Make 2017 Like 1917

31.12.2016, Lesezeit 3 Min.
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2016 war zweifellos ein beschissenes Jahr. Überall ist die Reaktion auf dem Vormarsch. Aber 1916 war auch ein beschissenes Jahr – und wenige Monate später begann ein revolutionärer Prozess, der die Reaktion wegfegte. Ein Plädoyer für Hoffnung in dunklen Zeiten.

Was kann man über 2016 noch sagen? Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen. Die Barbarei in Syrien vertieft sich. Die extreme Rechte in Europa gewinnt überall an Zustimmung. Und dazu ist Prince gestorben! John Oliver hat Menschen in New York nach ihrer Meinung zum vergangenen Jahr gefragt. „Fuck you, 2016!“ heißt es in einer Montage:

Aber 1916 war ein mindestens genauso beschissenes Jahr. Damals ging der Weltkrieg ins dritte Jahr – das größte Gemetzel, das die Menschheit bis dahin erlebt hatte. Millionen waren bereits gefallen, die Überlebenden hatten immer weniger zu essen. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, die ihre Stimmen mutig gegen den Krieg erhoben hatten, verrotteten im Gefängnis.

Und doch änderte sich alles sehr schnell. Die Arbeitsniederlegungen der Textilarbeiterinnen in Petrograd lösten eine Revolution aus. Die Dynastie der Romanovs hatte 500 Jahre lang in Russland geherrscht – und von einem Tag auf den anderen waren sie wie Staub weggefegt. Nur ein Jahr später folgten die Hohenzollern in Deutschland und viele weitere Monarchien.

Die Herrschaft des Kapitals wankte. Es hatte seine eigenen Totengräber*innen hervorgerufen, nämlich die Arbeiter*innenklasse. Diese stand kurz davor, ihre Ausbeuter*innen für immer zu vertreiben und eine sozialistische Ordnung aufzubauen – ihr fehlten nur starke revolutionäre Organisationen.

2016 sind die Stimmen des Rassismus und des Nationalismus lauter geworden. Der Militarismus der großen kapitalistischen Staaten nimmt zu. Die menschliche Zivilisation scheint sich auf einem absteigenden Ast zu befinden.

Aber wir arbeitende Menschen werden diesen Wahn nicht regungslos über uns ergehen lassen. Wir werden nicht ruhig zuschauen, während dieses System Krisen, Kriege und Terror produziert, nur um die Profite einiger weniger zu sichern.

„Wenn die Nacht am Tiefsten ist, ist der Tag am Hellsten“ hieß es bei Ton, Steine, Scherben. Denn 2016 war auch ein Jahr, in dem die Revolutionär*innen – ähnlich wie 1916 – fast unbemerkt ihre geduldige Vorbereitungsarbeit leisteten. Die Fundamente der bestehenden Ordnung untergraben wir, so gut wir können, wie Maulwürfe.

So war 2016 immerhin das Jahr des Sieges am Botanischen Garten. Ein Jahr von Schulstreiks gegen Rassismus. 2016 war das Jahr, in dem 20.000 Trotzkist*innen in Buenos Aires ein Fußballstadium füllen konnten – wahrhaft ein historisches Ereignis. Kurz, es ist ein Jahr, in dem wir uns für kommende Kämpfe organisiert haben.

Lenin sagte am Ende eines Vortrages für die sozialistische Jugend im Januar 1917:

„Wir, die Alten, werden vielleicht die entscheidenden Kämpfe dieser kommenden Revolution nicht erleben. Aber ich glaube mit großer Zuversicht die Hoffnung aussprechen zu dürfen, daß die Jugendlichen, die so ausgezeichnet in der sozialistischen Bewegung der Schweiz und der ganzen Welt arbeiten, daß sie das Glück haben werden, nicht nur zu kämpfen, sondern auch zu siegen in der kommenden proletarischen Revolution.“

Hatte Lenin geahnt, dass er weniger als ein Jahr später einer Revolutionsregierung vorsitzen würde? Wir Revolutionär*innen zweifeln nie an der Revolution – und dennoch werden wir von ihrem unberechenbaren Tempo immer wieder überrascht. Uns ist natürlich klar, dass sie Situation in Deutschland weiter nach rechts driftet. Aber wir sind darauf vorbereitet, wenn sich 2017 das Blatt wendet. Wir werden alles dafür tun.

Siehe auch: Leo Trotzki über Optimismus und Pessismismus

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