Frankreich: Streiks in Raffinerien, Energie und Häfen gegen Rentenreform

27.01.2023, Lesezeit 7 Min.
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Für den 31. Januar hat die Intersyndicale-Koordinierung der französischen Gewerkschaften zu einem neuen Aktionstag aufgerufen. Schon am gestrigen Donnerstag waren die Streiks im Öl-, Energie- und Hafensektor deutlich zu spüren.

Am 26. Januar hatten mehrere Gewerkschaftsverbände zum Streik gegen die Rentenreform aufgerufen. Dem Streikaufruf aller CGT-Gewerkschaften des Erdölsektors, der zunächst für 48 Stunden ausgerufen worden war, schlossen sich die CGT des Energiesektors und des Hafensektors an. Diese Sektoren hatten bereits am 19. Januar einen großen Streiktag in der Petrochemie und den Ölraffinerien durchgeführt.

Der Streik am gestrigen Donnerstag legte den strategisch wichtigen Hafen von Le Havre lahm, der von den Arbeiter:innen blockiert wurde. Auch die Arbeiter:innen mehrerer Kern- und Wasserkraftwerke traten in den Streik. Arbeitsniederlegungen in fünf Raffinerien führten zur Einstellung aller Kraftstofflieferungen, insbesondere an die Standorte in der Normandie, La Mède und Donges.

Die CGT Energie gab auch ein gutes Beispiel für Propaganda durch Aktionen, um die öffentliche Unterstützung für den Streik zu erhöhen. Streikversammlungen in mehreren Städten haben einstimmig beschlossen, Schulen, Krankenhäuser, Bibliotheken und andere öffentliche Einrichtungen während der Streiktage kostenlos mit Energie zu versorgen. Gleichzeitig wird der Tarif für kleine Unternehmen, wie z. B. handwerkliche Bäckereien, um 60 Prozent gesenkt. Dies teilte einer der Vorsitzenden der CGT Energie am Donnerstag im französischen Fernsehen mit. Eine Demonstration der Fähigkeit der Arbeiter:innenklasse in strategischen Sektoren wie dem Energiesektor, wichtige Forderungen der Bevölkerung, wie das Problem der Erhöhung der Stromtarife, zu „lösen“.

Am Streiktag am Donnerstag beteiligten sich verschiedene Sektoren, die die Notwendigkeit eines erneuerbaren oder verlängerbaren Streiks hervorheben, um die Regierung zu besiegen. Mit dieser Methode, die von den Gewerkschaften in Frankreich häufig angewandt wird, kann ein mehrtägiger Streik (48 oder 72 Stunden) auf Beschluss der Streikversammlungen „erneuert”, also auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden. Dies ermöglicht es, den Streik laufend zu verlängern und gleichzeitig das Kräfteverhältnis zu messen, um die Regierung oder die Bosse zu bezwingen.

Ein Gewerkschaftsvertreter der CGT Energie im Département 33, Jean-Manuel, erklärte die allgemeine Stimmung in seinem Sektor: „Der Streiktag am 31. Januar ist zu weit weg. Deshalb streiken wir heute auf Aufruf unseres Verbandes und wollen einen Streik in Aussicht stellen, der so lange ausgedehnt werden kann, bis die Regierung dieses katastrophale Projekt [der Rentenreform] zurückzieht“. Am selben Tag stimmte die Vollversammlung dieses Sektors für einen erneuerbaren Streik ab dem 31. Januar.

Martial, Gewerkschafter der CGT und Arbeiter bei Enedis Mérignac in Bordeaux, wies in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit hin, „verschiedene Sektoren zu vereinen und die Kämpfe näher zusammenzubringen“. Zu diesem Zweck organisierten sie Aktionen für andere Sektoren, um die Grundlagen für eine lokale Koordinierung zu schaffen.

Der 26. Januar war Teil eines Streikkalenders der Raffineriearbeiter:innen, die seit dem 11. Januar einen verlängerbaren Streiks gefordert hatten, um Macron zum Einlenken zu bewegen. Der Termin wurde am 20. Januar auch von der CGT Energie aufgegriffen. Im Eisenbahnsektor kündigten die Gewerkschaften CGT und Sud Rail der staatlichen Eisenbahngesellschaft SNCF einen Streik für den 7. und 8. Februar an. Auch in diesem Sektor fand am 19. Januar ein Streik mit großer Beteiligung statt.

Gleichzeitig hielten in den letzten Tagen Hunderte von Studierenden an mehreren französischen Universitäten Versammlungen ab, um sich auf die Teilnahme am Streik am 31. Januar vorzubereiten. Le Poing Levé (dt. Die erhobene Faust), eine von unserer französischen Schwesterorganisation Révolutión Permanente initiierte Gruppierung, schlägt die Einheit von Studierenden und Arbeiter:innen und die Selbstorganisation im Kampf um die Renten vor. Denn es geht um die Zukunft eines großen Teils der Studierenden, die auch mit unsicheren Arbeitsplätzen und Schwierigkeiten im Studium zu kämpfen haben.

Einzelne Mobilisierungen oder ein Kampfplan, um Macron zu besiegen?

Die Intersyndicale, in der die acht wichtigsten französischen Gewerkschaftsdachverbände zusammengeschlossen sind, hat jedoch bisher nur einen Aktionstag am 31. Januar angekündigt. Ihre Politik besteht darin, zu isolierten Mobilisierungen aufzurufen, was sich sehr von einem echten Kampfplan unterscheidet. Arthur Nicola erklärt in Révolution Permanente: „Die Intersyndicale-Koordinierung hat nach dem historischen Streiktag vom 19. Januar nur zu einem einzelnen Streiktag am 31. Januar aufgerufen. Die Gewerkschaften setzen auf die institutionelle Schwäche Macrons, damit er die Reform allein durch einzelne große Streiktage zurückzieht. Im Gegensatz dazu zielen die Streikaufrufe der Arbeiter:innen der Raffinerien, des Strom- und Gassektors darauf ab, wie man durch Streiks langfristig ein Kräfteverhältnis aufbauen kann.“

Das heißt, während die Intersyndicale auf Mobilisierungen ohne Kontinuität setzt, um Druck auf die Regierung auszuüben, führen einige kämpferischere Teile der Arbeiter:innenbewegung härtere Maßnahmen durch und betonen die Notwendigkeit erneuerbarer Streiks, um strategische Sektoren der Wirtschaft lahmzulegen. Durch erneuerbare Streiks, die sich gegen die kapitalistischen Profite richten, wird die Kampfkraft der Arbeiter:innenklasse gestärkt.

In diesem Zusammenhang hat Révolution Permanente vorgeschlagen, die Aufrufe dieser kämpferischen Sektoren zu unterstützen und die Notwendigkeit eines allgemeinen Kampfplans auf der Grundlage von verlängerbaren Streiks zu verteidigen. Dies ist die einzige Möglichkeit, die Grundlage für einen Generalstreik zu schaffen und Macron zu besiegen. Dies ist auch deshalb wichtig, weil die Ausweitung der Bewegung die einzige Möglichkeit ist, die Streiks der CGT im Öl- und Energiesektor nicht zu isolieren.

Bislang haben sich andere Gewerkschaften wie im Pariser Nahverkehr, im Bildungswesen oder bei der Post nicht an dieser Aussicht auf erneuerbare Streiks beteiligt. Wenn sie sich der Streikbewegung anschließen würden, zusammen mit den Raffinerien und dem Energiesektor, könnte sich alles ändern und die Möglichkeit, Macron zu besiegen, würde näher rücken.

Aus diesem Grund hat Révolution Permanente in verschiedenen Gewerkschaften für diese Perspektive gekämpft: „… um andere Sektoren der Arbeiter:innenbewegung, prekär Beschäftigte und die Jugend zusammenzubringen. Um den 31. Januar zu einem stärkeren Streiktag zu machen als den 19. und insbesondere einen erneuerbaren Streik ab dem 6. Februar vorzubereiten. Dafür sind Aktionen zur Solidarität mit den anderen Sektoren der Arbeiter:innenbewegung entscheidend, sowie eine Politik der bereichsübergreifenden Versammlungen [die verschiedene Sektoren der Arbeiter:innenbewegung zusammenbringen], die es ermöglichen, die Grundlagen für eine lokale Koordination zwischen den Sektoren zu schaffen“.

Ein gutes Beispiel in diesem Sinne sind die Gewerkschaften im Hafengebiet von Le Havre. Dort bot die CGT an, während des Streiktages Gymnasien und Universitäten zu besuchen, um die Studierendenbewegung zu Aktionen aufzurufen. „Ein Beispiel, dem man folgen und das man auf andere Sektoren – Lehrer:innen, Gelegenheitsarbeiter:innen, outgesourcte Beschäftigte, Privatunternehmen usw. – ausdehnen sollte, um die Strategien der Bürokratie, die nur in die Niederlage führen, zu überwinden. Nur eine breite, erneuerbare Streikbewegung wird siegen“, so Révolution Permanente.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Spanisch bei IzquierdaDiario.es.

 

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