Die Frechheit der deutschen Automobilindustrie kennt keine Grenzen. Zeit, sie zu verstaatlichen!

28.05.2020, Lesezeit 4 Min.
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Obwohl die deutsche Autoindustrie auf Geld in zweistelliger Millardenhöhe sitzt und weiterhin fleißig Boni und Dividenden ausschüttet, bettelt sie bei der Politik um Kaufprämien. Der eigentliche Skandal ist, dass sie damit auf offene Ohren stößt. Selbst der DGB-Vorsitzende gibt seine Zustimmung.

Die Corona-Pandemie hat die Absatzmärkte der deutschen Automobilindustrie extrem beeinflusst. Die Nachfrage brach ein. Sie ging im weltweit größten Automarkt China um 80 Prozent zurück. In der Europäischen Union waren es 55 Prozent. Laut Schätzungen entstehen in der deutschen Automobilindustrie Überkapazitäten von anderthalb Millionen Fahrzeugen für das Jahr 2020.

Obwohl die deutsche Automobilindustrie auf Finanzmitteln in zweistelliger Milliardenhöhe sitzt, beantragte sie massiv Kurzarbeit und fordert nun eine Kaufprämie. Die Autonzerne haben gleichzeitig die Verträge ihrer Leiharbeiter*innen nicht verlängert und sie somit praktisch entlassen. Statt den Arbeiter*innen weiterhin volles Gehalt zu zahlen, hält sie beim Staat die Hand auf. Boni und Dividenden werden trotzdem weiter ausgeschüttet.

Offenbar scheint CDU, SPD und der Gewerkschaftsführung ein ganz eigener Weg vorzuschweben. DGB-Chef Reiner Hoffmann unterstützt ganz offen die Forderung nach einer Kaufprämie für Neuwagen, um die Wirtschaft anzukurbeln und den Industriestandort nicht zu gefährden. Dabei ließen sich Arbeitsplätze und Industrie ganz anders schützen. Eben nicht auf dem Rücken der Beschäftigten, sondern indem wir endlich mal die Kapitalist*innen bluten lassen.

Leider schützen die Regierung und die Gewerkschaftsführung das Recht der Kapitalist*innen zu jedem Preis, und sei es auf dem Rücken eines Großteils der Bevölkerung. Die CDU ist dabei die direkte politische Vertreterin des deutschen Großkapitals. Die SPD und die Gewerkschaftsspitzen hingegen leben von der Vermittlung zwischen Kapital und Proletariat. Wenn die Automobilindustrie unter Kontrolle der Beschäftigten verstaatlicht würde, wäre die materielle Grundlage ihrer sozialen Stellung, die Vermittlung, über Nacht verschwunden. Deshalb unterstützt DGB-Chef Reiner Hoffmann eine Kaufprämie für Neuwagen. Aus seiner Sicht gibt es keinen anderen Weg, um den Industriestandort Deutschland und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu retten. Diese unsozialen Maßnahmen, den Milliardär*innen noch mehr Milliarden in den Rachen zu werfen, entsprechen aus seiner Sicht der „sozialen Verantwortung“.

Auch über die Autoindustrie hinaus sind Entlassungen und Kurzarbeit ein aktuelles Thema. Unternehmen wie TUI, Lufthansa, Kaufhof/Karstadt wollen auch Geld vom Staat bekommen. Nicht damit sie die Arbeitsplätze sichern können – nein, sie wollen trotzdem Arbeiter*innen entlassen. Sondern damit ihre Bosse und Aktionär*innen auch in dieser Zeit ihr Vermögen und ihre Profite auf Kosten der Bevölkerung vermehren können. Wohin diese kapitalistische Produktion führt, haben wir erst diese Woche bei Voith in Sonthofen gesehen: Ein Standort mit 100 Millionen Umsatz und 7 Millionen Gewinn wird geschlossen und hunderte Beschäftigte mit ihren Familien auf die Straße gesetzt – noch dazu eine Fabrik, die für sehr lange Zeit in staatlicher Hand war.

Um die Profite der Bosse zu sichern, soll die Bevölkerung die Kosten ihrer Autoindustrie tragen und noch mehr Autos kaufen, obwohl die Umweltzerstörung durch die Autoindustrie einerseits längst andere Transportmittel wie kostenlose Bahn für alle notwendig gemacht hat, und anderseits die Umweltzerstörung unsere Gesundheit und unser ganzes Leben massiv beeinträchtigt. Diesen Weg können wir nicht gemeinsam mit den Bossen einschlagen, weil diese mit ihrer Autoindustrie auf Kosten der Arbeiter*innen, der Bevölkerung und der Umwelt noch mehr Profite machen wollen. Eine Verstaatlichung der Autoindustrie untter Kontrolle ihrer Arbeiter*innen ist der einzige Weg, um aus der jetzigen Situation herauszukommen, ohne Krise, Kriege, Umweltzerstörung.

Diese Alternative im Interesse der Beschäftigten widerspricht aber den objektiven Interessen der Gewerkschaftsspitzen und des bürokratischen Apparats. Deswegen stellen sie sich gegen die Forderung und begründen ihren Widerstand damit, dass diese Alternative nicht realistisch wäre. In Wahrheit fürchten sie nur um den Verlust ihrer materiellen Grundlage. Wenn es keine Bosse mehr gibt, mit wem wollen sie noch Kompromisse aushandeln? Statt der Autoindustrie nur noch mehr Geld in den Rachen zu schieben, könnte man auch einfach ein Verbot von Entlassungen und Kurzarbeit durchsetzen. Wenn sie als Reaktion Fabriken schließen und Arbeiter*innen entlässen, werden sie einfach unter Kontrolle der Beschäftigten enteignet!

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