DIE LINKE: Der nächste Schritt Richtung Spaltung

15.08.2023, Lesezeit 5 Min.
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Amira Mohamed Ali / Foto: photocosmos1 Shutterstock.com

Die derzeitige Fraktionsvorsitzende der Partei DIE LINKE, Amira Mohamed Ali, tritt nicht erneut an. Auch abseits dessen rückt eine Spaltung der Partei immer näher.

Sahra Wagenknecht überlegt offen, eine eigene Partei zu gründen und DIE LINKE zu verlassen. Sie wird zur Bundestagswahl 2025 nicht erneut für die PdL antreten, ihr Mandat legt sie jedoch nicht – wie vom Parteivorstand gefordert – nieder. Bereits seit Jahren stehen Wagenknecht und ihr Flügel im Konflikt mit der Führung der Partei. Im Juni gab dann der Parteivorsitzende Martin Schirdewan bekannt: „Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht!“

Diese Entscheidung wurde einstimmig vom Parteivorstand gefällt und bekam auch in den Landesvorständen Zuspruch. Für Amira Mohamed Ali zeigt sich darin offen Mobbing gegenüber Sahra Wagenknecht, was sie auch dazu bewegte, nicht erneut für den Fraktionsvorsitz anzutreten. In einem Interview äußert sie sich näher zu den Umständen. So versuche die Führung der Linkspartei hauptsächlich enttäuschte Grünen-Wähler:innen zu überzeugen – wie sie richtig feststellt, erfolglos. Die Linkspartei entferne sich immer weiter von denen, für die eine linke Partei antreten solle. Eine Ausrichtung des Parteivorstandes, die ihrer Vorstellung einer linken Partei widerspricht, sowie das Verhalten gegenüber Sahra Wagenknecht und Klaus Ernst seien für sie Grund, nicht erneut für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren. Allerdings lässt sie offen, ob sie sich einem Projekt Wagenknecht anschließen wird, das laut verschiedenen Umfragen teilweise eine große Wähler:innenbasis hätte.

Natürlich kann nur spekuliert werden, wer sich dem Projekt Wagenknecht anschließen würde. Dennoch sind einige Abgeordnete bereits seit Jahren Unterstützer:innen von Wagenknecht. Es reichen drei Abgeordnete, die die Fraktion verlassen, damit diese aufgelöst wird. Neben der Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ali Al-Dailami unterschrieben auch die Abgeordneten Sevim Dagdelen, Christian Leye, Andrej Hunko, Klaus Ernst, Zaklin Nastic, Alexander Ulrich und Matthias Birkwald Wagenknechts „Aufruf für eine populäre Linke„. Neben diesen Abgeordneten gibt es auch etliche Landespolitiker:innen, die den Aufruf unterstützen. Es ist wahrscheinlich, dass Wagenknecht zumindest einen Teil davon überzeugen kann, ihrem Projekt zu folgen. Auch abseits des Aufrufs gibt es Unterstützer:innen in der Fraktion, so äußerte sich beispielsweise bereits 2021 die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Susanne Ferschl in einem Interview positiv zu Wagenknecht und kündigte weitere Zusammenarbeit an.

Dem gegenüber stehen der Parteivorstand und viele Abgeordnete, die Wagenknecht nicht länger in ihrer Partei hinnehmen wollen. Martin Schirdewan sprach von „parteischädigendem Verhalten“ und forderte eine sofortige Entscheidung Wagenknechts für oder wider der Partei. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nicole Gohlke beendete einen Tweet mit Kritik an Wagenknecht mit: „Danke für nichts, Sahra Wagenknecht.“

Mehr als nur ein Riss zieht sich durch die Partei und dass es nicht zur Spaltung kommt, wird immer unwahrscheinlicher.

Das Projekt Wagenknecht wird keine Antwort auf die Fragen der Unterdrückung bieten und möchte das auch nicht. Vielen wird noch ihr Ausspruch zur Kölner Silvesternacht „Wer Gastrecht missbraucht, hat Gastrecht verwirkt“ in Erinnerung sein: Nicht nur an dieser Stelle zeigte Sahra Wagenknecht ihre Verweigerung an eine Antwort der Arbeiter:innenklasse gegen Unterdrückung auch nur zu denken. In ihrem Buch „Die Selbstgerechten“ prägt sie den Ausdruck „Linkskonservatismus“ für sich und spricht sich gegen „Identitätspolitik“ aus. Den Kampf für queere Befreiung sieht sie als Ausdruck eines linksliberalen Weltbildes um „das Augenmerk auf immer kleinere und immer skurrilere Minderheiten zu richten, die ihre Identität jeweils in irgendeiner Marotte finden.“ Neben ihren rassistischen und offen transfeindlichen Aussagen bietet Sahra, auch wenn ihr Lager das gerne anders darstellt, keine Sozialpolitik für die Arbeiter:innenklasse. Bereits mit Aufstehen versuchte Wagenknecht AfD-Wähler:innen und solche, die sie als Protestwähler:innen ausmacht, für sich zu gewinnen. So steht sie für eine angeblich „linke“ Sozialpolitik mit „sicheren Grenzen“, also dem Ausbau von Polizei und Militär. Auch den Ukrainekrieg und die damit zusammenhängenden Sanktionen gegen Russland nahm sie zum Anlass, um mit ihrer Kritik an den Sanktionen jene Kleinunternehmer:innen für sich zu gewinnen, die auf gute deutsch-russische Beziehungen angewiesen sind oder durch diese profitieren.

Auch wenn Amira Mohamed Ali in ihrem Interview zurecht kritisiert, dass sich die Partei von der Arbeiter:innenklasse weiter und weiter entfernt, bietet das Projekt Wagenknecht ebenfalls keine Lösung für unsere Klasse. Das äußerst schwache Argument Wagenknecht würde Wähler:innen der AfD „wegnehmen“ kann nicht Grund sein ihr Projekt zu unterstützen. Wagenknecht überzeugt Unternehmer:innen und frustrierte Wähler:innen der AfD mit ihrer rechtsoffen Rhetorik, bietet aber keine Perspektive gegen dieses System. Die verbliebene Linkspartei wird nach einer Spaltung weiterhin ihre sozialdemokratische Politik fortsetzen.

Da keine der beiden möglichen Parteien das System ernsthaft in Frage stellt, Antworten gegen Unterdrückung liefert und Politik für die Arbeiter:innenklasse macht, braucht es eine andere Alternative. Die Arbeiter:innenklasse selbst muss sich organisieren im Kampf auf der Straße und im Betrieb, um so gegen Unterdrückung und Ausbeutung vorzugehen. Auf die Linkspartei ist kein Verlass und daher müssen wir den Kampf gegen dieses System Seite an Seite mit den Unterdrückten führen. Wir laden all jene, die sich in keiner der beiden zukünftigen Parteien sehen können und die über eine revolutionäre Perspektive diskutieren möchten, zu unserem revolutionären Sommercamp ein.

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