München: „Rassismus spaltet – Streik vereint“

18.07.2023, Lesezeit 4 Min.
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Bild: Ricarda Julia

Gewerkschaftliche Kampfperspektive statt humanitärem Appell: Waffen der Kritik und KGK Workers besuchen Demonstration in München gegen die geplante Asylrechtsreform.

Am vergangenen Sonntag versammelten wir uns als Mitglieder der marxistischen Hochschulgruppe Waffen der Kritik und der Arbeiter:innengruppierung KGK Workers zu einer Demonstration in München, um gegen das geplante „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ (GEAS) zu protestieren. Das GEAS sieht unter anderem die Einführung von Grenzverfahren und die Einrichtung von Haftzentren an den Außengrenzen vor, um Geflüchtete effektiver daran zu hindern, Europa zu erreichen. Doch diese Reform wird die ohnehin schon lebensbedrohliche Situation in den Lagern und auf den Fluchtrouten weiter verschärfen. Unter den neuen Bedingungen werden Flüchtende, darunter auch Kinder, unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten, um schließlich in sogenannte „sichere Herkunftsländer“ abgeschoben zu werden.

Die Demo wurde vom breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis „Offen bleiben“ organisiert, dessen Name auch den Namen der Demonstration selbst prägte. Das Bündnis besteht aus knapp 200 Organisationen: Vom Bayerischen Flüchtlingsrat und dem Offenen Antikapitalistischen Klimatreffen München über den Migrationsbeirat München bis hin zu kirchlichen Organisationen.

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern sowie der ver.di Bezirk München sind Teil des Bündnisses, was bei der Mobilisierung nicht sichtbar wurde: Als Gewerkschafter:innen erkennbar waren wenige der Protestierenden. Insgesamt versammelten sich nur einige hundert Menschen, was auch in der Rede von Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von Pro Asyl, während der Abschlusskundgebung am Münchner Marienplatz zur Sprache kam. Er stellte die Frage: „Wo sind die Leute, die 2015 auf den Straßen waren und sich für offene Grenzen eingesetzt haben?“ Neben seiner berechtigten Kritik an der verantwortlichen Innenministerin Nancy Feaser, die das GEAS als „historischen Erfolg“ betitelte, blieb aber auch Alaows bei einem Appell an die Zivilgesellschaft, in Zukunft wieder mehr auf die Straße zu gehen.

So breit gefächert die unterstützenden Organisationen, so vage war der Inhalt der Demonstration. Während einige linke Gruppen in Parolen und auf Bannern die Gegnerschaft zur Regierung betonten, blieb die Demo insgesamt bei einem humanitären Diskurs stehen. So schreibt das Bündnis auf seiner Website: „Wir fordern deshalb, die Regelungen zum GEAS umfassend zu reformieren und humanitäre Standards einzuhalten! Die europäische Union muss für Menschen in Not und auf der Flucht: Offen Bleiben!“ 

An Appelle an die Ampelregierung, wie sie das Bündnis formuliert, glauben wir als marxistische Studierende und Arbeiter:innen nicht. Als WdK und KGK Workers haben wir eine eigene Parole in den Protest getragen: „Gegen die tödliche Asylpolitik: Rassismus spaltet, Streik vereint!“ Der spalterische Rassismus der Bundesregierung, der in der weiteren Asylrechtsverschärfung zum Ausdruck kommt, ist dabei nur ein Teil. Während die Ampel im Bündnis mit den rechten Regierungen in Italien oder Ungarn die Grenzen dicht macht und damit die AfD-Forderungen umsetzt, sind die Rechten auch in Deutschland im Umfragehoch. Bei rund 20 Prozent liegt die AfD bundesweit. In den ostdeutschen Bundesländern ist sie sogar stärkste Kraft. Und auch die Unionsparteien stellen sich deutlich weiter rechts auf. So forderte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU) heute, dass das Individualrecht auf Asyl in der Europäischen Union abgeschafft werden sollte.

Zivilgesellschaftliches Engagement und gut gemeinte Appelle werden weder der rassistischen Politik der Bundesregierung noch dem Aufstieg der Rechten etwas entgegensetzen. Wir sind davon überzeugt, dass wir an den Universitäten, an den Schulen und in den Betrieben, an denen wir lernen und arbeiten, und in den Gewerkschaften, in denen wir organisiert sind, für einen Kampfplan eintreten müssen, mit dem die Arbeiter:innenklasse mit ihren eigenen Mitteln, auch mit dem politischen Streik, gegen den Aufstieg der Rechten und die rassistische Spaltung in ihren Reihen kämpfen kann. Das GEAS kann nicht reformiert werden. „Offen bleiben“ heißt gemeinsam streiken gegen die Angriffe der Regierung streiken.

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