletarischen Revolution, die nicht zu Ende geführt wurde und noch mit der bürgerlichen Konterrevolution zu kämpfen hat.

Rückkehr der Arbeiter*innenbewegung

Im Jahr 1941 kam es zu einer Rückkehr der französischen Arbeiter*innenbewegung, die gekennzeichnet war durch den Streik der Bergarbeiter*innen im Norden und im Pas-de-Calais, die sich verweigerten für die deutsche Wehrmacht zu arbeiten und forderten, dass die geförderte Kohle, an die Zivilbevölkerung geliefert wird. Der Bedarf des deutschen Regimes nach billigen Arbeitskräften veranlasste Laval dazu einen Austausch anzubieten: Für drei Arbeiter*innen die in deutsche Fabriken deportiert werden, würde ein*e französische*r Kriegsgefangene*r zurückkehren. Doch diese Politik scheiterte. Am 22. August 1942 verkündete der führende Funktionär des Reichsarbeitsdiensts, Sauckel, eine Anordnung die die generelle erzwungene Mobilisierung von allen Arbeitskräften, sowohl Frauen als auch Männer, aus den besetzten Ländern in den Reichsarbeitsdienst begründete.

Die mächtige Reaktion der Arbeiter*innen überraschte die Nazis und Vichy-Anhänger*innen. Die erste Fabrikbesetzung seit 1937 fand statt und die Zahl von Demonstrationen vervielfachte sich. Als die Züge nach Deutschland fuhren wurde die Internationale gesungen. In den Flugblättern war zu lesen: „Die französischen Arbeiter*innen werden nicht nach Deutschland deportiert“ und „Lasst uns unseren Kampf gegen die Ablösung organisieren!“. Die französischen Trotzkist*innen intervenierten in diesem Kampf. Von den 500.000 Arbeiter*innen, die deportiert werden sollten, wurde weniger als die Hälfte nach Deutschland geschickt. Zu selben Zeit, beginnend 1941, fing vor allem die CCI an, heimlich in den Fabriken zu arbeiten, was 1942 anfing Früchte zu tragen.

Im Juli 1942 veröffentlichte das neugegründete Europäische Sekretariat der Vierten Internationale seine „Thesen über die nationale Frage“ (Diese „Thesen“ wurden von Marcel Hic geschrieben und im Quatrième Internationale Nr. 2 veröffentlicht. Sie wurden dafür kritisierst gegenüber der Nationalbewegung opportunistisch zu sein). Nach der Kriegsjahren, fing das Kräfteverhältnis an sich zugunsten der Arbeiter*innen zu verschieben. Der wachsende nationale Widerstand, geführt vom Kleinbürger*innentum, bot der Arbeiter*innenbewegung die Möglichkeit, den nationalen Befreiungskampf auf dem Weg zur sozialistischen Revolution anzuführen. Aus dieser Perspektive heraus präsentierten sie eine interessante Analyse der Nationalbewegung, die sich in den folgenden Jahren durch die Realität bestätigte.

Belgien, Holland und Norwegen, und noch mehr Frankreich, wegen seiner Nähe zur angelsächsischen Front, aufgrund seines wirtschaftlichen Verfalls, angesichts der englischen Trusts und Banken, aufgrund des sozialen Gewichts seiner Bourgeoisie und des imperialistischen Charakters seiner wirtschaftlichen Struktur, repräsentiert den reaktionären Flügel der Nationalbewegung, in dem die Möglichkeit des Siegs des Imperialismus sicher ist. Auf der anderen Seite repräsentieren die Tschechoslowakei, Polen und Serbien den linken Flügel: Die relative Schwäche der Bourgeoisie in diesen Ländern, die Dringlichkeit der Landfrage und die Nähe zur UdSSR sind einige Faktoren, die den revolutionären Charakter der Nationalbewegung betonen.

Im selben Jahr zeichnet van Heijenoort die Landung der US-Amerikaner*innen in Nordfrankreich nach, um die Vichy-Regierung abzusichern, diplomatische Beziehungen zu bewahren und um aus dem Nazi-Kollaborateur Admiral Darlan, Leiter der Streitkräfte der Vichy-Regierung, den Kommandanten Nordafrikas und den „Befreier“ Frankreichs zu machen. Diese Politik, die ihren Höhepunkt in der Zusammenarbeit zwischen „Demokrat*innen“ und „Faschist*innen“ zur Unterdrückung von Arbeitskämpfen und nationalen Befreiungsbewegungen in Italien und Griechenland fand, war eine Bestätigung der Vorhersagen von Trotzki über die Methoden des „demokratischen“ Imperialismus zur Unterdrückung der Massen in Europa.

Der revolutionäre Aufstieg von 1943

Mit dem Fall Mussolinis unter dem Druck der Partisan*innen sahen die Trotzkist*innen eine Möglichkeit für eine Veränderung im Kriegsverlauf, die die Möglichkeit für eine europäische Revolution eröffnete. Sie veröffentlichten das „Manifest für italienische Arbeiter*innen, Kleinbauern*bäuerinnen und Soldat*innen“. Die italienische Bourgeoisie, geschockt durch den Kampf der Arbeiter*innen von Turin, Mailand und Genua, ernannte Badoglio, ehemaliger Handlanger Mussolinis, zum Nachfolger, der das Kriegsrecht verhängte und Polizist*innen aussendete, um die Streikenden zu unterdrücken.

Die Vierte Internationale rief die italienischen Arbeiter*innen auf, die Tradition der 1920er-Jahre fortzuführen, mit Fabrikbesetzungen und Aktionskomitees, um die politisch Macht zu ergreifen. Die Kontinuität dieser Bewegung veranlasste die Amerikaner*innen, die in Sizilien gelandet waren, dazu, ein Jahr zu warten, bevor sie Rom einnahmen, während die Nazis und die Faschist*innen den Widerstand im Norden bombardierten. Der revolutionäre Prozess wurde auch beendet durch die Kapitulation der Kommunistischen Partei Italiens im Rom-Protokoll, die ihre Anhänger*innen dazu aufrief, ihre Waffen zu übergeben.

Die größte Furcht der Alliierten war, dass sich der revolutionäre Anstieg nach Deutschland ausweiten könnte, wo sich der Zerfall des Regimes beschleunigte. Deshalb veröffentlicht das provisorische europäische Sekretariat der Vierten Internationale im Dezember 1943 eine Erklärung „In Solidarität mit dem deutschen Proletariat“. In der Zwischenzeit bombardierten die Alliierten unablässig die mittleren deutschen Städte, töteten tausende Einwohner*innen und versuchten die Teilung der Massen in Europa zu vergrößern. Dagegen rief das trotzkistische Manifest die Arbeiter*inne aller Länder dazu auf materiell und moralisch ihre Solidarität mit ihren deutschen Klassengeschwistern auszudrücken und den Kampf zu verstärken, um das Hitler-Regime zu stürzen.

Die größte Erfahrung der Verbrüderung in dem Sinne wird die Arbeit der Trotzkist*innen der Internationalistischen Arbeiter*innenpartei (POI) in der französischen Stadt Brest sein. Unter der Führung des deutsch-jüdischen Exilanten Martin Monath veröffentlichten sie eine geheime Zeitung für deutsche Soldat*innen „Arbeiter und Soldat“. Davon gab es sechs Ausgaben, in den Jahren 1943 und 1944. Sie riefen die deutschen Soldat*innen dazu auf, ihre Waffen gegen den wahren Feind zu richten, dem deutschen Imperialismus, und sich dem Kampf gegen jene anzuschließen, die den Krieg zu verantworten haben, die imperialistischen Kräfte beider Seiten. Ihr Ziel war eine Zersetzung der Armeen der Alliierten und der Achsen-Mächte, für ein gemeinsames Ziel, die Macht der Arbeiter*innen-, Kleinbauern*bäuerinnen- und Soldat*innenräten.

Die Zeitung vereinte etwa 15 deutsche Soldat*innen. Jedoch konnte die Gestapo diese Zelle erfolgreich infiltrieren und die meisten französischen Revolutionär*innen wurden eingesperrt und in Konzentrationslager deportiert, wo viele von ihnen starben. Die deutschen Soldat*innen wurden erschossen.

Zwischen 1941, als ein großer Teil der Führung der amerikanischen SWP für ihren Kampf gegen den Krieg eingesperrt wurde und 1943-1944, als die meisten Inhaftierungen und Exekutionen europäischer Trotzkist*innen, wie auch ihre Genoss*innen in den Kolonien, unternahmen die imperialistischen Ländern große Anstrengungen um, mit Hilfe des Stalinismus, revolutionäre Prozesse abzuwürgen.

Bilanzpapier

Der 2003 verstorbene trotzkistische Forscher Al Richardson schrieb:

Das bewundernswerteste Beispiel, das für den Mut unserer Bewegung spricht, ist das berühmte Buchenwald-Manifest. Die unterschiedlichen internationalistischen Trotzkist*innen veröffentlichten ein internationalistisches Manifest in diesem Todeslager. Ebenso die berühmte Zeitung (…) „Arbeiter und Soldat“ (…) eine kleine Gruppe in Polen schaffte es sogar, während des Aufstands im Warschauer Ghetto eine Zeitung herauszubringen (…) und natürlich sind da unsere Genoss*innen, die mit großem Mut in den Händen der Nazis und Faschist*innen starben. Der griechische Trotzkist Poliopoulos beispielsweise rettet einigen jüdischen Gefangenen der Nazis das Leben. (…) Dann wurde er von italienischen Beamt*innen hingerichtet, nachdem die Soldat*innen sich weigerten, ihn zu erschießen.

Wie Daniel Bensaid erklärte:

La Vérité, das heimliche Organ der PCI, erschien im August 1940. Das Anliegen, den Chauvinismus unter den Arbeiter*innen zu bekämpfen konkretisierte sich in Frankreich 1943 mit der Publikation von Arbeiter und Soldat (…) Ab Anfang 1944 verurteilt La Vérité die Projekte zur „Vernichtung“ Deutschlands. (…) Für die trotzkistischen Organisationen markiert der Krieg einen Bruch mit der organisatorischen und generationellen Kontinuität. Die Pionier*innen und Gründer*innen sind größtenteils verschwunden, entweder unter dem Druck der Repression oder durch Nachlässigkeit und Demoralisierung. Zu den Opfern des Faschismus oder kolonialen Unterdrückung müssen wir die Opfer der stalinistischen Unterdrückung hinzurechnen, inklusive Trotzki persönlich, der 1940 in Mexiko von Attentäter*innen hingerichtet wurde.

Als ein Zeichen der Koexistenz mit den Westalliierten löste Stalin 1943 die Dritte Internationale endgültig auf. Während den Jahren 1943 und 1944, die mit dem wachsenden revolutionären Aufstieg in Italien, Frankreich und Griechenland, gab es die größte Vernichtung von Trotzkist*innen.

Vom strategischen, programmatischen und politischen Standpunkt her wurde das Banner des Trotzkismus von der Vierten Internationale hochgehalten. Seine Gründung war völlig gerechtfertigt, einerseits um die erste Welle des Patriotismus bekämpfen zu können und andererseits um sich auf einen erneuten Anstieg vorzubereiten. Aber die durch Krieg, Verfolgung und Arbeit im Geheimen erzwungene Zerteilung verhinderte, dass sich eine der Gruppen entwickeln konnte, bis der lang ersehnte Aufstieg endlich eintrat. Nur einige wichtige Führer*innen, wie Michel Pablo, Ernest Mandel, James Cannon, Joseph Hansen und Jean van Heijenoort überlebten. Die Vierte Internationale begann nach dem Krieg von Neuem. Aber ihre Kontinuität ist eine andere Geschichte.

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5 thoughts on “Trotzkistischer Widerstand im Zweiten Weltkrieg

  1. Ulrich Schmidt sagt:

    „Krieg …um die Neuaufteilung der Welt“
    Es ist schon erstaunlich, zu was für unsinnigen Schlussfolgerungen Menschen kommen, die Ereignisse weder historisch noch objektiv noch allseitig betrachten können. Das gehört aber zur Grundausbildung eines materialistischen Dialektikers. Und nicht das Setzen von Prämissen, an denen man dann die Geschichte beurteilt.

    1. Robert sagt:

      Also was war es dann?

  2. Claudius sagt:

    „ein Krieg zwischen imperialistischen Mächten um die Neuaufteilung der Welt“: diese gruselige Charakterisierung hat mit Trotzkismus nichts zu tun. Sie ist zwar richtig bezogen auf die Westaliierten (USA, GB, F) einerseits und die „Achse“ (D, I, Japan) andererseits, aber als Gesamtcharakterisierung ist sie falsch, weil sie den Hauptzweck von Hitlers Krieg verschweigt: das Unternehmen „Barbarossa“, die Zerstörung des ersten Arbeiterstaates der Welt, der Sowjetunion. Für Trotzki war die UdSSR trotz der bürokratisch-stalinistischen Degeneration eben keine imperialistische Macht und deshalb traten er und die 4. Internationale entschieden für ihre Verteidigung ein (die im Artikel nur in einem Nebensatz erwähnt wird). Und aus diesem Grund gibt es (nicht nur) für Trotzkist*innen am 9. Mai etwas zu feiern: den Sieg der Roten Armee über die Bourgeoisie von Auschwitz (leider nicht umfassend und leider nicht nachhaltig)

    1. Aimo Tügel sagt:

      Ich finde die Kritik richtig, dass der Artikel die zentrale Frage der Sowjetunion nicht behandelt.

      Vor allem für das deutsche Kapital und sein faschistisches Regime mit dessen antimarxistischen Wahn, war die Vernichtung des (wenn auch noch so extrem bürokratisch degerierten) Arbeiter*innen-Staats und die Eroberung Osteuropas als „klassisches deutsches Kolonialgebiet“ das wichtigste Kriegsziel.
      In dem allgemeinen Ziel, die Sowjetunion zu Zerschlagen und die Verstaatlichung der dortigen Wirtschaft zugunsten der jeweils eigenen Kapitalfraktion wieder rückgängig zu machen, waren sich ja auch alle kapitalistischen Mächte grundsätzlich einig – das faschistische Deutschland wie auch die „demokratischen“ USA.
      Und die Stalin-Bürokratie hatte anders als alle anderen zentralen Krieg führenden Regierungen auch keine echten Expansionsbestrebungen. Sie war bereit, mit allen imperialistischen Mächten zusammenzuarbeiten und tat das auch erst 1939-1941 mit Hitler und nach Beginn des faschistischen Vernichtungskrieges dann mit den Westalliierten. Die „Nomenklatura“, also die herrschende bürokratische Kaste, hatte ja eine Heidenangst vor dem Verlust ihrer Privilegien, die sie erst im Laufe der 1920er Jahre durch die Abschaffung der Rätemacht voll durchgesetzt hatte. Deswegen hat sie ja auch alle revolutionären Bewegungen verraten, und ihre ganze Politik vor, während und nach dem Krieg war auf die Verteidigung der politischen Verhältnisse innerhalb der UdSSR gerichtet. Deswegen ja ihre Politik der – so könnte man es letztlich nennen: – „Sozialpartnerschaft“ mit den verschiedenen kapitalistischen Mächten. Deswegen ja z.B. die nationalistische Unterordnung der französischen „Kommunistischen Partei“ (PCF) unter deGaulle.

      Trotzdem und deshalb ist doch die Charakterisierung des Zweiten Weltkriegs als „imperialistische Krieg zur Neuaufteilung der Welt“ richtig, oder? Die Bürokratie der Sowjetunion versuchte doch letztlich nur, sich im Rahmen dieses Krieges der kapitalistischen Großmächte zu erhalten, ohne eine revolutionäre Politik weltweit zu unterstützen, die – bei Erfolg – auf die Infragestellung ihrer Macht durch die sowjetische Arbeiter*innenklasse hinausgelaufen wäre. Dieses Interesse des Selbsterhalts als diktatorisch herrschende Kaste des Arbeiter*innenstaats fiel natürlich zusammen mit dem Interesse der Fortexistenz der postkapitalistischen Verhältnisse in der Sowjetunion – und damit existierte ein gemeinsames Interesse mit der gesamten Arbeiter*innenklasse, für welche die Existenz der Sowjetunion die Existenz einer Festung gegen die Kapitalmacht darstellte. Deswegen war es wichtig und richtig, die Sowjetunion eben in ihrem sozialistschen Inhalt mit aller Kraft zu verteidigen.
      Aber der Grundcharakter des Krieges blieb der eine Kampfes der Kapitalfraktionen untereinander um Investitionsmöglichkeiten bzw. Märkte.
      Wenn der Hauptzweck des deutschen Krieges die Zerschlagung der Sowjetunion aus ideologischen Gründen gewesen wäre, war dann die Eroberung großer Teile Nord- und Westeuropas u.a.m., sowie der Krieg gegen die Westalliierten nur eine nachrangige Sache, in die Deutschland reingeschlittert wäre?

      Stalins Handeln zeigt doch selbst sehr deutlich, dass er ebenfalls ganz klar wusste, dass es sich um einen globalen Kampf der Banken und Konzerne (mittels ihrer jeweiligen Staaten) um Einflusssphären und Ausbeutungsmöglichkeiten handelte. Und Stalin versuchte mittels Taktiererei (= durch das Ausnutzen der im Krieg auf die Spitze getriebenen Konkurrenzsituation der kapitalistischen Großmächte untereinander) sein Regime während dieses imperialistischen Kriegs um die Neuaufteilung der Welt zu erhalten.

      Oder nicht?

  3. Ulrich Schmidt sagt:

    Ehrliche Kommunistinnen und Kommunisten, wozu ich die Trotzkist(inn)en zähle, haben fast zwangsläufig eine Stalinphobie. Das ist verständlich. Das ist logisch. Ändert aber nichts daran, dass wir gezwungen sind, die Geschichte objektiv zu betrachten.
    Die Jahre vor dem 2. Weltkrieg waren vornehmlich durch eine agressive Annexionspolitik Hitlerdeutschlands und seiner Verbündeten Achsenmächte gekennzeichnet. Tuchatschewski erklärte 1936 als Erster öffentlich in der Sowjetunion, dass die Hauptgefahr für den Frieden vom deutschen Faschismus ausgehe.

    Als es 1938 um die Zerstörung der Tschechoslowakei ging, beteiligten sich zwar Frankreich und Großbritannien daran, aber lediglich das mit ihnen verbündete Polen war in territorialer Hinsicht Nutznießer des Münchner Abkommens. Die Neuaufteilung als Vorspiel des Weltkrieges war eine Neuaufteilung zu Gunsten des deutschen Faschismus‘. Die Sowjetunion setzte sich hier eindeutig für den Erhalt der Tschechoslowakei ein. Dass es hier auch Eigeninteressen der Sowjetunion gab, ist richtig, spielte aber am Ende keine Rolle.
    Das Jahr 1939 war gekennzeichnet von einer Verhandlungsdiplomatie, bei der Hitlerdeutschland versuchte, die günstigste Ausgangssituation für einen großen Krieg (letzten Endes gegen die Sowjetunion und für die Eroberung der dortigen Ressourcen) zu haben. Frankreich und Großbritannien versuchten die Faschisten weiter hinzuhalten und sie auf einen Krieg gen Osten zu orientieren. Die Sowjetunion dagegen versuchte, sich aus einem wie auch immer gearteten Krieg herauszuhalten. Das lässt sich alles an Hand der Dokumente der Zeit nachvollziehen.

    Zum Nichtangriffspakt kam es bekanntlich erst, als die Verhandlungen zw. Frankreich und Großbritannien einerseits und der Sowjetunion andererseits nichts ergaben. Das ist zwar oft in Frage gestellt worden, aber die Fakten sprechen nun mal eine klare Sprache.

    An diesem Punkt blieben der UdSSR lediglich 2 Möglichkeiten: allein dem deutschen Faschismus gegenüberstehen, der bereits Abkommen mit den Westmächten getroffen hatte. Es bestand die Gefahr einer Wiederholung der Interventionskriege. Die andere Möglichkeit bestand in einer temporären Absicherung, um Zeit für die Kriegsvorbereitung zu gewinnen. Eine ähnliche Situation wie 1918.

    Das eigentliche Problem ist nicht der Nichtangriffspakt mit Hitlerdeutschland. Es ist der Umgang damit, der seinerseits den Nichtangriffspakt in einem anderen Licht erscheinen lässt. Die Aufteilung Europas in Interessensphären war zwar nach bürgerlichen Maßstäben normal und ist es auch heute noch („die nationalen Sicherheitsinteressen der USA“), aber verbot sich von vornherein für ein sozialistisches Land. Noch mehr verbot sich ein Freundschaftsvertrag mit Faschisten!

    Was folgte nun darauf von September 1939 bis zum Beginn des Großen Vaterländischen Krieges: Die Besetzung von Gebieten, die lt. Stalins Doktrin von Russland abtrünnig geworden sind und wieder „eingegliedert“ wurden. Das hat natürlich nix mit internationalistischer Hilfe für das Proletariat zu tun und fällt nicht mal unter Export der Revolution, auch wenn es sich weitgehend um Gebiete handelte, die durch Polen oder Deutschland im Zuge des Interventionskrieges erobert wurden.
    Egal, die Gebiete, welche 1939 und 1940 in die Sowjetunion „zurück“-geholt wurden, sollten als Pufferzone bei einem Krieg mit Hitlerdeutschland herhalten.

    Das waren sie dann auch, wenn auch die politischen Folgen der Verträge mit dem faschistischen Deutschland verheerend waren. Ich will mich nicht in die Einzelheiten verlieren, nur soviel: Die „Freundschaft“ mit den Faschisten hielt sich in Grenzen, sie wurde nicht nur von vielen Intellektuellen und Künstlern bis hin zu den Militärs beargwöhnt, sie war selbst bei Stalin, der schließlich jedem misstraute, keine sichere Bank. Er war sich bewusst, dass es zum Krieg kommen würde und versuchte panisch alles zu vermeiden, was den verbündeten Feind provozieren könnte. Dies führte zu einem totalen Verkennen der Lage und – leider auch paradoxer Weise – zu einer völligen Selbstüberschätzung, was die eigenen Truppen betraf.

    Die Zeit 1939/41 ist also durch 3 Punkte gekennzeichnet:
    einen Eroberungskrieg der deutschen Faschisten und ihrer Verbündeten, der bereits in dieser Phase von massiven Verbrechen gegen die Menschlichkeit begleitet wurde sowie eine deutsche Bevölkerung, die sich fast ausnahmslos nicht dem faschistischen Diktat widersetzte sondern oft sogar dem nationalistischen Kriegstaumel verfiel und nebenbei die beginnende Vernichtung von Teilen der Bevölkerung im Prinzip hinnahm;
    eine verbrecherische Abwartungshaltung und letzten Endes die Kapitulation von halb Europa sowie ein beginnender organisierter Widerstand in den besetzten Ländern;
    einen Versuch der UdSSR, den drohenden Krieg mit Hitlerdeutschland abzuwenden oder zumindest hinauszuzögern, wobei Kompromisse geschlossen und Wege gegangen wurden, die eines sozialistischen Staates unwürdig sind und teils verbrecherisches Ausmaß annahmen. Annexionen und ein Paktieren mit Faschisten sind nicht zu entschuldigen. Politische und militärische Manöver zum
    Schutze des Sowjetstaates unter Ausnutzung oder auch Umgehung bürgerlicher Werte und Gesetze waren durchaus legitim. Nicht zu entschuldigen ist das zumindest teilweise Vertrauen auf den Nichtangriffspakt ohne eine ausreichende Kriegsvorbereitung bei gleichzeitigem Verrat am konsequenten Antifaschismus.

    Eine gänzlich neue Situation haben wir mit dem Überfall auf die Sowjetunion. Der Weltkrieg wird zu einem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Im Nazireich und den besetzten Gebieten werden die schlimmsten Menschheitsverbrechen begangen, deren größtes die Vernichtung aller europäischen Juden werden soll. Somit besteht die Rolle der Sowjetunion nun zunächst in der opferreichen Verteidigung der sozialistischen Heimat und ab Stalingrad und Kursk fast automatisch in der Zerschlagung des Faschismus‘ und der Wiederherstellung einer humanistischen Ordnung in ganz Europa. Fast ebenso automatisch werden alle, die gegen den Faschismus kämpfen zu Verbündeten der Sowjetunion.
    Eine Zusammenarbeit von Kommunisten mit Sozialdemokraten und allen humanistischen Kräften im Kampf gegen den Faschismus ist spätestens seit Beginn des Jahres 1933 eine historische Notwendigkeit. Die politisch-militärische Zusammenarbeit zum Kampf gegen den Faschismus schloß eine ideologische Abgrenzung ja nicht aus.
    Gewalt jeder Art gegen die Faschisten anzuwenden, insbesondere dort, wo sie als Besatzer auftraten, war ein Gebot der Stunde. Auf die Unterstützung des deutschen Proletariats zu hoffen, war zwar logisch, entsprach aber leider nicht den historischen Gegebenheiten. Gerade von deutschen Soldaten war zumindest bis Stalingrad keine Hilfe zu erwarten.

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