#SupportYoungFathers: Die Zensur gegen BDS ist Teil des Rechtsrucks

16.06.2018, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Das Ruhrtriennale-Festival sagte den Auftritt der schottischen Band „Young Fathers“ ab, weil diese sich von der palästinensisch geführten BDS-Kampagne nicht distanzieren wollen. Für uns als Linke sollte das ein Wendepunkt sein.

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Kohlepott. Industriearbeit. Bergbau – die optimale Kulisse für ein bürgerlich-liberales Festival mit radikaler, linker Außenfassade. Aber nicht nur das Setting, auch die auftretenden Künstler*innen sollen Events wie der Ruhrtriennale dazu dienen, sich und den deutschen Staat in einem weltoffenes, progressives Licht zu rücken. Neben syrischen Theatermacher*innen, libanesischen Künstler*innen oder indischen Aktivist*innen buchte das Festival auch das schottische Hip-Hop-Trio Young Fathers, eine linke, proletarische Band im wahrsten Sinne des Wortes. Damit wollte das Festival „einen wichtigen Akzent im Programm“ setzen.

Schnell stellte sich dann aber heraus, dass die Ruhrtriennale ihre politischen Künstler*innen lieber ohne deren Politik hat. Ein Zusammenschluss aus rechten Zionist*innen und dem pseudo-linken Blog „Ruhrbarone“ bettelte das Festival – als auch lokale CDU-Politiker*innen – an, die Band aufgrund ihrer Solidarität mit dem palästinensischen Kampf und der palästinensisch geführten BDS-Kampagne auszuladen. Auslöser war die Weigerung der Band, letztes Jahr auf dem von der israelischen Regierung mitfinanzierten „Pop-Kultur“-Festival in Berlin aufzutreten. Diese bislang erfolgreichste Aktion der BDS-Kampagne in Deutschland hat bei den Zionist*innen hierzulande offenbar blaue Flecken hinterlassen.

Die Ruhrtriennale beugte sich dem Druck – gerne und ohne zu zögern, so wie es in Deutschland zu erwarten ist. Schnell veröffentlichte das Festival die unverschämte Forderung, „Young Fathers“ sollten sich ausdrücklich von BDS distanzieren. Als Young Fathers dem Festival wortwörtlich den Finger zeigten, wurde ihr Auftritt abgesagt. Das Festival gab sogar zu, die Band sei nicht antisemitisch, schmeißt sie trotzdem raus. Das zeigt, dass es alleine um ihre Solidarität mit Palästina ging. Eine globale Solidaritätskampagne mit der Band folgte, gekennzeichnet durch den Hashtag #SupportYoungFathers.

Dieser Rausschmiss geht uns als Linke alle an, auch wenn uns als Marxist*innen bürgerliche Festivals eher wenig interessieren. Denn damit ist eine Grenze überschritten, die tief blicken lässt, wie es um die Lage in diesem Land steht. Wir haben es hier mit einer Erscheinungsform des Rechtsrucks zu tun. Es ist eine Konsequenz der jüngsten Resolutionen in verschiedenen Bundesländern und auf der Bundesebene, die unsere Demonstrations- und Versammlungsrechte stark einschränken.

Antipalästinensische Positionen – wie Israel-Fahnen auf AfD-Demos – sind Teil der neuen deutschen Nationalidentität. Unter dem Schirm des Zionismus können Mitglieder der Linkspartei und der AfD einen gemeinsamen Arbeitskreis gründen. Mit Hilfe des Zionismus kann man Muslim*innen zum Sündenbock machen und gleichzeitig als Antirassist*in gelten. Mit Hilfe des Zionismus kann man die dreckigsten rechten Positionen weißwaschen.

Als Linke und Marxist*innen haben wir die Pflicht, uns diesem Rechtsruck entgegenzustellen. Polizeigewalt beim G20-Gipfel, das neue bayerische Polizeigesetz, Razzias in kurdischen Zentren oder den Rausschmiss einer linken Band wegen ihrer Unterstützung für die Rechte der Palästinenser*innen – alles gehört zum Rechtsruck. Dabei bietet BDS den Rechten einen bequemen Erstschlag, da es von den meisten deutschen Linken ignoriert oder sogar angefeindet wird – obwohl BDS von vielen Linken weltweit unterstützt wird.

Wir haben nicht das Privileg, so einen Vorgang schweigend hinzunehmen. Jetzt ist der Zeitpunkt, BDS stolz und laut in unsere Strukturen, Netzwerke, Gewerkschaften und Gruppen zu tragen. Zu proklamieren, dass die Solidarität mit dem palästinensischen Kampf eine linke, internationalistische Sache ist, mit der BDS-Kampagne als einer ihrer Vorreiter. Auch wenn für manche von uns BDS eine bürgerliche Kampagne sein mag, ist die Verteidigung des Rechts darauf eine revolutionäre Pflicht.

* Wir als Redaktion von Klasse Gegen Klasse sind der Meinung, dass die Befreiung der Palästinenser*innen nur durch den revolutionären Sturz des zionistischen Staates erreicht werden kann. Aus diesem Grund haben wir eine kritische Haltung zur BDS-Kampagne, die einen bürgerlich-demokratischen Charakter hat. Dennoch unterstützen wir die BDS-Kampagne gegen jeden Angriff auf die Meinungsfreiheit. Und stolz veröffentlichen wir auch diesen Gastbeitrag von den Aktivisten Karym el-Hurriya und Dror Dayan.

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