München: „Wir kämpfen für ein sozialistisches, laizistisches, multiethnisches Palästina“

17.10.2023, Lesezeit 5 Min.
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Bild: privat

Wir dokumentieren die Rede der RIO, die auf der untersagten Pro-Palästina-Demonstration in München gehalten werden sollte.

Die Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO), die Klasse Gegen Klasse herausgibt, war von den Veranstalter:innen gebeten worden, auf der für vergangenen Freitag geplanten Demonstration in Solidarität mit Palästina einen Redebeitrag vorzutragen. Da dies aufgrund des behördlichen Verbots nicht möglich war, dokumentieren wir die Rede hier: 

Auch wenn inzwischen jede Palästina-Flagge und jede Kritik an den Massakern der israelischen Armee verleumdet wird, jeder, der seine Stimme erhebt, als Hamas-Freund beschimpft wird, sagen wir als Revolutionäre Internationalistische Organisation unmissverständlich: Der Kampf gegen die brutale Unterdrückung und für die nationale Selbstbestimmung Palästinas ist so dringend wie nie!

Während Gaza von der Versorgung mit Wasser, Elektrizität und medizinischen Gütern vollständig abgeschnitten ist, bombardieren israelische Truppen ohne Unterlass. Die israelische Regierung fordert die Menschen auf, zu fliehen. Doch die Grenzübergänge sind geschlossen. Tausende sind bereits gestorben.

„Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln entsprechend.“ Wer wie der israelische Verteidigungsminister so etwas sagt, lässt keine Zweifel an seinen genozidalen Absichten.

Der israelische Einmarsch von Bodentruppen in Gaza steht unmittelbar bevor. Es ist kaum vorzustellen, wie viele Menschenleben ihm noch zum Opfer fallen werden.

Und die deutsche Bundesregierung trägt all das mit. Sie erklärt ihre uneingeschränkte Unterstützung für die Verbrechen des israelischen Staats. Bei ihrem Besuch in Israel sagte die deutsche Außenministerin Baerbock heute: „Ich möchte unsere tiefste Solidarität seitens der deutschen Regierung, aber auch der deutschen Bevölkerung zum Ausdruck bringen.“ Nein. Baerbock spricht nicht für uns. Wir sind nicht solidarisch mit dem brutalen Morden der israelischen Regierung.

Es geht der deutschen Regierung auch überhaupt nicht um Solidarität mit den Menschen vor Ort, sondern um knallharte wirtschaftliche und militärische Interessen. Deutschland unterhält eine enge Rüstungskooperation mit Israel, hat angeboten, Munition zu liefern und bezieht Überwachungssoftware aus Israel.

Doch die Regierung erklärt nicht nur ihre Unterstützung für Israel. Sie geht auch hierzulande mit aller Kraft gegen alle Menschen vor, die ihre Stimme in Solidarität mit Palästina. Das Ausmaß der Repression gegen die palästinensische Solidarität hat ungekannte Ausmaße angenommen. Etlichen droht die Abschiebung. In Berlin wird an Schulen das Tragen der Kufiya verboten. Auch in München schränken Polizei und Behörden das Demonstrationsrecht willkürlich ein, wie es gerade überall im Land und auch international passiert.

Dass dagegen so wenige nur ihre Stimme erheben, ist eine Schande. Viel zu viele angeblich Linke stellen ihre Solidarität mit der palästinensischen Bewegung zurück und wollen „beide Seiten“ verurteilen – oder sie übernehmen einfach die Position der Bundesregierung und rechtfertigen das Handeln Israels direkt. Die Führungen unserer Gewerkschaften haben sich in diese nationale Einheit eingereiht. Die Partei DIE LINKE im Bundestag hat einstimmig mit allen Fraktionen bis hin zur AfD einem Antrag zugestimmt, der das Verbot palästinensischer Organisationen fordert. Eine solche Linke hat abgewirtschaftet.

Wer behauptet, der Krieg habe am vergangenen Wochenende begonnen, verschließt die Augen vor etlichen Jahrzehnten der Vertreibung, der Entrechtung, der Kolonisierung und der Ermordung von Palästinenser:innen. Es stehen sich nicht zwei gleiche Gegner gegenüber. Auf der einen Seite ein entrechtetes, in die Enge getriebenes Volk, auf der anderen Seite eine von den Großmächten der Welt gestützte, bis an die Zähne bewaffnete Atommacht.

Für Linke darf es keinen Zweifel geben: Die Gewalt der Unterdrücker und die Gegenwehr der Unterdrückten ist nicht dasselbe. Wir verteidigen unbedingt das legitime Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstverteidigung. Es wird behauptet, dass jeder, der dieses Recht verteidigt, die Methoden und die Ziele der Hamas teilt. Das ist eine Lüge.

Mit ihrem Angriff auf Zivilist:innen hat es die Hamas der Regierung von Netanjahu ebenso wie den imperialistischen Staaten allzu leicht gemacht, ihre Kriegserklärung zu legitimieren. Mit ihrer Methode verhindert die Hamas außerdem Fortschritte auf dem Weg zu einer Einheit zwischen der palästinensisch-arabischen Bevölkerung, israelischen Araber:innen und sogar Teilen der jüdischen Arbeiter:innenklasse im Kampf gegen das israelische Apartheid-Regime, für einen Aufstand gegen die Besatzung. Genau diese Einheit braucht es aber! Außerdem verfolgt die Hamas das Ziel, einen islamisch-fundamentalistischen Staates zu errichten. Dieses Vorhaben lehnen wir ab, genauso wie wir gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung ablehnen. Und dennoch: Wir verteidigen das legitime Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstverteidigung und Widerstand gegen den genozidalen Staat Israel. Wir verurteilen die Repressionen gegen die palästinensische Solidarität hierzulande und wir werden diese nicht hinnehmen.

Die Geschehnisse zeigen in aller Deutlichkeit: Jede Hoffnung in eine „Zwei-Staaten-Lösung“ ist gescheitert. Wir kämpfen für ein sozialistisches, laizistisches, multiethnisches Palästina der Arbeiter:innen im Rahmen einer sozialistischen Föderation im Nahen Osten. Denn nur ein Staat, der das Ende aller Unterdrückung und Ausbeutung zum Ziel hat, kann das Rückkehrrecht der palästinensischen Geflüchteten garantieren. Nur so kann ein demokratisches und friedliches Zusammenleben zwischen Araber:innen und Jüd:innen möglich werden.

Freiheit für Palästina! Free Palestine!

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