Mehr als 7.000 beim bundesweiten Schulstreik

27.04.2016, Lesezeit 4 Min.
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Heute haben Jugendliche in 16 Städten gegen Rassismus protestiert. In Berlin sind bis zu 4.000 Schüler*innen und Studierende in den Streik getreten. In Bremen waren über 1.000 beim Schul- und Unistreik. In Bonn, Frankfurt, Kiel und München waren es jeweils 300-500. Am Nachmittag gab es Proteste in noch mehr Städten. Damit hat das Bündnis "Jugend gegen Rassismus" ein wichtiges Zeichen gegen den Rechtsruck gesetzt.

Die Jugend heutzutage interessiere sich nicht für Politik – wie oft hat man schon solche Beschwerden gehört? Doch am Mittwoch war in vielen Städten das genaue Gegenteil der Fall: Tausende Jugendliche verließen ihre Klassenzimmer und Hörsäle und protestierten lautstark gegen Rassismus – ob von der AfD oder der Großen Koalition. In einer Zeit, in der rechte Kräfte im Aufwind sind, ist das ein „Hoffnungsschimmer“, so die Worte eines anwesenden Gewerkschafters.

Berlin

In Berlin demonstrierten 4.000 Schüler*innen und Studierende durch die Stadtteile Wedding und Moabit. „Hoch die internationale Solidarität!“, riefen sie immer wieder, während Hiphop-Lieder schallten. Aus verschiedenen Bezirken kamen Zubringer-Demos zum Auftakt am Gesundbrunnen. Allein von der Sophie-Scholl-Oberschule in Schöneberg beteiligten sich 100 Schüler*innen.

Eine Zubringer-Demo aus Friedrichshain mit 400 Tehlnehmer*innen kam an der Käthe-Kollwitz-Schule vorbei. Dutzende Schüler wollten sich anschließen, doch einige Lehrer*innen und Polizist*innen blockierten das Tor. Ein Skandal – und nicht nur auf einer Schule, die sich nach einer Kommunistin benannt hat, die die kommunistische Jugendbewegung unterstützte! Tabea Winter von der Revolutionär-Kommunistischen Jugend richtete später Grüße an die eingeschlossenen Schüler*innen, die viel Applaus für ihren Mut bekamen.

Mehrheitlich waren Schüler*innen dabei, aber auch einige hundert Studierende von Berliner Universitäten bildeten einen „Uni-Block“. Auf ihrem Lautsprecherwagen wurde immer wieder die Solidarität mit Arbeiter*innen bekundet, z.B. mit den Beschäftigten des Botanischen Gartens, der zur Freien Universität Berlin gehört. Ihre Betriebsgruppe hatte eine Solidaritätsbotschaft an den Schul- und Unistreik geschickt.

Der U-Bahn-Fahrer Aimo Belling, von der gewerkschaftlichen Basisgruppe „ver.di aktiv“ bei der BVG (die ebenfalls die Solidaritätserklärung unterzeichnet hatte), rief dazu auf, die laufenden Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Dienst zu unterstützen. In den letzten Tagen sind Beschäftigte in den Krankenhäusern, bei der Stadtreinigung und den Bäderbetrieben in Warnstreiks getreten. Leider zeigen die Gewerkschaftsführungen wenig Interesse daran, gemeinsam mit Jugendlichen zu demonstrieren. Aber die Einheit von Arbeiter*innen und Jugendlichen kommt an der Basis stets gut an.

Repression

Die Bullen wollten vor Beginn der Demonstration in Berlin ein Transparent vom 1. Mai konfiszieren, nachdem der Berliner Kurier einen Hetzartikel lanciert hatte. Die bewaffneten Jugendlichen aus der Zeichentrickserie „Boondocks“ fand die Polizei angesichts der großen Zahl von Jugendlichen „unmoralisch“. „Bundeswehr-Werbung in Schulen finden sie gut“, sagte Jonas Schießer, „aber eine Cartoon-Kalaschnikow wollen sie verbieten.“ Am Ende mussten die Knarren mit Gaffertape überklebt werden.

Viele Demonstrant*innen schauten nach Frankreich, wo in den letzten Wochen Millionen Arbeiter*innen und Jugendliche auf die Straße gehen. Diese Massenproteste gegen eine geplante Arbeitsmarktreform halten sich mit Streiks, Blockaden, Besetzungen, aber vor allem auch mit massenhafter Selbstorganisierung. Das muss auch die Perspektive für Jugendliche in Deutschland sein.

Mit dem Schul-, Uni- und Azubistreik, diesem einen sehr erfolgreichen Event, haben wir nur ein Zeichen gesetzt. Die Schüler*innen, die heute gestreikt haben, müssen aktiv bleiben und mit ihren Streikkomitees weiter Aktionen machen gegen Rassismus, Krieg und Ausbeutung.

In Berlin hat jemand aus dem vierten Stock einen Farbeimer auf die Demonstration geworfen. Aus dem Lauti wurde gesagt: „Die Rassist*innen haben Angst vor uns!“ Das ist richtig – vorausgesetzt, wir organisieren uns und bleiben aktiv!

Eine erste Gelegenheit, um über die weitere Perspektive zu diskutieren, ist die Veranstaltung am Freitag mit zwei jungen Aktivist*innen aus Paris: „Französische Verhältnisse jetzt!“. Es beginnt um 18 Uhr Im Mehringhof (Gneisenaustr. 2a).

Bundesweit

In 15 Städten fanden Streiks und Proteste im Rahmen von „Jugend gegen Rassismus“. In Bremen waren über 1.000 im Streik. In Bonn, Frankfurt, Kiel und München waren es jeweils 300-500. Weitere Proteste gab es in Fulda, Kassel, Hannover, und weiteren Städten. In den folgenden Stunden werden wir Berichte aus diesen Städten veröffentlichen.

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