LMU München: Waffen raus aus Uni und Forschung

23.11.2022, Lesezeit 5 Min.
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Quelle: Ayrin Giorgia

Nachdem ein Student an der LMU mit einer Schreckschusswaffe einen Polizeieinsatz ausgelöst hatte, kam es nun zu einer Protestaktion von Studierenden. Diese kritisieren den Umgang der Hochschulleitung mit der Situation und fordern ein allgemeines Waffenverbot an Universitäten. Doch das genügt nicht.

Nach Auskunft des Studenten, der vorübergehend von der Polizei festgenommen wurde, nahm er die Waffe aufgrund von Angstzuständen und zum Selbstschutz mit in die Vorlesung. Er habe niemanden in Gefahr gebracht. Seine Kommiliton:innen, die zu dem Zeitpunkt nicht ahnen konnten, dass es sich um eine Schreckschusswaffe handelte, riefen die Polizei, da sie sich bedroht fühlten. Später stellte sich heraus, dass der Student einen Waffenschein besitzt, sodass das Mitführen der Waffe rechtlich nicht illegal ist – zumal die Hausordnung der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) Waffen auch nicht explizit verbietet. Außerdem ist er der Sohn des CSU-Abgeordneten Jürgen Baumgärtner, der in seiner Jugend ein führender Kopf seiner lokalen Neonazi-Szene war.

Studierendenvertretungen fordern Waffenverbot – es folgt Protestaktion gegen Hochschulleitung

Wenige Tage später veröffentlichten die Studierendenvertretungen von LMU, der Technischen Universität München (TUM) und der Hochschule München (HM) eine gemeinsame Stellungnahme, in der sie ein Waffenverbot an Unis und Hochschulen forderten. Hochschulen seien seit Jahrhunderten Orte des Lernens und Lehrens, der Wissensvermittlung und der Forschung. Die Präsenz einer bewaffneten Person in einer Vorlesung verunsichere und verängstige die anwesenden Studierenden und die lehrende Person, sodass das vermeintlich erhöhte persönliche Sicherheitsgefühl der die Waffe mitführenden Person zulasten des Sicherheitsgefühls und der Sicherheit aller anderen Anwesende gehe und daher nicht toleriert werden könne.

Seit der Stellungnahme, in der die Studierendenvertretung der LMU auf einen kurzen Austausch mit der Hochschulleitung bzgl. einer Anpassung der Hausordnung verweist, scheint wenig geschehen zu sein. Und so kam es zwei Wochen nach dem Polizeieinsatz zu einer Protestaktion im Lichthof der LMU: Studierende schafften es dort, zumindest für kurze Zeit, Banner mit den Aufschriften „Waffen geben uns keine Sicherheit. Waffenverbot in die Hausordnung setzen“, „Aus der Geschichte lernen – keine Waffen in unserer Uni“ und – in Anspielung auf das Verhalten der Hochschulleitung – „SZ schreibt. Die Uni schweigt“ zu platzieren. Nach Aussage des Referats gegen Faschismus, das die Studierenden vor Ort befragte, richtet sich die Protestaktion gegen den Umgang der Hochschulleitung mit der Verankerung des Waffenverbots in der Hausordnung sowie die ausbleibende Kommunikation der Situation gegenüber der allgemeinen Studierendenschaft.

Gegen die Rüstungsforschung an Unis und Hochschulen

Die Forderung der Verankerung eines solchen Waffenverbots in der Hausordnung ist absolut richtig und sollte umgehend von der Hochschulleitung verwirklicht werden!

Jedoch geht diese Forderung noch nicht weit genug und spart einen wesentlichen Aspekt aus: Die Rüstungsforschung, die an deutschen Unis und explizit auch der LMU betrieben wird. Wir können nicht einfordern, dass wir vor Waffengewalt und deren Androhung geschützt werden und dabei ignorieren, dass an unseren Universitäten Waffen viel größeren Kalibers erforscht werden, die schließlich Angst und Schrecken in der ganzen Welt verbreiten werden. Erdoğan bombardiert gerade zum wiederholten Male die kurdischen Gebiete und ermordet dabei Zivilist:innen. Deutschland ist einer der größten Waffenlieferanten der Türkei.

Ein Spiegel-Artikel legte 2019 dar, dass das Pentagon bis zu diesem Zeitpunkt 21,7 Millionen Dollar an Drittmitteln an deutsche Unis zahlte, davon allein 4 Millionen Dollar für die Rüstungsforschung an der LMU. Des Weiteren forscht der Chemie-Professor Thomas Klapötke seit Jahren an der LMU an der sogenannten „grünen Bombe“, wobei 75 Prozent seiner Forschungsgelder vom US-Verteidigungsministerium stammen. Die Kriegsführung solle damit sauberer, billiger, effektiver und ökologisch verträglicher gemacht werden. Klapötke scheut sich in Interviews auch nicht, den besonderen Standortvorteil, den er an der LMU hat, zu loben: Hier gibt es keine Zivilklausel, d.h. an anderen Unis, die eine solche Klausel haben, wäre seine Rüstungsforschung wohl nicht möglich. Zudem sei es ihm zufolge unmoralisch, mit den vorhandenen wissenschaftlichen Fähigkeiten rein akademische Forschung zu betreiben und diese nicht für den anwendungsbezogenen Bereich zu nutzen.

Wir schließen uns der Forderung der Studierendenvertretungen von LMU, TU und HM an! Aber wir fordern darüber hinaus auch eine sofortige Beendigung der Rüstungsforschung an allen Unis und Hochschulen sowie die Einführung einer Zivilklausel, das heißt einer Selbstverpflichtung, Forschung ausschließlich für zivile Zwecke zu betreiben! Damit Unis tatsächlich Orte des geistigen Austauschs und keine Waffenschmieden sind!

Keine Waffen in unserer Uni


Am Mittwoch, den 30. November, hält das Referat gegen Faschismus der Studierendenvertretung der LMU von 11:00 bis 13:30 Uhr auf dem Geschwister-Scholl-Platz eine Kundgebung zu diesem Thema ab. Trefft uns dort!

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