Streikdemo rumänischer Erntehelfer*innen in Bornheim gegen Lohnraub
Fast 200 Menschen, darunter Arbeiter*innen und Unterstützer*innen, demonstrierten am Montag in Bornheim gegen den Lohnraub der Insolvenzverwaltung beim Spargelhof Ritter. Trotz Protest sollen die rumänischen Erntehelfer*innen mit 600 bis 700 Euro abgespeist werden.

Foto: FAU Bonn
Am vergangenen Freitag traten 150 Saisonarbeiter*innen des Spargelhofs Ritter in Bornheim in einen wilden Streik. Der Grund: Sie sollten für ihre geleistete Arbeit im April mit 50 bis 300 Euro abgespeist werden. Außerdem protestierten sie gegen die Lebensbedingungen in dem schäbigen Containerdorf, in dem sie zusammengepfercht und ohne ausreichende Hygienemaßnahmen leben müssen.
Bilder vom Containerdorf sinnvoll indem die Arbeiter*innen untergebracht sind. pic.twitter.com/ykMJQbT9oI
— FAU Bonn (@FAUBonn) May 17, 2020
Nachdem sie Wochenlang nicht mit Corona Schutzmasken versorgt wurden, kriegen die Arbeiter*innen beim betreten des Büros jetzt Masken ausgehändigt. Der Mensch der die Auszahlung abwickelt hat wohl Sorge um seine Gesundheit.#Bornheim #StreikBornheim
— FAU Bonn (@FAUBonn) May 18, 2020
Am Montag organisierte die FAU Bonn gemeinsam mit den Arbeiter*innen eine Kundgebung, um die Auszahlung des Lohns zu fordern: „Zwischen Friedhof, Blumenladen und dem schäbigen Containerdorf des Spargelhofs Ritter haben sich am Montag fast 200 Menschen zu einer Kundgebung der Gewerkschaft FAU (Freie Arbeiter*innen-Union) versammelt. Gut die Hälfte von ihnen sind rumänische Feldarbeiter, die in den Containern leben. Immer wieder fordern sie auf Rumänisch lautstark ihren Lohn ein.“
checkt: #Bornheim @FAUBonn unterstützt Streikenden auf den Spargelfeldern. Die Bosse versuchen die Arbeiter_innen um Lohn zu prellen! Sie werden bedroht, gewerkschaftliche Arbeit verhindert u.a. von angeheuerten Security! #solidarity #now #Covid_19 #work #struggle #precarity pic.twitter.com/aYNQrh1e3P
— CoView (@coview19) May 18, 2020
Der Lohnraub ist eklatant, wie die Arbeiter*innen selbst berichten:
ArbeiterInnen berichten aufgebracht, dass sie um Lohn betrogen wurden. Für 2 Wochen haben sie nur ~350€ bekommen, deutlich weniger als was sie laut Vertrag für die Arbeit bekommen sollten. Ihnen wurde gesagt, dass nicht mehr geleistete Stunden im System vermerkt wären. #Bornheim
— FAU Bonn (@FAUBonn) May 18, 2020
Eine Arbeiterin berichtet, das sie für 2 Wochen schufterei nur 50 Euro bekam. Es ist unerträglich das sich solche mittelalterlichen Zustände unter unseren Augen abspielen.#Bornheim #Lohnraubbornheim #schultebeckhausenpayyourworkers
— FAU Bonn (@FAUBonn) May 18, 2020
Der Spargelhof Ritter ist bereits seit Februar insolvent, der Lohnkonflikt wird also mit dem Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen ausgetragen. Dieser geht mithilfe einer extra angeheuerten Sicherheitsfirma offenbar äußerst rabiat mit den Arbeiter*innen um:
100 bis 200 Arbeiter*innen werden gerade auf einem Feld in Wesseling festgehalten. Sie wollen an der Demo Teilnehmen, werden aber nicht zurück gebracht. Sie wissen nicht wo sie sind.#Bornheim #StreikBornheim #Mittelalter #SchulteBeckhausenMafia
— FAU Bonn (@FAUBonn) May 18, 2020
Die Security treibt die Arbeiter auf dem Feld in Wesseling jetzt in die Busse und will sie wegfahren. Wenn jemand eine Ahnung hat wo dieses Feld sein könnte: sofort dahin.#Bornheim #StreikBornheim #LohnraubBornheim
— FAU Bonn (@FAUBonn) May 18, 2020
neues deutschland berichtete: „Gegen 15 Uhr spitzt sich die Situation zu. Plötzlich heißt es, die Auszahlung der ausstehenden Löhne solle auf dem Hof stattfinden. Etwa 100 Personen laufen daraufhin vom Containerdorf zum Hof. Dort erwartet sie eine Polizeikette, auch zwei Sicherheitsmänner sind da.“
Mithilfe der Sicherheitsfirma und der Polizei versuchte der Insolvenzverwalter über Stunden, die Gewerkschafter*innen und die Anwält*innen der Arbeiter*innen von der Lohnauszahlung fernzuhalten.
15:13 Ein Mann mit Securityweste, der schon Stunden zuvor mit seinem Auto auf dem Verwaltungsgebäude unterwegs war, ist gerade gegen einen Gewerkschafter vorgegangen: „Runter von meinem Grundstück“, rief er ihm zu. Die Polizei isolierte den Mann im Anschluss. #Bornheim pic.twitter.com/P4IJFVvo8c
— Dennis Pesch (@d_pesch) May 18, 2020
15:17 Der Mann, der gerade einen Gewerkschafter angegangen hat, ist offensichtlich für die Lohnauszahlung zuständig. Er fragt die Feldarbeiter*innen: „Wie willst du heute Lohn bekommen?“ und will sie zurück zur Unterkunft schicken. Die Arbeiter*innen sind wütend. #Bornheim pic.twitter.com/9VGAQHr1Xy
— Dennis Pesch (@d_pesch) May 18, 2020
15:26 Der Anwalt versucht zu erwirken, dass die Leute ihre Löhne bekommen. Was der Mann, der für die Lohnauszahlung verantwortlich ist, dann sagt und wie er reagiert: Macht euch selbst ein Bild davon. #Bornheim pic.twitter.com/CBTfeS1pH7
— Dennis Pesch (@d_pesch) May 18, 2020
Am späten Nachmittag konnte dann die Lohnauszahlung beginnen. Jedoch sollen die Arbeiter*innen trotz ihres Protests mit 600 bis 700 Euro abgespeist werden.
Laut Dolmetscherin ist das Angebot der Insolvenzverwalter, dass die arbeiter*innen zwischen 600 und 700 Euro bekommen, eine Quittung und unterschreiben sollen, dass die Ansprüche abgegolten seien. Letzteres wollen @FAUBonn und Anwalt nicht. Sie erwägen Rechtsmittel. #Bornheim
— Dennis Pesch (@d_pesch) May 18, 2020
Die Arbeiter*innen sollen nur etwa 600 Euro ausgezahlt bekommen. Sie sind sehr unzufrieden.#Bornheim #StreikBornheim
— FAU Bonn (@FAUBonn) May 18, 2020
Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Artikels war die Lohnauszahlung noch nicht abgeschlossen; auch ist nicht klar, wie viele der Arbeiter*innen die Auszahlung akzeptieren oder ob zukünfitg noch weitere Ansprüche gegen den Betrieb oder die Insolvenzverwaltung geltend gemacht werden können. Klar ist nur: Hunderte Arbeiter*innen schufteten unter prekärsten Bedingungen und sollten mit ein paar Brotkrumen abgespeist werden. Erst ihr kollektiver Protest und ihr wilder Streik ermöglichte – gemeinsam mit der Solidarität der Unterstützer*innen –, zumindest einen Teil ihres Lohns zu erhalten.
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