Italiener*innen berichten aus dem Hamburger Gefängnis

29.07.2017, Lesezeit 3 Min.
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Drei Wochen nach dem G20-Gipfel sitzen immer noch 35 Menschen in Haft – mindestens die Hälfte von ihnen sind Ausländer*innen. Die Vorwürfe sind an Absurdität nicht zu überbieten. Zwei Italiener*innen berichten aus dem Gefängnis.

Eine 23-jährige Italienerin und ein 17-jähriger Italiener sitzen seit drei Wochen im Gefängnis in Hamburg. Ein Bekannter von ihnen berichtet gegenüber Klasse Gegen Klasse, dass die beiden nicht mal wissen, was ihnen vorgeworfen wird.

Die Mutter der jungen Frau durfte ihre Tochter bisher nur eine Stunde lang im Gefängnis besuchen. Um neue Kleidung zu bekommen, müsste sie Formulare auf Deutsch ausfüllen, aber die Sprache kann sie nicht. Deswegen hat sie beim Besuch die gleichen Jeans getragen, die sie auf der Demo anhatte.

Die Italiener*innen dürfen auch keine Briefe bekommen. Auch um Bücher zu bekommen, müssten sie Formulare ausfüllen, die nur auf Deutsch sind. In der Bibliothek gibt es auch ausschließlich Bücher auf Deutsch.

Die deutschen Formulare werden gerade vom italienischen Konsulat übersetzt, damit man dieses Problem lösen kann. Durch das Konsulat konnte inzwischen auch die erste Kleiderkiste geliefert werden. Dennoch ist klar, dass die Regeln gezielt zur Schikanierung gedacht sind. Der Bekannte kommentiert: „Dies ist eine recht faschistische Weise, um Gefangene zu entmündigen.“

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, ist das kein Einzelfall. Mindestens „fünf Italiener (…), drei Franzosen, zwei Niederländer, zwei Russen, zwei Ungarn, ein Schweizer, ein Österreicher, ein Pole und ein Tscheche“ werden noch festgehalten.

Die Anklagen sind äußerst vage: Manche sollen in einer Menge gewesen sein, aus der Steine auf Polizist*innen geflogen seien. Ihnen wird kein strafbares Verhalten zur Last gelegt – nur der Gummiparagraph „Landfriedensbuch“. Ein junger Mann aus Polen wurde am Bahnhof mit einem Pfefferspray (!) festgenommen. Auch er sitzt seit drei Wochen in Untersuchungshaft.

Diese Praxis ist äußerst diskriminierend, da Menschen mit deutschem Pass zu Hause auf einen Prozess warten können.

Genauso sitzt noch ein junger Vater aus Greifswald, der mit einem vollkommen harmlosen Laserpointer auf einen Polizeihubschrauber gezielt haben soll.

Die endlosen Lügen der Hamburger Polizei wackeln immer mehr – über die „marodierenden Gewalttäter“, die angeblich fast 500 Cops verletzt hätten. In Wirklichkeit hat die Polizei während des Gipfels mindestens einige hundert Demonstrant*innen schwer verletzt. Und nun versucht sie an Einzelnen (am liebsten Ausländer*innen) ein Exempel zu statuieren, um diese Gewaltorgie nachträglich zu rechtfertigen.

Wir verlangen die sofortige Freilassung aller Gefangenen!

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