Freund und Helfer? Waffen für Faschist:innen, Knast für Lina!

31.03.2021, Lesezeit 5 Min.
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Foto: TUT

Der Studentin Lina E. wird die Gründung einer terroristischen Organisation vorgeworfen, angeführte Beweise dafür sind ein paar Perücken, Hämmer und Mobiltelefone. Währenddessen häufen sich die Skandale um rechtsextreme Polizist:innen, die Munition horten - ohne dass etwas passiert. #FreeLina

Anfang November wurde die Studentin Lina E. in Leipzig bei einer Razzia verhaftet. Ihr wird die Gründung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen und konkret die Anführerin eines Überfalls auf die Kneipe „Bulls Eye“ zu sein, die von einem Neonazi mit Verbindungen zur sog. „Atomwaffen-Division“ betrieben wird und ein Treffpunkt der rechten Szene ist. Die dabei angeführten Beweise sind lächerlich: ein paar Perücken, Hämmer und Mobiltelefone.
Während Reichsbürger und Neonazis Waffen und Munition horten, aus Bundeswehr- und Polizeibeständen ständig Waffen verschwinden und rechte Anschläge zunehmen, wurde Lina E. wie eine Schwerverbrecherin in einem Helikopter, begleitet von schwer bewaffneter Polizei, nach Karlsruhe ausgeflogen.

Natürlich darf auch eine ekelhafte und sexistische Berichterstattung von Zeitungen wie der „Bild“ und „tag24“ nicht fehlen, die Ihre frauenfeindliche Einstellung erneut präsentieren.
Wieder einmal wird klar, auf wessen Seite der Staat und die Ermittlungsbehörden stehen und wen sie für die Gefahr halten. Denn anscheinend sind Perücken in den Händen von Linken gefährlicher als Neonazis mit Schusswaffen.
Die Repression gegen Lina findet in einer Situation statt, wo Gedenkdemonstrationen an Opfer rassistischer Gewalt verboten werden, wie im August 2020 in Hanau, während Rechte mit Querdenker:innen und organisierten Neonazis marschieren dürfen. Nicht zuletzt zeigte die Polizei ihr klar rechtes Gesicht, als sie stundenlang tausende „Querdenker:innen“ durch die Innenstadt Kassels marschieren ließ, obwohl diese sich Maßnahmen zum Gesundheitsschutz wie Masken und Abstand verweigerten. Wenige Tage später wurde einige hundert Kilometer nördlich im rot-rot-grün regierten Berlin die Kiezkneipe Meuterei geräumt: mit dabei 1.100 Polizist:innen.

Denn die Polizei dient dem Schutz der bestehenden Ordnung: sie führen Zwangsräumungen und Abschiebungen durch, diskriminieren Obdachlose und (migrantische) Jugendliche und schützen die Aufmärsche Rechter.
Auf der ganzen Welt erfüllt die Polizei diese Funktion: ein Polizist ermordete Sarah in London, ein Polizist ermordete George Floyd in den USA, die Polizei drückte die Abschiebung minderjähriger Schülerinnen in Wien durch. Auch die Polizei in Deutschland ist seit Jahren bekannt für Verbindungen zu Nazis und anderen Rechten: Allein in Nordrhein-Westfalen wurden zu Anfang des Jahres 175 Verdachtsfälle von Polizist:innen mit rechtsextremen Tendenzen an die Strafanwaltschaft weitergeleitet. Im Verdachtskomplex Mühlheim ging es zum Beispiel bei den Verdachtsfällen nicht nur um Rechtsextremismusdelikte, sondern auch um Straftaten wie Körperverletzung im Amt und Sexualdelikte. Es liegt eine Ermittlungsakte vor, die sage und schreibe 13.000 Seiten umfasst – und die sicher weitaus mehr Terrorpotential beinhaltet als es Mobiltelefone, Perücken und Hammer besitzen. Der Innenminister von NRW, Herbert Reul (CDU) teilte am Anfang des Jahres mit, dass jedoch einige der Tatvorwürfe schon verjährt seien und sagte außerdem, dass Polizist:innen in diesen Gruppen teils „auch keine strafrechtlichen Inhalte, sondern „Hitler-Parodien““ geteilt hätten.

Die Kriminalisierung von Lina wird mit dem §129 begründet. Diesen Paragraphen kennen linke Aktivist*innen zu gut. Denn für „Gründung oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ werden nicht die KSK-Einheiten oder WhatsApp-Gruppen verurteilt. Der Paragraph, der in Zeiten der RAF eingeführt wurde, dient seitdem der Kriminalisierung von Linken. Häufig werden die Angeklagten nicht verurteilt, sondern die Verfahren werden genutzt, um linke Aktivist:innen zu verfolgen, Protest gegen Nazis zu delegitimieren und den Aufbau linker Strukturen zu schwächen.
Linas Fall ist nicht nur besonders dreist: Die „Beweise“ für ihre „Gründung einer terroristischen Vereinigung“ sind Perücken, Mobiltelefone und Hämmer. Die Hetzpresse hat ebenfalls ihr bestes beigetragen: Sie veröffentlichen Fotos von Lina und kommentierten, dass sie ja nicht dem Bild einer Linksextremistin entsprechen würden – denn die 26-Jährige hatte sich die Fingernägel lackiert. Die Fokussierung aufs Aussehen von politischen Aktivistinnen ist ein alter Schuh, wie zum Beispiel bei der Fahndung nach der „Krawallbarbie“ nach den Anti-G20-Protesten in Hamburg: durch das Berichten und Bewerten über das Aussehen von Aktivistinnen wird ihre politische Haltung nur noch zur Randnotiz.
Täglich gefährden Abschiebungen die Leben von zu vielen Personen, Menschen werden inmitten einer globalen Pandemie auf die Straße gesetzt weil sie die Miete wegen Jobverlust nicht mehr zahlen können und rechtsextremistische Straftaten in Deutschland nehmen deutlich zu. Doch die Regierung hat anscheinend nichts Besseres zu tun, als Linke zu kriminalisieren und sie aufgrund von völlig lächerlichen „Beweisen“ zu verhaften. Wir fordern die Freilassung von Lina E. Und die Streichung vom §129. Wenn Polizei und Staat auf Seiten von Nazis stehen, werden wir den Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht mit Hilfe von Regierung, Parteien oder anderen Apparaten des Staates gewinnen, sondern müssen uns selbst gegen sie organisieren.
Um Lina in dieser Situation finanziell zu unterstützen, könnt ihr hier für sie spenden:
#FreeLina

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