Neuwahlen in Berlin: Wir müssen für unsere Zukunft kämpfen!

09.01.2023, Lesezeit 8 Min.
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Foto: Ayrin Giorgia

Vom 10. bis 12. Januar finden die Wahlen zum Studierendenparlament an der Freien Universität statt. Gleichzeitig ist erneut Wahlkampf in Berlin. Als Studierende kämpfen wir für studentische Selbstorganisation und für eine Kraft unabhängig von den etablierten Parteien.

Mal wieder ist Wahlkampf in der Hauptstadt: Plakate mit schlechtem Layout und leeren Versprechen oder rassistischen Drohungen schmücken die Straßen. Die Regierungsparteien klopfen sich selbst für ihre Leistung auf die Schulter, die Opposition kritisiert von rechts. Keine der Parteien bietet Lösungen für die Probleme von uns Studierenden! Wir müssen uns organisieren und gemeinsam mit den Beschäftigten den Kampf für unsere Zukunft in unsere Hände nehmen!

Während gerade eine der stärksten rassistischen Hetzkampagnen der letzten Jahre läuft, macht die CDU Wahlplakate, die Haftbefehle für “Kriminelle” fordern. Sie meinen damit vermeintlich kriminelle migrantische Menschen, wie sie es im Jahr 2020 mit einer Aktion gegen Lamborghini fahrende “Clankriminelle” am Hermannplatz taten.

“Es waren vorwiegend männliche Jugendliche mit Migrationshintergrund, die für den Staat und seine Repräsentanten nur Verachtung übrig haben.“,meint CDU-Spitzenkandidat Wegner. Neben Rassismus und Panikmache, dass Berlin im Chaos versinken und den Bewohner:innen die Autos weggenommen würden, ist nicht viel in der CDU-Kampagne zu finden.

Diese rassistische Hetze wird nicht nur von der Oppostions-CDU geschürt, sondern insbesondere von der regierenden SPD vorangetrieben. Die Razzien gegen Shisha-Bars in Neukölln und der Freispruch für den Rechtsextremisten Thilo P., der an den Anschlägen auf linke Personen in Neukölln, wie den Linkspartei-Politiker Ferat Koçak und den Buchhändler Heinz Ostermann beteiligt waren, zeigen, für wen die SPD Politik macht.

Unsere Kieze werden immer stärker von Bullen dominiert und sind geprägt von Gentrifizierung. Die neue Polizeiwache am Kotti, die Überwachung sogenannter „kriminalitätsbelasteter Orte“ und der Ausbau der Polizei, den auch die Berliner LINKE mitträgt, sind alle Teil davon, dass eine Stadt geschaffen werden soll, in der Investor:innen und Startups sich wohlfühlen, und für Jugendliche und arme Menschen das Leben nahezu unmöglich gemacht wird.

Die rot-rot-grüne Regierungskoalition hat nach den Wahlen 2021 einen Koalitionsvertrag für die „Zukunftshauptstadt“ vorgelegt. Wie diese in ihren Augen aussehen soll, wissen wir: Räumungen von Köpi-Wagenplatz und Liebig34 und der geplante Ausbau der A100, für den die Zukunft am Ostkreuz und auch ein Jugendclub abgerissen werden sollen, sind nur einige Beispiele.

Bezüglich der katastrophalen Wohnsituation konnte uns RRG nur einen Tropfen auf den heißen Stein geben: keine Mieterhöhungen in kommunalen Wohnungsgesellschaften. Das heißt, nicht wirksam für über 90 Prozent der Berliner:innen. Währenddessen wird der Wille der Mehrheit der Bevölkerung ignoriert, die 2021 für die Enteignung der großen Immobilienbestände abgestimmt haben. Eine Kommission sollte entscheiden, wie das Vorhaben “verfassungskonform” durchgesetzt wird. Über ein Jahr nach dem Volksentscheid scheint die Perspektive der Vergesellschaftung in weite Ferne gerückt. Hunderte Aktivist:innen hatten Unterschriften gesammelt und damit das Gespenst der Enteignung in die breite Öffentlichkeit geholt. Nachdem der Berliner Mietendeckel vom Verfassungsgericht gekippt wurde, entlud sich die Wut auf den Straßen. Denn Berlin ist längst nicht mehr der coole, subkulturelle Space. Wir können uns diese Stadt nicht mehr leisten! Gerade angesichts der steigenden Energiekosten bietet der sofortige Stopp aller Zwangsräumungen, ein Preisdeckel für Mieten und die sofortige, entschädigungslose Enteignung der großen Immobilienkonzerne die einzige Lösung für uns gegen die Stadt der Reichen.

Das 29-Euro-Ticket und ein Härtefallfonds für Energieschulden sind wohl die konkretesten “Erfolge”, die die RRG-Regierung in den letzten 1,5 Jahren vorgelegt hat, die jedoch mit Vorsicht zu genießen sind. 29 Euro sind immer noch zu viel für viele und ein Rückschritt weg vom 9-Euro-Ticket. Der Härtefallfonds greift nur bei drohender Energiesperre und entlastet nicht die große Mehrheit, die mit steigenden Energie- und Lebenskosten zu kämpfen haben, während Energiekonzerne Rekordgewinne machen. Die bleiben unangetastet.

Hunderttausende junge Menschen gehen immer wieder in Berlin auf die Straße, von FFF bis Letzte Generation, um die Klimakatastrophe zu stoppen.Die Grünen sind sogar so dreist, “fürs Klima kämpfen” auf ihre Wahlplakate zu drucken, während ihre Parteigenoss:innen in Bund und NRW gerade die Klimabewegung aus Lützerath boxen lassen. In den vergangenen Monaten streiken die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Die Klima- und Arbeiter:innenbewegung werden immer wieder gegeneinander ausgespielt. Wir brauchen jedoch eine Energiewende, die die Sicherstellung aller Arbeitsplätze bei der Umstellung der Produktion auf klimafreundliche Technologie macht.

Nicht nur die Metaller:innen, auch die Lehrer:innen kämpfen in Berlin um ihre Arbeitsbedingungen. Sie fordern kleinere Klassen und somit bessere Lernbedingungen für die nächste Generation der Hauptstadt. Doch Rot-Rot-Grün weigert sich, ihre Forderungen umzusetzen. Der Haushalt für Bildung wurde sogar massiv gekürzt und die Ziele zur Beendigung des Lehrkräftemangels krachend verfehlt. An den Unis fehlen Studienplätze fürs Lehramtstudium, sodass – obwohl viele von uns gerne Lehrer:innen werden würden – der Personalmangel aufrechterhalten wird.

Im September wurde im Kontext des dritten Entlastungspakets Studierenden eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro zugesprochen. Die eh schon sehr späte Entlastung ist bisher leider nichts mehr als ein Versprechen. Bis heute ist unklar, wann und ob diese überhaupt ausgezahlt werden kann. Hier zeigt sich sehr deutlich, wie sehr sich diese Regierung um die Sorgen von Studierenden schert: Und zwar gar nicht.

Es liegt auf der Hand, weder die Linkspartei, geschweige denn eine andere Partei, können eine reelle Perspektive für uns Studierende darstellen. Es zeigt auch, dass es nicht ausreicht, ein Kreuz auf einem Wahlzettel zu machen, was obendrein nur einem Teil der Berliner:innen zusteht. Das undemokratische Wahlrecht schließt Personen ohne deutschen Pass und Jugendliche aus.

Während wir auf Berlinebene also entscheiden dürfen, wessen Gesicht für den Verrat unserer Interessen steht, zeigen wir im Wahlkampf zum Studierendenparlament an der FU auf, was für ein Programm und was für eine Partei es eigentlich bräuchte.

Wir denken, dass wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen. Angesichts der sozialen Notlage, der Welle an Rassismus und rechter Gewalt und der bereits angekommenen Klimakrise können wir nicht einfach hoffen, dass ein Kreuz bei den Wahlen uns irgendetwas bringt, schon gar nicht wenn Parteien gewählt werden, die die herrschende Ordnung mitverwalten. Es braucht eine Massenbewegung der Studierenden und Arbeiter:innen, gemeinsam mit unterdrückten Sektoren der Gesellschaft, die unsere Interessen erkämpft. Mit ebendieser Perspektive treten wir an der FU zu den Wahlen zum Studierendenparlament an.

Wir fordern:
Streiken gegen soziale Krise, Inflation und Aufrüstung!
Denn nur mit den Arbeiter:innen gemeinsam können wir verhindern, dass wir noch mehr für diese Misere zahlen müssen. Im kommenden Monat streiken die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und wir werden an ihrer Seite kämpfen!

Gegen die Aufrüstung der Bundeswehr – Für ein Verbot von Kriegs- und Rüstungsforschung! Für eine Zivilklausel an der FU!
Die Unis sollten Orte sein, in denen wir diskutieren und unsere Visionen für eine bessere Welt entwickeln. Stattdessen dienen sie der Ausbildung von Arbeiter:innen für Kapitalinteressen und der Rüstungsforschung. Dagegen stellen wir uns. Die deutsche Armee dient nur den Interessen des deutschen Imperialismus.

Gegen Polizei, Bundeswehr und Frontex – Festung Europa einreißen!
Viele von uns sind jeden Tag dem Racial Profiling, der Schikane der Ausländerbehörde und dem mörderischen Grenzregime ausgesetzt. Wir fordern offene Grenzen,  Zugang an die Unis und volle Staatsbürger:innenrechte für alle!

Gegen die „feministische“ Außenpolitik der Ampel – für einen Antiimperialismus der Studierenden, Arbeiter:innen und Unterdrückten
Deshalb stehen wir ganz klar gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr, die im Namen von „demokratischen Werten“ oder „Frauenrechten“ dem Ausbau des deutschen Einflusses dienen. Unser Feminismus bedeutet den Kampf der Krankenhausbeschäftigten zu unterstützen, die unser Leben aufrecht erhalten, wie aktuell die Hebammen und (Kinder-)Krankenpfleger:innen in München, die um den Erhalt der Geburtshilfestation kämpfen.

Lützerath bleibt: Die Energiewende erkämpfen wir nur gegen Regierung und Konzerne!
Die Räumung von Lüzerath bedeutet die endgültige Aufgabe der Einhaltung des 1,5Grad-Ziels in Deutschland. Verantwortlich dafür: die Grünen, die mit den Bullen RWEs Interessen durchsetzen.

Für einen demokratischen AStA und eine Uni unter Kontrolle von Studierenden und Beschäftigten!
Wir brauchen also eine Studierendenbewegung, die all diese Probleme angeht und in Vollversammlungen demokratisch diskutiert und entscheidet.

Unser vollständiges Wahlprogramm findest du hier.
Du stimmst dieser Perspektive zu und willst uns darin unterstützen? Kontaktier uns gerne und organisier dich mit uns!

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