Neues CSU-Gesetz: Wird Bayern zum Polizeistaat?

13.02.2018, Lesezeit 4 Min.
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Vergangene Woche brachte die CSU einen neuen Hammer als Gesetzesentwurf in den Landtag ein. Dieser sieht umfassende Befugnisse der Polizei vor, unter anderem Wohnraum- und Telefonüberwachung, Postbeschlagnahme, Body- und Dashcams, Drohnen, V-Leute, verdeckte Ermittler und vieles mehr. Ein Vorgeschmack auf Horst Seehofer als Innenminister?

Ohne größere mediale Beachtung ist von der CSU ein Entwurf zum Polizeiaufgabengesetz in den Bayerischen Landtag eingebracht worden, der eine massive Ausweitung der polizeilichen Befugnisse beinhaltet. In Bayern steht fast halbjährlich eine Erweiterung der Befugnisse der Polizei an. Erst im August vergangenen Jahres gab es eine massive Ausweitung der Eingriffsmöglichkeiten, vor allem durch die so genannte Unendlichkeitshaft.

Doch jetzt wird ersichtlich, dass es sich nicht um eine einzelne Maßnahme handelt. Das gesamte Sicherheitsrecht soll umstrukturiert werden. So hat der Entwurf fast 110 Seiten, rund dreißig neue Artikel sollen eingeführt werden. Das wird von der Staatsregierung als „Zukunftsfestmachen“ umschreiben. Doch eigentlich geht es um eine massive Einschränkung der Rechte von Betroffenen. Die Polizei soll zu einer umfassenden präventiven Ausspäherin werden, die fast jeden Winkel der privaten Lebensführung überwachen kann.

Doch fangen wir von vorne an. Das neue Gesetz dient zum einen der Umsetzung einer EU-Richtlinie zum Datenaustausch. Die bayerische Staatsregierung nimmt dies als Vorwand, um dabei gleich noch einmal die Eingriffsmöglichkeiten auszuweiten. Wie bereits bei dem Gesetz vom August wird hier mit der „Gefahr des Terrorismus“ argumentiert, um gegen „Gefährder“ vorgehen zu können. Doch die Maßnahmen gelten für alle, unabhängig, ob Gefährder*in oder nicht. Aufgrund des Umfangs, konnte der Entwurf nicht voll durchgeschaut werden, aber wir stellen hier die wichtigsten Punkte vor.

Nicht Aufklärung, sondern Vorbeugung – egal wie

Bei den Maßnahmen geht es nicht um die klassischen Eingriffe im Rahmen der Strafprozessordnung, also zur Verfolgung von Straftaten. Der Einsatz der Polizei dient hier zur Prävention, also zum Vorbeugen von Straftaten. Für alle Eingriffe gilt also: Es muss noch nichts passiert sein, es genügt eine so genannte „drohende Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut“. Dieser neue Begriff wurde im August letzten Jahres eingeführt. Ein bedeutendes Rechtsgut kann dabei auch das Eigentum sein.

Ganz allgemein soll die Polizei die Befugnis erhalten, Wohnungen, Telekommunikation und Post vollständig zu überwachen. Mit umfasst ist dabei das Betretungsrecht von Wohnungen, um dort heimlich Wanzen anzubringen. Dieser „große Lauschangriff“, der vor über fünfzehn Jahren bei dessen Einführung stark kritisiert wurde, gilt jetzt auch ohne Verdacht einer begangenen Straftat. All diese Eingriffe stehen zwar unter einem Richtervorbehalt. Allerdings sind die Richter*innen vor allem auf den Sachvortrag der Polizei angewiesen und können diesen kaum nachprüfen.

Weiter soll es nunmehr eine „digitale Sicherstellung“ geben, um „mit der Zeit zu gehen“, wie die CSU es begründet. So können Daten wie Buchgeld, auch Kryptowährungen und ähnliches, sichergestellt werden. „Bodycams“ gab es in Bayern bisher nur im Probeeinsatz. Dabei tragen Polizist*innen eine Kamera am Körper, um den Einsatz zu filmen. Auch sollen „Dashcams“ eingeführt werden, Kameras am Polizeiwagen.

Besonders pikant ist nun auch eine Regelung zu V-Leuten und verdeckten Ermittlern. Eine Befugnisnorm zu V-Leuten war erst 2016 in das Gesetz zum bayerischen Verfassungsschutz aufgenommen worden. Für verdeckte Ermittler existierte bisher nur eine Regelung in der Strafprozessordnung. Nun sollen V-Leute und verdeckte Ermittler auch präventiv tätig werden. Zudem sollen die Grundlagen geschaffen werden, um die vom designierten bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder angekündigte Wiedereinführung der Bayerischen Grenzpolizei zu ermöglichen.

Bereits im August vergangenen Jahres wurde die sogenannte Unendlichkeitshaft eingeführt. Hier können Personen, ohne dass sie eine Straftat begangen haben, für bis zu drei Monate festgenommen werden. Dies kann für jeweils weitere drei Monate verlängert werden und zwar unendlich oft. Erst einmal inhaftiert wird es dem präventiv Gefangenen schwerfallen zu beweisen, dass von ihm keine Gefährdung mehr ausgeht, schließlich kann er im Gefängnis ohnehin nicht gefährlich sein. Zudem hatte die Polizei schon Befugnisse für Aufenthaltsver- und -gebote erhalten.

Womit wir es mit dem neuen Polizeiaufgabengesetz insgesamt zu zu tun haben, ist eine massive Ausweitung im Bereich der inneren Sicherheit. Der Rechtsruck schreitet ungehindert fort, die CSU versucht sich vor der Landtagswahl als sicherheitspolitische Hardliner zu positionieren, um Wähler*innen nicht an die AfD zu verlieren. Und das alles wird ein Vorgeschmack sein auf Horst Seehofer als Bundesinnenminister, zuständig auch für „Heimat“.

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