Keine „Marder“ für den Krieg! Streiks für den Frieden auf beiden Seiten!

06.01.2023, Lesezeit 6 Min.
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Bild: Filmbildfabrik / shutterstock.com

Die Bundesregierung möchte der Ukraine “Marder”-Schützenpanzer für den Krieg liefern. Warum Gewerkschaften im Westen und im Osten jetzt zu Streiks gegen Krieg und Waffenlieferungen aufrufen müssen.

Mit der Ankündigung, “Marder”-Schützenpanzer zu liefern, überschreitet Bundeskanzler Olaf Scholz erneut eine Linie, die direkte Lieferung von Panzern in den Ukraine-Krieg. Bisher gab es für Selenskyj nur schwere Kampfgeräte aus Produktionen des ehemaligen Warschauer Pakts, um den Krieg nicht zu schnell zu eskalieren. Jetzt wollen neben Deutschland auch Frankreich und die USA schweres Gerät aus westlichen Produktionen schicken.

Der Beschluss zur Panzer-Lieferung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Bevölkerung in Deutschland langsam kriegsmüde wird. Laut einer Umfrage des ARD-Deutschland-Trends fordert zwar noch etwa ein Drittel der Wahlberechtigten weitergehende Sanktionen, aber nur noch ein Viertel weitergehende Waffenlieferungen als bisher. Über die Hälfte der Befragten wünscht sich weitergehende diplomatische Bemühungen. Gleichzeitig befürchtet über die Hälfte, dass der Ukraine-Krieg auch 2023 nicht enden wird. Diese Kriegsmüdigkeit stützt sich zum einen auf die dauerhafte, nur Zerstörung bringende, Pattsituation, zum anderen aber auch auf die Explosion der Gaspreise und Verbraucher:innenpreise insgesamt, unter denen auch in Deutschland immer mehr Menschen leiden, sozial absteigen und in die Armut gedrängt werden. Es ist also im eigenen Interesse des Großteils der Bevölkerung Deutschlands, für ein Kriegsende einzutreten.

Frieden kommt nicht von allein

Dass der Krieg nicht endet, ist sowohl den Kriegstreiber:innen in Moskau als auch denen in Washington, Paris und Berlin zu verdanken. Von Anfang an vertreten die NATO-Staaten in diesem Krieg nicht etwa Interessen der Demokratie und Menschenrechte, wie sie es schon bei der Besatzung Afghanistans behaupteten, sondern ihre eigenen kapitalistischen Interessen. Eine Ukraine, die mit NATO-Hilfe aus dem Krieg heraus geht, wird unter Diktat der NATO, der EU, der Weltbank und des IWF stehen und sich damit abfinden müssen, ein westlicher Vasall zu sein. Die NATO verhilft der Ukraine also keineswegs zur Unabhängigkeit. Diese kann ausschließlich mit dem Sturz des Kapitalismus im Westen und im Osten, sowie mit einem friedlichen Zusammenleben der Völker auf Grundlage der Arbeiter:innendemokratie und des Sozialismus, erreicht werden.
Frieden zwischen den Völkern kommt aber nicht von allein. Er wird auch nicht durch bürgerliche Diplomatie und Bündnispolitik beschlossen, wie es sich Teile der Partei DIE LINKE, die DKP und einige andere linke Organisationen vorstellen, die zu Russland hin vermitteln wollen – während sich der Hauptflügel der Linkspartei im Krieg der NATO zuwandte. Kapitalistische Staaten und Staaten-Blöcke sind letztlich nur Beutegenossenschaften. Sie können keinen dauerhaften Frieden untereinander schließen, wie das erneute Säbelrasseln zwischen den USA und China um Taiwan zeigt. Die Gesetze der kapitalistischen Konkurrenz treiben sie wieder in den Krieg.

Frieden muss durch die Arbeiter:innenklasse erkämpft werden, auf beiden Seiten, in Russland und im Westen. In Russland herrscht bereits schon länger eine Kriegsmüdigkeit, zumal Putins Krieg erfolglos verläuft und vielen russischen Arbeiter:innen das Leben kostete. Die Kriegsmüdigkeit geht auch aus einer Umfrage zu internen Zwecken des Kreml vom letzten Dezember hervor. Nur ein Viertel der Befragten in Russland befürwortet die Fortsetzung des Kriegs. Das dürfte auch ein Grund dafür sein, dass Putin neuerdings von einem Waffenstillstand über die orthodoxen Weihnachten spricht. Solchen Waffenstillstandsangeboten aus dem Mund eines blutigen Bonaparten ist keineswegs zu trauen. Sie zeigen aber, dass er die Notwendigkeit für Manöver sieht, da die eigene Bevölkerung seinen Krieg immer weniger unterstützt.

Für Streiks und Aktionen auf beiden Seiten

In solch einem Moment, in dem der Wille für diesen Krieg auf beiden Seiten der Bevölkerung immer weiter schwindet, müssen die Gewerkschaften allseitig zum Streik aufrufen, für das Ende des Kriegs und sämtlicher feindseligen Handlungen, wie Waffenlieferungen und Sanktionen. Dabei kann es sein, dass die Arbeiter:innen im Westen in Vorleistung gehen und zuerst Lieferungen streiken, um den Arbeiter:innen in Russland und Belarus, die schwere Repressionen zu fürchten haben, ihre Solidarität zu zeigen. Es kann auch umgekehrt ablaufen, dass die Streiks zuerst in Russland oder Belarus beginnen und im Westen dann umso mehr mit Streiks gegen die “eigenen” Regierungen begrüßt werden müssen. Denn auf beiden Seiten nützt der Krieg nur den Gewinnen der Reichen, die Arbeiter:innen bezahlen ihn wirtschaftlich und mit ihrem Leben.

Durch Aktionen der Arbeiter:innenklasse wurde der Erste Weltkrieg beendet, mit Streiks und dem Sturz kapitalistischer Regierungen, in Russland mit einer erfolgreichen sozialistischen Revolution. Für solch eine Perspektive muss jetzt mit ersten koordinierten gewerkschaftlichen Aktionen der Weg bereitet werden, zum Beispiel durch Streiks der IG Metall in Rüstungsbetrieben, um ihrer Beschlusslage nachzukommen, die für eine Konversion der Rüstung in zivile Industrie eintritt, oder mit Blockadeaktionen gegen Waffenlieferungen. Dafür müssen vor allem linke Strukturen in den Gewerkschaften wie die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) aktiv eintreten.

Solche koordinierten Aktionen von Gewerkschaften und Linken müssen sich auch gegen die Aufrüstungspolitik insgesamt richten. Deren Fanal war die “Zeitenwende” des Jahres 2022, mit der der deutsche Kapitalismus seinen heuchlerischen “Pazifismus” offiziell ablegte. Dieser Pazifismus war schon zuvor heuchlerisch, da Deutschland unter Rot-Grüner Flagge bereits im Kosovo, in Afghanistan und später unter Merkel mitunter in Mali Krieg führte. Nichtsdestotrotz war Scholz’ “Zeitenwende” ein Signal: Die historische Zurückhaltung des deutschen Imperialismus seit dem, für das deutsche Kapital verlorenen, Zweiten Weltkrieg ist vorüber. Dafür wurden 100 Milliarden Euro locker gemacht. Die öffentliche Diskussion über angeblich nicht betriebsbereite “Puma”-Schützenpanzer für die “Schnelle Eingreiftruppe”, die auch als “NATO-Speerspitze” bezeichnet und seit dem 1. Januar von Deutschland geführt wird, weist auch in die Richtung weiterer Aufrüstung.

Weitere Aufrüstung wird weitere Kriege, Tod und Zerstörung weltweit bedeuten. Wie schon bei allen Kriegen, an denen Deutschland jemals mitgemischt hat. Und weitere Aufrüstung wird auch Kürzungen im Sozial-, Erziehungs- und Gesundheitswesen bringen, wo das Geld bereits jetzt dringend fehlt. Dies sind zusätzliche Gründe für gewerkschaftliche und linke Aktionen, um Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann und Konsorten das Handwerk zu legen. Für den Stopp jeglicher Kriegsproduktion und die Umwandlung der Rüstungsindustrie in zivile Projekte und das Nutzen der 100 Milliarden Euro für Krankenhäuser, Kitas und Jugendeinrichtungen, statt für Panzer und Raketenschirme.

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