Perspektiven des Schulstreiks

26.12.2013, Lesezeit 4 Min.
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// Leitartikel aus Red Brain Nr. 25 //

Die Schulstreiks der vergangenen Monate in Solidarität mit dem Streik der angestellten LehrerInnen zeigen mit all ihren Schwächen die Möglichkeiten einer Bildungsbewegung, die von unten aufgebaut ist. Außerdem beweist es die Möglichkeit der Solidarität von SchülerInnen und LehrerInnen – etwas, was uns der LandesschülerInnenausschuss (LSA, oberstes Gremium aller GSV’en), die bürgerlichen Medien und der Senat für unmöglich verkaufen wollen.

In diesem Rahmen, nach dem Abklingen einer kräftigen Bildungsbewegung 2009/2010 und mit wenigen linker Kräfte an den Schulen, sind die Erfolge, die wir mit der Mobilisierung von 200 SchülerInnen gesehen haben, zu bewerten. Dabei haben viele SchülerInnen das erste Mal an einen Schulstreik teilgenommen, neue SchülerInnen haben aktiv an ihrer Schule dafür geworben und auch RedBrain war erstmals mit anderen Gruppen und Aktiven an der Spitze der Organisierung eines Schulstreiks.

Gerade deshalb ist es wichtig, die Möglichkeiten und Perspektiven für das nächstes Jahr und kommende Aktionen zu verstehen.

Die praktizierte Solidarität zwischen LehrerInnen und SchülerInnen ist eine Errungenschaft, die wir beibehalten und ausweiten müssen. Die GEW muss den SchülerInnen aktive Unterstützung zu kommen lassen, über die bisherige finanzielle hinaus. Dazu brauch es natürlich auch LehrerInnen innerhalb der GEW, die darauf beharren. Auch deshalb müssen wir weiterhin alles dafür tun, um den Kampf der LehrerInnen zum Sieg zu führen. Wir müssen weiterhin auf die Straße gehen, unsere MitschülerInnen informieren und andere öffentlichkeitswirksame Aktionen machen.

Doch auch wenn der Kampf für gleiche Bezahlung auch ein Kampf für ein besseres Bildungssystem ist, den wir SchülerInnen führen, müssen wir klar den strategischen Unterschied klar machen.

Wir kritisieren nicht nur diesen oder jenen schlechten Aspekt am Bildungssystem, die großen Klassen, die Arbeitsbelastung der LehrerInnen oder die Mehrgliedrigkeit des Schulsystems an sich, sondern das Bildungssystem im Dienste und Interesse des kapitalistischen Marktes. Die alltäglichen Probleme und Missstände von SchülerInnen wie von LehrerInnen verstehen wir als Ausdrücke des grundlegenden Problems, dass eine besitzende Minderheit über die Geschicke und Lebensbedingungen der Mehrheit entscheidet.

Auch wenn wir für bestimmte Reformen kämpfen, genauso wie wir zutiefst davon überzeugt sind, dass den angestellten LehrerInnen die gleiche Bezahlung wie ihren verbeamteten KollegInnen zusteht, wissen wir, dass diese letzten Endes nicht mit dem Kapitalismus vereinbar sind. So ist die Forderung nach „freier Bildung“, innerhalb der bestehenden Verhältnisse illusorisch oder bestenfalls für eine kleine Minderheit, die es sich leisten kann, möglich. Wir dagegen wollen, dass alle die Möglichkeiten bekommen, lernen was ihnen vorschwebt, unter den Bedingungen, die sie wählen.

Was wir brauchen ist gerade eine Bildungsbewegung, die den Klassencharakter des Bildungssystems in Frage stellt und zur gleichen Zeit für die aktuellen Probleme der SchülerInnen kämpft. Um wirklich wirksam zu sein und die eigenen Forderungen offensiv zu präsentieren müssen wir uns ausweiten und uns verbreiten.

Doch wie wir in den letzten Bildungsbewegungen gesehen haben, reicht dies alleine noch nicht aus. Nötig ist eine Strategie, die auf die Selbstorganisierung der SchülerInnen, verbunden mit einer Perspektive der Verbindung mit den ArbeiterInnen, zielt. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass so etwas möglich ist.

Deshalb wollen wir die jetzigen Streiks von SchülerInnen und LehrerInnen nutzen, um Stellungen aufzubauen, aus denen eine breite neue Bildungsbewegung entstehen kann.

Auch wenn der Streik der LehrerInnen ausgesetzt wurde wollen wir weiter in dieser Perspektive gehen. So waren wir auf den vielen Demonstrationen der Refugees anwesend und haben mit vielen solidarischen AktivistInnen die Räumung der grünen Bezirksregierung verhindert. Jetzt droht am 18.​01. die Räumung des Oranienplatzes, wo die Refugees schon seit langer Zeit leben, durch den Innensenator Henkel. Wir lassen uns das nicht gefallen und wollen mit vielen anderen SchülerInnen einen großen solidarischen SchülerInnenstreik am 17.​01. organisieren, wie es die SchülerInnen in Hamburg vorgemacht haben, wo 5.​000 für die Lampedusa-​Geflüchteten die Klassenräume verlassen haben!

Dazu laden wir Euch zu unseren offenen Treffen ein, wo wir über Aktionen, Kampagnen und Artikel diskutieren, helfen Euch aber auch beim Aufbau eigener linker selbstverwalteter SchülerInnenprojekte, die in einer solchen Perspektive an den Schulen aktiv sind.

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