Manuela Schwesigs Familienarbeitszeit verspricht einiges und löst nichts ein

27.09.2016, Lesezeit 3 Min.
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Manuela Schwesig – Vorzeigefeministin der SPD – legte mit der Familienarbeitszeit ein neues Konzept vor. Damit lassen sich die Probleme der arbeitenden Mütter nicht ansatzweise lösen.

Manuela Schwesig ist eine der Hoffnungen der SPD. Bei Parteiveranstaltungen – wie bei der Wahlparty der SPD nach den Berlinwahlen – wird sie direkt neben Sigmar Gabriel positioniert. Sie soll die jungen (und einige alte) Frauen an die SPD binden, soll die „Alte Tante“ modern und dynamisch wirken lassen.

Im Sommer hat sich „Superfeministin“ Manuela Schwesig deshalb auch ein neues Konzept überlegt: Die Familienarbeitszeit. Es soll Frauen davon befreien, diejenigen zu sein, die für Kindererziehung und Haushalt verantwortlich sind. Eltern sollen mit 300 Euro monatlich gefördert werden, wenn beide ihre Arbeitszeiten von Vollzeit herunterfahren auf „einen Korridor um die 80 Prozent“. Dies soll nicht nur für Ehepaare gelten, sondern für alle, die gemeinsam oder alleine Erziehungsaufgaben übernehmen. Im Grunde also eine Arbeitszeitverkürzung mit ein bisschen Lohnausgleich – finanziert vom Staat.

Damit soll einem realem Problem begegnet werden: Da Frauen meist weniger verdienen als Männer, arbeiten gerade sie nach der Geburt eines Kindes nur in Teilzeit, um mit der gestiegenen Belastung durch Haus- und Erziehungsarbeit fertig zu werden. Auf das höhere Gehalt des Mannes muss so nicht verzichtet werden. Das hat schwerwiegende Folgen: weniger Chancen bei der Arbeit, gestiegene Abhängigkeit vom Partner, Einbußen bei der Rente und vor allem eine Verfestigung des Rollenbilds und der Reproduktionsaufgaben als Gebiet der Frauen.

Dabei sagen viele junge Menschen, dass sie sich eine gerechte Aufteilung der Hausarbeit wünschen – ob das alle wirklich ernst meinen, oder ob einige Männer nicht auch ganz froh sind, von den Aufgaben zuhause befreit zu werden, sei einmal dahingestellt.

Wie und mit wem Schwesig das umsetzen will, bleibt unklar. Sie schiebt es deshalb auch perspektivisch auf die Zeit nach den Wahlen.

Die historischen Forderungen der Arbeiter*innenklasse gehen weit über das hinaus, was hier geboten wird: Statt einer Arbeitszeitverkürzung für wenige, mit Einbußen beim Einkommen, forderte sie eine Verkürzung der Arbeitszeit für alle, bei vollem Lohnausgleich – und vor allem bezahlt von den Kapitalist*innen selbst, nicht vom Staat über die Besteuerung vor allem der Lohnabhängigen.

Es ist klar, dass mit Schwesigs Konzept auch dem Problem der geschlechtlichen Arbeitsteilung – Grundlage des patriarchalen Kapitalismus – nicht begegnet werden kann. Eine gerechte Aufteilung der Hausarbeit kann nicht auf individuellem Weg erreicht werden. Dafür müsste sie aufhören Hausarbeit zu sein und aus der Privatsphäre geholt werden, zum Beispiel mit kostenloser Kinderbetreuung rund um die Uhr, gemeinschaftlichen Essstätten unter Kontrolle der Nutzer*innen und Arbeiter*innen.

Dies würde aber gegen die elementaren Interessen der Kapitalist*innen gehen. Die Bosse profitieren – mit Unterstützung des Staates – von der „Reproduktionsfabrik“ im Haushalt, wo die Arbeiterinnen und armen Frauen ohne Bezahlung dafür schuften, dass die Kapitalist*innen weiter produzieren und Gewinne machen können, ohne einen Cent dafür zu zahlen. Ein weiteres Beispiel für die glückliche Allianz zwischen Kapitalismus und Patriarchat. Diese Allianz anzugreifen läge Manuela Schwesig natürlich fern – im Gegenteil garantiert sie ihr Weiterbestehen, indem sie ihr ein fortschrittliches Ansehen verpasst.

 

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