Manifest für eine Bewegung für eine Internationale der sozialistischen Revolution

30.12.2014, Lesezeit 95 Min.
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Gründen wir eine Bewegung für eine Internationale der Sozialistischen Revolution (Vierte Internationale)

Das weltweite kapitalistische System geht durch das sechste Jahr einer wirtschaftlichen, politischen und sozialen Krise historischen Ausmaßes. Unter den Schlägen der Krise und den Angriffen der Regierungen und der KapitalistInnen kehrt der Kampf der Ausgebeuteten zurück auf die politische Bühne.

Der „arabische Frühling“ öffnete einen neuen Zyklus des ansteigenden Klassenkampfes nach Jahrzehnten des Rückgangs unter dem Zeichen der bürgerlichen Offensive. Der Widerstand der ArbeiterInnen, Jugendlichen und Massen durchzieht die Zentren des weltweiten Kapitalismus, vor allem die Länder der Europäischen Union, die von den Kürzungsplänen der „Troika“ betroffen sind, wie Griechenland, der Spanische Staat oder Portugal.

Von den Erhebungen in der arabischen Welt bis zu den Kämpfen der Jugend in Chile, über die „indignados“ im Spanischen Staat, die Jugendlichen von “#yosoy132” in Mexiko, die Occupy-Bewegung in den USA, die Jugendlichen auf dem Taksim-Platz in der Türkei, auf dem Tahrir-Platz in Ägypten, und bis zu den Hunderttausenden, die die Städte Brasiliens überschwemmten, stellt die Jugend einen Resonanzkörper für die sozialen Widersprüche dar und hat in vielen Fällen Klassenkonflikte vorweggenommen.

Die ArbeiterInnen stehen immer stärker im Mittelpunkt der Kämpfe, wie wir es in den Arbeitsniederlegungen und Generalstreiks in Griechenland und Portugal sehen, in dem Widerstand der ArbeiterInnen gegen Entlassungen in Frankreich, in den Konflikten bei den multinationalen Konzernen in China, in dem Ausbruch der Wut der ArbeiterInnen nach dem Tod von hunderten TextilarbeiterInnen in Bangladesch (die meisten von ihnen Frauen) als Ergebnis der Nachlässigkeit der KapitalistInnen, in dem Generalstreik in Indien, dem mehr als 100 Millionen ArbeiterInnen folgten, in den großen Streiks der MinenarbeiterInnen in Südafrika und dem Bruch von Teilen der ArbeiterInnenbewegung mit dem Afrikanischen Nationalkongress und der Führung der COSATU (Congress of South African Trade Unions).

Auch wenn die Krise noch nicht mit voller Wucht in Lateinamerika zugeschlagen hat, hat sich auch diese Region in eine Bühne historischer Mobilisierungen von Jugendlichen und Studierenden verwandelt, wie Brasilien und Chile zeigen. In der ArbeiterInnenbewegung sehen wir die ersten Etappen der Entwicklung gewerkschaftlicher und politischer Phänomene, mit unterschiedlichen Rhythmen und Ausmaß in verschiedenen Ländern. Dies ergibt sich im Rahmen einer fortschreitenden Erschöpfung der “postneoliberalen” Regierungen wie der von Evo Morales, der von Cristina Fernández de Kirchner, oder noch schärfer des Chavismus’ ohne Chávez von Maduro. Diese sich neu eröffnende Situation stellt die Frage der Krise der Führung des Proletariats auf einer neuen Ebene, während sie gleichzeitig enorme Möglichkeiten zum Voranschreiten im Aufbau revolutionärer ArbeiterInnenparteien und einer revolutionären Internationale eröffnet, was für uns die Wiedergründung der IV. Internationale auf einer revolutionären Grundlage bedeutet. Das vorliegende Manifest steht vollständig im Dienst dieser Perspektive.

Eine historische Krise des Kapitalismus

Dieser neue „Völkerfrühling“ ist im Gegensatz zu seinem Vorgänger aus dem Jahr 1848 nicht Produkt der Geburtswehen des Kapitalismus, sondern Frucht seines Niedergangs. Trotz der neoliberalen Offensive der vergangenen drei Jahrzehnte und der kapitalistischen Restauration in den ehemaligen ArbeiterInnenstaaten konnte der Kapitalismus keinen Weg hin zu einem neuen Zyklus des lang anhaltenden Wachstums finden. Der Widerspruch zwischen der wachsenden Vergesellschaftung der Produktion und der immer konzentrierteren Aneignung des gesellschaftlich produzierten Reichtums sowie der Widerspruch zwischen der Internationalisierung der Produktivkräfte und der nationalstaatlichen Grenzen brachen wieder aus und führten zu einer Krise historischen Ausmaßes.

Der Kapitalismus bedroht in seinem Verfall nicht nur das Leben auf der Erde durch seinen wachsenden Militarismus, die systematische Plünderung und die anarchische Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie die zunehmende Umweltverschmutzung, sondern unterwirft auch Millionen von ArbeiterInnen den untragbaren Bedingungen der Ausbeutung und Prekarität, indem er einen großen Teil derer, die nur ihre Arbeitskraft verkaufen können, um zu überleben, in die Arbeitslosigkeit oder die Misere stößt.

Die Politik von „neokeynesianischen“ wie von „konservativen“ Regierungen ist es, die ArbeiterInnen, die Jugend und die verarmten Mittelschichten für die Krise bezahlen zu lassen, währen die Banken und die Großkonzerne Milliarden Dollar erhalten haben, um sich zu schützen und ihre saftigen Gewinne weiter zu bekommen. Die größten Unternehmen nutzen die Krise aus, um die Ausbeutungs- und Produktivitätsrate zu erhöhen, indem sie einen Vorteil aus der Schaffung einer riesigen industriellen Reservearmee ziehen.

Mit den staatlichen Rettungen der großen Banken und Konzerne und der Zuführung von Geld in das finanzielle System konnten die kapitalistischen Regierungen und die Zentralbanken die Perspektive eines Einbruchs, wie nach dem Fall von Lehman Brothers, nach hinten schieben. Diese Mechanismen haben aber nicht zu einer wirtschaftlichen Erholung geführt, sondern zur Rezession oder zu geringem Wachstum in den zentralen Ländern und zur Verlangsamung des Wachstums in den “Schwellenländern”. Das passierte gleichzeitig mit der Schaffung neuer Zeitbomben: die enormen Staatsschulden, die die Wirtschaft wiederholt an den Rand des Abgrundes drängen. In den USA zeigen die Schwierigkeiten beim Zurückfahren der Geldspritzen von der Federal Reserve oder die Angst vor der wiederkehrenden Möglichkeit, dass der Kongress die Schuldenobergrenze nicht anhebt, dass die katastrophalen Szenarien nicht vom Horizont verschwunden sind.

Weder China noch irgendein anderes der sogenannten „Schwellenländer“ können mit einer ökonomischen Struktur, die von dem internationalen Kapital abhängt, als ein Motor agieren, der den Kapitalismus aus seiner Krise holt, wenn diese ihr Epizentrum im Herzen des imperialistischen Systems hat.

Trotz der Unterschiede hat die Krise wahrhaft internationale Ausmaße angenommen. Die Verlangsamung des chinesischen Wachstums kann nicht nur die Länder beeinträchtigen, die von seiner Nachfrage nach Rohstoffen abhängen, wie ein Großteil Lateinamerikas, sondern kann die tiefen sozialen Widersprüche, die sich in den Jahrzehnten der kapitalistischen Restauration entwickelten, zum Ausbruch bringen und das konzentrierteste Proletariat der Welt in den Mittelpunkt der Szenerie stellen.

Noch gibt es keine traditionelle oder „aufkommende“ Macht, die den USA die weltweite Hegemonie streitig machen kann. Auch hat die Krise noch nicht zu bedeutenden Handelskriegen oder zu offen protektionistischer Politik geführt. Das heißt jedoch nicht, dass es keine Rivalitäten und Wettstreite gäbe.

Wir revolutionären MarxistInnen widersprechen vehement denjenigen, die behaupten, dass die interimperialistischen Wettkämpfe, die im 20. Jahrhundert zu zwei Weltkriegen führten, der Vergangenheit angehören, oder dass die Bourgeoisie heute immer durch Verhandlungen Wege aus den Krisen finden kann. Oder dass sich China friedlich in ein imperialistisches Land verwandeln und die Vereinigten Staaten verdrängen könne, ohne dass diese versuchen würden, ihre Privilegien als Großmacht zu erhalten, oder, auf der anderen Seite, China sich von den herrschenden imperialistischen Mächten ohne jeden Widerstand kolonisieren ließe.

Wenn eines der Charakteristiken der imperialistischen Epoche die Rivalität zwischen den verschiedenen Mächten ist, verschärfen die Bedingungen, die von der kapitalistischen Krise geschaffen werden, die Tendenzen zu zwischenstaatlichen Spannungen und Militarismus.

Die USA, die wichtigste imperialistische Macht, befindet sich weiter auf dem Weg des Niedergangs ihrer Hegemonie, der durch die Niederlage ihrer strategischen Ziele im Irak und in Afghanistan und das Entstehen regionaler Mächte, die ihre eigenen Ziele verfolgen – wie Russland und China –, akzentuiert wird. Dieser Verlust der Führungsrolle zeigte sich darin, dass die Regierung Obamas doch keinen unilateralen Militärangriff auf Syrien starten konnte und stattdessen die diplomatische Lösung, die von Russland vorgeschlagen wurde, akzeptieren musste. Er zeigt sich auch in der enormen politischen Spaltung, die die Regierung der Demokratischen Partei zu lähmen droht.

Aber trotz des Niedergangs ihrer Hegemonie werden die Vereinigten Staaten mit allen Mitteln ihre Rolle als vorherrschende Macht zu bestätigen versuchen, indem sie alle Vorteile aus den Stärken zu ziehen versuchen, die sie noch besitzen – wie ihre militärische Überlegenheit und die Herrschaft des Dollars –, indem sie von den größeren Schwierigkeiten profitieren, denen ihre Herausforderer ausgesetzt sind, vor allem Deutschland, das mit der Krise der EU zu kämpfen hat. Dies alles setzt eine aggressivere imperialistische Politik voraus – wie sich im Versuch der USA zeigt, Boden in Lateinamerika zurückzugewinnen oder in ihrem diplomatischen und militärischen Schwenk in die asiatisch-pazifische Region, um den Aufstieg Chinas zurückzuhalten –, aus denen regionale Konflikte erwachsen können und eventuell auch Kriege zwischen Großmächten, falls sich die Wirtschaftskrise weiter verschärft.

ArbeiterInnenbewegung und revolutionäre Führung

Die Rückkehr der ArbeiterInnenbewegung auf die Bühne und das Anhalten der weltweiten Krise setzen die Perspektive größerer Auseinandersetzungen der Klassen auf die Tagesordnung.

Doch trotz der Kampfbereitschaft, die die ArbeiterInnen weltweit zeigen, haben sie an der Spitze ihrer Organisationen immer noch Gewerkschaftsbürokratien, deren Aufgabe es ist, diese Kampfbereitschaft der ArbeiterInnen und der Massen gegen die KapitalistInnen und ihre Regierungen zurückzuhalten. Dafür beschränken sie sich auf vereinzelte Mobilisierungen und Streiks. Den Generalstreiks, die unter den ArbeiterInnen ein großes Echo finden, wird keine Kontinuität gegeben, wodurch die Perspektive wirklicher Generalstreiks vermieden wird, die in der Lage wären, die Pläne der Bourgeoisie zu stoppen. Zugleich verdammt sie die härtesten Kämpfe der ArbeiterInnenavantgarde zur Vereinzelung. Auf diese Weise ermöglicht sie die Durchsetzung der Kürzungspläne und bereitet den Weg für Niederlagen.

Die ArbeiterInnenklasse geht in den Kampf mit dem Gewicht einer langen Etappe der bürgerlichen Offensive unter dem neoliberalen Programm auf ihren Schultern. Die Bourgeoisie ist im Vorteil durch die noch nie so da gewesene Fragmentierung in der Reihen der ArbeiterInnenklasse, sowie durch die kapitalistische Restauration in den ehemaligen bürokratisierten ArbeiterInnenstaaten und das Verschwinden der sozialistischen Revolution als Horizont der Ausgebeuteten durch die Identifikation der stalinistischen Regime mit dem Sozialismus.

Diese Krise der ArbeiterInnenbewegung hat seine tiefen Wurzeln in den revolutionären und konterrevolutionären Prozessen des 20. Jahrhunderts, unter ihnen die Bürokratisierung der Sowjetunion und die Durchsetzung des Stalinismus als „real existierender Sozialismus“, und die Bewahrung der Sozialdemokratie als reformistische Führung der ArbeiterInnenbewegung im Westen nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die reformistischen Führungen der ArbeiterInnenbewegung verhinderten, dass die Teilerfolge – wie die deformierten ArbeiterInnenstaaten oder die von den großen Gewerkschaften und reformistischen Parteien verwalteten Errungenschaften des Sozialstaates, und sogar die imperialistische Niederlage im Vietnam-Krieg – in den Dienst des strategischen Ziels der proletarischen Weltrevolution gestellt wurden.

Während der neoliberalen Offensive erlebte die ArbeiterInnenklasse, wie ihre Organisationen bei den bürgerlichen Angriffen mitwirkten. Davon profitierte das Kapital, gleichzeitig schwächte es jedoch auf einer strategischen Ebene die Vermittlungsinstanzen, auf die es zählte und schwächte die materielle Basis des Reformismus.

Das beste Beispiel war der Übergang der stalinistischen Bürokratie in das Lager der kapitalistischen Restauration. Die Sozialdemokratie machte einen Schwenk zum Sozialliberalismus und verwandelte sich in einen direkten Agenten der bürgerlichen Offensive, indem sie die neoliberalen Konterreformen durchsetzte. Die Kommunistischen Parteien verfolgten den gleichen Kurs, in vielen Fällen regierten sie sogar mit der Sozialdemokratie zusammen.

Das sinkende Niveau des Bewusstseins und der Organisierung der ArbeiterInnenklasse ist das Produkt einer langanhaltenden Krise der revolutionären Führung.

Die von der ArbeiterInnenbewegung angehäufte Erfahrung hatte seinen größten Ausdruck in den ersten vier Kongressen der III. Internationale vor ihrer stalinistischen Degeneration und danach in der von Trotzki gegründeten Vierten Internationale.

Dennoch verwandelte sich die Vierte Internationale, die eine Alternative zum Stalinismus und die Kontinuität des revolutionären Marxismus darstellte, anders als von Trotzki vorhergesagt nicht in eine Massenorganisation. Eine Vielzahl von Faktoren, darunter die Ermordung Trotzkis, das widersprüchliche Resultat des Krieges – das der stalinistischen Bürokratie durch ihren Sieg gegen die Nazis neues Ansehen verlieh – die Blockade der revolutionären Dynamik in den zentralen Ländern und das Erstarken des Reformismus auf der Basis des teilweisen Wachstums der Produktivkräfte, die durch die vorhergegangene massive Zerstörung des Krieges ermöglicht wurde, bewirkten, dass der Trotzkismus marginal blieb und sich dem reformistischen, stalinistischen und „drittweltlerischen“ Druck ausgesetzt sah.

In der Periode von 1951-53 verwandelte sich der Trotzkismus in eine zentristische Bewegung, und anstatt seine programmatischen und strategischen Grundlagen unter neuen Bedingungen zu aktualisieren, passte er sich an die stalinistischen, nationalistischen oder kleinbürgerlichen Führungen von Tito, Mao und Castro bis zur algerischen FLN (Front de Libération Nationale, Nationale Befreiungsfront) an. In diesem Rahmen, der von dem Bruch der revolutionären Tradition geprägt war, fanden einige korrekte Auseinandersetzungen und programmatische Errungenschaften statt, die gewisse Fäden der Kontinuität aufrechterhielten, auch wenn diese sich immer weiter verdünnten, bis sie während der neoliberalen Offensive und der kapitalistischen Restauration fast rissen.

Paradoxerweise vertieft sich heute bei einem wichtigen Teil der internationalen Linken die Skepsis gegenüber dem revolutionären Potential der ArbeiterInnen – zu einem Zeitpunkt, in dem sich die objektiven Bedingungen verbessern und die ArbeiterInnenklasse begonnen hat, klarer mit ihren eigenen Methoden in Kämpfe in verschiedenen Regionen der Welt zu intervenieren. Diese Skepsis gegenüber der Perspektive der sozialen Revolution führte bei einem Großteil der Organisationen, die sich trotzkistisch nennen, dazu, breite antikapitalistische Parteien aufzubauen, die weder eine Hegemonie der ArbeiterInnen noch eine strategische Abgrenzung besitzen, oder dazu, sich an bürgerlich-nationalistische und populistische Führungen (wie den Chavismus) oder Varianten des Linksreformismus (wie die Front de Gauche [Linksfront] oder Syriza) anzupassen, und die Strategie der proletarischen Revolution mit der Strategie der „anti-Kürzungs-“ oder „anti-neoliberalen“ Regierungen zu ersetzen. In diesem Kontext der Krise des revolutionären Marxismus und angesichts des Fehlens von Alternativen der ArbeiterInnen, haben sich in den letzten Jahren eine Reihe von Tendenzen entwickelt, die vom mexikanischen Zapatismus inspiriert waren und sich auf den Autonomismus und den Anarchismus bezogen. Tendenzen, die die Notwendigkeit des Aufbaus einer revolutionären Organisation verneinen und die Perspektive der Machteroberung durch das Proletariat ablehnen. Dennoch haben sich diese Tendenzen trotz ihrer Rhetorik mehrheitlich an populistische bürgerliche Varianten angepasst.

Die Krise ermöglicht uns, mit einer kühnen Politik in die Prozesse des Klassenkampfes und die Phänomene der gewerkschaftlichen und politischen Reorganisierung der ArbeiterInnenklasse einzugreifen, um beim Aufbau starker revolutionärer und internationalistischer Parteien voranzukommen und Schritte hin zu einer ArbeiterInneninternationale zu gehen. Diese Weltpartei der Sozialen Revolution müsste für uns die Vierte Internationale sein, wiedergegründet auf einer revolutionären Basis, mit einem Programm von Übergangsforderungen, die es dem Proletariat erlauben, sich in die hegemoniale Kraft zu verwandeln, die dazu in der Lage wäre, eine Allianz mit den städtischen Armen, den armen Bauern/Bäuerinnen und allen Ausgebeuteten und Unterdrückten aufzubauen, um die Macht der Bourgeoisie zu brechen und einen wirklich fortschrittlichen Ausweg aus der Krise zu gehen. Falls nicht, werden die herrschenden Klassen auf ihre Weise – mit Misere, Krieg und Vernichtung – selbst einen Weg finden, wie sie es schon mit den zwei Weltkriegen im vorherigen Jahrhundert taten.

Für einen kämpferischen Internationalismus, für eine Bewegung für den Aufbau einer Internationale der sozialistischen Revolution (Vierte Internationale)

Die Notwendigkeit des proletarischen Internationalismus entspringt aus dem internationalen Charakter der Produktivkräfte und der ArbeiterInnenklasse selbst, die ihre gemeinsamen Interessen über die nationalen Grenzen und die von der Bourgeoisie aufgezwungenen Trennungen stellen muss.

Die Erfahrung der sozialen Revolutionen des 20 Jahrhunderts bewies mittels Fakten, was Karl Marx bereits im 19. Jahrhundert aufgezeigt hatte: Es ist unmöglich, den Sozialismus in einem einzigem Land aufzubauen. Um den Imperialismus zu besiegen ist es notwendig, dass die Siege des Proletariats auf nationaler Ebene in den Dienst der weltweiten Revolution gestellt werden, mit dem Ziel das „Reich der Freiheit“ zu erobern, d.h eine kommunistische Gesellschaft, die auf der rationellen, demokratischen und internationalen Planung der Wirtschaft basiert und so die Ausbeutung der Lohnarbeit und jede Unterdrückung beendet.

Die verschiedenen Imperialismen verfügen, neben ihren nationalen “Generalstäben”, über internationale Institutionen im Dienste der Beibehaltung der Unterdrückung der Massen und der Verhinderung der Revolution.

In der Geschichte haben sie auf alle ihnen zur Verfügung stehenden politischen, wirtschaftlichen und militärischen Mittel zurückgegriffen, um die revolutionären Versuche der ArbeiterInnen zur Enteignung der KapitalistInnen und zum Aufbau eines neuen Staats niederzuschlagen. Wie schon die Russische Revolution gezeigt hat, impliziert die Aufgabe der Eroberung der Macht in einem einzigen Land die Notwendigkeit der Solidarität der internationalen ArbeiterInnenbewegung, die es erlaubt, die Revolution zu stützen und auszubreiten. Daher stellt der Internationalismus kein abstraktes Prinzip dar, sondern eine strategische Frage.

Die Etappe, die sich mit der weltweiten kapitalistischen Krise und den neuen Phänomenen des Klassenkampfes zu eröffnen beginnt, setzt mit größerer Dringlichkeit als je zuvor die Aufgabe auf die Tagesordnung, die Vierte Internationale als Kampforganisation der Avantgarde der Jugend und der ArbeiterInnen wieder aufzubauen.

Die Trotzkistische Fraktion – Vierte Internationale (FT-CI, Fracción Trotskista – Cuarta Internacional) entstand Ende der 1980er Jahre im Rahmen des Rückzugs der ArbeiterInnenbewegung in einer Etappe, die von der Offensive des Imperialismus und der kapitalistischen Restauration der ehemaligen ArbeiterInnenstaaten geprägt war, als die Mehrheit der Organisationen, die sich auf den Trotzkismus beriefen, diesen aufgaben. Wir konstituierten uns als eine prinzipienfeste Neugruppierung mit dem Ziel, die revolutionäre Theorie, das Programm und die Strategie in jenen Momenten zu verteidigen. Gleichzeitig versuchten wir, unsere Verankerung in der ArbeiterInnenbewegung und der Jugendavantgarde zu vertiefen und eine internationalistische Praxis zu entwickeln. Wir sind uns bewusst, dass keine heute existierende Organisation, die sich als revolutionär auffasst, diese historische Aufgabe allein bewältigen kann. Gegen jegliche sektiererische Selbstproklamation behaupten wir, dass der Aufbau von revolutionären ArbeiterInnenparteien und der Aufbau der Vierten Internationale kein Produkt eines evolutiven Wachstums unserer Organisationen und unserer internationalen Strömung sein wird. Stattdessen wird sie das Ergebnis der Verschmelzung von linken Flügeln der trotzkistischen Organisationen mit Sektoren der proletarischen Avantgarde und der Jugend sein, die sich in Richtung der sozialen Revolution orientieren, die in der Hitze der Krise und des Klassenkampfs entstehen und sich ausbreiten werden.

Dennoch geht es nicht darum, passiv auf diese Ereignisse zu warten, sondern ihnen mit der bestmöglichen theoretischen, programmatischen, strategischen und organisatorischen Vorbereitung entgegenzuschreiten. Mit dieser Perspektive schlagen wir vor, eine Diskussion über die Notwendigkeit der Schaffung einer Bewegung für eine Internationale der sozialistischen Revolution als Schritt hin zur Wiedergründung der Vierten Internationale auf revolutionärer Grundlage zu eröffnen.

Wir rufen insbesondere die GenossInnen der Neuen Antikapitalistischen Partei (Nouveau Parti anticapitaliste, NPA) Frankreichs auf, sowohl diejenigen, mit denen wir die Plattform Z bilden, als auch jene, die in der Plattform Y gruppiert sind und die Notwendigkeit dazu sehen, der Orientierung der Führungsmehrheit der NPA entgegenzutreten, die einen permanenten Block mit der reformistischen Linksfront von Mélenchon zum Ziel hat. Wir rufen auch die GenossInnen des ehemaligen Vereinigten Sekretariats anderer Länder auf, die sich der Mehrheitsorientierung widersetzen, solche Blöcke mit ReformistInnen zu verallgemeinern (z.B. diejenigen, die sich der Linie der Unterordnung unter Syriza in Griechenland widersetzen). Wir rufen den linken Flügel der MinenarbeiterInnen von Huanuni [1] in Bolivien auf, mit denen wir einen gemeinsamen Kampf gegen den Druck der Regierung und deren Verbündete in der Bürokratie der COB führen, die den Prozess der Entstehung der PT (Partido de los Trabajadores, ArbeiterInnenpartei) zurückdrängen wollen – einer ArbeiterInnenpartei mit einer wirklichen Basis in den Gewerkschaften und einer von der Regierung, dem Staat und den Parteien der Bosse unabhänigen Politik. Wir rufen die GenossInnen der Partido Obrero (PO, ArbeiterInnenpartei) aus Argentinien und die Koordination für die Wiedergründung der Vierten Internationale (CRCI, Coordinadora por la Refundación de la Cuarta Internacional) auf, mit denen wir in Argentinien die Frente de Izquierda y los Trabajadores (FIT, Front der Linken und ArbeiterInnen) bilden und mit denen wir bei verschiedenen Ereignissen des Klassenkampfes auf nationaler und internationaler Ebene übereinstimmen. Und wir rufen all diejenigen Gruppen der revolutionären Linken oder der Avantgarde der ArbeiterInnen und der Jugend auf, die einen Weg zur Revolution suchen.

Die revolutionäre Umgruppierung, die wir heute brauchen, darf nicht nur auf allgemeinen Prinzipien basieren, sondern muss von Übereinstimmungen über die großen strategischen Fragen ausgehen, die die kapitalistische Krise schon in die Debatte innerhalb der weltweiten Linken getragen hat. Dieses Manifest soll kein vollständiges Programm sein, sondern die großen strategischen und programmatischen Kernfragen zur Diskussion stellen, die – gemeinsam mit der Probe der praktischen Politik und des Klassenkampfes – unserer Meinung nach in der Linken eine wirklich revolutionäre Strategie abgrenzen. Auf dieser Basis rufen wir zur Debatte und zur gemeinsamen praktischen Aktion im Klassenkampf auf.

Die Bedeutung von Übergangsforderungen, um die kapitalistische Krise zu bekämpfen

Die kapitalistische Krise macht ein Übergangsprogramm gültiger als je zuvor, um zu verhindern, dass die UnternehmerInnen und ihre Regierungen die Kosten auf die ArbeiterInnen abladen. Angesichts von Betriebsschließungen und Personalkürzungen, die die Reihen der ArbeiterInnenklasse in verschiedenen europäischen Ländern zu zersetzen drohen, ist es die Politik der bürokratischen und reformistischen Führungen, die Entlassungen zu akzeptieren und bestenfalls für eine höhere Abfindung zu kämpfen. Das haben wir 2009 in Frankreich in den Kämpfen bei Continental und anderen Fabriken gesehen, die in den Methoden sehr radikal waren, aber nur mit einem Minimalprogramm geführt wurden. Leider vertritt keine der Organisationen der französischen radikalen Linken eine Perspektive, die weiter als die bürgerliche Legalität geht oder das Privateigentum und die kapitalistischen Profite in Frage stellt.

Die KapitalistInnen schieben das Argument von Pleiten und Verlusten vor, um Entlassungen und Betriebsschließungen zu rechtfertigen. Um sich diesen Tricks entgegenzustellen, ist es notwendig, die Öffnung der Geschäftsbücher und die Abschaffung des Geschäftsgeheimnisses zu fordern.

Entgegen der Politik der Resignation angesichts der Fabrikschließungen erheben wir die Forderung der entschädigungslosen Enteignung der Firmen, die schließen oder drastisch Arbeitsplätze reduzieren und die Übernahme ihrer Produktion unter ArbeiterInnenkontrolle. Keine Intervention von FunktionärInnen des bürgerlichen Staates wird die Interessen der ArbeiterInnen beachten; nur die ArbeiterInnenkontrolle der Produktion, als Schule der Planwirtschaft, kann eine Alternative zur kapitalistischen Anarchie vorbereiten.

Die ArbeiterInnen von Zanon in Argentinien, die während der Krise von 2001 die Fabrik besetzten und die Produktion aufnahmen und schon seit mehr als zehn Jahren unter ArbeiterInnenkontrolle produzieren, sind ein Beispiel für alle ArbeiterInnen, die heute gegen die Krise kämpfen; sie haben beispielsweise schon die ArbeiterInnen der Metallfabrik Vio.Me in Griechenland inspiriert. Zanon konnte in der Form einer Kooperative überleben, weil es in Argentinien Wirtschaftswachstum gab. Aber ihre Stärke war, dass sie immer für ein Programm für die gesamte ArbeiterInnenklasse gekämpft haben, damit die AusbeuterInnen die Krise bezahlen, anstelle der Vorstellung einer Kooperative als Ziel in sich, wo der Druck des kapitalistischen Wettbewerbs die ArbeiterInnenklasse zur Selbstausbeutung zwingt. Wir RevolutionärInnen kämpfen für die Verstaatlichung vollständiger Produktions- und Dienstleistungszweige unter ArbeiterInnenkontrolle und die Planung im Dienst der Interessen der ArbeiterInnen und Massen. Erfahrungen wie die von Zanon, oder die der ArbeiterInnen von Phillips Dreux in Frankreich (auch wenn sie später niedergeschlagen wurden) und von Vio.Me in Griechenland haben einen großen Bildungswert, weil sie zeigen, dass die ArbeiterInnen keine KapitalistInnen benötigen, während sie gleichzeitig Positionen darstellen, von denen aus der Kampf gegen das bürgerliche Eigentum vorangetrieben werden kann.

Diese Forderungen besitzen gemeinsam mit der Forderung nach der Aufteilung der Arbeitsstunden unter allen ArbeiterInnen ohne Lohnkürzung vollständige Aktualität, vor allem in den Ländern, die von der Krise am meisten betroffen sind, wie in Griechenland, oder in Ländern wie Frankreich, wo die Bosse mit der Unterstützung der Regierung auf Entlassungen und Schließungen zurückgreifen, um ihre Profitabilität zurückzuerlangen.

Die Großbanken haben Milliarden Dollar an staatlichen Rettungsgeldern bekommen, die sie benutzen, um weiter zu spekulieren und ihre Profite zu erhöhen. Angesichts dessen steht die Verstaatlichung der Banken und ihre Vereinigung in einem einheitlichen staatlichen Kredit- und Investitionssystem im Interesse der ArbeiterInnen und der Massen auf der Tagesordnung, das zudem die Einlagen der kleinen SparerInnen sichert (die ersten, die angesichts der Gefahr einer Bankenkrise konfisziert werden).

Zusätzlich dazu, dass diese Maßnahmen die Lebensbedingungen der ArbeiterInnen verteidigen, sind sie darauf ausgerichtet, dass das Proletariat die ruinierten und durch das Kapital ausgebeuteten Mittelschichten und die unterdrücktesten Sektoren der städtischen Armen als Verbündete gewinnt. Das Proletariat muss Maßnahmen der Selbstverteidigung organisieren, was die Perspektive von ArbeiterInnenmilizen beinhaltet, um auf die Angriffe der KapitalistInnen zu antworten, sei es von Seiten der Repressionsapparate oder von paramilitärischen Banden, wie die Schlägertrupps der europäischen extremen Rechten.

Auch wenn die Abschaffung des bürgerlichen Eigentums an Produktionsmitteln nur im Rahmen eines allgemeinen Aufstiegs der ArbeiterInnenklasse möglich sein wird, haben die Forderungen der entschädigungslosen Enteignung von Produktionszweigen unter ArbeiterInnenkontrolle einen Übergangscharakter, weil sie die ArbeiterInnenklasse darauf vorbereiten, diese Aufgabe zu lösen, weshalb sie untrennbar mit der Perspektive der ArbeiterInnenmacht verbunden sind und in ihre Richtung führen.

Die Rolle der demokratischen Forderungen im Kampf für die Hegemonie und die Macht der ArbeiterInnen

Vor den Augen von Millionen von ArbeiterInnen und Jugendlichen wird immer klarer, dass der despotische Charakter der Herrschaft des Kapitals über seiner parlamentarischen Form steht. Dies zeigt sich in der Tendenz zur Stärkung der Exekutivmacht. In der Europäischen Union werden die nicht gewählten bürgerlichen Institutionen wie die Brüsseler Bürokratie unter starkem Einfluss Deutschlands oder die Europäische Zentralbank immer stärker. Diese Institutionen zerstören Teile der „nationalen Souveränität“ der verschuldeten Staaten, indem sie ökonomische Kürzungsprogramme erzwingen und die Haushalte kontrollieren, wie es der IWF in Lateinamerika in den 1990er Jahren tat, und treffen Entscheidungen, die Millionen von Menschen zu vielen Jahren Leid verurteilen. Gleichzeitig werden diese Pläne der „Troika“ mit Unterstützung der nationalen Regierungen durchgesetzt.

Die Krise der traditionellen Parteien und die Tendenz zur „Antipolitik“ sind Teil eines allgemeineren Prozesses der Ablehnung der bürgerlich-demokratischen Regime. Diese brachten sich in großen Misskredit, als sie ihre Dienstbereitschaft gegenüber den KapitalistInnen offen legten.

Einer der stärksten Ausdrücke dieser Unzufriedenheit ist die Krise des Regimes des „demokratischen“ Übergangs nach der Militärdiktatur im Spanischen Staat, welches zentrifugale Tendenzen beinhaltet, die die Kontinuität der Herrschaft der spanisch-kastilischen Bourgeoisie bedrohen. Ein weiteres Beispiel ist Italien (die drittgrößte Ökonomie der Eurozone), das eine politischen Krise hinter sich her zieht, die mit der Etablierung der Regierung der Nationalen Einheit zwischen Mitte-Links und Mitte-Rechts unter Enrico Letta längst noch nicht gelöst ist.

Der Verfall der bürgerlichen Demokratie in Folge der Krise zeigte sich auch in den embryonalen bonapartistischen Tendenzen, die von der Führung der EU angetrieben wurden und die zur Einsetzung von „technokratischen Regierungen“ oder „Regierungen der Nationalen Einheit“ (wie der von Papademos oder von Samaras in Griechenland, Mario Monti und sogar der Nachfolgeregierung mit Letta in Italien) führten, um die Kürzungspläne und die sogenannten „strukturellen Reformen“ im Interesse des Kapitals durchzusetzen.

In Lateinamerika sehen wir im Fall Chiles, wo das anachronistische Regime, Erbe des pinochetistischen Übergangs, seit Jahren auf Mobilisierungen von Jugendlichen stößt, welche sich aktuell mit dem Auftreten der ArbeiterInnenbewegung verbinden. Im von der PT (Partido dos Trabalhadores, Arbeiterpartei) von Lula und Dilma Rousseff regierten Brasilien haben massenhafte Mobilisierungen die Erschöpfung eines politischen Regimes offengelegt, welches von den Bedürfnissen der Massen abgetrennt ist.

Während der letzten 30 Jahre waren die geographische Ausdehnung der bürgerlichen Demokratie auf einen großen Teil der halbkolonialen Welt sowie die Ausbreitung formeller politischer Rechte für die „StaatsbürgerInnen“, insbesondere in den zentralen Ländern (im Kontrast zur weitergeführten Verfolgung und Fremdenfeindlichkeit gegenüber den „ImmigrantInnen“), der Deckmantel für die Offensive des Kapitals, für den Angriff auf die Rechte der ArbeiterInnen und die Lebensbedingungen der Massen.

Die Abwechslung der traditionellen Parteien an der Macht beinhaltet nicht mehr als minimale Varianten ein und des selben Programms der Kürzungen und Zerstörung von sozialen Rechten, wie man es an der neoliberalen Wende aller sozialdemokratischen und bürgerlich-nationalistischen Parteien in den letzten Jahrzehnten sehen konnte und wie es sich heute im Angesicht der Krise erneut unter Beweis stellt.

Die „VolksvertreterInnen“ erscheinen immer mehr als das, was sie sind, eine immense Kaste bürgerlicher PolitikerInnen und FunktionärInnen, die neben ihren hohen Diäten ihre Posten dazu benutzen, um ihre persönlichen Geschäfte zu sichern, während sie von den Massen ein ums andere Mal „Sparmaßnahmen“ zum „Wohle der Nation“ verlangen.

Dies wird von der Vertiefung bonapartistischer Züge begleitet. Neben der wachsenden Stärkung einer auf eine Person zugeschnittenen Exekutivgewalt werden Mechanismen der sozialen Kontrolle auf außergewöhnlichem Niveau entwickelt. Individuelle Rechte werden unterdrückt, indem der Diskurs der „Sicherheit“ aufgegriffen wird, der sich in das beste Mittel verwandelt hat, um die Armut zu kriminalisieren, die MigrantInnen zu verfolgen und riesige Nachrichtendienste zur Kontrolle der Bevölkerung aufzubauen. Die Enthüllungen von Edward Snowden haben nicht nur die weltweite Ausdehnung der Kontroll- und Spionage-Mechanismen offengelegt, sondern auch ihren lebenswichtigen Charakter für die kapitalistische Herrschaft aufgezeigt, was Obama mit seiner minimalen Verteidigung der massiven Spionage bewies.

In diesem Rahmen ist es nicht zufällig, dass die Kaste der bürgerlichen PolitikerInnen und FunktionärInnen, die die Politik struktureller Kürzungen durchsetzt, auf die Ablehnung breiter Massen stößt und sich, auf der Ebene des Regimes, zu einem Symbol für die Vergrößerung der sozialen Ungleichheit gewandelt hat.

Diese Kritik wurde von Bewegungen aufgenommen wie den Empörten im Spanischen Staat, Occupy in den USA oder „#yosoy132“ in Mexiko. Dies geschah im Rahmen autonomistischer Illusionen (Erbe der neo-zapatistischen Ideologien von TheoretikerInnen wie Toni Negri, GlobalisierungskritikerInnen, etc., die die Jugendbewegungen Ende der 1990er und zu Beginn des 21. Jahrhunderts ausmachten) und ohne die Infragestellung des Klassencharakters der Regime und der regierenden Kaste.

Nichtsdestotrotz existierte und existiert die Infragestellung dieser “Demokratie der Reichen” immer noch neben der Vorstellung, dass die bürgerliche Demokratie die einzig mögliche Demokratie sei, eine wegen der Ausbreitung dieser Herrschaftsform auf weitere Länder und der Bürokratisierung der ehemaligen ArbeiterInnenstaaten tief verwurzelte Vorstellung.

Angesichts dieser Krise appellieren rechtspopulistische Varianten an „antipolitische“ Gefühle, um sie zu kanalisieren und sie in den Grenzen des kapitalistischen Staats zu halten, während autonomistische Tendenzen zur Ohnmacht führen, weil sie sich weigern, für die Eroberung der politischen Macht zu kämpfen.

Wichtige Sektoren der sich revolutionär nennenden Linken haben den demokratischen Illusionen nachgegeben. Bevor sie sich in die NPA aufgelöst hatte, hat die französische Revolutionär-kommunistische Liga (LCR, Ligue communiste révolutionnaire, Sektion des Vereinigten Sekretariats) aus ihrem Programm die Diktatur des Proletariats entfernt und ihre mehrheitliche Führung hatte als Strategie den Kampf für eine „Demokratie bis zum Ende“ angenommen.

Ihrerseits haben die LIT-CI (Liga Internacional de los Trabajadores – Cuarta Internacional, Internationale ArbeiterInnenliga – Vierte Internationale) und die UIT-CI (Unidad Internacional de los Trabajadores – Cuarta Internacional, Internationale ArbeiterInneneinheit – Vierte Internationale) das Programm der „demokratischen Revolution“ angenommen, wodurch sie die demokratischen Forderungen von der Perspektive des Kampfs für die ArbeiterInnenmacht trennten. Doch der Kampf für die Forderungen, die das bürgerliche Regime selbst in Frage stellen, ist unauflöslich mit dem Kampf für die demokratisch-strukturellen Forderungen verbunden. Es kann keine großzügigere Demokratie in den halbkolonialen Ländern geben, die nicht mit Aufgaben wie der Agrar-Revolution und der Unabhängigkeit vom Imperialismus verbunden wäre. Allgemeiner: mit einem Programm, das vor dem kapitalistischen Privateigentum keinen Halt macht.

Wir revolutionäre MarxistInnen erheben als Teil unseres Kampfes die radikaldemokratischen Parolen und demokratischen Übergangsforderungen, die uns die Kommune von Paris 1871 vererbt hat. Darunter fallen unter anderem, dass alle FunktionärInnen und gewählten VertreterInnen einen durchschnittlichen ArbeiterInnenlohn bekommen; die unmittelbare Abwählbarkeit aller MandatsträgerInnen; die Abschaffung der bonapartistischen Institution des/der Präsidenten/Präsidentin der Republik genau wie der oligarchischen SenatorInnenkammern und die Etablierung einer einheitlichen Kammer, die die exekutiven und legislativen Gewalten fusioniert und die durch ein wirklich universelles Wahlrecht aller EinwohnerInnen über 15 Jahren ohne Unterscheidung nach Nationalität geschaffen wird; die Wahl aller RichterInnen durch universelles Wahlrecht und die Installierung von Geschworenengerichten; die Trennung von Kirche und Staat.

In Argentinien benutzt die PTS (Partido de Trabajadores Socialistas, Partei Sozialistischer ArbeiterInnen) ihren Parlamentssitz in Neuquén, den sie als Teil der Front der Linken und ArbeiterInnen inne hat, um für Teile dieses Programms nicht nur während der Wahlkampagne zu agitieren und vorzuschlagen, dass einE AbgeordneteR das selbe verdient wie eine Lehrerin, und so diese Forderung mit den Kämpfen der ArbeiterInnen zu verbinden, um sie in ihrer Konfrontation mit dem Regime zu stärken.

Dieses Ensemble von Maßnahmen ist darauf orientiert, die Erfahrung der Massen mit ihren demokratischen Illusionen zu beschleunigen und den Weg zur ArbeiterInnenmacht zu erleichtern.

Der Übergangscharakter dieser Forderungen entsteht aus dem Fakt, dass ihre effektive Durchsetzung zur Konfrontation mit dem Regime und dem kapitalistischen Staat führen würde. Aber die bürgerliche Hegemonie ist durchzogen von Zwang, von einer ganzen Reihe bewaffneter Institutionen und Repressionsapparate, die ihre fundamentalen Stützpfeiler bilden. Daher erheben wir RevolutionärInnen diese demokratischen Übergangsforderungen in der Perspektive des Kampfs für die Zerstörung des bürgerlichen Staats, seines stehenden Heers und seiner Polizeikräfte und ihre Ersetzung durch einen ArbeiterInnenstaat, der auf Organen der direkten Demokratie und Milizen der ArbeiterInnen und der Massen beruht.

Gegen die Europäische Union des Kapitals. Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa

Seit dem Beginn des Projektes der EU zeigten die MarxistInnen den komplett reaktionären Charakter dieses imperialistischen und arbeiterInnenfeindlichen Blockes auf, der im Dienste der Interessen seiner beiden Hauptmächte – Deutschland und Frankreich – aufgebaut wurde.

Die EU nahm die Staaten Osteuropas als Hinterhof auf und verwandelte sie in Halbkolonien und ein Reservoir für billige und qualifizierte Arbeitskraft, vor allem für den deutschen Imperialismus. Dies trug zu der Senkung der Arbeitskosten auf europäischer Ebene bei, indem die Errungenschaften der ArbeiterInnen in imperialistischen Ländern angegriffen wurden, wie man bei der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, wie sie in Deutschland durchgeführt wurde, sieht.

Gegen jene, die behaupteten, dass diese Einheit progressiv und dass die Einführung des Euro ein erster Schritt zu einer größeren staatlichen Vereinigung war, vertraten wir die Position, dass eine europäische Einheit früher oder später mit der unüberwindbaren Grenze der Interessen der imperialistischen Bourgeoisien, aus denen sie besteht, kollidieren würde. Deshalb sei keine Umwandlung dieses Blockes in ein supranationales Staatengebilde möglich. Die Krise hat diese objektive Grenze des imperialistischen europäischen Projektes mit aller Klarheit offen gelegt, was sich in den zentrifugalen Kräften zwischen dem harten Kern rund um Deutschland und die nordischen Ökonomien und dem schwächeren Kern der mediterranen Länder des Südens zeigt. Bis heute hält die europäische Großbourgeoisie an dem Projekt fest, vor allem Deutschland, da die EU seinen Unternehmen riesige Gewinne bringt und immer noch der größte Abnehmer für Exporte ist. Es wird jedoch schwer sein, die EU so beizubehalten, wie sie ist. Schon sind Diskussionen um die Neudefinition der Status jedes Mitglieds im Gange, die Deutschland zur Festigung seiner imperialistischen Führungsrolle zu nutzen versucht, indem es seine Bedingungen gegen periphere Länder wie Griechenland und Portugal durchsetzt und in ihrer Semikolonisierung voranschreitet.

Vor diesem Panorama entstanden zwei ähnlich reaktionäre und bürgerliche Positionen. Auf der einen Seite sind jene, die, ausgehend von der Ablehnung der Kürzungspläne, die Demokratisierung und Reformierung der EU fordern. Die Mehrheit der europäischen Linken verfolgt diese Politik, die ein Ausdruck der Anpassung an das Europa des Kapitals ist. Das ist z.B. das Programm der Führungsmehrheit von Syriza, die die Verteidigung der EU und des Euro auf ihre Fahne schrieb und Illusionen in die Verhandelbarkeit der Kürzungspläne der „Troika“ erzeugte.

Auf der anderen Seite führte die imperialistische Offensive Deutschlands zum Aufkommen oder zur Stärkung von souveränistischen und nationalistischen Tendenzen der extremen Rechten. Sie wollen die Krise durch das Verlassen des Euros und die Rückkehr zu Nationalwährungen bewältigen und betreiben Demagogie mit der Verteidigung des „Nationalstaates“, was eng mit ihrer fremdenfeindlichen, rassistischen und migrantInnenfeindlichen Politik verbunden ist. Einige Minderheitssektoren der Linken wie die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE, Kommounistikó Kómma Elládas) vertreten ähnliche Perspektiven und schüren somit die Illusionen in einen Ausweg des „Nationalen Kapitalismus“, der angeblich vorteilhaft für die ArbeiterInnen wäre.

Gegen die Utopie der Demokratisierung der EU, die „fortschrittliche“ Sektoren fordern und dabei deren imperialistischen und reaktionären Charakter ignorieren, und gegen die Demagogie der extremen Rechten, die nationalen Hass verbreitet – mit dem Ziel, die ArbeiterInnenklasse nicht nur zwischen den verschiedenen Ländern der EU zu teilen, sondern auch in Einheimische und ImmigrantInnen, um sie an einen Sektor der nationalen Bourgeoisie zu fesseln –, müssen die ArbeiterInnen ein klares Programm erheben, welches unabhängig von jeder Variante der UnternehmerInnen ist und zum Ziel hat, dass die KapitalistInnen die Krise bezahlen müssen.

Wir erleben die Krise des Europas des Kapitals und die Antwort der Kürzungsregierungen. Wir müssen die Zersplitterung in den ArbeiterInnenreihen überwinden, die Fremdenfeindlichkeit und die migrantInnenfeindliche Politik der europäischen Regierungen bekämpfen. Die durch die Krise verarmten Sektoren der Mittelschichten könnten sich in eine fruchtbare soziale Basis für die rechtsextreme Demagogie entwickeln und möglicherweise für den Faschismus. Angesichts dieser tiefen Krise ist es notwendig, die Kämpfe gegen die verschiedenen Kürzungsregierungen sowie gegen die „Troika“ und die imperialistischen Institutionen der EU in die strategische Perspektive der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa einzubinden. Dies ist der einzige fortschrittliche Ausweg für die ArbeiterInnen.

Der Arabische Frühling, der Kampf der palästinensischen Massen und die permanente Revolution

Mit dem Ausbruch des „arabischen Frühlings“ hat sich der Norden Afrikas in einen Brennpunkt des Klassenkampfs verwandelt, welcher tiefgründige revolutionäre Prozesse wie in Ägypten und Tunesien bis hin zu imperialistischen Interventionen wie in Libyen und BürgerInnenkriegen wie in Syrien umfasst. Aufgrund der Wichtigkeit, die die Region für die ökonomischen und geopolitischen Interessen der USA, des Staates Israel und anderer imperialistischer Mächte besitzt, sowie wegen seiner gemeinsamen demokratischen und sozialen Motoren, hat dieser Prozess trotz seiner Ungleichheiten eine Reihe von programmatischen und strategischen Debatten in der Linken weltweit forciert.

Der Kampf gegen die Gaddafi-Diktatur und die imperialistische Intervention erzeugte eine sehr wichtige Diskussion innerhalb der weltweiten Linken (wie zum Beispiel mit der LIT-CI und den GenossInnen der Izquierda Socialista (IS, Sozialistische Linke) in Argentinien, die im Namen der „demokratischen Revolution“ nicht nur eine Strategie der Klassenkollaboration annahmen, sondern vor der imperialistischen Intervention der NATO in Libyen unter „humanitärem“ Vorbehalt kapitulierten.

Weit davon entfernt, „demokratische Revolutionen“ zu sein, verhindern die „kontrollierten Übergänge“ (eingerahmt von der Notwendigkeit der ImperialistInnen, den regionalen Status quo und die krasse Ausbeutung der Länder der Region aufrechtzuerhalten) die effektive Befriedigung der Forderungen der Ausgebeuteten.

Die arabischen Bourgeoisien zeigen einmal mehr ihre historische Unfähigkeit, die Aufgaben der sozialen und nationalen Befreiung ihrer Länder konsequent anzugehen, die sich schon im Scheitern der Projekte des Nasserismus, des Baathismus, der algerischen Nationalen Befreiungsfront etc. ausdrückte.

In einigen Ländern wie Tunesien oder Ägypten hat die ArbeiterInnenklasse eine wichtige Rolle beim Sturz diktatorischer Regime gespielt. Im Fall Ägyptens sind fortgeschrittene Sektoren wie die ArbeiterInnen in der großen Textilfabrik von Mahalla die Avantgarde des Kampfes gegen Mubarak gewesen und haben später die Betriebsleitungen, die mit den Militärs verbunden sind, und die Anti-Streik-Gesetze bekämpft. Außerdem haben sie gegen die neoliberale Politik der gemäßigt-islamistischen Regierung der Muslimbruderschaft gekämpft, die zu den historischen Mobilisierungen von Millionen von Menschen geführt hat, die Ägypten im Juli 2013 überschwemmten. Die Armee führte angesichts der Mobilisierungen und um eine revolutionäre Entwicklung der Ereignisse zu verhindern, einen „präventiven“ Militärputsch durch und errichtete eine neue bonapartistische, anti-ArbeiterInnen- und proimperialistische Regierung gemeinsam mit den Figuren der bürgerlichen Opposition. Sie kooptierte sogar den wichtigsten Anführer der unabhängigen Gewerkschaftsföderation, die nach dem Fall Mubaraks gebildet worden war, als Arbeitsminister.

Der Putsch in Ägypten, der von der „liberalen“ und laizistischen Bourgeoisie und sogar von Sektoren, die sich als progressiv präsentierten, wie die Bewegung Tamarod, unterstützt wurde, zeigt das Scheitern der Politik der „demokratischen Revolution“ und der Klassenkollaboration, die die formal-demokratischen Forderungen von den strukturellen Forderungen und vom Kampf für die Macht der ArbeiterInnen zu trennen versuchen.

Die gemäßigt-islamistischen Organisationen, die an die Macht kamen – wie die Partei Ennahda in Tunesien oder die abgesetzte Partei für Gerechtigkeit und Freiheit in Ägypten – sind bürgerliche Kräfte, die für eine Mischung aus religiöser Strenge, klientelistischem Populismus und wirtschaftlichem Neoliberalismus stehen. Wir RevolutionärInnen bekämpfen diese politischen Strömungen ausgehend von einer antiimperialistischen und Klassen-Orientierung und ohne, dass wir Fronten mit Sektoren der „liberalen“ laizistischen Bourgeoisie oder ihrem politischen Personal schmieden.

Die Dynamik der ägyptischen Revolution zeigt, dass es keine demokratische Revolution geben kann, ohne definitive Antworten auf die Forderungen zu den Lebensbedingungen der Massen zu geben, welche wiederum nicht erfüllt werden können, ohne die imperialistische Unterdrückung zu beenden. Dies ist die erste strukturell-demokratische Frage, die die Revolution lösen muss und sie kann nur von der ArbeiterInnenklasse bis zum Ende geführt werden.

Aus diesem Grund nehmen wir die formal-demokratischen Forderungen auf, die einer der Motoren der Prozesse des arabischen Frühlings waren, insbesondere der Kampf gegen die diktatorischen proimperialistischen Regime, genauso wie der Kampf für eine freie und souveräne verfassungsgebende Versammlung – insofern diese Forderungen dazu beitragen, die Erfahrung der Massen mit ihren Hoffnungen in die bürgerliche Demokratie weiterzuentwickeln und die Entstehung von Organen der Selbstbestimmung zu erleichtern. Wir tun dies im Rahmen eines Übergangsprogramms, welches die unmittelbaren und nächsten Forderungen der Massen mit den strukturell-demokratischen Forderungen wie der Befreiung vom imperialistischen Joch verbindet, um sie in die Perspektive der Errichtung einer Regierung der ArbeiterInnen, Bauern/Bäuerinnen und der armen Massen zu stellen.

In den Fällen des offenen BürgerInnenkriegs wie in Libyen ist es unhaltbar, den militärischen Kampf gegen die Diktaturen vom Kampf gegen den Imperialismus zu trennen und dabei im Hintergrund zu lassen, welche Klasse in dem Prozess hegemonial ist und was ihr sozialer Inhalt ist. Die Unterordnung des Politischen unter das Militärische führt letzten Endes dazu, den Erfolg der NATO-Intervention durch den Sturz Gaddafis mit einem „Triumph“ der Massenbewegung zu verwechseln. Dabei war es genau die Politik der USA und anderer Mächte, sich an die Spitze der anti-diktatorischen Bewegungen zu setzen, um diese auf einen Regierungswechsel zu beschränken und neue Verbündete-KlientInnen zu finden, und dadurch zu verhindern, dass diese Prozesse eine Dynamik der permanenten Revolution erlangen, soll heißen, dass sie sich zum Kampf gegen den bürgerlichen Staat und den Imperialismus erheben. In Syrien wiederholen diese Strömungen die selbe Politik, sich unkritisch auf die „Anti-Assad“-Seite zu stellen, ohne irgendeine Abgrenzung oder strategische Unabhängigkeit von den proimperialistischen Führungen, die von den USA unterstützt werden. In den zentralen Ländern führte diese Politik dazu, nicht offen gegen die Intervention zu kämpfen und so die „humanitäre“ Propaganda des Imperialismus zu unterstützen.

Allgemeiner gesagt sprechen wir RevolutionärInnen uns im Fall imperialistischer Aggression oder Besetzung eines halbkolonialen Landes, wie es im Irak oder in Afghanistan passierte, für die Niederlage der AggressorInnen aus und stellen uns militärisch gesehen auf die Seite der unterdrückten Nation, ohne dass dies politische Unterordnung unter ihre letztliche Führung bedeuten würde. Wir kämpfen dafür, dass sich die ArbeiterInnenklasse und die Jugend in den imperialistischen Ländern aktiv den Kriegsabenteuern ihrer Bourgeoisie entgegenstellen, da jeder äußere Fortschritt des Imperialismus sich intern in die Stärkung der Fähigkeit des Angriffs gegen das Proletariat und die Massen übersetzt.

Wir RevolutionärInnen denunzieren auch den umgekehrten Betrug der chavistischen und populistischen Strömungen, die Gaddafi verteidigten und heute Assad in Syrien verteidigen, indem sie sie als progressive „antiimperialistische“ Regierungen bezeichnen. In Libyen unterstützen wir den bewaffneten Widerstand gegen die Gaddafi-Diktatur, ein despotisches und proimperialistisches Regime, das einen BürgerInnenkrieg begann, um den Aufstand niederzuringen und die Kontrolle über den Staatsapparat und die riesigen Pfründe, die aus der Verteilung der Ölgewinne entstanden sind, zu behalten. Gleichzeitig verurteilen wir die Intervention der NATO und die proimperialistische Politik der Führung des Nationalen Übergangsrates, genauso wie den reaktionären Charakter der verschiedenen islamistischen Organisationen. In Syrien sind wir für den revolutionären Sturz des Assad-Regimes und gegen jede Einmischung des Imperialismus und seiner regionalen Verbündeten. Das impliziert, den proimperialistischen Führungen des „rebellischen“ Lagers wie der Freien Syrischen Armee keinerlei politische Unterstützung zu geben.

Diese Prozesse machen deutlich, dass es um den Kampf für das Auftreten des Proletariats als soziales und politisches Subjekt geht, das dazu fähig ist, die Massen der Unterdrückten und Ausgebeuteten, die gegen die Diktaturen kämpfen, zum Ziel der politischen Machtübernahme zu führen.

Der Kampf des palästinensischen Volkes gegen die Unterdrückung des zionistischen Staates ist unlöslicher Teil der Prozesse in der arabischen Welt. Wir RevolutionärInnen verteidigen das Recht des palästinensischen Volkes auf nationale Selbstbestimmung, das vom Imperialismus und dem zionistischen Staat abgelehnt wird. Der Staat Israel behandelt die arabische Minderheit in Israel als StaatsbürgerInnen zweiter Klasse und stellt sich schnaubend dem Recht auf Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge entgegen, weil dies objektiv den exklusiv jüdischen – und rassistischen – Charakter des zionistischen Staats in Frage stellt. Aus diesem Grund verteidigen wir das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge, die durch die zionistische Kolonisierung und deren Kontinuität unter der militärischen Besetzung und der Ausdehnung der Siedlungen vertrieben wurden. Gegen die falsche Zwei-Staaten-Lösung und die reaktionäre Strategie der islamischen Führungen, die einen theokratischen Staat zu etablieren suchen, kämpfen wir für die Zerschlagung des Staates Israel als proimperialistische und koloniale Enklave und für einen einheitlichen palästinensischen Staat auf dem gesamten historischen Territorium: ein sozialistisches Palästina der ArbeiterInnen, wo AraberInnen und Juden/Jüdinnen in Frieden zusammenleben können.

Die arabische Revolution kann nur als permanente Revolution triumphieren, also durch die Machtübernahme der ArbeiterInnen im Verbund mit den armen Massen und mittels ihrer eigenen Kampforgane. Denn nur diese Form der Macht (also die Diktatur des Proletariats, unterstützt durch die Allianz mit den unterdrückten Massen des Landes und der Stadt) kann die strukturellen demokratischen Aufgaben der Revolution garantieren und zu Ende führen, also zuvorderst die Befreiung von Imperialismus und der Kampf gegen seinen regionalen Agenten, den kolonialistischen Staat Israel, mit dem Ziel der Etablierung einer Föderation der Sozialistischen Republiken in der ganzen Region.

Der Kampf gegen den Imperialismus und für die politische Unabhängigkeit der ArbeiterInnenklasse in Lateinamerika

Am Ende der 1990er und in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts erlebte Lateinamerika einen Aufschwung der Massen, in dem hauptsächlich die Verbündenden des Proletariats – die Bauern/Bäuerinnen, die städtischen Armen und die am meisten ausgebeuteten Sektoren der ArbeiterInnenklasse wie die Arbeitslosen in Argentinien – die führende Rolle innehatten. Als Produkt dieser Mobilisierungen und Aufstände wurden die neoliberalen Regierungen gestürzt, die am „Washington Consensus“ festhielten. An ihre Stelle traten Regierungen populistischer oder nationalistischer Prägung, die sich selbst als „fortschrittlich“ bezeichneten.

Diese Regierungen profitierten von einem Jahrzehnt außergewöhnlichen Wachstums. Während sie einen Teil der Einnahmen (aus der Landwirtschaft in Argentinien, aus dem Bergbau in Bolivien und aus der Ölindustrie in Venezuela) benutzen, um mit dem Binnenmarkt verbundene bürgerliche Sektoren mit Subventionen, niedrigen Steuern, Abwertungen usw. zu unterstützen, führten sie keine strukturelle Transformation durch und die Bosse konnten weiterhin fabelhafte Profite anhäufen. Mehr noch: Trotz ihres Diskurses haben sie den Staat zu ihrem eigenen Vorteil genutzt und versucht, eine befreundete Bourgeoisie zu schaffen, wie man an den Korruptionsskandalen und der Selbstbereicherung der FunktionärInnen dieser Regierungen sieht.

Jetzt, da man die Verlangsamung des Wachstums als Produkt der weltweiten Krise spürt, fangen sie an, ihren arbeiterInnenfeindlichen Charakter offen zu zeigen: Cristina Kirchner in Argentinien lehnt die Lohnforderungen angesichts der Inflation ab und hält an der Lohnsteuer fest; Maduro setzte eine Mega-Abwertung der Währung in Venezuela durch und verhandelt mit den putschistischen KapitalistInnen; und Evo Morales begann eine brutale Offensive gegen die ArbeiterInnen, um das neoliberale Rentensystem zu verteidigen. In Brasilien reagierte die Regierung der PT mit Repression gegen jene, die gegen die Steigerung der Nahverkehrspreise, die Korruption und die enormen Ungleichheiten, welche das Land durchziehen, auf die Straße gegangen sind. Das Resultat davon war, dass weitere hunderttausende Menschen sich den Protesten anschlossen, wodurch die Mobilisierungen die massivsten der letzten Zeit wurden.

Der anfängliche Prozess der Erschöpfung des Zyklus dieser „postneoliberalen“ Regierungen geht Hand in Hand mit der Rückkehr der ArbeiterInnenbewegung auf die gesellschaftliche Bühne, die zu Phänomenen sowohl des Kampfes als auch der gewerkschaftlichen und politischen Neuorganisation geführt hat. In Argentinien wurde das Land im November 2012 mit dem ersten Generalstreik seit zehn Jahren gegen die Kirchner-Regierung lahmgelegt. Der Aufruf zum Streik durch die CGT (Confederación General del Trabajo de la República Argentina, Allgemeiner Gewerkschaftsbund der Republik Argentinien), die ein fundamentaler Stützpfeiler des Kirchnerismus gewesen war, und durch den Oppositionsflügel der CTA (Central de Trabajadores de la Argentina, ArbeiterInnenzentrale Argentinien) wurde von den ArbeiterInnen genutzt, um ihre Unzufriedenheit auszudrücken, und die antibürokratischen Sektoren und die klassenkämpferische Linke, an denen unsere Strömung aktiv teilgenommen hat, waren die ProtagonistInnen der wichtigsten Aktionen dieses Streiktages. Die Spaltung des Peronismus und der Beginn eines Prozesses des Bruchs von Sektoren der ArbeiterInnenklasse mit der Regierung und die weit verbreitete Wut gegen die Bürokratie stellen eine große Möglichkeit dar, um Schritte im Aufbau einer revolutionären ArbeiterInnenpartei in Argentinien zu gehen.

In Bolivien entwickelte sich, ausgehend vom emblematischen Minen-Proletariat, im Mai 2013 der große Kampf gegen die Rentenreform, der die Regierung von Evo Morales zwei Wochen lang in Atem hielt. Dieser Höhepunkt im Kampf der bolivianischen ArbeiterInnenklasse geht seinerseits einher mit dem Prozess der Gründung der ArbeiterInnenpartei in Bolivien. Ihre wichtigste treibende Kraft sind die MinenarbeiterInnen in Huanuni. Das Projekt des Aufbaus der ArbeiterInnenpartei hat Hindernisse zu überwinden: Ein Flügel der Bürokratie, der mit der Regierung von Evo verbunden ist, boykottiert die Entstehung einer politischen Organisation der ArbeiterInnen direkt, während ein anderer Flügel der Bürokratie der COB versucht, sie im Rahmen des Regimes zu halten und zu verhindern, dass sie mit den Prozessen des Klassenkampfes verbunden wird und der ArbeiterInnendemokratie sowie der Basis der Gewerkschaften unterworfen wird.

In Brasilien entwickelte sich im Juli 2013 nach den historischen Mobilisierungen der Jugend, die das Land aufrüttelten, ein landesweiter Kampftag der die erste Aktion dieser Art seit Jahrzehnten war, auch wenn er nicht die Ausmaße eines Generalstreiks hatte. Die CUT (Central Única dos Trabalhadores, Vereinigte ArbeiterInnenzentrale) rief gemeinsam mit anderen gewerkschaftlichen Organisationen zum Streik auf. Die Führung der CUT versuchte mit allen Mitteln, die Weiterentwicklung dieses Tages und der Aktionen der ArbeiterInnen zu begrenzen; dennoch gab es im Rahmen des Streiks wichtige Aktionen der ArbeiterInnen wie die Blockaden von General Motors.

In Chile, wo die Jugend seit Jahren für das Recht auf kostenlose Bildung auf die Straße geht, gab es am 11. Juli 2013 einen nationalen Generalstreik mit den größten ArbeiterInnenmobilisierungen seit dem Ende der Pinochet-Diktatur – trotz der Politik der CUT, die es verhinderte, dass die privatwirtschaftlichen ArbeiterInnen sich am Streik beteiligen konnten. Die Einheit von Studierenden und ArbeiterInnen in den Straßen schritt voran und es formierte sich eine Avantgarde links von der Bürokratie der CUT und der KP, jene Avantgarde, die für die Barrikaden des Streiktages verantwortlich war.

In Uruguay ist der historische 32-tägige Streik der DozentInnen in der ersten Hälfte von 2013 auch Teil eines Klimawandels in der ArbeiterInnenbewegung, mit einem wachsenden Unmut gegen die Frente Amplio (Breite Front).

Während des letzten Jahrzehnts hatte es einen wichtigen Fortschritt in der objektiven Neuzusammensetzung der Kräfte der ArbeiterInnenklasse gegeben (auch wenn dies unter Bedingungen der Zersplitterung zwischen vollbeschäftigten, gewerkschaftlich organisierten Sektoren und prekarisierten Sektoren, die extremer Ausbeutung ausgesetzt sind, stattfindet). Dies wurde in vielen Fällen, wie in Argentinien, von einer gewerkschaftlichen Neuzusammensetzung von Avantgarde-Sektoren der ArbeiterInnenbewegung begleitet.

Angesichts der konstanten Politik dieser Regierungen, die Gewerkschaften dem Staat unterzuordnen, ist es fundamental, dass die ArbeiterInnenbewegung für die völlige und bedingungslose Unabhängigkeit ihrer Kampforganisationen vom kapitalistischen Staat kämpft, was untrennbar mit dem Kampf für die gewerkschaftliche Demokratie, für den Rauswurf der Gewerkschaftsbürokratie aus den ArbeiterInnenorganisationen verbunden ist, wie auch mit dem Kampf dafür, dass die Gewerkschaften die Forderungen der Gesamtheit der ArbeiterInnenklasse in ihre Hände nehmen.

Wir sind der Meinung, dass es zentral ist, für die völlige politische Unabhängigkeit gegenüber den Regierungen der Region, dem Staat und den Parteien der Bourgeoisie zu kämpfen.

Der Chavismus (jetzt in einer Krise seit dem physischen Verschwinden von Chávez) war die „linkeste“ Variante der lateinamerikanischen Populismen. Dieses Regime hatte Elemente von dem, was Trotzki als linken Bonapartismus sui generis definierte, d.h. Elemente von den nationalistischen Regimen, die sich auf die Streitkräfte stützten und als Schiedsrichter zwischen den ArbeiterInnen und armen Massen auf der einen Seite und der schwachen nationalen Bourgeoisie und dem Imperialismus auf der anderen fungierten. Die bekanntesten Beispiele davon sind der Cardenismus in Mexiko und der Peronismus in Argentinien. Nichtsdestotrotz hatte im historischen Vergleich der Chavismus ein viel begrenzteres Programm, was sich in der Tatsache ausdrückt, dass er keinen strukturellen Wandel des halbkolonialen und vom Ölexport abhängenden Charakter des Landes herbeiführte.

Chávez machte Zugeständnisse an die ärmsten Sektoren der Bevölkerung auf der Grundlage einer gewissen Umverteilung der Öleinnahmen, Produkt der Steigerung des Ölpreises. Auf der Ebene der Außenpolitik hatte er eine von den Diktaten Washingtons relativ unabhängige Politik, wie sich bei der Opposition zum ALCA, der Gründung der ALBA, dem Verkauf von Öl an Kuba, der engen Beziehung zum Iran, der Annäherung an China und Russland usw. zeigte. Auf der anderen Seite hatte er eine regionale Politik, die in den letzten Jahren letztendlich den Interessen des US-amerikanischen Imperialismus in der Zone diente, da er eng mit der proimperialistischen Santos-Regierung in Kolumbien zusammenarbeite, in dem er zuerst die Kapitulation der Guerilla forderte und dann gemeinsame nachrichtendienstliche Projekte entwickelte (was die Erpressung und die Auslieferung von Mitgliedern der Guerilla bedeutete). Genauso spielte er eine Schlüsselrolle bei der Legitimierung und Stabilisierung des Regimes, das aus dem von den USA unterstützten Putsch in Honduras hervorgegangen war, und besiegelte später den Eintritt in den Mercosur und schob damit die Politik der ALBA in die zweite Reihe.

Die venezolanische UnternehmerInnenschaft versuchte 2002 in einem gescheiterten Putsch, Chávez mit Unterstützung der USA zu stürzen und 2003 die Ölindustrie mit der Aussperrung beim Ölgiganten PDVSA zu sabotieren. Doch trotz seiner Widersprüche mit den traditionellen UnternehmerInnen und den USA hat der Chavismus nichts Grundlegendes an der Struktur des Landes geändert. Selbst mit seiner starken „revolutionären“ Rhetorik war das Projekt von Chávez nie mehr als ein lauwarmer bürgerlicher Nationalismus, der auf bessere Bedingungen beim Ölexport zielte, mit dem offenen Ziel, „die Wirtschaft zu diversifizieren“ und das Land zu „industrialisieren“. Dies tat er Hand in Hand mit den nationalen KapitalistInnen und auch mit verbündeten imperialistischen Kapitalen, wie sich in den großen gemischten Öl- und Gaskonzernen zeigte, wo der Staat eine große Rolle zugeschrieben bekam, nicht nur als Apparat zur politischen Herrschaft über die Gesellschaft, sondern auch als Besitzer der Einnahmen vom Ölexport. Diese offiziellen Ziele gingen nie über Pläne und Reden hinaus, sodass das Land weiterhin vom Ölexport lebt und eine enorme Abhängigkeit von Importen (und eine hohe Staatsverschuldung) hat. Die anderthalb Jahrzehnte, die sich Chávez an der Macht hielt, zeigten die Grenzen des bürgerlichen Nationalismus und seine Unfähigkeit, die wirkliche nationale Unabhängigkeit vom Imperialismus zu erreichen. Die Verstaatlichungen, die Chávez durchführte – genauso wie Evo Morales in Bolivien – waren eine gewisse Umkehrung der Privatisierungen der 1990er, aber die Betriebe wurden den großen Wirtschaftsgruppen zu Marktpreisen oder mit großzügigen Entschädigungen abgekauft, wie Techint im Fall von SIDOR. Gleichzeitig hielten sie die Geschäfte mit den großen KapitalistInnen aufrecht, während ein Sektor neuer Vermögender aufkam, die sogenannte „Boli-Bourgeoisie“, die im Schatten der staatlichen Kontrolle ihre Reichtümer anhäufte.

Chávez’ Aufstieg zur Macht nach dem Untergang des Punto Fijo-Regimes, der Produkt des Caracazo-Aufstandes war, verhinderte die Entwicklung einer revolutionären Dynamik. In letzter Instanz konnte der Chavismus durch einen tiefgreifenden Wandel des Regimes – und auf Kosten von Zugeständnissen an die armen Massen und der Politisierung der Streitkräfte – den kapitalistischen Staat wiederherstellen, die Massenbewegungen verstaatlichen, den Klassenkampf in zugespitzten Momenten in Grenzen halten – wie bei der Niederschlagung des Putsches 2002 und der Aussperrung in der Ölindustrie 2003. Er versuchte die ArbeiterInnenklasse mit Maßnahmen der Kriminalisierung von Streiks und der Kooptierung der Gewerkschaftsführungen zu disziplinieren, um eine der Regierung wohlgesonnene Gewerkschaftszentrale aufzubauen.

Obwohl Chávez und sein Nachfolger über „Sozialismus“ reden, ist es offensichtlich, dass in Venezuela die soziale Organisation auf der Grundlage des Privateigentums und der kapitalistischen Ausbeutung nicht angetastet wurde.

Die Linke spaltete sich angesichts dieser populistischen Regierungen. Auf der einen Seite entstand eine populistische Linke auf dem ganzen Kontinent, die den „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ von Chávez als mögliches Modell annahmen. Dieser „Possibilismus“ (also die Beschränkung auf das „Mögliche“) drückte sich auch in der Anpassung großer Teile der linken Strömungen, die sich revolutionär oder marxistisch nennen, an die chavistischen oder „evomoralistischen“ Varianten des lateinamerikanischen Populismus aus. Sie gaben den grundlegenden Kampf für die politische Unabhängigkeit der ArbeiterInnenklasse auf.

Es gab sogar Strömungen, die sich an den Karren des bürgerlichen Reformismus, der Mitte-Links-Kräfte und des Nationalismus koppelten und die dadurch als unabhängige Strömungen in der Praxis verschwunden sind, darunter die Mehrheit der DS (Democracia Socialista, Sozialistische Demokratie) in der PT, die sogar MinisterInnen gestellt hat, oder El Militante (der Aktivist) in der PRD (Partido de la Revolución Democrática, Partei der demokratischen Revolution) und hinter AMLO (Andrés Manuel López Obrador) in Mexiko, die in Venezuela auch der PSUV (Partido Socialista Unido de Venezuela, Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas) beigetreten ist.

Andere Strömungen wie die LIT oder die UIT hatten eine schwankende, aber letztendlich genauso kapitulierende Politik. Die Gruppe der UIT ging von der jahrelangen Unterordnung unter den Chavismus – in denen sie beispielsweise bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2006 dazu aufrief, die Urnen mit Stimmzetteln für Chávez zu füllen – dazu über, Bündnisse mit GewerkschaftsbürokratInnen zu schmieden, die zu rechten Parteien gehören. Währenddessen ging die LIT – die bei jenen Präsidentschaftswahlen 2006 auch dazu aufrief, für Chávez zu stimmen – zusammen mit der bürgerlichen Opposition, als sie beim Verfassungsreferendum im Jahr 2007 mit „Nein“ stimmte. Hinter diesen Zickzacks, die keinen Halt in einer starken, unabhängigen Klassenposition oder im Antiimperialismus haben, steckt die Logik der „Theorie der demokratischen Revolution“; eine Logik, die dazu führt, dass sie sich bei Regimen mit Elementen eines Bonapartismus sui generis, wie im Fall Chávez’, hinter den angeblichen Fahnen der „Demokratie“ der Rechten einreihen, ohne zu denunzieren, dass hinter diesen der US-Imperialismus agiert.

Für die RevolutionärInnen ist der Kampf gegen den Imperialismus eine Prinzipienfrage.

Es ist nicht möglich, die nationalen Befreiung und die lateinamerikanische Einheit zu garantieren, ohne mit dem Imperialismus zu brechen. Es ist nicht möglich, die Agrarfrage zu lösen, die Unterdrückung der indigenen Völker zu beenden, den Millionen ausgebeuteten, unterdrückten und verarmten LateinamerikanerInnen in dauerhafter und allgemeiner Art und Weise Brot, Arbeit, Bildung, Gesundheit und würdige Wohnung zu geben, ohne das Großkapital und die GroßgrundbesitzerInnen zu beeinträchtigen. Die Lösung der demokratischen und nationalen Aufgaben kann nicht in Zusammenarbeit mit der Bourgeoisie erreicht werden, da sie an den Imperialismus gekettet ist und vor der Mobilisierung der Massen (ohne welche die Reaktion nicht besiegt werden kann) riesige Angst hat. Die „linken“ VertreterInnen des bürgerlichen Nationalismus, seien sie die „bolivarische Offiziere“ oder fortschrittliche PolitikerInnen, können nicht über die Grenzen ihrer Klasse hinausgehen.

Die Erfahrung des letzten Jahrzehntes hat nur die grundlegende Lehre der revolutionären Prozesse und politischen Phänomene aller Art bestätigt, die der Kontinent seit mehr als einem Jahrhundert erlebt hat: Der Weg der graduellen Reformen zur sozialen und nationalen Befreiung in Lateinamerika ist eine Sackgasse, die größte Utopie seitens der angeblich „realistischen PolitikerInnen“, wenn man ihn nicht als den größten Betrug ansehen möchte. Es gibt keinen anderen Weg als die Revolution. Und diese ist nicht die sogenannte „bolivarianische Revolution“; genauso wenig kann sie als Revolution in Etappen oder demokratische Revolution konzipiert werden, sondern ist nur in den Begriffen der permanenten Revolution zu fassen.

Die strukturellen demokratischen Aufgaben bleiben ganz in den Händen der ArbeiterInnenklasse und ihrer Verbündeten: Bauern/Bäuerinnen, Indigene, verarmte Sektoren der Massen. Ihre komplette und effektive Bewältigung kann nur durch die Übernahme der politischen Macht durch die ArbeiterInnenklasse garantiert werden. Aber um dies zu erreichen, ist es notwendig und unvermeidlich, dass immer größere Einschnitte in das Regime des Privateigentums gemacht werden, was die Grundlagen für den Übergang zum Sozialismus legt, während die engen Bindungen zwischen den lateinamerikanischen Ländern – genauso wie die Notwendigkeit, die imperialistische Reaktion zurückzudrängen – zur Verbreitung der Revolution über den Kontinent führen wird, auf dem Weg der Föderation sozialistischer Republiken Lateinamerikas, im Bündnis mit dem US-amerikanischen und dem weltweiten Proletariat.

Gegen die imperialistische Blockade und die kapitalistische Restauration auf Kuba

Die Politik in Bezug auf Kuba spaltet die lateinamerikanische und die weltweite Linke. Wer vor den populistischen Regierungen wie der von Chávez kapituliert, nimmt eine ähnliche Position zu Kuba an. Dabei wird die Verteidigung der Errungenschaften, die noch von der Revolution übrig bleiben, mit der bedingungslosen Verteidigung des Ein-Parteien-Regimes der Kommunistischen Partei Kubas und der Castros verwechselt. Diese populistische Linke nutzt das alte Argument, wonach jede Kritik an der Regierung von Raúl „der Rechten und dem Imperialismus nutzt“, und so versuchen sie jede ernsthafte Diskussion über die Maßnahmen der graduellen kapitalistischen Restauration zu verhindern, die das kubanische Regime gerade durchführt, und die immer mehr die Grundlagen des Staates verfallen lässt.

Ganz auf der anderen Seite behauptet die LIT, dass der Kapitalismus auf Kuba schon restauriert worden sei, dass der Kampf gegen die imperialistische Blockade keine Bedeutung habe, dass es in erster Linie darum gehe, eine „demokratische Revolution“ gegen das kubanische Regime voranzutreiben, welches die LIT als eine „kapitalistische Diktatur“ sieht (und sogar mit den Diktaturen Südamerikas in den 1970ern vergleicht). Diese opportunistische Politik der Einheit von allen, die sich gegen die Diktatur richten, positioniert die LIT im gleichen restaurationistischen Lager wie die prokapitalistische interne Opposition, die „gusanos“ in Miami und die Obama-Regierung.

Gegen diese zwei Positionen, die auf die Kapitulation vor zwei verschiedenen AgentInnen der kapitalistischen Restauration hinauslaufen, verteidigen wir RevolutionärInnen ein Programm der politischen und sozialen Revolution, das vom Kampf gegen die imperialistische Blockade und für die Verteidigung der Errungenschaften ausgeht, die – auch wenn sie durch die Politik der Bürokratie verfallen – von der Revolution übrig bleiben, um dem Ein-Parteien-Regime der KP Kubas und der privilegierten bürokratischen Kaste ein Ende zu setzen. Wir verteidigen das Recht auf Versammlungen, Meinungsäußerung und gewerkschaftliche Organisierung der ArbeiterInnen. Gegen das Ein-Parteien-Regime und die imperialistische Politik der Etablierung einer bürgerlich-parlamentarischen Demokratie kämpfen wir für einen revolutionären ArbeiterInnenstaat auf der Grundlage von Räten der ArbeiterInnen, Bauern/Bäuerinnen und SoldatInnen, sowie für die volle Legalität für jene Parteien, die die Errungenschaften der Revolution verteidigen und sich als antikapitalistisch verstehen. Wir kämpfen für die Rücknahme der Austeritätspolitik, wie die Entlassungen sowie die Kürzungen bei den Sozialleistungen und den Kantinen, für die radikale und erschöpfende Revision der Maßnahmen, die während der „Sonderperiode“ und unter der Regierung von Raúl eingeführt wurden, einschließlich der Zugeständnisse an das ausländische Kapital, für die ArbeiterInnenkontrolle der Produktion und der Betriebe, die heute in Händen der Revolutionären Streitkräfte (FAR, Fuerzas Armadas Revolucionarias) sind (eine interne Agentur der kapitalistischen Restauration), für die Wiederherstellung des Außenhandelsmonopols und die Neuausrichtung der Wirtschaft im Dienste der Interessen der Revolution und der ArbeiterInnen, der Bauern/Bäuerinnen und der armen Massen, also für die demokratische Planung der Wirtschaft. Der Kampf gegen die kapitalistische Restauration in Kuba ist Teil des Kampfes für die soziale Revolution in ganz Lateinamerika.

Für revolutionäre und internationalistische ArbeiterInnenparteien

Die revolutionäre ArbeiterInnenpartei muss – wie Lenin sagte – alle Verletzungen, Beleidigungen und Misshandlungen, die die Massen und allgemein die Unterdrückten erleiden, aufgreifen. Dies ist die Bedingung für einen konsequenten Kampf dafür, dass die ArbeiterInnenklasse die Hegemonie über die unterdrückten Klassen und die Mittelschichten, die vom Kapital ausgeplündert werden, erobern, die Bourgeoisie schlagen und die Macht übernehmen kann.

Ein wichtiger Sektor der Strömungen trotzkistischen Ursprungs hat dem reaktionären „Geist der Epoche“, der der Etappe der bürgerlichen Restauration eigen ist, nachgegeben und behauptet, dass es zum Ausbruch aus dem „Arbeiter-Korporativismus“ und zur Annahme einer Strategie der Hegemonie notwendig wäre, „breite Parteien“ aufzubauen, in denen der Klassencharakter aufgelöst ist, um in ihnen die Pluralität der „neuen sozialen Bewegungen“ einzuschließen. Eine „Partei der Bewegungen“, wo die Grenzen zwischen ReformistInnen und RevolutionärInnen liquidiert werden, mittels gemeinsamer Organisationen oder permanenter politischer Blocks mit Minimalprogrammen, seien sie „antikapitalistisch“ im Allgemeinen oder direkt „antineoliberal“.

Einige Beispiele dieser opportunistischen Politik sind die Koalition RESPECT, an der die britische SWP (Socialist Workers Party, Sozialistische ArbeiterInnenpartei) gemeinsam mit bürgerlichen Sektoren der islamischen Gemeinde teilnahm, oder die Gründung der NPA, eine Partei ohne strategische Abgrenzung, deren Führung jetzt einen permanenten Block mit der reformistischen Linksfront Mélenchons vorantreibt.

Die Idee, dass die Hegemonie sich im Innern des Apparats einer Partei ausdrückt, und dass diese deshalb in ihrem Innern alle Bewegungen des Kampfs gegen die Unterdrückung und der Infragestellung des Existierenden vereinen sollte, mit der ArbeiterInnenklasse als nur einer weiteren Bewegung, ist nicht nur eine Fiktion, die die Vielfalt der Kämpfe der unterdrückten Klassen und der „Bewegungen“ in das Korsett von ein und demselben Apparat zwängen will, sondern transformiert die Hegemonie selbst in eine Abstraktion außerhalb des Kampfes zwischen den Klassen.

Heute ist dieser Skeptizismus gegenüber der ArbeiterInnenklasse und ihrer Fähigkeiten zur Hegemonie, genau wie die opportunistische Politik, die seine Entsprechung ist, angesichts des wachsenden Protagonismus der ArbeiterInnenklasse und des Prozesses ihrer subjektiven Neuzusammensetzung immer verderblicher.

Diejenigen, die den Aufbau von revolutionären Fraktionen, vor allem in den Gewerkschaften und im Allgemeinen in den Bewegungen, an denen sie teilnehmen, für unwichtig halten, können nicht an die Massen gelangen, außer wenn sie ihr Programm für meist vollkommen elektoralistische politische Blöcke mit den reformistischen Parteien anpassen.

Selbst auf Wahlebene hat die Front der Linken und der ArbeiterInnen (FIT) in Argentinien, die wir von der PTS mit der PO und IS bilden, gezeigt, dass es nicht notwendig ist, den Mitte-Links-Varianten zu folgen, um die Anerkennung wichtiger Teile der ArbeiterInnen und der Jugend zu erlangen.

Angesichts der Krise von Projekten breiter Parteien, die in vielen Fällen zur Demoralisierung und zur Ohnmacht geführt haben, betonen wir die Notwendigkeit des Aufbaus revolutionärer ArbeiterInnenparteien der Avantgarde auf nationaler und internationaler Ebene zur Intervention in den Klassenkampf.

Revolutionäre Fraktionen in den Gewerkschaften, Einheitsfront und Selbstorganisation

Während der letzten drei Jahrzehnte fand eine Neuzusammensetzung der weltweiten ArbeiterInnenklasse statt. Die Eingliederung von hunderten Millionen neuer städtischer ArbeiterInnen mit ländlichem Ursprung sorgte gemeinsam mit einem breiten Prozess der Verwandlung neuer Sektoren in Lohnabhängige, insbesondere im Dienstleistungsbereich, dafür, dass die ArbeiterInnenklasse und ihre Familien aktuell zum ersten Mal in der Geschichte die Mehrheit der Weltbevölkerung ausmachen.

Dennoch entwickelte sich dieser Prozess Hand in Hand mit einem enormen Anstieg der Zersplitterung. Zusätzlich zu der traditionellen Spaltung der ArbeiterInnenklasse durch das Kapital zwischen der ArbeiterInnenklasse imperialistischer Länder und der Halbkolonien und Kolonien, sind weitere hinzugekommen, die gemeinsam mit der Ausbreitung von Langzeitarbeitslosigkeit zur Entstehung von ArbeiterInnen „zweiter Klasse“ (befristet Beschäftigte, ausgegliederte und LeiharbeiterInnen, ArbeiterInnen ohne legalen Vertrag, außerhalb von Tarifverträgen, „ohne Papiere“, oder verschiedene Kombinationen davon) führte, die fast die Hälfte der weltweiten ArbeiterInnenklasse ausmachen. Im Gegensatz dazu steht ein privilegierter Sektor der ArbeiterInnenklasse mit Gewerkschaftsbindung, Löhnen und Arbeitsbedingungen oberhalb des Durchschnitts.

Diese Spaltung war ein Produkt der neoliberalen Offensive und geschah gemeinsam mit dem Rückgang der Organisationen der ArbeiterInnenklasse und mit der Komplizenschaft nicht nur der traditionellen politischen Führungen (Sozialdemokratie, Kommunistische Parteien, bürgerliche NationalistInnen), sondern auch der bürokratischen Gewerkschaftsführungen. In der Regel haben diese systematisch die Arbeitslosen, die prekär Beschäftigten, die Papierlosen etc., von den Gewerkschaften ausgeschlossen.

Dieser Widerspruch zwischen dem enormen sozialen Gewicht des Proletariats einerseits und seiner inneren Zersplitterung andererseits macht die Taktik der ArbeiterInneneinheitsfront zu einer essentiellen Waffe im Klassenkampf, die in der Hitze der wachsenden Intervention der ArbeiterInnenklasse immer mehr Gewicht erlangt.

In Ländern wie Griechenland, wo die ArbeiterInnenklasse dutzende Generalstreiks durchführte, aber ihre offiziellen Führungen die Einheit in der Aktion verhindern, stellt sich mit aller Dringlichkeit die Aufgabe, den Massenorganisationen die ArbeiterInneneinheitsfront aufzuzwingen, um den Kampf gegen die Sparpläne und die Attacken der ND-PASOK-Regierung (Nea Dimokratia, Neue Demokratie; Panellinio Sosialistiko Kinima, Gesamtgriechische Sozialistische Bewegung) weiterzuentwickeln, um die neonazistische Gefahr der Goldenen Morgenröte zu bekämpfen und zu besiegen, und um die Erfahrung der Massen zu beschleunigen und den ReformistInnen ihre Führung streitig zu machen. Es ist notwendig, dafür zu kämpfen, dass die Gewerkschaften ein Übergangsprogramm erheben, welches die Interessen der KapitalistInnen angreift und jede korporativistische Politik überwindet. Dazu müssen sie einen Ausweg der ArbeiterInnen für die Gesamtheit der Ausgebeuteten und Unterdrückten aufzeigen, der mit der Ablehnung der Memoranden beginnt und die Verstaatlichung des Bankensystems unter ArbeiterInnenkontrolle und die Verstaatlichung der Betriebe, die schließen, unter Führung der ArbeiterInnen fordert, und so zeigt, dass es einen Ausweg der ArbeiterInnen aus der Krise geben kann. In diesem Sinn ist die Politik der KKE kriminell, die einen wichtigen Sektor des Proletariats anführt, aber sich weigert, diese Politik der Einheitsfront in Richtung der Mehrheitsführungen zu machen und stattdessen ihre eigenen Aktionen organisiert, womit sie ein großes Hindernis für die Perspektive eines wirklichen politischen Generalstreiks darstellt, der die Regierung der „Troika“ stürzt.

Verschiedene linke Strömungen interpretieren die Taktik der Einheitsfront in opportunistischer Weise und verwandeln sie in eine passive Anpassung an die bürokratischen und reformistischen Gewerkschaftsführungen. Im Gegenteil aber ist das strategische Ziel der Taktik der Einheitsfront die Entwicklung revolutionärer Fraktionen, die fähig sind, der Bürokratie die Führung streitig zu machen. Wir RevolutionärInnen kämpfen dafür, die gewerkschaftlichen Organisationen für den Kampf der Ausgebeuteten zurückzugewinnen, die gewerkschaftliche Demokratie in ihrem Inneren durch den Rauswurf der Bürokratie und die komplette Unabhängigkeit der Gewerkschaften vom kapitalistischen Staat zu erobern. Dafür entwickeln wir eine systematische Arbeit in den Gewerkschaften als Massenorganisationen der ArbeiterInnen.

Nichtsdestotrotz gruppieren die Gewerkschaften selbst dort, wo die Quote der Gewerkschaftszugehörigkeit noch höher ist, wie in Argentinien, nur einen Teil der ArbeiterInnen, die im Allgemeinen besser bezahlt sind, während nicht nur die Arbeitslosen, sondern auch die prekären ArbeiterInnen außen vor gelassen werden, die Tag für Tag die Reihen der ArbeiterInnenklasse vergrößern. Daher ist es unter den Bedingungen der kapitalistischen Krise, wie wir sie heute erleben, in denen die vernachlässigsten Teile der ArbeiterInnenklasse sich in den Kampf begeben, notwendig, Organe der Einheitsfront voranzutreiben, die alle Sektoren im Kampf einschließen.

Die Schaffung von Organen der Koordination und Selbstbestimmung der Massen, die besser für den Kampf geeignet sind, ist lebenswichtig, denn in einem bestimmen Moment kann sich die defensive Einheitsfront gegen die Attacken des Kapitals angesichts einer Veränderung in den Kräfteverhältnissen in eine offensive verwandeln, was den Bruch mit der bürgerlichen Legalität und den Übergang zum Kampf um die Macht impliziert.

In revolutionären Situationen können sich diese Organe, wenn sie sich entwickeln, in den Ausdruck der Macht der ArbeiterInnen und Unterdrückten im Kampf zur Zerschlagung des kapitalistischen Staates und nach der Revolution in das Fundament des zukünftigen proletarischen Staates verwandeln.

Der Kampf gegen die Unterdrückung: „Soziale Bewegungen“ und revolutionäre Partei

Während der Jahrzehnte der neoliberalen Offensive schritt der Staat, hauptsächlich in den zentralen Ländern, in einem Prozess der Integration der Bürgerrechtsbewegungen voran, die ursprünglich zwischen den 1950ern und 1970ern mit einer radikaleren Perspektive entstanden waren, indem er bestimmte demokratische Rechte gewährte, ohne dabei die Grundlagen der Unterdrückungsverhältnisse zu verändern. Während aktuell in einigen Ländern die Regierungen begrenzte demokratische Zugeständnisse machen, wie die Gesetze zur gleichgeschlechtlichen Ehe, bedrohen in anderen Ländern die Parteien der Rechten und die Kirche die eroberten Rechte, wie es im Spanischen Staat mit dem Recht auf Schwangerschaftsabbruch der Fall ist.

Der Kampf gegen Geschlechterunterdrückung, Homophobie, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und jede Form der Unterdrückung und Diskriminierung ist ein untrennbarer Teil des Kampfes der ArbeiterInnenklasse zur Eroberung der Hegemonie im Kampf gegen die bürgerliche Herrschaft.

Im Falle des Kampfes für die Frauenbefreiung handelt es sich nicht nur um die Mehrheit der Menschheit. Vielmehr befindet sich die ArbeiterInnenklasse in dieser kapitalistischen Krise in einer historisch nie dagewesenen Situation, in der die weibliche Arbeitskraft 40% der weltweiten Arbeit ausmacht und 50,5% dieser Arbeiterinnen prekarisiert sind.

In den letzten Jahrzehnten kontrastiert die Vereinnahmung der feministischen Agenda und sexueller Rechte durch die Staaten und internationalen Organisationen, die die Integration breiter Sektoren der sozialen Bewegungen in das Regime vorangetrieben haben, mit dem unerhörten Wachstum sozialer Ungleichheit, die dazu führt, dass Millionen von Menschen zur Ausgrenzung und zu den schlimmsten Erniedrigungen verdammt sind, während das „Geschäft“ des Menschenhandels, der sexuellen Ausbeutung, der Gewalt gegen Frauen etc. im großen Maßstab weiterentwickelt wird.

Der Fall des Rassismus ist ähnlich. Während die Eliten der rassistisch Unterdrückten in Ländern wie den USA, Südafrika und Brasilien in verschiedenem Maße integriert wurden – sogar soweit, dass die USA zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen afroamerikanischen Präsidenten haben –, sind die große Mehrheit der Gefängnisinsassen und der Armen Schwarze oder Latinos und der durch die Institutionen unterstützte Rassismus erhält sich, wie der straflose Mord an Trayvon Martin zeigt.

In den imperialistischen Ländern repräsentieren die Gemeinden arabisch-muslimischen Ursprungs eine wichtige Fraktion der armen Massen und der ArbeiterInnenklasse. Vor allem nach dem Anschlag auf das World Trade Center und als Teil des „Kriegs gegen den Terrorismus“, sind diese Gemeinden das Objekt systematischer Stigmatisierung, die vom Staat selbst vorangetrieben werden. In vielen Fällen wird diese Diskriminierung im Namen der Verteidigung des Säkularismus oder, in anderen Fällen, durch die Instrumentalisierung der Frage der Rechte der Frauen oder der Homosexuellen ausgeübt. Abgesehen von ihrem falschen demokratischen Deckmantel haben diese Maßnahmen den Hintergrund, eine größere Fragmentierung der ArbeiterInnenklasse zu fördern.

Die Fremdenfeindlichkeit und der Rassismus sind fundamentale Werkzeuge der Klassenherrschaft, mit denen die Bourgeoisie den Hass der Ausgebeuteten auf die migrantischen ArbeiterInnen lenkt und versucht, die Reihen der ArbeiterInnen zwischen „Einheimischen“ und „Immigranten“ zu teilen und eine reaktionäre nationale Einheit erschaffen.

Dieser in den imperialistischen Ländern vom Staat (mit seiner immigrantInnenfeindlichen Politik und Gefängnissen für „Illegale“) befeuerte Rassismus ist heute in der Hitze der Krise im Aufstieg und hat zur Stärkung verschiedener Varianten der extremen Rechten geführt, die diese Vorurteile ausschlachten.

In Südafrika sind nach der Apartheid die Lebensbedingungen der großen Mehrheit der Schwarzen weiterhin dieselben und die Polizei tötet weiterhin schwarze ArbeiterInnen, wie es beim Massaker von Marikana passierte. In Brasilien, einem Land, wo die Bourgeoisie die Geschichte eines Landes ohne Rassismus erzählt, wo sie heute sogar einen populären schwarzen Richter des Verfassungsgerichts vorzeigen können, bilden die großen schwarzen Massen das immense Kontingent prekärer und outgesourcter Arbeit, prekärer Wohnverhältnisse und die weitaus meisten Opfer von Morden und Entführungen durch die Polizei.

Aus dem Kampf der Ausgebeuteten und den Schlachten gegen die verschiedenen Unterdrückungsformen, die die kapitalistische Gesellschaft durchziehen, werden enorme Kräfte entstehen, die notwendig sind, um die Herrschaft der Bourgeoisie zu zerschlagen. Die Bedingung dafür ist, dass diese Pluralität keine einfache Aufzählung von Unterschieden ist, sondern dass sich in ihrem Zentrum eine soziale Kraft befindet, die die strategischen Triebfedern der kapitalistischen Gesellschaft angreifen kann. Diese Kraft ist keine andere als die ArbeiterInnenklasse.

Nichtsdestotrotz macht die strategische Position, die die ArbeiterInnenklasse im Kapitalismus hat, welche sie zum fundamentalen Subjekt der Revolution macht, aus der ArbeiterInnenklasse nicht einfach so die Trägerin einer hegemonialen Strategie. Tatsächlich ist das Proletariat unter den Bedingungen der Ausbeutung, welche ihr das Kapital auferlegt, eines der wichtigsten Ziele bürgerlicher Propaganda von sexistischen, frauenfeindlichen, homophoben, rassistischen und fremdenfeindlichen Vorurteilen, die in vielen Fällen das Bewusstsein der/des durschnittlichen Arbeiterin/Arbeiters formen und von den Parteien der extremen Rechten wie der italienischen Lega Nord und der französischen Front National ausgenutzt werden.

Die Frauenbewegungen, die Bewegungen für die sexuelle Befreiung und für die BürgerInnenrechte, sind klassenübergreifende Bewegungen, was sie für die bürgerliche Ideologie empfänglich macht, denn sie ist die herrschende Ideologie, die sich „natürlich“ in der kapitalistischen Gesellschaft durchsetzt. Aber gleichzeitig erlaubt dies, dass sie sich in Momenten der Verschärfung des Klassenkampfes radikalisieren oder in ihnen antikapitalistische Flügel entstehen, wie wir es in den 1970ern gesehen haben. Und umgekehrt ging der Verlust der Radikalität dieser Bewegungen in den letzten Jahrzehnten mit dem subjektiven Rückschritt der ArbeiterInnenklasse einher.

Für uns RevolutionärInnen ist es eine Frage des Prinzips, jede Art der Unterdrückung und die Vorurteile zu bekämpfen, die die Bourgeoisie mittels des Staates, ihrer Parteien und Institutionen wie der Kirche in die ArbeiterInnenklasse einpflanzt, um die Ausbeutung zu verschärfen. Das bedeutet aber mitnichten eine Anpassung beispielsweise an den kleinbürgerlichen Feminismus in seinen verschiedenen Varianten, das Aufgeben der proletarischen Strategie und den Aufbau breiter Parteien mit Basis in verschiedenen Bewegungen.

Der angebliche Gegensatz zwischen einer revolutionären Klassenpartei und den sogenannten „neuen sozialen Bewegungen“, den diejenigen etablieren wollen, die der Revolution abgeschworen haben, basiert auf der Identifikation der Partei mit der ArbeiterInnenklasse in ihrer Gesamtheit einerseits und den „Bewegungen“ mit den ihnen von den kleinbürgerlichen Sektoren aufgedrückten Ideologien andererseits.

Eine revolutionäre Partei ist diejenige, die die Avantgarde der ArbeiterInnenklasse organisiert und gegen sexistische, homophobe, und rassistische Vorurteile und Strömungen, die diese unterstützen, kämpft, damit die ArbeiterInnenklasse den Kampf gegen jede Unterdrückung in ihre Hände nimmt; und die gleichzeitig an den Bewegungen für die Befreiung der Frau, für die sexuelle Befreiung, gegen den Rassismus teilnimmt und sie vorantreibt und versucht, in ihrem Innern revolutionäre Fraktionen aufzubauen, die danach streben, mit dem Kampf der ArbeiterInnenklasse für die sozialistische Revolution zusammenzufließen.

Die Machtfrage und die Revolution: „linke“ Regierung vs. „ArbeiterInnenregierung“

Die Anpassung großer Teile der Linken an neoreformistische Varianten zeigte sich in der Ersetzung der Forderung nach einer „ArbeiterInnenregierung“ (die im revolutionären Marxismus an die Strategie des Aufstandes zur Eroberung der Macht geknüpft ist) durch die nach einer „linken Regierung“ oder einer „Anti-Kürzungs-Regierung“, d.h. einer Regierung der Verwaltung des Kapitalismus im Rahmen des bürgerlichen Staates.

Diese Politik offenbarte sich in der Unterstützung, die die Mehrheit der Strömungen, die sich trotzkistisch nennen, dem Aufruf von Syriza gab, eine „linke Regierung“ zu bilden, obwohl Syriza ein Programm der Klassenkollaboration und der Versöhnung mit dem europäischen Imperialismus vertrat.

Es gibt keinen Berührungspunkt zwischen dieser opportunistischen Politik, die zu Illusionen in mögliche Regierungen der Klassenkollaboration führt, und der Taktik der „ArbeiterInnenregierung“ (als höchstem Ausdruck der ArbeiterInneneinheitsfront), wie sie von der Dritten Internationale in den 20ern diskutiert und später von Trotzki als antibürgerliche und antikapitalistische Forderung ins Übergangsprogramm aufgenommen wurde.

Die Voraussetzungen, um die Taktik der „ArbeiterInnenregierung“ anzuwenden, welche sich an die tatsächlichen Organisationen der ArbeiterInnenklasse richtet, auch wenn sie reformistisch sein mögen, sind eine revolutionäre Situation, und dass diese Politik die Beschleunigung der Vorbereitungen zur Machteroberung erlaubt, d.h. in erster Linie die Bewaffnung des Proletariats für den Aufstand und die Entwicklung der revolutionären Partei zu einer Partei, die in der Lage ist, den traditionellen Führungen der ArbeiterInnenbewegung eben diese Führung streitig zu machen.

Die revolutionäre Konzeption der Einheitsfront in Richtung der Massenorganisationen der ArbeiterInnenklasse zur Entwicklung des Kampfes hat nichts gemeinsam mit dem Aufruf zur Wahl und sogar der unkritischen Übernahme des Minimalprogramms linksreformistischer Wahlvarianten wie Syriza, die keinesfalls Führungen mit entscheidendem Gewicht in der ArbeiterInnenbewegung darstellen, sondern grundsätzlich Wahlapparate sind, die sich um Medienfiguren herum aufgebaut haben. Es geht darum, die Mehrheit der ArbeiterInnenklasse mittels ihrer Erfahrung für die Revolution zu gewinnen.

Der Aufstand, der in der Lage dazu ist, die ArbeiterInnenmacht durchzusetzen, kann nicht Werk einer Minderheit und genauso wenig ein spontanes Produkt der Erhebung der Massen sein. Er ist eine Kunst, was eine Führung impliziert, die die Aktion der Massen bewusst in Richtung der Übernahme der Macht orientieren kann. Die Taktik der „ArbeiterInnenregierung“ ist auf die Konfrontation der großen Mehrheit der ArbeiterInnen mit der Gesamtheit des bürgerlichen Regimes gerichtet und strebt nach der Beschleunigung der Erfahrung der Massen mit den reformistischen Führungen und damit nach der Erhöhung des Einflusses der RevolutionärInnen.

Die objektiven und subjektiven Bedingungen, die sich mit der kapitalistischen Krise entwickeln, werden von uns RevolutionärInnen verlangen, kühne Taktiken wie die der „ArbeiterInnenregierung“ anzuwenden. Jedoch dürfen sich diese, um ihren revolutionären Charakter zu behalten, nicht in einen Selbstzweck verwandeln, sondern müssen untrennbar mit unserem strategischen Ziel verbunden sein: die Zerstörung des bürgerlichen Staats und die Machteroberung durch die ArbeiterInnenklasse, also die Diktatur des Proletariats als Übergangsregime, welches auf Organen der ArbeiterInnendemokratie basiert.

Die Sowjets, die sozialistische ArbeiterInnenrevolution und die Diktatur des Proletariats

Die ArbeiterInnen werden den Kapitalismus nur durch einen gewaltsamen Aufstand überwinden können, der die Armee und die Polizei spaltet und besiegt, der den bürgerlichen Staat zerstört und auf seinen Ruinen die eigene politische Macht aufbaut; einen Übergangsstaat der ArbeiterInnen, der auf Organen der Selbstbestimmung der ArbeiterInnen und der ausgebeuteten Massen und der verallgemeinerten Bewaffnung der Bevölkerung basiert.

In revolutionären Situationen tendieren diese Organe der Selbstbestimmung, wenn sie sich entwickeln, dazu, sich als Ausdruck der Macht der ArbeiterInnen und der Ausgebeuteten dem kapitalistischen Staat entgegenzustellen. Das 20. Jahrhundert war überhäuft von Beispielen, beginnend mit den russischen Sowjets, die ursprünglich in der Revolution von 1905 entstanden und die in der Revolution von 1917 die Basis der ArbeiterInnenmacht bildeten. Aber auch die ArbeiterInnen- und Soldatenräte in Deutschland 1919 oder die ArbeiterInnenräte der ungarischen Revolution von 1956 oder die Tendenzen zur Entstehung dieser Organismen in den 1970ern in Lateinamerika mit der bolivianischen Asamblea Popular von 1971 oder den Cordones Industriales in Chile, neben vielen anderen Beispielen.

Sowjets, Räte, oder welchen Namen die Organe der Selbstorganisation in jeder Situation konkret annehmen mögen, sind Ausdruck der Einheitsfront der Massen, die durch die Einheit der Aktion und den politischen Kampf der Tendenzen in ihrem Inneren die Massen für die Eroberung der Macht vorbereiten, und die sich unter einer revolutionären Führung in Organe des Aufstandes verwandeln. Wenn einmal die Macht erobert ist, sind die Sowjets die Basis des neuen Staats, einer neuen ArbeiterInnendemokratie.

Die stalinistische Erfahrung pervertierte die Beziehung zwischen den Organen der Einheitsfront der Massen – den Sowjets – und der revolutionären Partei vollständig, indem die Diktatur des Proletariats in die Diktatur der stalinistischen Partei verwandelt wurde. Der Trotzkismus war die einzige revolutionäre Strömung, die den Stalinismus konsequent bekämpft hat.

Für uns marxistische RevolutionärInnen ist die Diktatur des Proletariats gleichbedeutend mit einer neuen Form der Demokratie, der proletarischen Demokratie, welche sich auf die Organe der Selbstbestimmung der Massen stützt, Sowjets oder ArbeiterInnenräten, und auf das sowjetische Mehrparteiensystem, also auf die Freiheit von Parteien, die von den Sowjets anerkannt sind. In diesem System streitet die revolutionäre Partei um die Führung und sie ist die konsequenteste Organisation zur Verteidigung der Diktatur des Proletariats im Angesicht des BürgerInnenkrieges und der Bedrohung durch die Bourgeoisie und den Imperialismus. Dieses System ist die demokratischste politische Form der Macht der ArbeiterInnenklasse, welche den ArbeiterInnenstaat als Übergangsform brauchen wird, solange der Imperialismus und die KlassenfeindInnen existieren, und solange die Notwendigkeit besteht, die Revolution gegen die Angriffe der bürgerlichen Reaktion, sowohl der internen als auch externen, zu verteidigen.

Dieser ArbeiterInnenstaat basiert auf dem Aufbau neuer sozialer Beziehungen, die aus der Enteignung und Verstaatlichung der zentralen Produktionsmittel, dem Außenhandelsmonopol und der demokratischen Planung der Wirtschaft hervorgehen. Im Übergang zum Sozialismus schafft der ArbeiterInnenstaat selbst die Basis für sein zukünftiges Absterben, indem er seine Funktionen auf die Gesamtheit der in Räten organisierten Bevölkerung ausweitet.

Die Eroberung der Macht durch das Proletariat ist nur der Beginn eines Prozesses der Transformation aller Aspekte des wirtschaftlichen, politischen, und sozialen Lebens eines Landes, während sie gleichzeitig den Stützpunkt für die Ausdehnung der sozialistischen Revolution auf internationaler Ebene darstellt. Denn nur durch die Zerschlagung des Kapitalismus in seinen Zentren wird es möglich sein, zum Kommunismus als Projekt der Emanzipation der Menschheit von Ausbeutung und Unterdrückung voranzuschreiten. Dies ist eine der größten Lektionen, die die Geschichte des 20. Jahrhunderts für die RevolutionärInnen hinterlassen hat, von der eine Internationale, die für die sozialistische Revolution kämpft, notwendigerweise ausgehen muss.

Unser Ziel ist das Erreichen des Kommunismus

Das Wort Kommunismus wurde während langer Perioden des 20. Jahrhunderts in den Händen des Stalinismus pervertiert, der versucht hat, es mit parasitären bürokratischen Diktaturen der ArbeiterInnenstaaten und verräterischen Führungen, die komplett auf die Seite der kapitalistischen Restauration übergegangen sind, zu identifizieren.

Für diejenigen, die dieses Manifest unterschreiben, ist der Kommunismus, d.h. die Eroberung einer Gesellschaft ohne Staat, ohne soziale Klassen, frei von Ausbeutung und jeder Unterdrückung, unser höchstes „politisches Ziel“, an welches wir, durch unsere Strategie, alle Kämpfe und Teilerrungenschaften binden wollen. Wir kämpfen für eine neue Gesellschaft, einen „Verein freier Menschen, die mit gemeinschaftlichen Produktionsmitteln arbeiten und ihre vielen individuellen Arbeitskräfte selbstbewusst als eine gesellschaftliche Arbeitskraft verausgaben“ (Marx).

Genau wie Marx und Engels nennen wir „Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt.“ Die Voraussetzungen dieser Bewegung finden sich in der kapitalistischen Gesellschaft.

Der Kapitalismus hat sich ursprünglich vorgenommen, angetrieben durch die Konkurrenz, die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit zur Produktion von Waren zu verringern. Dennoch verwandelte sich diese Errungenschaft der gesamten Gesellschaft für die ArbeiterInnen in ihr Gegenteil. Für die Minderheit der EigentümerInnen der Produktionsmittel, die Bourgeoisie, bedeutete und bedeutet dies mehr und mehr Profite. Für die Mehrheit, für die ArbeiterInnen, bedeutet sie die völlige Trennung von diesen Produktionsmitteln, den Raub eines immer größeren Teils ihrer Arbeit, und eine immer größere Kluft zwischen ihren Lebensbedingungen und denen der privilegierten kapitalistischen Minderheit.

Mit den aktuellen Entwicklungen in der Wissenschaft, der Technologie und dem erreichten Niveau der Produktivität der Arbeit könnte die Zeit, die die Gesellschaft in die Produktion und Reproduktion ihrer materiellen Existenzbedingungen investiert, enorm reduziert werden. Aber der Kapitalismus ist unfähig, die Fortschritte der Technik zu verallgemeinern, die auf eine bestimmte Gruppe von Ländern und eine Gruppe von Produktionszweigen beschränkt sind, während die Mehrheit der enormen Massen von ArbeiterInnen auf einem technologischen und Produktivitätsniveau des 19. Jahrhunderts arbeitet: Gesamte Produktionszweige benutzen intensive Arbeit in „sweat shops“ und „maquilas“, die sogar den letzten Atemzug aus den ArbeiterInnen herausziehen.

Der Kommunismus unterscheidet sich von dem, was alle Revolutionen vor der Entwicklung der ArbeiterInnenklasse versucht haben. Er beschränkt sich nicht auf eine neue Aufteilung der Arbeit zwischen den Individuen, sondern nimmt sich vor, die unbedingt notwendige Arbeit durch die Entwicklung der Wissenschaft und der Technik auf ein Minimum zu reduzieren, bis sie nur einen unbedeutenden Teil der Beschäftigungen der menschlichen Wesen darstellt. Damit die Menschen ihre Energie der kreativen Ausübung und dem Genuss der Wissenschaft, der Kunst und der Kultur widmen und somit alle menschlichen Fähigkeiten entfalten und eine harmonische Beziehung zur der Natur entwickeln können. Es gibt nichts, was weiter vom Kult der Arbeit (Stachanowismus!) entfernt wäre, mit dem die stalinistischen Führungen den Kommunismus verfälschen wollten.

Der Kommunismus hat tiefgründige Wurzeln. Er geht von dem konstanten Kampf der ArbeiterInnenklasse aus, sich vom Joch der Arbeit zu befreien, welcher sich spontan im tagtäglichen passiven Kampf manifestiert; im Versuch, dem Boss und der Maschine Minuten zu rauben oder im Fernbleiben von der Arbeit. Er drückte und drückt sich in den historischen Kämpfen aus, für die Verringerung des Arbeitstages und der Arbeitswoche, für bezahlten Urlaub, für die Verringerung der Produktionsrhythmen, für die Organisation am Arbeitsplatz gegen die Diktatur der Bosse, für die ArbeiterInnenkontrolle der Produktion.

Angesichts der irrationalen Existenz von Millionen Arbeitslosen einerseits und andererseits ArbeiterInnen, die der Sklaverei von Arbeitstagen von 14, 16 und mehr Stunden ausgesetzt sind, die zehrende Arbeitsrhythmen ertragen müssen, die schnell die Muskeln, die Nerven und den Verstand zersetzen, wäre eine elementare Maßnahme wie die Aufteilung der Arbeitsstunden unter alle vorhandenen Hände mit einem Lohn, der die Notwendigkeiten der ArbeiterInnen abdeckt, nicht nur fundamental für das Überleben der ArbeiterInnenklasse selbst, sondern ein logischer Schritt, der den Arbeitstag verringern würde.

Aber die KapitalistInnen stellen sich dieser Tendenz mit allen Mitteln entgegen. Dagegen entwickeln sie den Staatsapparat immer weiter: mit seinen Klassengesetzen und seiner Klassenjustiz, mit seinen Armeen, seiner Polizei, seinen Geheimdiensten perfektionieren sie ihre Mechanismen der sozialen Kontrolle. Die Kriege, die Beraubung der Völker, die staatliche Repression, die reaktionären religiösen Institutionen, die Frauenunterdrückung, der Rassismus, die Fremdenfeindlichkeit, die Reproduktion von Reservearmeen von Millionen von Arbeitslosen und Prekarisierten, sind alles Mechanismen, von denen die Bourgeoisie in ihrem immer reaktionäreren Versuch Gebrauch macht, die Arbeit als Quelle des kapitalistischen Profits unterjocht zu halten. Die sogenannte „Globalisierung“ hatte keine andere Funktion als diesen Zustand zu erhalten.

Für uns, genauso wie für die GründerInnen des Marxismus, ist der Kommunismus kein Ideal, welchem es die Realität zu unterwerfen gilt, um sich vorzunehmen, den „Kommunismus hier und jetzt“ auszurufen, wie die TheoretikerInnen des Autonomismus es suggerierten. Es geht nicht nur darum, ein Bewusstsein des Existierenden zu schaffen, sondern das Existierende zu zerschlagen.

Daher stammt der große Wert, den die Theorie der Permanenten Revolution von Leo Trotzki besitzt: Sie ist eine globale Strategie, die jede Teilerrungenschaft, inklusive die Machtübernahme in einem Land, in den Dienst des Ziels der Weltrevolution und des Prozesses des sozialen, politischen und kulturellen Wandels stellt, eine Strategie, die nach der Machtübernahme auf die Befreiung von der Arbeit und das Absterben des Staates, der Klassen, der Ausbeutung und der Unterdrückung orientiert.

Der Kampf für den Kommunismus impliziert notwendigerweise die Zerstörung der bürgerlichen Staatsmaschinerie, welche der wichtigste Garant der Ausbeutung und der Unterdrückung ist, und ihre Ersetzung durch eine eigene Macht der ArbeiterInnen, durch die sie sich die Produktionsmittel der Gesellschaft, die die KapitalistInnen privatisiert haben, wieder aneignen. Nur so können die Produktivkräfte aufhören, Mittel für die Versklavung der Arbeit zu sein und sich in Mittel zu ihrer Befreiung verwandeln.

Aber das kann nur der Beginn des Prozesses sein. Der Kommunismus entsteht nicht vorgefertigt aus den Eingeweiden des Kapitalismus, sondern im Gegenteil wird die neue Gesellschaft im Wirtschaftlichen, Moralischen und Intellektuellen immer noch alle Aspekte der vorigen aufzeigen. Gleichzeitig ist die Revolution kein simultanes Ereignis auf weltweiter Ebene, sondern beginnt in einem Land oder eine Reihe von Ländern, die umzingelt von der kapitalistischen Welt geboren werden.

Aus diesem Grund entsteht die Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats als Übergangsperiode zwischen dem Kapitalismus und dem Kommunismus, wo sich ein Prozess der Umwandlung aller Aspekte des wirtschaftlichen, politischen und sozialen Lebens eines Landes entwickelt, während sie gleichzeitig als Stützpunkt für die Ausdehnung der sozialistischen Revolution auf internationaler Ebene dient.

Der Kommunismus ist kein Zustand, der sich mit Zwang durch eine Bürokratie durchsetzen lässt. Er kann nicht gemeinsam mit irgendeiner Art von Staat oder sozialen Klassen existieren, wie es der Stalinismus in seinen diversen Varianten glauben machen wollte. Der Aufbau des Kommunismus kann nur die Frucht einer bewussten Aktivität sein. Die Entwicklung der breitesten ArbeiterInnendemokratie, die auf Organen der Selbstorganisation wie den Sowjets basiert, ist der einzige Weg, um zum Kommunismus und zum Absterben von jeder Art von Staat voranzuschreiten.

Die großen Revolutionen, die im 20. Jahrhundert triumphiert haben, beginnend mit der russischen Revolution von 1917, haben dies in rückständigen, halbkolonialen oder kolonialen Ländern getan. Aber der Kommunismus kann nicht innerhalb der Grenzen rückständiger Länder entstehen, da er nicht in einer besseren Verteilung des Mangels besteht. Der Mangel lässt den Kampf um die materielle Existenz nur wieder aufleben und damit alle Übel der alten Gesellschaft. Die Bürokratie, die sich über die ArbeiterInnenklasse in den deformierten und degenerierten ArbeiterInnenstaaten erhoben hat, war in letzter Instanz ein Kind dieses Kampfes um die materielle Existenz als Resultat der Rückständigkeit und der Isolation. Das 20. Jahrhundert hat schon die Untauglichkeit der reaktionären Utopie des Stalinismus aufgezeigt, den „Sozialismus in einem Land“ aufzubauen.

Unter dem Stiefel der parasitären Bürokratie und der Isolation durch die wichtigsten Mächte der Welt, führten die Errungenschaften der Oktoberrevolution wie die Ersetzung von Privateigentum und kapitalistischer Anarchie durch das staatliche Eigentum der Produktionsmittel und die Planwirtschaft die UdSSR dazu, sich von einem rückständigen kapitalistischen Land mit halbfeudalen Zügen in die zweite Macht der Welt zu verwandeln. Wie enorm sind dann erst die Möglichkeiten, die sich für den Aufbau des Kommunismus eröffnen würden, wenn die ArbeiterInnen den technischen Apparat und den enormen Reichtum von Ländern wie den USA, Deutschland oder Japan in ihre Hände nehmen würden?

Die Diktatur des Proletariats hat nicht als Ziel an sich die Entwicklung der nationalen Produktivkräfte, und kann dies noch weniger im 21. Jahrhundert haben, in der eine weltweite Verwobenheit der Produktion und des Warenaustausches existiert, wie es sie nie zuvor in der Geschichte gab. Nur indem der Kapitalismus in seinen imperialistischen Zentren zerstört wird, wird es möglich sein, sich das fortschrittlichste der aktuellen Technik anzueignen, um sie in den Dienst der Befreiung der Arbeit zu stellen.

Wenn wir sagen, dass der Kommunismus unser höchstes „politisches Ziel“ ist, auf welches unsere gesamte Strategie ausgerichtet ist, tun wir das nicht als eine abstrakte Überlegung. Dies ist Teil der erneuten Bestärkung einer revolutionären Strategie auf der Basis der Bilanz des Klassenkampfs des gesamten 20. Jahrhunderts, wo die Errungenschaft der Diktatur des Proletariats, in jedem Land, in dem sie erreicht wurde, als ein Ziel an sich dargestellt wurde, und nicht als ein strategisches Mittel für die Erlangung des Kommunismus. Nicht nur durch den Stalinismus, sondern auch durch weite Teile der trotzkistischen Strömungen.

Das Theorie-Programm der permanenten Revolution ist das einzige, das sich insgesamt der Theorie des Sozialismus in einem Land in all seinen Varianten entgegenstellt. Es handelt sich nicht nur um die Mechanik der Revolution in rückständigen Ländern, um die notwendige Verbindung zwischen der demokratischen und der sozialistischen Revolution, sondern es stellt eine globale Strategie auf, die den Beginn der Revolution auf nationaler Ebene mit der Entwicklung der internationalen Revolution und ihrer Krönung auf weltweiter Ebene verbindet, genauso wie es die Eroberung der Macht mit der sozialistischen Revolution und den Transformationen der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Gewohnheiten usw. verbindet, deren Resultat vom Voranschreiten hin zur Auflösung der Klassen und des Staats und zum Kampf für unser fundamentales Ziel abhängt: der Eroberung einer Gesellschaft von „freien und assoziierten Produzenten“, dem Kommunismus.

Die Trotzkistische Fraktion – Vierte Internationale besteht aus der PTS (Partido de los Trabajadores Socialistas) in Argentinien, der LTS-CC (Liga de Trabajadores por el Socialismo – Contracorriente) in Mexiko, der LOR-CI (Liga Obrera Revolucionaria por la Cuarta Internacional) in Bolivien, LER-QI (Liga Estrategia Revolucionaria) in Brasilien, PTR-CcC (Partido de Trabajadores Revolucionarios) in Chile, LTS (Liga de Trabajadores por el Socialismo) in Venezuela, LRS (Liga de la Revolución Socialista) in Costa Rica, Clase Contra Clase im Spanischen Staat, RIO (Revolutionäre Internationalistische Organisation) in Deutschland, AktivistInnen der FT in Uruguay und AktivistInnen der FT in der CCR/Plattform Z der NPA in Frankreich.

Fußnoten

[1.] Am 11. Oktober 2013 fanden vorgezogene Wahlen in der Gemischten Gewerkschaft der MinenarbeiterInnen von Huanuni statt, nachdem drei GewerkschaftsführerInnen, die zu Beginn des Jahres gewählt wurden, zurücktreten mussten. Bei diesen Wahlen gewann die von der Bürokratie der COB (Central Obrera Boliviana, Bolivianisches ArbeiterInnenzentrum) unterstützte Liste von Pedro Montes, die der MAS (Movimiento al Socialismo, Bewegung zum Sozialismus) gehorcht. Das bedeutet einen großen Rückschritt, nicht nur für die ArbeiterInnen von Huanuni, sondern auch für das Projekt der ArbeiterInnenpartei. Diese Situation lässt sich durch den Druck erklären, den die Regierung von Evo Morales auf die Avantgarde der ArbeiterInnen von Huanuni ausübt. Dieser beinhaltet die Anklage gegen 22 MinenarbeiterInnen wegen ihrer Teilnahme an Aktionen im Rahmen des Streiks der COB im Mai 2013, den Angriff auf Errungenschaften wie die kollektive ArbeiterInnenkontrolle, die Verfolgung durch den Obersten Rechnungshof und die Drohung der Umwandlung der Mine in eine Kooperative. Diese Politik der Bedrohung seitens der MAS-Regierung und ihrer Verbündeten in der Bürokratie der Mine und der COB erzeugte ein Klima der Benommenheit unter den ArbeiterInnen und ermöglichte den Sieg der offiziellen Liste. Leider weigerte sich die Führung der Gewerkschaft, die mit der Parole der Unabhängigkeit von der Regierung gewählt wurde, eine Liste bei den Wahlen im Oktober aufzustellen, und beging damit einen großen politischen Fehler. Dadurch ließ sie die Avantgarde ohne Alternative stehen und vereinfachte den Weg für die Listen der MAS.

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