Todesfälle in Berliner Hochhäusern – Hausverwaltungen schuld

06.12.2017, Lesezeit 3 Min.
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Seit Monaten sind in Berliner Mietshäusern die Aufzüge defekt. Jetzt kam es zu zwei Todesfällen.

In Mietshäusern in Berlin brachen Menschen zusammen – und starben. Denn seit Monaten sind in den Hochhäusern die Aufzüge defekt, wie die Berliner Zeitung berichtet.

So hatte ein herzkranker 63-Jähriger seine Einkäufe in den neunten Stock eines Hochhauses in Berlin Neukölln tragen müssen – und brach dort tot zusammen. Ein ähnlicher Fall ereignete sich vor einigen Tagen in Berlin Spandau. Kein Einzelfall – immer wieder wird über defekte Aufzüge berichtet, was vor allem Senior*innen trifft.

Die 84-jährige Nachbarin Irmgard Wichmann sagte der Berliner Zeitung: „Ich habe seit vier Monaten meine Wohnung nicht mehr verlassen, ich sitze nur noch zu Hause und sehe fern.“ Sie sei vorsichtig und wolle das Unglück nicht herausfordern – nicht mehr raus an die frische Luft zu kommen, sei schlimm.

Im Juli schlug der Blitz im Hochhaus ein, seitdem ist der Aufzug defekt – auch in den Nachbarhäusern. Die Hausverwaltung habe zwar Reparaturen versprochen, aber eilig scheint sie es nicht zu haben. Ömer Ögens berichtet, er habe sich wiederholt beim Vermieter über die Zustände beschwert, aber dort reagiere man nur schnell, wenn die Miete mal nicht pünktlich gezahlt werde.

Nach Initiative des Spandauer Mietervereins sollen die Aufzüge bis Anfang Januar wieder funktionierten und eine Mietminderung werde eingeräumt. Doch es stellt sich die Frage, warum erst Menschen sterben mussten, bis die Hausverwaltung handelt. Laut Verein müsse die Miete je nach Geschosshöhe „zwischen zehn und 50 Prozent“ reduziert werden, in Einzelfällen sogar noch mehr.

Leider ist dieses Verhalten keine Überraschung auf dem Wohnungsmarkt. Nicht nur in Berlin wird versucht, Mieter*innen jeden Cent aus der Tasche zu ziehen. Oder sie zu verdrängen, um den Weg für Luxussanierungen frei zu machen. Seit 2015 sind die Mieten in Berlin um mehr als zehn Prozent gestiegen. So können Immobilienunternehmen fette Gewinne einfahren, während die Menschen auf der Strecke bleiben.

Noch immer ist der Grenfell Tower in London nicht vergessen, wo eine höchst brennbare, möglichst günstige, aber hübsche Verkleidung für die Fassade gewählt wurde, damit es ein schönes Bild in der Nachbarschaft gibt. 71 Menschen starben.

Vermieter*innen dürfen sich nicht erst scheinheilig kümmern, wenn es zu spät ist. Marode Bausubstanz, Schimmel, alte Astbest-Öfen und defekte Aufzüge müssen sofort ausgetauscht werden. Da die Immobilienkonzerne dieser Aufgabe offenbar nicht nachkommen wollen und können, sollte zum Schutz des Lebens und der Würde der Bewohner*innen vor allem eines auf der Tagesordnung des Berliner Senats stehen: die entschädigungslose Verstaatlichung vernachlässigter Gebäude zur sozialen Nutzung.

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