Kitas in der Pandemie – Fußabtreter des Profits

05.01.2021, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Die Zustände in Kitas und Kindertagespflegestellen sind seit Jahren angespannt. Die anhaltende Corona-Pandemie verschärft die Probleme um ein Vielfaches. Während der Personalmangel die Beschäftigten an ihre Grenzen treibt, sollen die Kitas trotz hohen Infektionszahlen offenbleiben, damit Eltern weiter arbeiten können. Eine Erzieherin klagt die dramatischen Verhältnisse an.

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Foto: Shutterstock

Hinweis: Dieser Artikel erschien vor den neuen Corona-Maßnahmen, durch die in vielen Bundesländern die Kitas bis zum 31.01. geschlossen bleiben.

„Grundschulkinder können teilweise auch mal alleine Zuhause bleiben – Kleinkinder nicht, die brauchen rund um die Uhr eine Betreuung. Deswegen lassen die die Kitas auf, damit die Eltern auf alle Fälle weiter arbeiten gehen können. Aber wer denkt denn an uns? Wir haben auch Familie und wollen die Feiertage nicht isoliert in Quarantäne verbringen, beziehungsweise unsere Angehörigen anstecken! Wir sind doch nicht die Fußabtreter der Profithaie!“ Diese alarmierende Anklage kommt von einer Erzieherin aus Brandenburg nachdem am Sonntag, den 13.12 bekannt gegeben wurde, dass der harte Lockdown die Kindergärten außen vor lässt.

Sie bleiben offen bis zu den Feiertagen. Die einzige Einschränkung: ein Appell an die Erziehungsberechtigten, ihre Kinder doch bitte zu Hause zu betreuen, wenn es möglich ist. Weder wird die Anordnung einer Notbetreuung ausgesprochen, noch eine Liste von notbetreuungsberechtigen Berufen an die Einrichtungen gegeben, um den Bedarf der Betreuung nach eindeutigen Kriterien und im Sinne der Pandemiebekämpfung festzustellen. Stattdessen wird nur an die Einsicht und Vernunft auf Seiten der Erziehungsberechtigten appelliert.

Neben der Tatsache, dass viele Arbeitgeber*innen der Eltern weiterhin ihren vollen Arbeitseinsatz fordern und sie nur in den seltensten Fällen entlasten, solange sie keine eindeutige Verordnung dazu verpflichtet, sind eben auch die Meinungen über die Gefährlichkeit des Virus in unserer Gesellschaft sehr vielfältig. Manches Elternteil nimmt jeden Tag der Entlastung zu einem vermeintlich gering geschätzten Risiko dankend in Anspruch. Dabei werden die Bedürfnisse der pädagogischen Fachkräfte völlig außen vor gelassen. Seit Beginn der Pandemie werden die Beschäftigten in Kitas und Kindertagespflegestellen wöchentlich vor neue Vorgaben und Herausforderungen gestellt, die sie nun seit einem dreiviertel Jahr versuchen mit all ihren Ressourcen umzusetzen. Dass diese Zeit nicht spurlos an ihnen vorbei gegangen ist, verwundert nicht. Hinzu kommt aber noch ein zunehmender Personalmangel, seitdem die Corona-Zahlen wieder steigen. Schon vor der Pandemie war die Unterbesetzung in der deutschen Betreuungslandschaft kein Geheimnis. Nun verschärft sich die Lage in den Einrichtungen aber zusehends, da durch Quarantäne, eigene Infektion oder andere Erkrankungen Fachkräfte ausfallen.

Anstatt den Betreuungsumfang an den noch verbleibenden Personalkapazitäten zu bemessen und durch verkürzte Öffnungszeiten oder die tageweise Betreuung von Kindern, eine qualitative Kinderbetreuung zu gewährleisten und den vorgegebenen Personalschlüssel zu wahren, wird den Eltern von Seiten des Senats vermittelt, dass einem Regelbetrieb nichts im Wege stehe, da Kitas keine Infektionsherde darstellen würden. Auch im neuen Jahr werden Kitas nur am Rande erwähnt und mitgedacht. Seit dem 04. Januar sind viele Einrichtungen wieder geöffnet und pädagogische Fachkräfte weiterhin unklaren Vorgaben und zahlreichen Diskussionen ausgesetzt. Die Hoffnung auf eindeutige und nachvollziehbare Regelungen von Seiten der Politik ist gering. Dabei wäre es für die Beschäftigen in Kitas und Kindertagespflegestellen eine große Erleichterung würden die vorhandenen Betreuungskapazitäten, bemessen an den zur Verfügung stehenden Erzieher*innen, für Kinder von systemrelevant arbeitenden Eltern und für Kinder aus unsichereren Lebensverhältnissen zur Verfügung stehen. Des Weiteren muss Eltern, welche ihre Kinder Zuhause betreuen, eine volle Lohnfortzahlung bei Stundenreduzierung zugesichert werden, beziehungsweise zusätzlich bezahlter Urlaub gewährt werden. Nur so kann das weitere Infektionsgeschehen unter Berücksichtigung der Sicherheit aller eingedämmt werden und somit finanzielle und gesundheitliche Gefahren zu minimieren.

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