Linkspartei sucht gemeinsame Front mit CDU und AfD gegen „G20-Randalierer“

13.07.2017, Lesezeit 3 Min.
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Nachdem sich die Parteirechte schon während des Gipfels von den Ausschreitungen im Schanzenviertel distanzierte, nimmt die Anpassung an das politische Establishment einen neuen Sprung: In Mecklenburg-Vorpommern bringt sie einen Dringlichkeitsantrag ein, der die Krawalle verurteilen soll – und hofft dabei auf Unterstützung von SPD, CDU und AfD.

Damit hat es die Linkspartei auf die andere Seite der Barrikade verschlagen: In einem Dringlichkeitsantrag, den Die Linke in den Landtag in Mecklenburg-Vorpommern einbringen will, sollen „die schweren Ausschreitungen [in Hamburg] verurteilt“ werden. Außerdem stellte sie sich hinter den Parlamentsbeschluss, der beteiligten Polizeieinsatzkräften aus dem norddeutschen Bundesland einen Sonderurlaub gewährt. In dem Antrag fordert sie die rot-schwarze Landesregierung des weiteren auf, zu untersuchen, ob Aktivist*innen der NoG20-Proteste aus Mecklenburg-Vorpommern kamen und an Straftaten beteiligt waren.

Damit entfernt sich die Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur von den enormen Protesten, die Zehntausende in Hamburg auf die Straße brachten und die Sympathie der breiten Stadtbevölkerung genossen, sondern auch von Teilen ihrer eigenen Partei sowie den Jugendorganisationen Linksjugend [’solid] und Linke SDS., die sich aktiv an der Organisierung der Proteste beteiligten. Sie prämieren damit sogar die Arbeit der Repressionsorgane des bürgerlichen Staates und die massive Polizeirepression, und fordern mehr Verfolgung gegen linke Aktivist*innen.

Diese Positionierung widerspricht anderen Sektoren der Parteilinken, die klar die Polizei und ihr Auftreten während der Gipfeltage als Auslöser der Ausschreitungen verurteilen und die Polizeigewalt scharf kritisieren. Einige Parteimitglieder wurden sogar selbst Opfer dieser willkürlichen Repression.

Doch in der Parteispitze und den einflussreichsten Landesverbänden überwiegt die Position, sich von den Krawallen zu distanzieren und das Agieren der Polizei nicht vollständig zu kritisieren. Dies stimmt auch mit der Politik der Linkspartei in den Landtagsregierungen, in denen sie sich befinden, überein. Während die Linkspartei in Berlin mit der Verschärfung der Sicherheitsgesetze Polizeiwillkür Tür und Tor öffnete und linke Kiezläden und Häuser räumen lässt, war sie in Mecklenburg-Vorpommern 2007 für die repressiven Gesetze verantwortlich, die gegen die Anti-G8-Proteste in Heiligendamm eingesetzt wurden.

Auch der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Dietmar Bartsch hat sich schon am Wochenende klar gegen die Ausschreitungen ausgesprochen:

Mit diesen Aussagen fällt die Linkspartei auf die anti-linke Hetze der bürgerlichen Presse herein, die den Protesten insgesamt die Legitimität absprechen will, indem sie diese auf die Randale reduziert, und den Ausbau des Überwachungsstaates zum Ziel hat. Zudem scheint es ganz so, als sei diese Position teil einer wahltaktischen Positionierung, die „gemäßigten“ Wähler*innen und ehemalige SPD- oder Grünen-Wähler*innen nicht abzuschrecken.

Doch jeder Schritt, den die Linkspartei auf die bürgerlich-konservative Mitte zugeht, ist ein Schritt weg von der Linken, von den Arbeiter*innen, die gegen Ausgliederungen streiken, von den Jugendlichen, die gegen die Welt der G20 und Abschiebungen protestieren, und von den Frauen und LGBTI*, die für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung kämpfen. Die Ereignisse in Hamburg, die besonders für die SPD von Olaf Scholz eine herbe Niederlage waren, haben auch die Linkspartei nicht gestärkt. Denn sie gibt kein überzeugendes Bild ab: Weder als „Protestpartei“, wie es sich die Parteilinke erhofft, noch als „Ordnungspartei“, wie es die Parteiführung plant. Der geplante Dringlichkeitsantrag in Mecklenburg-Vorpommern zeigt jedoch, dass aktuell eher letzteres Bild überwiegt.

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