Regierung stellt Neukölln unter Generalverdacht

31.12.2023, Lesezeit 5 Min.
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Foto: Baki

Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) startet mit einer explosiven Dosis rassistischer Hetze in das neue Jahr. Besonders trifft es Migrant:innen und die Jugend.

Begründet durch die Silvesternacht vom Vorjahr, sieht Faeser sich gezwungen die Straßen Berlins mit Polizeihundertschaften zu fluten. Die Polizei müsse sich angeblich schützen können vor der blinden und sinnlosen Gewalt auf den Straßen Berlins. Faeser verortet diese besonders in Neukölln und stellt somit einen ganzen Bezirk unter Generalverdacht. Ihre Aussagen trotzen vor Rassismus. In Neukölln lebt nicht nur Berlins größte migrantische Community, es ist auch der Ort, wo besonders häufig Palästinasolidarität auf die Straßen getragen wird. Schon nach dem 7. Oktober mussten die Menschen dort mit einem erhöhten Polizeiaufkommen und somit auch mit mehr Polizeigewalt leben. Nun wurde die für den 31. Dezember geplante Abend-Demonstration gegen den Völkermord in Gaza verboten. Ein Verbot, das sich in etliche andere allein in diesem Jahr einreiht.

Faesers Narrativ ist jedoch nicht nur rassistisch, denn es unterstellt allen Migranten:innen Brutalität, es stuft den Protest auf der Straße außerdem als „sinnlos“ und „blind“ herab. Wie wir am Demoverbot sehen können, geht es der Ministerin jedoch nicht darum, den Menschen einen organisierten und kanalisierten Ausdruck für ihre Wut zu geben. Ihre Politik dient dazu, die Militarisierung nach innen, also die Aufrüstung und Finanzierung der Polizei, zu rechtfertigen, damit diese die Unterdrückten Berlins noch härter drangsalieren kann und deren Angst, sich zur Wehr zu setzen, geschürt wird. Einen Anstieg an Polizeigewalt erleben wir nicht nur auf Demonstrationen: Besonders die neue Kottiwache sorgt für rassistische Repression. Dazu kommen die allgemeinen Teuerungen und die Kürzungen im Haushalt, die es braucht, damit mehr Geld in die Aufrüstung und Militarisierung nach innen fließen kann, um die Macht des Staates so zu sichern.

Und auch der Genozid in Gaza begleitet die Weltgeschichte auch noch im nächsten Jahr. Mit ihrem bedingungslosen Bekenntnis zu Israel, das sich gut und gerne in horrenden Rüstungsexporten äußert, kommt für die Bundesregierung auch kein Ende des Krieges infrage. Solidarität mit Palästina sowie die palästinensische Community in Berlin wird besonders hart angegriffen. Parolen, Demos und Organisationen werden verboten, viele Menschen kämpfen mit Jobverlust und Angst vor Abschiebung. Diejenigen, die sich gegen das Morden laut machen, werden angegriffen oder als Antisemiten beschimpft.

Die BVG: Berliner Rassismusgesellschaft

Die Damen und Herren Bundesminister:innen sind nicht allein in ihrem hetzerischen Chor. Auch die Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) setzt eine rassistische Politik durch. Im Berliner Fenster, dem Fahrgast-TV in den hiesigen U-Bahnen, wurde am 30. Dezember ein BZ-Artikel gezeigt, der die geplante Demo durch Neukölln als „Juden-Hass-Demo“ diffamiert. Der in Berlin lebenden palästinensischen Community, die größte in Europa, ist es also nicht einmal gestattet, U-Bahn zu fahren, ohne rassistisch angegangen zu werden.

Die BVG hat eine intensive Geschichte von rassistischer Gewalt: Migrantische Fahrgäste werden eher kontrolliert und etliche dieser Kontrollen enden in Handgreiflichkeiten bis hin zu gebrochenen Körperteilen sowie psychischen Folgen für Betroffene. Auch die Silvesterhetzerei will sich der Betrieb nicht entgehen lassen und stellt einige Busfahrten durch Neukölln ein. Die dort lebenden Berliner:innen leiden also zusätzlich unter dem rassistischen Generalverdacht, indem ihnen ihre Mobilität verwehrt wird.

Ein Ausweg aus dem Kriegsjahr 2023

Die Verbote, die polizeilichen und staatlichen Repressionen dessen Vorbereitung auf Hochtouren laufen, sowie die anhaltenden Bekenntnisse der BRD zu Israel, zeigen uns, dass es Faeser und der Bundesregierung nicht um ein Ende der Gewalt, sondern um eine Unterdrückung des Widerstandes gegen diese geht. Ganz im Gegenteil soll diese staatliche Gewalt gestärkt werden, denn weltweit werden die Stimmen gegen den Genozid lauter und auch hier in Deutschland spüren viele seine Folgen und wollen sie nicht mehr hinnehmen.

Die bürgerliche Politik lässt uns für den Krieg bezahlen, getarnt durch massive Kürzungen im Bundeshaushalt bei Gesundheit, Bildung, Klima und Sozialem; ein verschärftes Migrationsgesetz; und auch die Gewerkschaftsführungen sind nicht imstande dem Elend ein Ende zu bereiten, sie lassen ihre Mitglieder nicht einmal gegen den Reallohnverlust kämpfen. Es scheint, als stünden alle hinter dem deutschen Imperialismus, der auch im kommenden Jahr an Kriegen und Menschenleben zehren will.

Dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen. Keine bürgerliche Partei steht an der Seite der Arbeiter:innen, der Unterdrückten und der Jugend. Nicht der kapitalistische Staat und alle seine Vertreter:innen, sondern wir selber müssen um unsere Befreiung kämpfen. Dafür müssen wir uns ein Vorbild nehmen an den Menschen in Neukölln und überall, die trotz der Hetze zusammenkommen, um ihre Solidarität mit Palästina kundzutun. Dafür müssen wir uns ein Vorbild nehmen an der Jugend, die an den Universitäten Komitees errichtet, um selbstorganisiert und demokratisch gegen die Angriffe auf Studierende, Lehre und Bildung zu kämpfen. Zu guter Letzt müssen wir uns ein Vorbild nehmen an Arbeiter:innen wie zum Beispiel in Belgien, die sich weigern, Waffen nach Israel zu liefern und die dem Krieg so tatsächlich ein Ende setzen können.

Lasst uns diese Kämpfe im neuen Jahr die Universitäten, Betriebe und Gewerkschaften tragen, an denen wir sind, und dort für die Befreiung Palästinas und ein Ende der rassistischen Gewalt zu kämpfen!

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