Kriegsminister Pistorius will Jugend-Zwangsdienst statt höherer Löhne

24.02.2023, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Alexandros Michailidis / shutterstock.com

Die Diskussion um eine allgemeine Dienstpflicht für Jugendliche ist ein Angriff auf die Rechte der Jugend und nützt nur dem Staat und den Bossen.

Vor wenigen Wochen legte der SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius den Vorschlag einer “allgemeinen Dienstpflicht” in Deutschland auf den Tisch. Anstelle einer Wiedereinführung der Wehrpflicht sollen Jugendliche so nicht zwingend zum Dienst im Militär, sondern “für die Allgemeinheit” gebracht werden – was die Möglichkeit, bei der Bundeswehr zu dienen, explizit einschließt.

Diesem Vorstoß seines Ministers hat Kanzler Olaf Scholz nun zwar eine Absage erteilt. In nächster Zeit ist also nicht mit der Einführung einer etwaigen Wehr- oder Dienstpflicht zu rechnen. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf die Ziele, die Pistorius mit seinem Vorschlag verfolgen wollte, um sich gegen ähnliche zukünftige Angriffe auf die Jugend zu wappnen.

Als gewichtigsten Grund für seinen Vorschlag gab der Minister die Absicht an, “die Menschen und die staatlichen Organisationen wieder ein Stück näher zusammenzubringen”. Nachdem große Teile der Jugend während der vielfältigen sozialen und wirtschaftlichen Krisen der vergangenen drei Jahre also erheblich desillusioniert wurden von diesem Staat, der sie bei allen seinen Maßnahmen und Hilfspaketen stets hintangestellt hat, will er sie nun durch einen Zwangsdienst “für die Allgemeinheit” für sich zurückgewinnen. Der zunehmenden Einsicht, dass dieser Staat die Interessen der Arbeiter:innen und der Jugend immer wieder mit Füßen tritt, weil er kein Staat der “Allgemeinheit” sondern des Kapitals ist, soll entgegengewirkt werden, indem man Jugendliche auch einmal für ein paar Monate in das Kostüm der Staatsdiener:innen zwingt.

Außerdem darf man davon ausgehen, dass mit so einem Dienst vor allem Jugendliche als billige oder kostenfreie Arbeitskräfte in Sektoren wie der Pflege, die unter chronischem Personalmangel leiden, verfügbar gemacht werden sollen. Dabei ist es eine dreiste Lüge, dass so eine Maßnahme “der Allgemeinheit” dienen würde. Massiver Unterbesetzung begegnet man nicht, indem man ungelernte, junge Arbeitskräfte herankarrt, denen noch jeder Handgriff und jede Aufgabe von vorne beigebracht werden muss – was auch wieder auf die schon so überbelasteten Facharbeiter:innen zurückfiele. Stattdessen müssen unterbesetzte Berufe durch höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten und bessere Arbeitsbedingungen im Allgemeinen attraktiver gemacht werden. Forderungen, die Pistorius ablehnt, um die krasse Aufrüstung zu finanzieren. Die hundert Milliarden Euro für die größte Aufrüstungskampagne der Geschichte der BRD fehlen für soziale Maßnahmen im Sinne der großen Masse der Bevölkerung.

Pistorius’ “Dienst für die Allgemeinheit” stellt sich also als Dienst für die Bosse und den Staat heraus. Das ist auch nicht verwunderlich, schließlich ist es ein Staat der Bosse, dessen Minister Boris Pistorius ist. Echte Verbesserung für die Massen der Jugend und der Arbeiter:innen in diesem Land wird keine bürgerliche Regierung und kein Unternehmen je verschenken. Sie müssen ihnen im politischen und ökonomischen Kampf, im Klassenkampf, abgerungen werden. Wie Arbeiter:innen und die Jugend ihre Kämpfe im beiderseitigen Interesse verbinden können, lässt sich derzeit an vielen Beispielen demonstrieren, wie den Streiks für den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes hier in Deutschland oder den Kämpfen gegen Macrons reaktionäre Rentenreform in Frankreich.

Schließlich reiht sich die ganze Debatte um Wehr- und Dienstpflicht ein in die rasante Militarisierung der BRD seit Beginn des Ukrainekrieges vor einem Jahr. Während astronomische Summen in die Truppe gepumpt werden, soll sich auch die Jugend voller Eifer hinter ihren schwerbewaffneten Staat stellen. Dabei haben die Arbeiter:innen und die Jugend weder hier in Deutschland noch in Russland oder in der Ukraine etwas in diesem Krieg oder im globalen Wettrüsten zu gewinnen. Deswegen muss die Jugend in Einheit mit der Arbeiter:innenklasse dem Militarismus der Bundesregierung den Kampf ansagen: Nein zu jeder Dienst- oder Wehrpflicht! Schluss mit der Aufrüstung! Geld für Gesundheit, Klima, Bildung und Soziales statt für die Bundeswehr!

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