Nach der Kundgebung im Trocadéro: der 101. Femizid.

04.09.2019, Lesezeit 3 Min.
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Die Anzahl an Frauenmorden in Frankreich hat 2019 im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Unsere Genossinnen von Du Pain Et Des Roses schließen sich dem Aufruf der #Femmesgiletsjaunes an, gegen diese patriarchale Gewalt zu protestieren. Wir spiegeln hier eine Übersetzung ihres Artikels auf Révolution Permanente.

Während am Sonntag im Trocadéro eine Kundgebung zur Anklage des 100. Femizids von 2019 stattfand, wurde eine 92-jährige Frau im Département Tarn von ihrem Mann getötet. Dieser neue Femizid kommt wenige Tage vor dem von der Staatssekretärin für die Gleichstellung der Geschlechter, Marlène Schiappa, organisierten „Runden Tisch“.

Die Zahl der Femizide in Frankreich ist dieses Jahr stetig gestiegen. Am Samstag, den 31. August, wurde eine weitere Frau von ihrem Mann in Cagnes-sur-mer (Alpes-Maritimes) getötet. Sie wurde zu Tode geprügelt und unter einem Haufen Müll aufgefunden. Wenige Stunden zuvor hatte ein Nachbar die Polizei über einen „Ehekonflikt“ in der gleichen Straße informiert. Dieser neue Mord brachte die Zahl der Femizide im Jahr 2019 auf symbolische 100. Für das gesamte Jahr 2018 wurden 121 Morde an Frauen durch ihre Partner oder Ex-Partner von der Regierung gemeldet, eine Frau alle drei Tage. Seit Anfang 2019 ist es ein Frauenmord alle zwei Tage. Wie viele weitere werden bis Ende des Jahres auf diese grausige Liste gesetzt?

Angesichts des Ausmaßes der geschlechtsspezifischen Gewalt, von der Femizid – der Mord an Frauen wegen ihres Geschlechts – der akuteste Ausdruck ist, mobilisieren Tausende von Frauen international. In Frankreich trafen sich am 24. November 2018 Tausende von Menschen zu Demonstrationen anlässlich des Tages gegen Gewalt gegen Frauen. Seitdem haben sich Aktionen und Kundgebungen gegen Frauenmorde im ganzen Land vervielfacht. Am 6. Juli 2019 versammelten sich in Paris 2000 Menschen auf Initiative der Familien der Opfer, um die Untätigkeit der Regierung anzuprangern und die Öffentlichkeit zu alarmieren. Am Sonntag, den 1. September, fand auf Initiative des Kollektivs #NousToutes eine weitere Kundgebung im Trocadéro in Paris statt, um diesen hundertsten Mord zu verurteilen. Bei dieser Gelegenheit zeigten Hundert Demonstrant*innen 100 Schilder, die auf der einen Seite die Zahlen von 1 bis 100 und auf der anderen Seite den Namen jeder getöteten Frau zeigten. Ziel dieser Aktion war es, sowohl das Ausmaß des Phänomens zu zeigen, als auch diesen Frauen und dieser unsichtbaren Gewalt eine Identität zu verleihen. Am selben Tag wurde im Département Tarn die 101. Frau von ihrem Mann getötet. Sie starb, nachdem sie von ihrem Mann mit Fäusten und Stöcken geschlagen worden war, und erinnert uns grausam daran, dass es dringend notwendig ist, auf das Ausmaß dieser patriarchalen Gewalt zu reagieren.

Die Aktion im Trocadéro fand wenige Tage vor dem „Runden Tisch“ statt, der von der Staatssekretärin für Gleichstellung, Marlène Schiappa, einberufen wurde. Seit Beginn der präsidentiellen Amtszeit versucht die Regierung, sich einen fortschrittlichen Anstrich zu geben, indem sie die sogenannte Geschlechtergleichstellung zu einem Schwerpunkt des „Macronismus“ macht. Wir können jedoch nichts von einer Regierung erwarten, deren Gesetze Frauen verarmen und prekärer werden lässt. Dadurch werden Frauen immer anfälliger für die Gewalt, die die Regierung vorgibt anzuprangern. Als Kollektiv von „Du Pain et Des Roses“ (Brot und Rosen) haben wir am 8. September auf Initiative der „Femmes Gilets jaunes“ (Gelbwesten-Frauen) den Aufruf zur Kundgebung gegen geschlechtsspezifische Gewalt, aber auch gegen die Heuchelei der Regierung und ihres „Runden Tischs“ unterzeichnet.

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