Ein Tag für Hrant Dink

20.01.2016, Lesezeit 3 Min.
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Am neunten Todestag von Hrant Dink versammelten sich in Berlin rund 200 Menschen, um des armenischen Intellektuellen und Sozialisten zu gedenken. Sein Name steht weiterhin für den Kampf gegen den türkischen Staat und für die Freiheit der nationalen Minderheiten.

Heute vor neun Jahren wurde Hrant Dink erschossen. Auf offener Straße. Am hellichten Tag. Vor dem Gebäude seiner armenisch-türkischen Zeitung Aghos. Diese hatte er vor etlichen Jahren als zweisprachige Zeitung ins Leben gerufen: armenisch und türkisch. Sein Werk und seine Zeitung dienen auch heute der Verständigung der Völker in der Türkei: der Türk*innen selbst, der Kurd*innen, der Armenier*innen, der Alevit*innen und vielen mehr…

Hrant Dink verstand sich immer als kämpfender Sozialist, der schon in den 80er Jahren während der Militärdiktatur in den Gefängnissen des barbarischen türkischen Staates für mehrere Jahre sein Dasein fristete. Als Journalist mit armenischen Wurzeln hörte er jedoch nie auf, für die Verständigung und Versöhnung zu kämpfen und machte auch vor Kritik an der nationalistischen Republik Armenien nicht halt. Denn ihm ging es in erster Linie um die Aufarbeitung und Aufklärung des Genozids an den Armenier*innen, Aramäer*innn und anderen christlichen Minderheiten vor nun über 100 Jahren.

Sein Mord ist bis heute unaufgeklärt. Auch deshalb versammelten sich gestern am Kottbusser Tor in Berlin 200 Menschen, um seiner zu gedenken. Sie tun dies Jahr für Jahr, denn die wahren Drahtzieher*innen des Mordes bleiben immer noch im Dunkeln. Vor über drei Jahren ging ein Prozess zu Ende, der einer Farce gleichkam. Nur einer von 19 Angeklagten wurde verurteilt.

„Für Hrant, für Gerechtigkeit“

Dieser Slogan war auf etlichen Schildern zu lesen, die zu seiner Ehren hochgehalten wurden. „Wir sind alle Hrant, wir sind alle Armenier*innen“ war ein weiteres, prominentes. Auf dem großen Transpi wurde Gerechtigkeit für Hrant Dink gefordert. Der 19. Januar wurde somit zu einem Tag, der in Erinnerung eines Menschen stand, der viel für die nationalen Minderheiten in der Türkei getan hatte und der heute noch ein wichtiges Symbol für linke Gruppen ist. Besonders Nor Zartonk – eine armenische, sozialistische Selbstorganisation innerhalb der HDP – will das Erbe von Dink fortsetzen.

An diesem 19. Januar beteiligte sich auch das Berliner Maxim-Gorki-Theater an den Gedenkveranstaltungen. Dabei wurden auch armenische Lieder gesungen und über die derzeitige politische Lage in der Türkei und Nordkurdistan diskutiert. Aufgrund des Terrors in den nordkurdischen Gebieten wurde auch eine Schweigeminute für das die Opfer des unterdrückten kurdischen Volkes abgehalten.

Die Gedenkkundgebung selbst schloss mit einer kämpferischen Ansage gegen den türkischen Staat sowie mit dem Aufruf, am kommenden Freitag gegen den türkischen Premierminister Ahmet Davutoglu zu protestieren, der zu Gast bei Kanzlerin Angela Merkel ist. Lassen wir sie wissen, dass die Mörder*innen von Hrant Dink nicht ungesühnt bleiben werden. Lassen wir sie wissen, dass wir lautstark gegen ihre Politik protestieren werden!

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