Solidarität mit Gülaferit Ünsal!

01.06.2018, Lesezeit 4 Min.
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Seit mehreren Wochen demonstrieren Unterstützer*innen in Solidarität mit Gülaferit Ünsal. Gülaferit wurde 2011 von Griechenland an die BRD ausgeliefert und 2012 auf Grundlage des Paragraphen 129b StGB (Unterstützung einer ausländischen, terroristischen Vereinigung) zu sechs Jahren Haft verurteilt. Doch auch nach ihrer offiziellen Freilassung im Januar dieses Jahres geht die Repression gegen sie weiter.

Gülaferit Ünsal wohnte ursprünglich in Istanbul und hat dort als Stadtplanerin gearbeitet. Sie war dort Aktivistin in der linken DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front), die vom deutschen Verfassungsschutz als terroristisch eingestuft wird. Deshalb wurde Gülaferit 2011 aufgrund eines deutschen Haftbefehls aus dem griechischen Exil nach Deutschland ausgeliefert. Im Jahr 2012 wurde sie in Berlin zu einer Haftstrafe sechs Jahren und acht Monaten verurteilt. Der offizielle Vorwurf war die „Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation“, was nach §129b StGB in Deutschland unter Strafe steht.

Die Beweise, auf die sich das Kammergericht damals gestützt hat, stammen von türkischen Behörden. Schon damals kritisierten Menschenrechtsorganisationen, dass sie in türkischen Gefängnissen Folter ausgesetzt war, um Informationen von ihr zu erlangen. Informationen, die nach deutschem Recht gar nicht in einem Prozess verwendet werden dürften. Darüber hinaus konnte ihr eine Beteiligung an Anschlägen nicht nachgewiesen werden, sondern lediglich das Sammeln von Spenden und Organisieren von Schulungen für die DHKP-C. Die Verurteilung beruhte damals damit nicht auf der Grundlage von Fakten, sondern war bloße Gesinnungsjustiz im Interesse des türkischen Staates. Nach ihrer Freilassung berichtete Gülaferit auch von rassistischen und sexistischen Vorfällen ihr gegenüber im Gefängnis von Wärter*innen und Mitgefangenen. Im Jahr 2015 trat sie bereits in einen erfolgreichen 55-tägigen Hungerstreik im Knast, mit dem sie grundlegendste Rechte erkämpfen musste.

Fortsetzung der Gesinnungsjustiz

Doch die Gesinnungsjustiz findet nun vor deutschen Behörden ihre Fortsetzung. Obwohl Gülaferit nun frei ist, hat die Berliner Ausländerbehörde sofort versucht, sie in ein Lager abzuschieben. Offizieller Vorwand: „anhaltende Terrorgefahr“. Ihr wurden besondere Bewährungsauflagen gemacht, unter anderem das Kontaktverbot mit der DHKP-C in der Türkei. Vielmehr verweigern die Behörden sogar die Bearbeitung ihres Asylgesuchs. Darüber hinaus wurde ihre Krankenversicherung aufgehoben und ihre medizinische Behandlung verweigert. Sie hat auch vier Monate nach ihrer Entlassung weder offizielle Ausweisdokumente ausgehändigt noch einen Aufenthaltstitel zugesprochen bekommen.

„Das geschlossene Gefängnis wurde durch eine offenes ausgetauscht“, schreiben ihre Unterstützer*innen in einem Blogeintrag.

Der Fall symbolisiert noch einmal besonders den skandalösen Umgang mit geflüchteten Menschen in Deutschland und Europa. Denn soziale Leistungen, Wohnraum und überhaupt die Bearbeitung eines Asylantrags sind grundlegendste demokratische Rechte, die hier verwehrt werden. Darüber hinaus ist der ganze Prozess ein Beispiel dafür, dass sich die deutsche Justiz als williger Helfer von Erdogan präsentiert und auch hier in Deutschland Repressionen gegen türkische Linke und kurdische Aktivist*innen und Organisation weiter vorantreibt.

Auf der anderen Seite versucht die Bundesregierung gerade die sogenannte BAMF-Affäre dazu zu nutzen, um noch härter gegen geflüchtete Menschen ihnen. Dabei ist der Skandal nicht etwa, dass Asylanträge von 1200 Menschen positiv beschieden wurden, sondern die Abschiebungen und Repression gegen Zehntausende weitere Menschen, zu denen auch Gülaferit Ünsal zählt. Die besondere politische Motivation deutscher Behörden gegen Gülaferit vorzugehen, ist dabei die Spitze einer rassistischen Asylrechtgesetzgebung und Behördenpraxis.

Auch am Donnerstag demonstrierten wieder Menschen für Gülaferit Ünsal und die Bearbeitung ihres Asylantrags. Weitere Kundgebungen sind angekündigt. Wir unterstützen dabei ausdrücklich die Forderungen von Gülaferit und ihren Unterstützer*innen, die sie auf auch ihrem Blog veröffentlicht haben.

Meine Forderungen:

– Ich fordere Asylrecht,
– ich fordere Aufenthaltsrecht,
– ich fordere soziale Hilfe,
– ich fordere Wohnrecht,
– ich fordere, mit meinen Gedanken leben zu können,
– ich fordere das Recht auf ein menschenwürdiges Leben,
– ich fordere die Beendigung der politischen Repression und der Isolation.

Dort finden sich auch aktuelle Informationen und Ankündigung zum Fall von Gülaferit.

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