Empört Euch! – Kampagnenauftakt in München

14.12.2019, Lesezeit 4 Min.
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Der erste Schritt hin zu einer bundesweiten Kampagne ist gemacht. Bereits jetzt unterstützen Bundestagsabgeordnete, Gewerkschaftssekretär*innen und Journalist*innen unseren Autor Benjamin Ruß und die Kampagne "Empört euch!". Mehr als 30 Aktivist*innen haben in München nun über die nächsten der Kampagne diskutiert.

Beitragsbild: Penelope Kemekenidou für Empört Euch!

Penelope Kemekenidou, Initiatorin von „Empört Euch!“ eröffnet den Abend. Natürlich müsse man den Fall juristisch gewinnen, aber “Es geht darum, eine politische Antwort auf derlei staatliche Angriffe gegenüber Demonstrierenden zu geben. Wir brauchen eine politische Antwort, um das Versammlungsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit zu schützen.”. Damit ist der Rahmen eines anspruchsvollen Projektes gesetzt. Repressionserfahrungen zu teilen und den Kampf dagegen zusammen zu führen, solle Teil der Kampagne sein. Eine politische Antwort könne man nicht alleine und in isolierten Kämpfen und Gruppen finden, so Kemekenidou weiter.

Der Fall von Benjamin Ruß steht dabei im Zentrum: 2015 hatte er im Rahmen der blockupy-Bewegung an Protesten gegen die Eröffnung des EZB-Turms in Frankfurt teil genommen. „Diese Proteste verbanden Themen auf unterschiedlichen Ebenen. International gegen die Austeritätspolitik der EU, unter der Millionen von Menschen bis heute leiden. Lokal gegen die Gentrifizierung durch den Neubau des EZB-Turmes, was erhöhte Mieten und Lebenskosten mit sich brachte.“, so Ruß.

Etliche hundert Demonstrant*innen hatten an diesem Tag mit Gummibändern befestigte Overhead-Folie über den Augen getragen – aus gutem Grund: von früheren blockupy-Protesten wusste man, dass die Polizei insbesondere mit Pfefferspray nicht sparte. Einer Substanz, deren gesundheitliche Folgen kaum erforscht sind, die jedes Jahre mehrere Tote fordert und die besonders in den Augen irreversible Schäden, bis zur Erblindung, anrichten kann.

Die Vermutungen bestätigten sich. Benjamin Ruß blieb, seiner Maske sei Dank, im Gegensatz zu vielen anderen Demonstrant*innen von den schlimmsten Folgen der Pfeffersprayangriffe geschützt. Folgenlos blieb der Tag für ihn trotzdem nicht: im Herbst 2015 erreichte ihn eine Anzeige wegen dem Tragen passiver Bewaffnung, eben wegen besagter Plastikfolie. Die Gerichte entschieden nun in der zweiten Instanz gegen Benjamin Ruß, dieser legte eine Klage beim Bundesverfassungsgericht ein.

„Es geht um das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Versammlungsfreiheit. Wenn ich nicht zu einer Demo gehen kann, weil ich Angst habe, blind zu werden, habe ich dann wirklich Versammlungsfreiheit?“, so Ruß. Man dürfe sich diesen Angriff auf die Grundrechte nicht gefallen lassen und müsse diesem politischen Vorgehen mit einer politischen Antwort begegnen.

In der anschließenden Diskussion war besonders ein Thema präsent: Repressionen gegen migrantische Jugendliche. „Diese Art der Repression sieht unpolitisch aus, denn sie passiert in unpolitischen Kontexten.“, so eine Teilnehmerin. „Aber sie ist sehr politisch. Es ist nicht allen klar, woher diese Gewalt kommt und das zu erklären, muss auch Teil der Kampagne sein.“

Ein weiterer Jugendlicher berichtete von der Situation in Chile. Während der aktuellen Proteste werden jugendlichen Protestierenden gezielt mit Schrot die Augen zerschossen. Der internationale Kontext von Repression müsse ein zentrales Thema der Kampagne werden. Hierzu wurde die zweite Veranstaltung der Kampagne angekündigt: Chile – Revolte und Repression.

In den kommenden Wochen folgen die nächsten Veranstaltungen und Arbeitstreffen. Dabei steht im Fokus der Kampagne zunächst einmal, weiterhin Öffentlichkeit für den Fall zu generieren. Konkret wird auf eine Reihe von Vorträgen rund um das Wochenende der sogenannten Münchner Sicherheitskonferenz hingearbeitet. Die Repliken der Tatwaffe Plastikfolie wurden jedenfalls nun auch schon gebastelt, die nächsten Aktionen sind geplant. Auf KgK werden wir weiter ausführlich über den Fortschritt der Kampagne berichten.

 

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